TE OGH 1956/2/29 1Ob637/55 (1Ob638/55)

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Veröffentlicht am 29.02.1956
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Norm

ABGB §294
ABGB §297
ABGB §1053

Kopf

SZ 29/14

Spruch

Hochspannungsleitung als Liegenschaftszubehör.

Allgemeine Bedingungen für den Strombezug von der Steiermärkischen Elektrizitäts-Aktiengesellschaft.

Baukostenzuschuß als Bestandteil des Stromlieferungsvertrages.

Entscheidung vom 29. Februar 1956, 1 Ob 637, 638/55.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, daß sie ihr den Baukostenzuschuß von 10.000S zurückzahle, den die Klägerin unter dem Druck der drohenden Abschaltung ihrer Fabriksanlage vom Stromnetz der Beklagten im Jahre 1952 bezahlt habe, obwohl ein Neuanschluß der Fabriksanlage nicht vorgelegen sei (Anlage zu den Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit elektrischer Energie aus dem Niederspannungsnetz der Steiermärkischen Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, Bezugspunkt III/5). Die Beklagte benütze seit dem 1. August 1951 die der Klägerin gehörige 20.000 Volt-Hochspannungsleitung und die der Klägerin gehörige Parzelle 225 der EZ. 483 Grundbuch W. zum Betrieb einer Niederspannungsleitung und müsse dafür eine angemessene Benützungsentschädigung bezahlen, die nach Abzug der von der Klägerin anerkannten und von ihr noch nicht bezahlten Stromrechnungen 38.123 S 10 g ausmache. Das schließliche Klagebegehren macht somit 48.123 S 10 g aus.

Das Erstgericht sprach der Klägerin einen Teilbetrag von 10.615 S zu und wies das restliche Klagebegehren von 37.508 S 10 g ab. Unbestritten sei, daß die Klägerin mit dem Kaufvertrag vom 2. Jänner 1952 vom Nebenintervenienten das Objekt N. in W. gekauft und alle dazu gehörigen Liegenschaften mit 1. Jänner 1951 in ihren physischen Besitz und in ihr Eigentum übernommen habe. Zu diesem Objekt gehöre auch die Liegenschaft EZ. 483 Grundbuch W., über deren Parzellen 224 und 225 Acker eine 20.000 Volt-Hochspannungsleitung, über die Parzelle 225 außerdem eine von der Beklagten errichtete und ihr gehörige Niederspannungsleitung von 3 X 380 Volt, führe. Unbestritten sei ferner, daß der Betrieb der Klägerin, ebenso wie dies für ihre Rechtsvorgänger gegolten habe, an das Stromversorgungsnetz der Beklagten angeschlossen sei und die Klägerin im Jahre 1952 der Beklagten eine Anschlußgebühr von 10.000 S bezahlt habe. Der Baukostenzuschuß (Anschlußgebühr) sei nach den Allgemeinen Bedingungen das Entgelt für ein Werk, nämlich für den mit den individuellen Stromversorgungsbedürfnissen eines Abnehmers im Einklang stehenden Anschluß an eine bestehende Leitung. Ein solches Werk habe die Beklagte niemals erbracht, weil der Betrieb der Klägerin im Jahre 1952 an das Stromversorgungsnetz der Beklagten bereits angeschlossen gewesen sei. Es liege daher eine grundlose Leistung der Klägerin vor, die sie nach § 1431 ABGB. zurückfordern könne. Was das Entgelt für die Hochspannungsleitung betreffe, sei sie vom Nebenintervenienten auf dem damals ihm gehörigen Grundstück errichtet worden und als Bestandteil der Liegenschaft ebenso wie auch die Transformatorenstation in seinem Eigentum gestanden. Auf Grund des Pachtvertrages vom 6. Juli 1926 seien die Hochspannungsleitung und die Transformatorenstation vom Nebenintervenienten auf 25 Jahre bis 1. August 1951 der Beklagten in Pacht gegeben worden. Mit dem Kaufvertrag vom 2. Jänner 1952 sei zwar nicht die Transformatorenstation, wohl aber die Hochspannungsleitung als Bestandteil der verkauften Liegenschaft und Zubehör zu deren industriellem Teil in das Eigentum der Klägerin übergegangen. Es handle sich bei der Hochspannungsleitung nicht um ein Zubehör der von der Klägerin mitgekauften Krafterzeugungsanlage und auch nicht um ein Zubehör der im Eigentum des Nebenintervenienten verbliebenen Transformatorenstation, weil diese nicht Hauptsache sei. Da das Pachtverhältnis über die Hochspannungsleitung spätestens mit dem 31. Juli 1951 beendet worden sei und der Vertrag mangels Kenntnis der Klägerin von dessen Bestand nicht als stillschweigend verlängert gelten könne, müsse die Beklagte, die die Leitung weiterhin benütze, ein angemessenes Benützungsentgelt an die Klägerin zahlen. Dieses belaufe sich, wie nach § 273 ZPO. festgestellt werde, auf denselben Betrag, wie er im Pachtvertrag für die Hochspannungsleitung bedungen worden sei, nämlich 180 S jährlich. Auf die von der Klägerin geltend gemachten einundvierzig Monate entfalle daher ein Betrag von 615 S, den die Beklagte ebenso wie die Anschlußgebühr zahlen müsse. Hingegen stehe der Klägerin ein Entgelt für die Grundbenützung zum Betrieb der der Beklagten gehörigen Niederspannungsleitung nicht zu. Nach dem Abschnitt III Z. 3 der Allgemeinen Bedingungen (die einen Bestandteil des Stromlieferungsvertrages der Streitteile bildeten) sei die Klägerin als Stromabnehmerin verpflichtet, die Zu- und Fortleitung elektrischer Energie über ihre Grundstücke für die Zwecke örtlicher Versorgung für das Niederspannungsnetz ohne besonderes Entgelt zuzulassen. Das Mehrbegehren von 37.508 S 10 g (bei dem Stromlieferungsforderungen der Beklagten abgezogen sind) habe daher abgewiesen werden müssen.

