TE OGH 1960/1/26 3Ob491/59

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Veröffentlicht am 26.01.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Ersten Präsidenten Dr. Heller als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier, Dr. Liedermann, Dr. Machek und Dr. Berger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** AG, *****, vertreten durch Dr. Leopold Ragger, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Johann V*****, vertreten durch Dr. Helmut Ebner, Rechtsanwalt in Villach, wegen 3.187,40 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 21. Oktober 1959, AZ 2 R 423/59, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 8. September 1959, AZ 6 C 903/59, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 502,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte hat ein Kraftfahrzeug mit 1. 1. 1957 bei der klagenden Gesellschaft haftpflichtversichert. Am 30. 11. 1958 meldete er das Fahrzeug bei der Behörde dauernd ab. Am 2. 4. 1959 verkaufte er es seinem Sohn, der das Fahrzeug zum Verkehr wieder anmeldete, die Versicherung aber gleichzeitig kündigte. Die klagende Gesellschaft begehrt vom Beklagten die Bezahlung der Folgeprämie 1959. Der Beklagte wendet ein, dass er diese nicht zu zahlen habe, weil die Abmeldung und Stilllegung des Fahrzeuges einen Risikowegfall bedeutete, wovon die klagende Partei verständigt worden sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

In der dauernden Abmeldung des Fahrzeuges sei nicht nur ein vorübergehendes Ausdemverkehrziehen nach § 5 AKB sondern ein dauernder Wagniswegfall nach § 6 Abs 3 AKB zu erblicken. Durch den späteren Weiterverkauf des Fahrzeugs sei für die klagende Partei kein neues Risiko entstanden.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Abmeldung des Fahrzeugs bei der Behörde habe lediglich öffentlich-rechtlichen Charakter, jedoch keinen Einfluss auf das Versicherungsverhältnis. Dieses erlösche nur durch Ablauf der Vertragszeit oder durch einen im Versicherungsvertragsgesetz ausdrücklich angeführten Umstand. Ein solcher sei nicht gegeben. Die polizeiliche Abmeldung hätte nur dann als Wegfall des versicherten Interesses iSd § 68 VVG beachtet werden können, wenn der Versicherer sie als solche ausdrücklich anerkannt hätte. Durch die Außerstreitstellung wurde aber nur zugegeben, dass das Fahrzeug tatsächlich dauernd abgemeldet wurde. Da der Veräußerer im Falle der Kündigung der Versicherung durch den Käufer die laufende Prämie gemäß § 70 Abs 3 VVG zu zahlen habe, sei das Klagebegehren gerechtfertigt.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Beklagten aus den Revisionsgründen des § 503 Z 2, 3 und 4 ZPO.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

Der Beklagte hat sich zum Beweis des Wegfalls des Interesses lediglich auf die behördliche Abmeldung berufen. Ein weiteres Vorbringen über seine damit verbundenen Absichten, über den Zustand des Fahrzeugs und so fort, fehlt. Allein streitentscheidend ist daher die Frage, ob die behördliche Abmeldung als Wegfall des versicherten Interesses iSd § 68 VVG bzw § 6 Abs 3 AKB anzusehen ist, durch den der Versicherungsvertrag zum Erlöschen kommt. Diese Frage hat das Berufungsgericht mit Recht verneint. Zwischen der dauernden Abmeldung und der Abmeldung für eine bestimmte Zeit ist nach § 37 KFG 1955 nur der Unterschied, dass im ersten Falle der Zulassungsschein und die Kennzeichentafel eingezogen, während im zweiten Falle diese bloß bei der Behörde hinterlegt werden und zu einem beliebigen Zeitpunkt, der ein Jahr nicht übersteigt, wieder behoben werden können. Es bleibt dem Fahrzeugbesitzer aber unbenommen, auch bei der sogenannten dauernden Abmeldung jederzeit um die Neuzulassung und Zuerkennung einer neuen Kennzeichentafel anzusuchen.

