TE OGH 1960/5/11 3Ob167/60

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Veröffentlicht am 11.05.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Machek, Dr. Berger und Dr. Überreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria M*****, Besitzerin in *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schachtner, Rechtsanwalt in Peuerbach, wider die beklagte Partei Josef M*****, Besitzer in *****, vertreten durch Dr. Dkfm Kurt Sailer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen Ehescheidung und Aufhebung der Ehepakte infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 26. Februar 1960, GZ 2 R 55/60-23, womit der Beschluss des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 25. Jänner 1960, GZ 2 Cg 297/59-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Erstgerichtes werden aufgehoben. Die Sache wird an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Kosten des Revisionsrekurses werden in diesem Verfahren nicht zugesprochen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei erhob am 26. 9. 1959 gegen den beklagten Ehegatten die Scheidungsklage nach § 49 EheG und stützte diese Klage insbesondere auf ehewidrige Beziehungen, wiederholte Misshandlungen und Beschimpfungen und Ausbleiben durch mehrere Wochen unter Mitnahme des ganzen Bargeldes von 4.000 S. Gleichzeitig beantragte die klagende Partei die Aufhebung der am 17. 5. 1951 geschlossenen notariellen Ehepakte. Am 23. 1. 1960 beantragte die klagende Partei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch das Verbot an den Beklagten, seinen ideellen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 55 KG Sch***** zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden. Zur Begründung führte die Klägerin an, dass die am 17. 5. 1951 geschlossenen Ehepakte eine bereits unter Lebenden wirksame Gütergemeinschaft beinhalten. Die klagende Partei habe in die Gütergemeinschaft die Liegenschaft EZ 55 KG Sch***** mit allem Zubehör und einem Gesamtflächenausmaß von 29.5381 ha eingebracht. Der Beklagte habe nur 5.500 S eingebracht. Er mache Schulden, die mit der Wirtschaftsführung nicht im Zusammenhang stehen. Er wolle allem Anschein nach die Klägerin nur schädigen. Zur Bescheinigung berief sich die klagende Partei auf die in der Scheidungsklage beantragten Beweismittel, die beglaubigte Abschrift der Ehepakte, auf eine angeschlossene Mahnklage und Korrespondenz.

Der Erstrichter gab dem Antrag statt.

Das Rekursgericht wies den Antrag mangels Bescheinigung des Scheidungsanspruches und einer Gefährdung ab.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstrichterlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist begründet.

Die Auffassung des Rekursgerichtes, die Klägerin habe sich auf die in der Scheidungsklage angeführten Beweismittel nur zum Nachweis dafür berufen, dass sie eine Scheidungsklage eingebracht, die Aufhebung der Ehepakte verlangt und die Liegenschaft in die Gütergemeinschaft eingebracht habe, kann nicht geteilt werden. Der Inhalt der Scheidungsklage und des gestellten Aufhebungsantrages bezüglich der Ehepakte geht aus den Akten selbst hervor. Dazu bedarf es keiner weiteren Bescheinigung. Der Sinn der Bescheinigungsanbietung der klagenden Partei kann nur der sein, die in der Klage angeführten Beweismittel in dem prozessual zulässigen Ausmaß (§ 274 ZPO) für die behaupteten schweren Eheverfehlungen des Beklagten zu benützen. Die in der Entscheidung SZ X 194 für die Fälle der Scheidung von Tisch und Bett nach früherem Recht aufgestellten Grundsätze, dass zur Sicherung des Anspruches auf Aufhebung der Ehepakte und Vermögensabsonderung schon vor Fällung des Scheidungsurteiles bei Bescheinigung eines Verschuldens eine einstweilige Verfügung durch Erlassung des Verbotes an den beklagten Ehegatten erwirkt werden kann, seinen Miteigentumsanteil zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden, sind auch auf gleichgelagerte Fälle der Scheidung nach geltendem Ehegesetz anzuwenden. Die Klägerin hat in prozessual zulässiger Weise Bescheinigungen über schwere Eheverfehlungen des Beklagten angeboten, ohne dass bisher ein entsprechendes Bescheinigungsverfahren durchgeführt worden wäre.

In der Frage der Gefährdung des klägerischen Anspruches sind beide Vorinstanzen davon ausgegangen, dass das Eigentumsrecht des Beklagten an einer Liegenschaftshälfte im Sinn des Punktes 4. des Notariatsaktes vom 17. 5. 1951 ohne Zusatzanspruch durch die Gütergemeinschaft einverleibt wurde. Nun ist es zwar richtig, dass in der Rechtsprechung der Grundsatz entwickelt wurde, dass die Eintragung des Miteigentums zweier Ehegatten, in welcher auf die Ehepakte bloß Bezug genommen worden ist, der in den Ehepakten vereinbarten Gütergemeinschaft dingliche Wirkung gegen Dritte verleiht, und dass die Vereinbarung einer Gütergemeinschaft unter Lebenden eine wechselseitige Verfügungsbeschränkung beider Ehegatten erzeugt, sodass keiner einseitig über seinen Anteil am Gemeinschaftsgut verfügen kann, wie anderseits die Haftung jedes Ehegatten für die Schulden des anderen mit seinem Anteil am Gemeinschaftsgut entsteht (JBl 1948 S 347, JBl 1958 S 70 = SZ XXX 65). Anderseits hat der Oberste Gerichtshof in der späteren Entscheidung JBl 1959 S 156 ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Judikatur darüber schweigt, ob ein bloßer Hinweis auf die Ehepakte im Hauptbuch zur Herstellung einer dinglichen Wirkung nach Art eines Verfügungsverbotes gemäß § 364c ABGB genügt. Es muss daher auch zweifelhaft sein, ob in allen Fällen jener Hinweis die Anmerkung des Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbotes nach §§ 382 Z 6, 384 Abs 2 und 3 Eo ersetzt. Wenn bei dieser Rechtslage die klagende Partei mit der beantragten einstweiligen Verfügung die sichere Wirkung eines Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbotes nach §§ 382 Z 6, 384 Abs 2 und 3 EO erstrebt, kann ihr bei Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen nicht entgegengetreten werden. Die klagende Partei hat Bescheinigungen darüber vorgelegt, dass der Beklagte in offenkundiger Schädigungsabsicht Schulden mache und durch Belastungen den Rückstellungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der ihm zugeschriebenen, von ihr in die Gütergemeinschaft eingebrachten Liegenschaftshälfte gefährden könnte. Hiezu ist zu bemerken, dass gemäß § 381 EO zur Sicherung anderer Ansprüche einerseits objektive Gefährdung genügt, andererseits die Anmerkung nach § 382 Z 6 EO gemäß § 384 Abs 3 EO nur freiwillige Verfügungen in einem bestimmten Umfang verhindert (Neumann-Lichtblau S 1181, 1196). Jedenfalls bedarf es der Bescheinigung einer schweren Eheverfehlung auf Seite des Beklagten. Zu diesem Zweck ist ein ergänzendes Verfahren in erster Instanz notwendig. Es war daher mit der Aufhebung beider vorgerichtlicher Beschlüsse und mit der Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung vorzugehen.

Der Kostenausspruch ist im § 393 EO begründet.

Anmerkung

E76129 3Ob167.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0030OB00167.6.0511.000

Dokumentnummer

JJT_19600511_OGH0002_0030OB00167_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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