Das Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung der Beklagten, bestätigte das erstgerichtliche Urteil insofern, als es das Begehren auf Bezahlung der Benützungsentschädigung für die Niederspannungsleitung von 8200 S ebenso wie das Erstgericht nicht berechtigt fand, änderte das Urteil dahin ab, daß das Begehren auf Rückzahlung der Anschlußgebühr von 10.000 S abgewiesen wurde, und hob schließlich das Urteil auf, soweit das Erstgericht über die Benützungsentschädigung für die Hochspannungsleitung entschieden hatte. Der Streit über die Anschlußgebühr gehöre entgegen der Meinung der Beklagten auf den Rechtsweg, da es sich in diesem Streit nicht um die Überprüfung der Rechtswirksamkeit des Tarifes, sondern um einen zivilrechtlichen Anspruch auf Grund des Tarifes handle. Die Nichtigkeitsberufung der Beklagten habe daher verworfen werden müssen. Was den Baukostenzuschuß betreffe, sei die Rechtsansicht des Erstgerichtes zu billigen. Es habe aber übersehen, daß die Klägerin im Verfahren den Anspruch auf Bezahlung der 10.000 S mit zu Recht bestehenden Stromentgeltsforderungen der Beklagten freiwillig verrechnet habe, so daß ihr die 10.000 S nicht mehr hätten zugesprochen werden können. Die Hochspannungsleitung sei Zubehör und Bestandteil der Grundstücke geworden, auf denen sie errichtet worden sei, beziehungsweise Zubehör der Betriebsanlage, für die sie errichtet worden sei. Damit sei sie Eigentum des Nebenintervenienten gewesen und nach dem Verkauf der Grundstücke an die Klägerin deren Eigentum geworden. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Beklagte der Klägerin für die Benützung der Hochspannungsleitung ein angemessenes Entgelt zu bezahlen habe. Die Höhe müsse aber noch festgestellt werden, da auf den Pachtvertrag, der die Klägerin überhaupt nicht betroffen habe, nicht zurückgegriffen werden könne. Schließlich billigte das Berufungsgericht auch die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, daß die Klägerin die Benützung ihrer Grundstücke durch die Beklagte für den Betrieb einer Niederspannungsleitung dulden müsse und kein Entgelt verlangen könne.

