TE OGH 1955/1/7 5Os1146/54

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Veröffentlicht am 07.01.1955
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Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Jänner 1955 unter dem Vorsitze des Rates des Obersten Gerichtshofes Dr. Mironovici, in Gegenwart der Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik und Dr. Turba sowie der Rät des Oberlandesgerichtes Dr. Heidrich und Dr. Zachar als Richter, dann des Richteramtsanwärters Dr. Kohout als Schriftführers, in der Strafsache gegen Karl G***** u.a. wegen des Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit nach dem § 83 StG und anderer strafbarer Handlungen über die von dem Angeklagten Karl G***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 9. Juli 1954, GZ 3 d Vr 1756/53-125, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters - Rates des Oberlandesgerichtes Dr. Heidrich -, der Ausführungen des Verteidigers - Dr. Hubert Winkler - und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur - Ersten Staatsanwaltes Dr. Wilmar - zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Anschließend hat der Oberste Gerichtshof nach Anhörung der Generalprokuratur in nicht öffentlicher Sitzung über die Berufungen des Angeklagten Karl G***** und der Staatsanwaltschaft Wien den Beschluß

gefaßt:

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Karl G***** schuldig erkannt,

A) in Wien am 25. September 1949 im bewußten und gewollten

Zusammenwirken mit Josef G***** bewaffnet in das Untermietzimmer des Isaak B***** eingedrungen zu sein und daselbst an dessen Hausleuten, nämlich den Eheleuten P*****, sowie an Hab und Gut des Isaak B***** Gewalt ausgeübt zu haben;

B) I) am 2. November 1949 in Linz zur Nachtzeit in Gesellschaft des

gesondert Verfolgten Michael Pe*****, Alfred D***** und Josef Ga***** als Diebsgenossen im bewußten und gewollten Zusammenwirken

1.) um seines Vorteiles willen eine fremde, bewegliche Sache und zwar den PKW, Marke Pontiac, Nr. C 08405, mit vollständiger Ausrüstung, Radio und Heizung im Werte von mehr als 10.000 S durch Einbruch aus dem Besitze des Glen E.H***** ohne dessen Einwilligung entzogen zu haben;

2.) in der Absicht, um seines Vorteiles willen eine fremde, bewegliche Sache, nämlich einen PKW amerikanischer Bauart im Werte von mehr als 10.000 S aus dem Besitze eines unbekannten Eigentümers ohne dessen Einwilligung zu entziehen, dadurch eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternommen zu haben, daß er nach Erbrechen der Wagentür den PKW zu starten und wegzufahren versuchte, wobei die Vollbringung des Verbrechens nur wegen Unvermögenheit und Dazwischenkunft eines fremden Hindernisses unterblieb, II.) am 16. Februar 1953 in München in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Slavka S***** als Diebsgenossen in der Absicht, um seines Vorteiles willen eine fremde, bewegliche Sache, nämlich Geld und Waren in einem zumindest 150 S übersteigenden Wert aus dem Kiosk des Paul P***** ohne dessen Einwilligung durch Einbruch zu entziehen, dadurch, eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternommen zu haben, daß sie versuchten, den Kiosk mit einem Pickel aufzubrechen, wobei die Vollbringung dieses Verbrechens nur wegen Unvermögenheit und Dazwischenkunft eines fremden Hindernisses unterblieb;

C) I.) in München sich einen falschen Namen beigelegt und sich als

Flüchtling und Heimkehrer ausgegeben zu haben, um nachstehende Behörden zu nachteiligen Handlungen, nämlich zur Übergabe von Sach- und Geldspenden sowie Krediten an ihn mit einem 1.500 S übersteigenden Schaden zu verleiten, zu denen sich diese ohne den mitgespielten Betrug nicht verstanden haben würden und zwar:

1.) am 21. November 1950 das Landesversorgungsamt Bayern und die Heimkehrerkreditstelle München, entstandener Schade DM 345,30,

2.) am 3. März 1951 den Heimkehrerkreditfonds, beabsichtigter Schade DM 587,15, entstandener Schade DM 149,15,