Die sogenannte dauernde Abmeldung ist nur ein Begriff im behördlichen Zulassungsverfahren. Sie bedeutet aber nicht, dass das Fahrzeug damit für alle Zeiten aus dem Verkehr gezogen wurde. Die Abmeldung des Fahrzeuges und die damit verbundene zeitweise Nichtverwendung im Straßenverkehr kann daher nicht als Wegfall des versicherten Interesses, sondern nur als zeitweise Gefahrminderung angesehen werden. Der Umfang der Versicherung ist nach § 10 AKB auf die Entschädigung von Ansprüchen aus Schäden abgestellt, die durch den „Gebrauch" des Fahrzeuges entstanden sind, die Haftung wird in keinem Falle von der behördlichen Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr abhängig gemacht.

Die Benützung eines Fahrzeugs ohne behördliches Kennzeichen bildet weder einen Risikoausschluss noch eine Obliegenheitsverletzung. Das Fehlen der behördlichen Zulassung hindert weder den Gebrauch des Fahrzeugs noch die Haftung des Versicherers. Das Fahrzeug kann zB erlaubterweise ohne Kennzeichentafel abgeschleppt werden und dabei einen Schaden verursachen, für den der Versicherer aufzukommen hat (vgl Prölls11 S 533). Die Zulassungsvorschriften regeln nur die Verwendung der Fahrzeuge auf Straßen, nicht auf Privatgrundstücken, zB auf einem Werksgelände, innerhalb privater Parkplätze und Garagen. Alle dabei auftretenden Schäden sind aber durch die Versicherung gedeckt. Es ist daher richtig, wenn angenommen wird, dass die bloße behördliche Abmeldung und die sogenannte „Stilllegung" des Fahrzeugs noch nicht unter die Bestimmung des § 6 Abs 3 AKB fallen und keinen Wegfall des Interesses iSd § 68 VVG bedeuten (vgl Prölls11 S 242 und die dort angeführte deutsche Rechtsprechung).

Was die beklagte Partei in der Revision im Übrigen in der Rechtsrüge ausführt, geht am Kern der Sache vorbei, insbesondere die Ausführung über den Wagniswegfall bei Wechsel des Fahrzeugeigentümers. Entscheidend ist nur, ob der Versicherungsvertrag durch die behördliche Abmeldung bereits nach § 68 VVG erloschen oder ob dies nicht der Fall war. Ist dies nicht geschehen, dann ist der Versicherungsvertrag durch die Kündigung des Käufers beendet worden und der Beklagte als Verkäufer zur Zahlung der laufenden Jahresprämie verpflichtet. Ebenso wenig kommt es bei der Beurteilung des Wegfalls des Interesses auf die Absicht des Versicherten an. Ausschlaggebend ist der objektive Tatbestand. Ein Kraftfahrzeug ist für den Verkehr bestimmt. Sein wirtschaftlicher Wert liegt in seiner Bedeutung als Fortbewegungsmittel. Erst wenn ein Fahrzeug diese Eigenschaften verliert, wenn es völlig unbrauchbar, zum Wrack wird, kann es als Fortbewegungsmittel nicht mehr verwendet werden. Erst dann fällt das versicherte Interesse weg.

In dieser Richtung wurde vom Beklagten nichts vorgebracht, sodass es sich erübrigt, darauf weiter einzugehen.

Aus diesem Grunde ist auch die Mängelrüge unbegründet. Der Beklagte verweist darauf, dass er nicht nur die behördliche Abmeldung, sondern auch die Stilllegung des Fahrzeugs behauptete und sich dabei auf Parteienvernehmung berufen hat, die nicht durchgeführt wurde. Aus den vorstehenden Rechtsausführungen ergibt sich aber, dass die Stilllegung eines an sich noch fahrtüchtigen Fahrzeuges noch keinen Risikowegfall bedeutet. Die behauptete Stilllegung bedurfte daher keiner weiteren Erörterung.

Der Revisionsgrund nach § 503 Z 3 ZPO wurde nicht ausgeführt. Der Revision musste demnach der Erfolg versagt werden. Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E77116 3Ob491.59

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0030OB00491.59.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19600126_OGH0002_0030OB00491_5900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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