Gegen den bestätigenden und den abändernden Teil des Urteils des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin, gegen den aufhebenden Teil der Berufungsentscheidung, mit der die Rechtskraft der Entscheidung vorbehalten worden ist, wenden sich die Rekurse der Beklagten und des Nebenintervenienten.

Der Oberste Gerichtshof gab weder der Revision der Klägerin noch den Rekursen der Beklagten und des Nebenintervenienten Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rekurse machen geltend, daß die Annahme der Untergerichte, die Hochspannungsleitung sei Bestandteil oder Zubehör der Liegenschaft, unzutreffend sei. Eine Widmung der Leitung für die Grundstücke bestehe nicht, und die Leitung sei nach der Absicht der Kontrahenten des Kaufvertrages vom 2. Jänner 1952 auch nicht an die Klägerin mitverkauft worden. Angesichts der modernen Wirtschaftsentwicklung könne der Grundsatz, daß alle mit einem Grundstück in Verbindung gebrachten Sachen dessen Schicksal teilten, nicht aufrecht erhalten werden.

Der Oberste Gerichtshof vermag der Argumentation der Rekurswerber nicht zu folgen. Die Bestimmung des § 297 ABGB. über das Zugehör von Liegenschaften ist nämlich durch die Judikatur (vgl. vor allem den Plenarbeschluß des Obersten Gerichtshofes SZ. XX 98) in ihrer Tragweite geklärt worden. Danach liegt Zugehör vor, wenn eine Sache, die dem Eigentümer der Hauptsache gehört, für deren Zwecke dauernd gewidmet und mit ihr in innige Verbindung gebracht worden ist. Eine solche Sache gibt ihre Selbständigkeit auf und hat das Schicksal der Hauptsache zu teilen. Der Gesetzgeber hat mit der III. Teilnovelle zum ABGB. im § 297a aus wirtschaftlichen Gründen für Maschinen eine Ausnahme geschaffen. Soweit es sich aber nicht um Maschinen handelt, verbleibt es beim Grundsatz des § 297 ABGB. Wirtschaftliche Erwägungen könnten höchstens zu einer weiteren Änderung des Gesetzes, nicht aber zu dessen stillschweigender Außerkraftsetzung führen.

Die in Frage stehende Hochspannungsleitung ist als Zugehör derjenigen Liegenschaft anzusehen, die in das Eigentum des Klägers übergegangen ist. Denn sie ist mit den Grundstücken 224 und 225 in erdfeste, dauernde Verbindung gebracht worden, stand - wie sich aus dem Schreiben des Nebenintervenienten an die Beklagte vom 6. Juli 1926 ergibt - im Eigentum des Rechtsvorgängers der Klägerin und dient der Stromversorgung des Unternehmens der Klägerin, das sie auf der Liegenschaft betreibt. Gerade diese tatsächliche Benützung der Hochspannungsleitung für die Stromversorgungszwecke dieses Unternehmens macht die von den Rekurswerbern vermißte Widmung offenbar.

Davon, daß es sich um Zugehör anderer, früher dem Nebenintervenienten gehöriger Liegenschaften handeln könnte, kann nicht gesprochen werden. Denn dazu fehlte es an der innigen Verbindung mit jenen Liegenschaften und der in diesem Fall (Verschiedenheit der verkauften und der mit der Hochspannungsleitung versehenen Liegenschaft) nötigen ausdrücklichen Übertragung des Eigentums an der Hochspannungsleitung. Noch viel weniger könnte diese Leitung als Zugehör des auf der Liegenschaft der Firma I. befindlichen Transformatorenhauses oder des Transformators angesehen werden, weil diese in gleicher Weise wie die Leitung selbst unselbständig sind. Mangels Identität des Eigentümers kann auch nicht Zugehör der der Beklagten gehörigen Anlagen angenommen werden.