II.) in der Zeit vom 29. Dezember 1952 bis 9. Februar 1953 durch listige Handlungen, nämlich durch Fälschung von Bestellerunterschriften auf mindestens neun Auftragsscheinen die Firma E***** in Irrtum geführt zu haben, durch welchen diese an ihrem Eigentum durch Auszahlung von Provisionen einen 1.500 S übersteigenden Schaden leiden sollte und einen solchen von DM 423,30, erlitten hat,

D) ein ihm anvertrautes Gut in einem 10.000 S übersteigenden Werte

vorenthalten und sich zugeeignet zu haben u.zw.

I.) in München

1.) im Herbst 1952 ein Herrenfahrrad, Marke NSU, Nr. 435.519, anvertraut von Erich Ho*****,

2.) im Frühjahr 1953 ein Elektro-Baby-Universalgerät, 220 Volt, Nr. 511.519, eine Heißluftdusche, einen Aufstellfuß, ein Naßzerstäuber, ein Trockenzerstäuber, ein Mop, eine Dose Mercol, ein Federkissen, einen Koffer, einen Motorkopf 110 Volt, Nr. 531.927, eine Heißluftdusche 110 Volt, eine Probeflasche Babytin, anvertraut von der Firma E*****,

II.) in Deutschland und Österreich im März 1953 einen PKW Volkswagen, Nr. B 54-3686, im Werte von DM 4.500,-- anvertraut von Alfred Sa*****,

E) in Wien vorsätzlich entgegen der Bestimmung des Waffengesetzes die Pistole P 38, Nr. 7479, im September und Oktober 1949 von Karl L***** erworben und besessen zu haben.

Er wurde wegen der dadurch begangenen Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit durch gewaltsamen Einfall in fremdes, unbewegliches Gut nach § 83 StG, des teils vollbrachten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 171, 173, 174 I d, II a, 179, 180 und 8 StG, des Betruges nach §§ 197, 200, 201 d StG, der Veruntreuung nach §§ 183, 184 StG sowie des Vergehens nach § 26 Abs 1 Z 1 WaffenG gemäß §§ 179, 180 StG unter Anwendung der §§ 34, 35 StG und unter Bedachtnahme auf § 265 a StPO zu vier Jahren schweren Kerkers, verschärft durch ein hartes Lager vierteljährlich, verurteilt. Gemäß § 1 Abs 2 des Arbeitshausgesetzes 1951 wurde die Unterbringung des Angeklagten Karl G***** in einem Arbeitshaus angeordnet. Gemäß § 2 Abs 1 des Arbeitshausgesetzes 1951 wurde jedoch die Vollziehung der Unterbringung in einem Arbeitshaus für eine Probezeit von fünf Jahren vorläufig aufgeschoben.

Der Angeklagte Karl G***** bekämpft dieses Urteil nur in Ansehung der Fakten D II, B II, C I 2, C I 1.

Zu D II:

Der Nichtigkeitswerber macht hier den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Z 2 StPO geltend, da trotz Einspruches des Verteidigers in der Hauptverhandlung ein Polizeibericht über die von der Gattin des Nichtigkeitswerbers vor der Polizei gemachten Angaben verlesen worden sei. Bei dem Polizeibericht handle es sich gemäß § 88 Abs 3 StPO um einen nichtigen Vorerhebungsakt, da er nicht unverweilt dem Untersuchungsrichter mitgeteilt worden sei. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes müsse sich diese im letzten Satz des § 88 Abs 3 StPO normierte Mitteilungspflicht auch auf Vernehmungen durch die Polizei beziehen, da sonst die Sicherheitsbehörden über die Bestimmungen betreffend die Unmittelbarkeit und das Recht naher Angehöriger, sich der Zeugenaussage zu entschlagen, hinweggehen könnten. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung vom 8. Mai 1925, 5 Os 228/25, SSt V/66, ausgesprochen, daß sich die Bestimmung des letzten Satzes des § 88 Abs 3 StPO nicht auf die vor den Sicherheitsbehörden vorgenommenen Vernehmungen, sondern nur auf die in dieser Gesetzesstelle besonders angeführten Untersuchungshandlungen des Augenscheines und der Hausdurchsuchung bezieht. Abgesehen davon fehlt es im vorliegenden Fall aber überhaupt an den Voraussetzungen des § 88 StPO. Diese Gesetzesstelle handelt von der Berechtigung des Staatsanwaltes, durch die Sicherheitsbehörden Vernehmungen, Augenschein und Hausdurchsuchungen vornehmen zu lassen; eine derartige Aufforderung des Staatsanwaltes an die Polizei ist aber hier nicht ergangen. Jedoch auch die vom Nichtigkeitswerber angedeutete Verletzung der Bestimmungen des § 152 StPO liegt nicht vor. Wie der Oberste Gerichtshof sowohl in der oben zitierten als auch in zahlreichen anderen Entscheidungen (SSt II/23, XXI/102, ÖJZ 1947, Nr 623, 1948, Nr 544, 1950, Nr 572, 1951, Nr 80, 1953, Nr 30, JBl 1952, S 19) ausgesprochen hat, ist auch dann, wenn sich ein Zeuge gemäß § 152 StPO der Aussage entschlagen hat, die Verlesung einer mit ihm bei der Polizei aufgenommenen Niederschrift zulässig. Die Zulässigkeit dieser Verlesung ist im § 252 Abs 2 StPO begründet, wonach Schriftstücke und Urkunden, die für die Sache von Bedeutung sind, verlesen werden müssen. In der Bestimmung des § 252 StPO findet im übrigen auch die vom Beschwerdeführer gerügte, durch die Verlesung erfolgte Beeinträchtigung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit ihre gesetzliche Grundlage.

Zu B II:

Nach den Urteilsfeststellungen verabredete der Angeklagte mit Slavka S*****, den er im Zuchthause kennen gelernt hatte, einen Einbruch in ein in einem Kiosk befindlichen Lebensmittelgeschäft. Sie begaben sich bereits am Nachmittag in die Nähe des Tatortes. In den Abendstunden warteten sie, bis der Kioskinhaber diesen versperrte und sich entfernte; dann blieb der Angeklagte Karl G***** in seinem Kraftwagen in unmittelbarer Nähe des Kioskes sitzen und ließ den Motor laufen, um die beim Erbrechen des Kioskes durch seinen Genossen Slavka S***** entstehenden Geräusche zu übertönen. S***** begann indessen nach Übersteigen der Mauer an der Rückwand des Kioskes aus diesem mit einem mitgebrachten Pickel einige Steine herauszuschlagen. Inzwischen war der in der Nähe wohnende Josef U***** auf das Motorengeräusch aufmerksam geworden und begab sich zum Kraftwagen. Auf seine Frage, was der Angeklagte hier treibe, gab ihm dieser zur Antwort, das gehe ihn gar nichts an. Da aber U***** vor seinem Weggehen erklärte, er habe bereits die Funkstreife verständigt, entschlossen sich der Angeklagte G***** und S*****, den Einbruch aufzugeben, und entfernten sich vom Tatort.

Unter Berufung auf § 281 Z 5 StPO behauptet der Nichtigkeitswerber, es sei die Feststellung des Urteils, daß der Wert der Gegenstände, auf die die Diebstahlsabsicht gerichtet gewesen sei, mehr als 150 S betragen habe, offenbar unzureichend begründet. Der Schluß, daß in einem Lebensmittelverkaufskiosk Waren im Werte von mehr als 150 S aufbewahrt seien, sei nicht zwingend, da gerade in einem Kiosk üblicherweise Waren über Nacht nicht zurückgelassen werden. Dieses Vorbringen stellt nur eine Bekämpfung der Beweiswürdigung dar, was auch der Nichtigkeitswerber selbst mit der Bemerkung zum Ausdruck bringt, es sei der Schluß des Urteils nicht zwingend. Entspricht der vom Urteil gezogene Schluß den Denkgesetzen, wenngleich daneben auch eine andere Schlußfolgerung möglich gewesen wäre, dann ist dieser Schluß als Akt der freien Beweiswürdigung der Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen. Das Urteil hat aber den gezogenen Schluß vollkommen denkrichtig mit dem Hinweis darauf begründet, daß der Nichtigkeitswerber und S***** den Einbruchsversuch nicht unternommen hätten, wenn sie nicht die Gewißheit gehabt hätten, daß er sich lohne. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt daher nicht vor.

