TE OGH 1956/9/12 7Ob392/56 (7Ob393/56)

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Veröffentlicht am 12.09.1956
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr. Bernard als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kisser, Dr. Sabaditsch, Dr. Turba und Dr. Lachout als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Francis Henneth L*****, (früher Franz Kurt L*****, 2.) Paul Viktor L*****, 3.) Laszlo L*****, 4.) Georges Hans L*****, sämtliche vertreten durch Dr. Joachim Mück, Rechtsanwalt in Wien wider die beklagte Partei Dr. Franz Ludwig T*****, als Masseverwalter im Konkurse der Verlassenschaft nach Alfred W*****, Alleininhaber der registrierten Firma C. J. W*****, Nachfolger, *****, wegen Feststellung einer im Konkurs angemeldeten Forderung von 7.320 S infolge Revision und Rekurses der klagenden Parteien und Rekurses der beklagten Partei gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29. Mai 1956, GZ 3 R 276/56-11, womit infolge Berufung beider Streitteile das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 20. März 1956, GZ 13 Cg 1994/55-5, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben und das angefochtene Teilurteil, das im Punkt a) des Spruches als unangefochten unberührt geblieben ist, im übrigen bestätigt.

2) den Beschluß

gefaßt:

Den Rekursen beider Streitteile wird Folge gegeben, der in das Urteil aufgenommene Aufhebungsbeschluß aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfange zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das die Kosten des Revisionsverfahrens und der beiden Rekurse gleich Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln haben wird.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen des Alleininhabers Alfred W***** der protokollierten Firma C. J. W***** Nachfolger, wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 15. Oktober 1932 der Konkurs eröffnet. Dieser Konkurs wurde mit Beschluß vom 28. November 1934 mangels Deckung aufgehoben. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2. August 1955, S 24/55-2, wurde das Konkursverfahren - offenbar unter analoger Anwendung des § 159 KO - wieder aufgenommen und die Konkursgläubiger wurden aufgefordert, die zwischen der Aufhebung und der Wiedereröffnung des Konkurses entstandenen Konkursforderungen bis längstens 15. September 1955 anzumelden.

Schon im Jahre 1932 hatte der Vater der Kläger Alexander L***** eine Forderung von 5.000 S samt Kosten von 314 S und Zinsen von 825 S angemeldet, die damals nicht bestritten wurde. Im wiederaufgenommenen Verfahren meldeten die Kläger als Erben nach ihrem Vater Alexander L***** dieselbe Forderung samt 5 % Zinsen aus 6.139 S seit 15. September 1931 bis 15. September 1955, d. i. insgesamt eine Zinsenforderung von 7.320 S, an. Mit dem eingeschränkten Klagebegehren verlangen die Kläger die Feststellung, daß die angemeldete Zinsenforderung von 7.320 S in der dritten Klasse der Konkursforderungen zu Recht bestehe. Der Masseverwalter hat eingewendet, daß gemäß § 57 KO Zinsen nur bis zum Tage der Konkurseröffnung, d. i. also bis zum 15. Oktober 1932, geltend gemacht werden können und daß überdies hinsichtlich der mehr als drei Jahre rückständigen Zinsen gemäß § 1480 ABGB jedenfalls Verjährung eingetreten sei.

Das Erstgericht stellte den Anspruch der Kläger auf Zinsen im Betrage von 915 S im Range eines Konkursgläubigers der dritten Klasse als richtig fest und wies das Mehrbegehren ab. Es nahm den Standpunkt ein, daß den Klägern zwar Zinsen für die gesamte im ursprünglichen Konkursverfahren abgemeldete Forderung von 5.000 S Kapital zuzüglich 314 S Kosten und 825 S Zinsen gebühren, jedoch nur für die Zeit vom 2. 8. 1952 bis 2. 8. 1955, d. i. der Betrag von 915 S, während die restliche Zinsenforderung verjährt sei.