Die Hochspannungsleitung ist zusammen mit der Liegenschaft in das Eigentum der Klägerin übergegangen, mag der Wille der Vertragskontrahenten auch nicht ausdrücklich auf diesen rechtlichen Erfolg gerichtet gewesen sein. Es genügt in dieser Richtung, auf die durchaus zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen. Da der Klägerin für die Benützung der Hochspannungsleitung durch die Beklagte mangels Weiterbestandes des am 1. August 1951 automatisch beendeten Pachtvertrages nach § 1041 ABGB. jedenfalls ein angemessenes Entgelt gebührt, hat das Berufungsgericht diesen Anspruch der Klägerin mit Recht als bestehend angesehen. Da aber die Höhe des Entgeltes mangels Beteiligung der Klägerin am seinerzeit bestehenden Pachtvertrag nicht gerade mit dessen Pachtzinsansätzen bestimmt werden muß, hat das Berufungsgericht diesen Teil des erstgerichtlichen Urteils mit Recht wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgehoben. Die im Berufungsurteil enthaltene Unstimmigkeit, daß die Aufhebung nur bezüglich der vom Erstgericht zugesprochenen 615 S, nicht aber auch für den restlichen, von der Klägerin aus demselben Rechtstitel geltend gemachten Betrag gelten solle, ist durch den Beisatz im Punkt IV des Spruches der vorliegenden Entscheidung behoben worden, wobei auch zu berücksichtigen war, daß das Berufungsgericht diesbezüglich in Wahrheit den Berufungen aller Parteien stattgegeben hat.

Was die Revision der Klägerin gegen den bestätigenden und den abändernden Teil des Urteils des Berufungsgerichtes (Abweisung des Begehrens auf Bezahlung eines Entgeltes für die Niederspannungsleitung und auf Rückzahlung der Anschlußgebühr) betrifft, ist sie nach dem Judikat 56 neu zulässig, jedoch nicht begrundet. Die Revisionswerberin hält das Verfahren der Untergerichte für mangelhaft, weil nicht erhoben worden sei, von welchem Zeitpunkt an die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit elektrischer Energie aus dem Niederspannungsnetz des Elektrizitätsversorgungsunternehmens der Beklagten gegolten hätten. Dies wäre nach der Meinung der Revisionswerberin nötig gewesen, um festzustellen, ob ihre Verpflichtungen nach Abschnitt III Z. 3 der Allgemeinen Bedingungen, den Betrieb der Niederspannungsleitung über ihre Grundstücke ohne besonderes Entgelt zuzulassen, für die ganze Zeit, für die ein Benützungsentgelt verlangt werde, bestanden haben. Die Revisionswerberin muß indessen darauf verwiesen werden, daß sich aus dem Aktenzeichen der Anlage zu den Allgemeinen Bedingungen (Zl. 54.557-IV-2/50) und aus einer vom Obersten Gerichtshof nach § 509 Abs. 3 ZPO. im kurzen Weg eingeholten Auskunft des Bundesministeriums für Verkehr und verstaatlichte Betriebe ergibt, daß die Anlage zu den Allgemeinen Bedingungen für die Landesgesellschaft mit Wirkung vom 1. Oktober 1950 vom Bundesministerium genehmigt worden und in Kraft getreten ist. Für die Beklagte ist die Anwendbarkeit desselben Tarifes allerdings erst durch die generelle Verfügung der Bundesministerien für Inneres und für Verkehr und verstaatlichte Betriebe vom 14. August 1951 ( "Wiener Zeitung" vom 19. August 1951) ausgesprochen worden. Die zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen aber, die auf § 6 Abs. 1 und § 7 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 13. Dezember 1935, DRGBl.

I S. 1451 (Steiermärkisches Landesgesetz vom 11. Juli 1949, LGBl. Nr. 49) zurückgehen (vgl. Eggeler, Österreichisches Elektrizitätsrecht, ÖJZ. 1953 S. 256), waren zu dieser Zeit längst in Geltung. Da die Revisionswerberin für die Zeit vom 1. August 1951 bis 31. Dezember 1954 eine Benützungsentschädigung begehrt und ihre Verpflichtung nach dem Abschnitt III. Z. 3 der Allgemeinen Bedingungen für diese Zeit schon bestanden hat, kann sie aus diesem Rechtstitel von der Beklagten keine Zahlung verlangen.