Zu C I:

Nach den Urteilsfeststellungen gab sich der Nichtigkeitswerber in München als Spätheimkehrer Karl Gü*****, geboren am 24.April 1919 in Przemysl, aus und beantragte durch wiederholte persönliche Vorsprachen beim Landesversorgungsamt Bayern die Anerkennung als Heimkehrer. Er legte wohl eine "Bescheinigung an Stelle militärischer Entlassungspapiere Nr 103.273" der amerikanischen Besatzungsmacht vor, konnte aber sonst kein Beweismaterial vorlegen. Auf Grund einer von ihm abgegebenen eidesstättlichen Erklärung, daß er von Mai 1945 bis Oktober 1949 in russischer bzw tschechoslowakischer Gefangenschaft war und am 30. Oktober 1949 nach Deutschland zurückkehrte, wurde ihm vom Landesversorgungsamt der Heimkehrerstatus zuerkannt und das damals vorgesehene Entlassungsgeld in der Höhe von 90 DM am 21. November 1950 ausbezahlt. Weiters erhielt er am selben Tage vom Bezirksfürsorgeverband München Bekleidung im Werte von 205,30 DM ausgefolgt und von der Heimkehrerbetreuungsstelle München eine Zuwendung von 50 DM; insgesamt erhielt er daher Zuwendungen im Gesamtbetrage von 345,30 DM. Am 3. März 1951 reichte der Nichtigkeitswerber beim Heimkehrerkreditfonds um eine Kreditgewährung ein, wobei er sich als am 30. September 1949 aus tschechischer Gefangenschaft entlassen bezeichnete, und bewarb sich um einen Kredit von 587,50 DM zur Beschaffung von Kleidung und eines Führerscheines. Er erklärte, daß ihm die Rückzahlung des Kredites in Monatsraten von 160 DM möglich sei und er vier Wochen nach Erhalt des Kredites mit der Rückzahlung beginnen werde. Am 29. Februar 1951 wurde ihm der Kredit in der Höhe von 150 DM bewilligt und ausbezahlt und Rückzahlungsraten in der Höhe von 10 DM monatlich ab 1. Juli 1951 festgesetzt. Im Darlehensvertrag verpflichtete sich der Nichtigkeitswerber gegenüber den Heimkehrerkreditfonds, einen Radioapparat, Marke Telefunken, und ein Herrenfahrrad, Marke Adler, zu übereignen. Diese beiden Gegenstände blieben aber weiter in der Gewahrsame des Nichtigkeitswerbers. Seiner Verpflichtung auf Rückzahlung der Raten kam er nicht an, sondern entfernte sich aus München unter Mitnahme der beiden angeführten Gegenstände, ohne seine neue Anschrift bekanntzugeben.

Zum Faktum C I 2 erblickt der Nichtigkeitswerber eine nach § 281 Z 5 StPO Nichtigkeit begründende Aktenwidrigkeit in der Feststellung des Urteils, daß der Nichtigkeitswerber sich im Darlehensvertrag gegenüber dem Heimkehrerkreditfonds verpflichtet habe, einen Radioapparat und ein Herrenfahrrad zu übereignen. Tatsächlich gehe aber aus dem Darlehensvertrag hervor, daß sich der Nichtigkeitswerber zu dieser Übereignung nicht bloß verpflichtet, sondern die Gegenstände tatsächlich übereignet habe.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor; denn im Darlehensvertrag (2.Band, S 25) heißt es unter Pkt. IV: "als Sicherheit werden nachstehende Gegenstände übereignet bzw der Darlehensnehmer verpflichtet sich hiemit, die aus dem Darlehensvertrag angeschafften Gegenstände sicherungsweise zu übereignen." Im übrigen befaßt sich das Urteil auch noch später mit dem Inhalt dieses Vertrages, insbesondere mit dieser Übereignung, und stellte dazu als wesentlichen Umstand fest, daß die Gegenstände, die als Sicherung des Darlehens dienen sollten, weiter in der Verwahrung des Darlehensnehmers bleiben.