Das Berufungsgericht hat infolge Berufung beider Streitteile das Urteil erster Instanz a) bestätigt hinsichtlich des Ausspruches, daß der Anspruch der klagenden Parteien auf Zinsen im Betrage von 500 S im Range eines Konkursgläubigers der dritten Klasse als richtig mit der Wirkung gegenüber allen Konkursgläubigern festgestellt wird, b) bestätigt hinsichtlich der Abweisung eines Mehrbegehrens von 3.320 S,

c) im übrigen jedoch unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfange an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das Berufungsgericht trat der Rechtsmeinung bei, daß den Klägern grundsätzlich Zinsen gebühren, meinte jedoch, das Erstgericht habe übersehen,

1.) daß auf Grund der Währungsgesetzgebung Altschillingbeträge um ein Drittel zu kürzen seien,

2.) daß Zinsen nur vom Kapital, nicht aber von Zinsen und Kosten begehrt werden können,

3.) daß die Frage der Verjährung unter Berücksichtigung des Fristengesetzes zu lösen sei.

Derzeit stehe nur fest, daß die Kläger mindestens Anspruch auf 5 % Zinsen für 3 Jahre aus 3.333,33 S, das ist auf einen Betrag von 500 S haben. Weiters stehe fest, daß der Zinsenanspruch der Kläger maximal 5 % aus 3.333,33 S durch 24 Jahre, also 4.000 S betragen könne. Auf Grund dieser Erwägungen gelangte das Berufungsgericht zur Bestätigung des Zuspruches von Zinsen in der Höhe von 500 S, zur Abweisung des Mehrbegehrens von 3.320 S und im übrigen zur Aufhebung des Ersturteils.

Punkt a) des Spruches der Entscheidung des Berufungsgerichtes blieb unangefochten. Punkt b) des Spruches wird von den Klägern aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrage auf Abänderung und Punkt c) des Spruches von beiden Teilen mit Rekurs angefochten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet. Die beiden Rekurse sind teilweise begründet.

Auszugehen ist von der Rechtskraft des Wiederaufnahmsbeschlusses nach § 159 KO. Ob dieser Beschluß dem Gesetz entsprach, ist nicht zu prüfen, sondern nur zu untersuchen, ob der angemeldete Zinsenanspruch in dem Verfahren nach § 159 KO mit Recht angemeldet werden konnte.

Hiebei ergeben sich folgende Rechtsfragen:

1.) Die Frage, ob trotz der Bestimmung des § 57 KO Zinsen von der ursprünglich angemeldeten Forderung überhaupt begehrt werden können.

2.) Die Frage, von welchem Kapitalsbetrag diese Zinsen begehrt werden können und ob sie nur vom Kapital oder auch von Kosten und Zinsen gefordert werden können.

3.) Die Frage der Verjährung.

Die erste Frage hat das Rekursgericht mit Recht bejaht. § 57 Abs 1 KO schließt nur die Geltendmachung einer Zinsenforderung als Konkursforderung aus, nicht aber die Geltendmachung dieser Forderung in anderer Weise, insbesondere nicht gegenüber dem Gemeinschuldner, wenn der Konkurs auf andere Weise als Zwangsausgleich beendet wurde (Bartsch-Pollak, I, S. 311). Daraus folgt, daß zumindestens nach Aufhebung des Konkurses den Klägern Forderungen an Zinsen laufend entstanden sind. Daraus folgt weiters, daß die Kläger gemäß § 159 Abs 1 KO berechtigt sind, diese Zinsenforderungen, soweit nicht Verjährung eingetreten ist, im wiederaufgenommenen Konkurse geltend zu machen. Mag man auch die Wiederaufnahme des Konkurses als Konkursfortsetzung bezeichnen, so zeigt doch gerade die Bestimmung des § 159 Abs 1 KO, daß es sich jedenfalls um eine abnormale Konkursfortsetzung handelt. Der Wiederaufnahmsbeschluß wirkt nicht zurück, sondern erst von der Kundmachung an (Bartsch-Pollak zu § 159 KO). Die Ansicht, daß § 159 Abs 1 KO für Zinsenforderungen aus einem schon im aufgehobenen Konkurse angemeldeten Kapital nicht gelten solle, findet im Gesetze keine Grundlage. Eine solche Schlechterstellung des Altgläubigers gegenüber dem neuen Gläubiger wäre auch nicht zu rechtfertigen.