Der weitere Einwand der Revisionswerberin, es handle sich bei der in Frage stehenden Niederspannungsleitung um keine Zu- und Fortleitung für sie, so daß schon aus diesem Grund die Bestimmung des Abschnittes III Z. 3 nicht zutreffen könne, ist unberechtigt. Denn danach ist nur Voraussetzung, daß die Leitungen für die Zwecke örtlicher Versorgung, aber nicht gerade der örtlichen Versorgung des Stromabnehmers, bestimmt sind. Es ist daher gleichgültig, ob der Stromabnehmer gerade aus der betreffenden Niederspannungsleitung versorgt wird (ebenso Eggeler a. a. O. S. 255). Der Zweck der fraglichen Bestimmung ist ja darin zu erblicken, daß dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen die örtliche Stromversorgung in möglichst weitgehendem Maße erleichtert wird.

In der Frage des Baukostenzuschusses vermag das Revisionsgericht der Argumentation des Berufungsgerichtes nicht zu folgen. Die Möglichkeit, einen Baukostenzuschuß vom Stromabnehmer noch vor der Inangriffnahme der Anschlußarbeiten zu verlangen, ist im Abschnitt III Z. 5 der Allgemeinen Bedingungen generell vorgesehen, wobei auf die Detailregelung in den für die einzelnen örtlichen Elektrizitätsversorgungsunternehmen geltenden Anlagen hingewiesen wird. In der für die Beklagte geltenden Anlage ist unter Bezugnahme auf den Abschnitt III Z. 5 der Allgemeinen Bedingungen unter lit. a vorgesehen, daß ein Baukostenzuschuß auch zu entrichten ist, wenn ein Abnehmer an eine bestehende Leitung (Ortsnetz bis Hausabspannung) angeschlossen werden soll, ohne daß eine Verstärkung des Niederspannungsnetzes notwendig ist. Es kann also vorkommen, daß zur Anschließung des Abnehmers das Niederspannungsnetz weder erweitert noch ausgebaut noch verstärkt werden muß (vgl. dort lit. b). In einem solchen Fall laufen örtliche Baukosten überhaupt nicht auf und dennoch ist nach den geltenden Stromlieferungsbedingungen ein Baukostenzuschuß (normalerweise in der Höhe eines Jahresgrundpreises) zu entrichten. Davon, daß diese Tarifbestimmung den guten Sitten widerstreiten würde, kann nach der Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht gesprochen werden. Er hat in seiner Entscheidung 2 Ob 565/52 darauf hingewiesen, daß die Leistung von Beiträgen anderer Stromabnehmer zu den Gestehungskosten einer Transformatorenstation die Forderung von weiteren Baukostenbeiträgen nicht unsittlich mache und daß zu berücksichtigen sein könnte, ob diese Forderung nicht schon in der Notwendigkeit einer Vorsorge für den künftigen Ausbau des Umspannwerkes und der Sicherung einer Erhöhung seiner Leistungskapazität ihre eventuelle Deckung fände (ebenso Eggeler a. a. O. S. 225, ebenso in ÖJZ. 1954 S. 3). Das Berufungsgericht hat die Meinung vertreten, daß die Beklagte durch den Anschluß der Klägerin an ihr Netz ein Werk übernommen habe und dafür angemessen zu entlohnen sei. Da sie aber bei diesem Anschluß, der in gleicher Weise auch für den Rechtsvorgänger der Klägerin, den Nebenintervenienten, bestanden habe, keinerlei Baukosten gehabt habe, habe sie nicht das Recht gehabt, nach lit. a zu Punkt III/5 der Anlage von der Klägerin einen Baukostenzuschuß zu verlangen. Das Berufungsgericht übersieht, daß die Vereinbarung eines fixen Baukostenzuschusses ein unselbständiger Teil des Stromlieferungsvertrages ist und nicht als Werkvertrag verselbständigt werden kann. Mit Rücksicht auf die an ihren Stromnetzen in der Kriegs- und der Nachkriegszeit eingetretenen Zerstörungen waren die meisten Elektrizitätsversorgungsunternehmen Österreichs gezwungen, neben dem an sich verhältnismäßig gering gebliebenen Arbeitspreis des Stromes und dem Jahresgrundpreis (Entgelt für die ständige Bereitstellung der Stromanlage) von den Abnehmern auch Baukostenbeiträge zu verlangen, die ohne Rücksicht auf die örtlich und zeitlich gerade erforderlichen Baukosten in einer gleichbleibenden Höhe entrichtet werden und dazu dienen sollten, die vom Standpunkt des Gesamtnetzes im technisch in Betracht kommenden Zeitpunkt zu leistenden Ausgaben für die nach der steigenden Zahl der Abnehmer nötig werdende Verstärkung der Kabel und die sonstige Erweiterung des Netzes zu decken. Das Begehren des Elektrizitätsversorgungsunternehmens, einen solchen Baukostenzuschuß zu bezahlen, kann nach den angestellten Erwägungen auch dann nicht als sittenwidrig angesehen werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Rechtsvorgänger des neuen Stromabnehmers in derselben Weise an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossen war. Wenn der Beklagten auch konkrete Baukosten nicht erwachsen sind, mußte sie für den etwa wegen der Neubegründung und der späteren Vergrößerung der Stromabnahme der Klägerin und aus anderen Gründen notwendig werdenden Ausbau des Netzes finanziell vorsorgen. Unterdessen ist übrigens wegen der inzwischen eingetretenen Konsolidierung der Betriebsverhältnisse der Elektrizitätsversorgungsunternehmungen durch die generelle Verfügung der Bundesministerien für Inneres und für Verkehr und verstaatlichte Betriebe vom 25. Februar 1954 ( "Wiener Zeitung" vom 3. März 1954) das Recht der Elektrizitätsversorgungsunternehmungen, einen Baukostenzuschuß ohne Rücksicht auf die konkreten Ausagen für den Stromabnehmer zu verlangen, behoben worden (§§ 2 und 8 Abs. 2). Gerade diese Verfügung beweist, daß auch die Aufsichts- und Preisbehörde früher die Möglichkeit, einen Baukostenzuschuß nach lit. a zu Punkt III/5 der Anlage zu den Allgemeinen Bedingungen ohne Auflaufen konkreter Auslagen zu fordern, angenommen hat. Was die Höhe des Baukostenzuschusses betrifft, weicht sie zwar von dem in der Anlage vorgesehenen Ausmaß ab. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Stromversorgung der Klägerin durch die Beklagte nur eine zusätzliche zur Eigenversorgung der Klägerin ist und für diesen Fall schon im § 6 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes (vgl. Abschnitt I Z. 1 der Allgemeinen Bedingungen mit seiner Berufung auf den "Rahmen des § 6 des Gesetzes") abweichende, dem Energieunternehmen wirtschaftlich zumutbare Bedingungen vorgesehen sind.