Unter Berufung auf Z 9 a des § 281 StPO wird vorgebracht, daß der Tatbestand des Betruges nicht gegeben sein könne; die Tatsache der Hingabe einer Sicherstellung für das Darlehen schließe nicht nur die Schädigungsabsicht aus, sondern auch den Eintritt eines Schadens überhaupt, da bei normalem Ablauf der Geschehnisse der Darlehensgeber auf die übereigneten Gegenstände greifen konnte. Die Meinung des Urteils, durch das spätere Verbringen der Gegenstände vor dem Zugriff des Heimkehrerkreditfonds sei seine Schädigungsabsicht erwiesen, sei unrichtig, weil der nachfolgende böse Vorsatz den Verbrechenstatbestand nicht mehr verwirklichen könne. Hier ist die Beschwerde jedoch nicht gesetzmäßig ausgeführt, da sie nicht den im Urteil festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleicht. Mit den Ausführungen über die Schädigungsabsicht und den nachfolgenden bösen Vorsatz versucht sie vielmeehr, die Feststellung des Urteils, daß der Angeklagte von allem Anfang an in Schädigungsabsicht gehandelt habe, zu erschüttern. Es handelt sich somit lediglich um eine Bekämpfung der Beweiswürdigung, für die im Nichtigkeitsverfahren kein Raum ist. Auch bei der weiteren Behauptung, es sei der Eintritt eines Schadens ausgeschlossen gewesen, geht der Nichtigkeitswerber nicht von der Feststellung des Urteils aus, daß die zur Sicherung des Darlehensgebers dienenden Gegenstände weiter beim Nichtigkeitswerber verblieben. Der Eintritt eines Schadens wäre nur dann nicht möglich gewesen, wenn sich die Gegenstände, die zur Sicherung dienen sollten, ständig in Gewahrsam des Darlehensgebers befunden hätten. Waren sie aber, wie im vorliegenden Fall, in Händen des Darlehensnehmers, dann bestand für diesen die Möglichkeit, sie dem Zugriffe des Darlehensgebers zu entziehen. Daß im übrigen auch der Nichtigkeitswerber selbst eine Schädigung für denkbar hält, ergibt sich aus seiner Bemerkung, daß "bei normalen Ablauf der Geschehnisse" eine Schädigung nicht eintreten konnte. Wenn aber der Darlehensnehmer, wie es im vorliegenden Fall das Urteil feststellt, von vornherein in Schädigungsabsicht handelte und in dieser Absicht die Sicherungsobjekte beiseite schaffte, dann war auch der Eintritt dieses beabsichtigten Schadens sehr wohl möglich.