Was die Höhe der Forderung betrifft, von der die Zinsen zu berechnen sind, besteht kein Zweifel, daß dabei auf die seit der ersten Anmeldung der Forderung erflossene Währungsgesetzgebung Bedacht zu nehmen ist. Obgleich der Beklagte in erster Instanz die als Berechnungsgrundlage in der Klage herangezogene Kapitalssumme nicht ausdrücklich bestritten hat, so hat er doch die Verpflichtung zur Zinsenzahlung überhaupt bestritten. Wenn entgegen diesem vom Beklagten eingenommenen Rechtsstandpunkt, daß er zur Zinsenzahlung überhaupt nicht verpflichtet sei, Zinsen zugesprochen werden, müssen sie unter Berücksichtigung der Währungsgesetzgebung richtig bemessen werden.

Zu Unrecht rügen auch die Kläger in ihrer Rechtsmittelschrift den Standpunkt des Berufungsgerichtes, daß ihnen Zinsen von den angemeldeten Zinsen nicht gebührten. Die Richtigkeit dieses Standpunktes folgt im Ergebnis aus RGBl 62/1868. Die in diesem Gesetz normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Forderung von Zinseszinsen liegen hier nicht vor.

Hingegen ist der Ausspruch des Berufungsgerichtes, daß die Kläger auch keinen Anspruch auf Zinsen von der ihnen gebührenden Kostenforderung haben, rechtlich nicht haltbar. Das Berufungsgericht begründet diesen Ausspruch mit der Bemerkung, die Kläger hätten einen solchen Anspruch nicht dargetan. Dem ist zu entgegnen, daß dieser Anspruch seine Grundlage im Gesetz (§ 1333 ABGB) findet. Wenngleich Kosten als Nebengebühren im Sinne des § 54 KO anszusehen sind (Judikatenbuch 58 neu), schließt dies nicht aus, daß für diese Nebengebühren ab Fälligkeitstag Zinsen im Klagewege oder im Wege der Anmeldung im Konkurse begehrt werden. Insofern kommt daher dem Rekurse der Kläger Berechtigung zu.

Berechtigt ist auch der Rekurs des Beklagten, sofern er sich gegen den Auftrag des Berufungsgerichtes an das Erstgericht wendet, die Verjährungsfrage unter Berücksichtigung des Fristengesetzes neuerlich zu prüfen. Der Beklagte hat in erster Instanz Verjährung des mehr als dreijährigen Zinsenrückstandes eingewendet. Diese Einwendung fand in der Bestimmung des § 1480 ABGB ihre Grundlage. Wenn die Kläger der Meinung waren, daß Verjährung wegen Vorliegens einer der Tatbestände des § 1 Fristengesetzes nicht eingetreten sei, hätten sie dies behaupten und unter Beweis stellen müssen. Dies haben sie nicht getan; sie waren daher auch nicht berechtigt, sich im Rechtsmittelverfahren auf das Fristengesetz zu berufen; übrigens haben sie auch in ihren Rechtsmittelschriften nicht das Vorliegen eines der Tatbestände des § 1 Fristengesetzes behauptet, sondern nur im allgemeinen von den durch die politischen Verhältnisse gegebenen Umständen und von der Unzumutbarkeit gerichtlicher Schritte angesichts der Vermögenslosigkeit der Verlassenschaft W***** gesprochen. Der Hinweis des Berufungsgerichtes auf § 182 ZPO geht fehl. Eine Aufforderung des Erstgerichtes an die Kläger darzutun, daß einer der Tatbestände des § 1 Fristengesetz gegeben seie, kam nicht in Betracht; denn wie nach § 1501 ABGB die Verjährungseinrede, ist auch ihr Widerspiel nur auf Antrag zu beachten (3 Ob 387/52). Aus all dem folgt, daß die Rechtssache zur Zuerkennung dreijähriger Zinsen vom Kapitalsbetrag und vom Kostenbetrag unter Berücksichtigung der Währungsgesetzgebung und zur Abweisung des Mehrbegehrens spruchreif ist. Da der demnach zuzusprechende Betrag 4.000 S keinesfalls übersteigen kann, war der das Mehrbegehren abweisende Spruch des Teilurteiles zu bestätigen; der von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Streitsache ausgehende Aufhebungsbeschluß hingegen war aufzuheben.

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E73491 7Ob392.56

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1956:0070OB00392.56.0912.000

Dokumentnummer

JJT_19560912_OGH0002_0070OB00392_5600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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