Bei dieser Rechtslage braucht auf die Ausführungen der Revisionswerberin zur Art der vom Berufungsgericht vorgenommenen Kompensation des Rückforderungsanspruches der Klägerin mit den Stromrechnungen der Beklagten nicht eingegangen zu werden. Denn dieser Anspruch steht der Klägerin überhaupt nicht zu, so daß mit ihm Gegenforderungen nicht verrechnet werden konnten. In dieser Richtung liegt, von der Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung abgesehen, weder die von der Revisionswerberin behauptete Aktenwidrigkeit noch ein Verfahrensmangel vor.

Anmerkung

Z29014

Schlagworte

Allgemeine Strombezugsbedingungen, Steiermark, Baukostenzuschuß, Stromlieferungsvertrag, Elektrizitätslieferung, Baukostenzuschuß, Hochspannungsleitung, Liegenschaftszubehör, Lieferung von Strom, Baukostenzuschuß, Liegenschaftszubehör, Hochspannungsleitung, Steiermark, Allgemeine Strombezugsbedingungen, Strombezugsbedingungen, allgemeine, Steiermark, Stromlieferungsvertrag, Baukostenzuschuß, Zubehör zu einer Liegenschaft, Hochspannungsleitung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1956:0010OB00637.55.0229.000

Dokumentnummer

JJT_19560229_OGH0002_0010OB00637_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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