Zum Faktum C I 1 behauptet die Beschwerde unter Berufung auf § 281 Z 9 a StPO, daß das Verhalten des Angeklagten zu Unrecht dem Tatbestand des Betruges unterstellt worden sei, weil es sich bei den herausgelockten Unterstützungen um Geschenke gehandelt habe. Diese Rechtsrüge ist unbegründet. Aufgabe des Landesversorgungsamtes und der Heimkehrerkreditstelle ist lediglich die Betreuung von Heimkehrern. Die Organe dieser beiden Stellen sind daher nur deshalb tätig geworden, weil sich der Nichtigkeitswerber als Heimkehrer ausgegeben hat. Durch die von ihm erreichte Hingabe von Unterstützungen sind aber die Mittel, die für die Betreuung tatsächlicher Heimkehrer zur Verfügung standen, vermindert worden. Die Handlungsweise des Nichtigkeitswerbers verwirklicht daher alle Tatbestandsmerkmale des Betruges. Daß die seinerzeitige Zurückgabe der gewährten Unterstützungen auch seitens der unterstützenden Stellen nicht in Betracht gezogen wurde, ist bei der gegebenen Sachlage ohne rechtliche Bedeutung. Durch den vom Nichtigkeitswerber angestellten Vergleich mit einem Bettler, der ein Gebrechen vortäuscht, ist für ihn nichts gewonnen; denn, wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (Slg 906, 2386, 3883), kann auch die Erschleichung von Akten der Liberalität und die durch listige Handlungen und Vorstellungen qualifizierte Bettelei den Tatbestand des Betruges begründen.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Karl G***** nach den §§ 179, 180 StG unter Bedachtnahme auf die §§ 34, 35 StG und unter Anwendung des § 265 a StPO zur Strafe des schweren Kerkers in der Dauer von 4 Jahren, verschärft durch ein hartes Lager vierteljährlich und ordnete gemäß dem § 1 Abs 2 des Arbeitshausgesetzes 1951 die Unterbringung des Angeklagten in einem Arbeitshause an, wobei die Vollziehung dieser Unterbringung gemäß dem § 2 Abs 1 dieses Gesetzes für eine Probezeit von 5 Jahren vorläufig aufgeschoben wurde. Bei der Strafbemessung wurde als mildernd das teilweise Geständnis bzw das Tatsachengeständnis, die teilweise objektive Schadensgutmachung, der Umstand, daß es zweimal beim Versuch geblieben ist, die Selbstanzeige des Angeklagten zum Faktum C) II) und bei den Fakten C I 1.) und 2.), die wirtschaflich bedrängte Lage, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen dreier Verbrechen und eines Vergehens, die dreifache Eignung des Diebstahls zum Verbrechen, das Zusammentreffen mehrerer Diebstähle Veruntreuungen und Betrügereien sowie die Anstiftung des Josef G***** zum Faktum A) gewertet.

Der Angeklagte Karl G***** strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Ausschaltung der ausgesprochenen bedingten Einweisung in ein Arbeitshaus an. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes.

Beide Berufungen sind nicht begründet.

Das Erstgericht hat die vorhandenen Milderungsumstände zutreffend festgestellt, den Erschwerungsumstand, daß der Angeklagte schon einschlägig vorbestraft ist, jedoch zu Unrecht nicht angenommen. Der Oberste Gerichtshof erachtet aber trotz dieses neu hinzutretenden Erschwerungsumstandes die Voraussetzungen für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes für gegeben. Die Verurteilungen des Angeklagten wegen gleicher strafbarer Handlungen liegen schon längere Zeit zurück, weshalb der neu hinzugekommene Erschwerungsumstand keineswegs von solcher Bedeutung ist, daß er zusammen mit den übrigen Erschwerungsumständen die vom Erstgericht angenommenen sehr wichtigen und überwiegenden Milderungsumstände an Gewicht erreichen oder überwiegen und dadurch die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes verhindern könnte. Bei richtiger Würdigung des Gewichtes der vorhandenen Strafzumessungsgründe entspricht die vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte Strafe durchaus seinem Verschulden.

Die getroffene Anordnung der Unterbringung des Angeklagten Karl G***** in einem Arbeitshaus, für die die gesetzlichen Voraussetzungen

- entgegen den Behauptungen der Berufung - gegeben sind, hat das Erstgericht ausführlich begründet. Die Ausführungen in der Berufung des Angeklagten vermögen aber die zutreffende Begründung des erstgerichtlichen Urteiles über die Zulässigkeit der Anhaltung des Angeklagten in einem Arbeitshaus nicht zu erschüttern. Sowohl der Berufung des Angeklagten Karl G***** als auch der Berufung der Staatsanwaltschaft war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E73450 5Os1146.54

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0050OS01146.54.0107.000

Dokumentnummer

JJT_19550107_OGH0002_0050OS01146_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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