TE OGH 1960/5/17 4Ob69/60

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.05.1960
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hohenecker als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gitschthaler und Dr. Bachofner sowie die Beisitzer Dr. Straßner und Schrammel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Walter H*****, Vertragsbediensteter, *****, vertreten durch Dr. Alfred S*****, Zentralsekretär, *****, dieser vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien I., wegen 8.572,45 S sA und Feststellung (Streitwert 500 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 1. Februar 1960, GZ 44 Cg 22/60-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 6. November 1959, GZ 4 Cr 2023/59-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 594,51 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Unbestritten ist: Der Kläger steht seit 9. 2. 1952 als Vertragsbediensteter beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in einem Dienstverhältnis zur beklagten Partei. In dem erst am 15. 9. 1952 errichteten schriftlichen Dienstvertrag wurde die Entlohnung nach Entl. Schema I Entl. Gruppe d, mittlerer Dienst, vereinbart. Mit Nachtrag zum Dienstvertrag vom 29. 12. 1954 wurde der Kläger mit Wirksamkeit vom 1. 1. 1955 in Entl. Gruppe b (gehobener Fachdienst) überstellt und ihm die Gehaltsstufe 4 (= Anfangsstufe in b) mit nächster Vorrückung am 1. 1. 1957 zuerkannt. Die Zeit vom 9. 2. 1952 bis 31. 12. 1954 wurde ihm bei der Entlohnung in der Entl. Gruppe b nicht angerechnet. Der Kläger wurde auch in dieser Zeit in Verwendungen beschäftigt, die dem gehobenen Fachdienst (Entl. Gruppe b) entspricht.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage 1.) die Feststellung, dass ihm gegenüber der beklagten Partei auf Grund des bestehenden Dienstverhältnisses nach dem Vertragsbedienstetengesetz 1948, BGBl Nr. 86, das Recht auf Entlohnung nach Schema I, Entl. Gruppe b, Entlohnungsstufe 7, nächste Vorrückung am 1. 1. 1960, zustehe, und

2.) die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm den Betrag von 8.572,45 S samt Anhang zu bezahlen. Dieser Betrag entspricht, wie unbestritten ist, der Differenz der Entlohnung, die dem Kläger in der Zeit vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1959 tatsächlich gewährt wurde, und der Entlohnung, auf die er Anspruch hätte, wenn er schon vom Beginn seiner Tätigkeit bei der beklagten Partei an in Entl. Gruppe b eingestuft gewesen wäre.

Die beklagte Partei hat unter anderem eingewendet, dass der Kläger schon vor seiner Einstellung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ein Dienstposten der Gruppe b nicht zur Verfügung stehe und dass er für einen solchen Dienstposten erst in Frage komme, wenn er sich entsprechend bewährt habe und ein solcher Dienstposten frei sei.

Das Erstgericht hat der Klage voll stattgegeben. Für die Entlohnung des Klägers seien die tatsächlich von ihm geleisteten Arbeiten maßgebend. Die Einstufungsvorschriften des Vertragsbedienstetengesetzes seien zwingender Natur. Der Feststellungsanspruch des Klägers sei nicht verjährt, sein rechtliches Interesse an demselben gegeben.

Über Berufung der beklagten Partei hat das Berufungsgericht das Ersturteil bestätigt und ausgesprochen, dass der Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich des Feststellungsbegehrens 10.000 S übersteige. Auch das Berufungsgericht hat die Rechtsansicht vertreten, dass für die Einstufung von Vertragsbediensteten nicht die Vereinbarung der Parteien maßgebend sei, sondern dass es hiebei auf die tatsächlich geleisteten Dienste ankomme. Bei der Änderung des Dienstvertrages am 29. 12. 1954 handle es sich nicht um eine Überstellung des Klägers in eine andere Entlohnungsgruppe, denn die Überstellung setze voraus, dass die ursprüngliche Einstufung richtig war. Im vorliegenden Fall sei aber die ursprüngliche Einstufung unrichtig gewesen und habe zwingenden Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes widersprochen. Die beklagte Partei könne sich daher auf den Inhalt des Vertrages vom 15. 9. 1952 nicht berufen. Während der Dauer des Dienstverhältnisses habe der Kläger auch nicht wirksam auf angemessene Entlohnung verzichten können. Verjährung liege weder bezüglich des Feststellungs- noch des Leistungsbegehrens vor. Auf die Bestimmungen des jährlichen Bundesfinanzgesetzes könne sich die beklagte Partei berufen, weil diese auf das Privatrechtsverhältnis der Streitteile nicht unmittelbar angewendet werden könnte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei, die auf die Ziffern 2 und 4 des § 503 ZPO gestützt und in der beantragt wird, das angefochtene Urteil auf Abweisung der Klage abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Kläger hat beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

Zu den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen bezüglich Überstellung von Vertragsbediensteten in andere Entlohnungsgruppen, bezüglich des Erfordernisses der Schriftform des Dienstvertrages von Vertragsbediensteten, bezüglich der Verjährung von Feststellungs- und Leistungsansprüchen von in der Klage geltend gemachter Art, bezüglich der Auswirkung des jährlichen Bundesfinanzgesetzes auf die einzelnen Dienstverhältnisse der Vertragsbediensteten hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt und ausführlich Stellung genommen (vgl. 4 Ob 132/58, 4 Ob 2/60, 4 Ob 20/60, 4 Ob 35/60, 4 Ob 59/60). Um Wiederholungen zu vermeiden, kann auf den Inhalt dieser Entscheidungen, die der beklagten Partei bekannt sind, verwiesen werden. Das Vorbringen in der Rechtsrüge vermag daher nicht zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils zu führen.

Das gleiche gilt von der Mängelrüge, die erhoben wird, weil das Berufungsgericht auf die Einwendung der beklagten Partei, der Kläger habe schon vor Einstellung auf eine höhere Entlohnung als nach Entl. Gruppe d verzichtet, nicht eingegangen sei. Das Berufungsgericht hat nicht nur die zutreffende Rechtsansicht vertreten, dass der Kläger auf Entlohnung entsprechend seiner Beschäftigung während der Dauer des Dienstverhältnisses wirksam nicht verzichten konnte, es hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Entlohnungsvorschriften des Vertragsbedienstetengesetzes zwingender Natur sind. Geht man von der auch vom Obersten Gerichtshof in den oben angeführten Entscheidungen gebilligten Rechtsansicht aus, dass der Kläger als Vertragsbediensteter Anspruch auf jene Entlohnung hat, die den von ihm tatsächlich geleisteten Diensten entspricht, so ist es ohne Bedeutung, wenn der Kläger, wie die beklagte Partei behauptet, schon bei seiner Einstellung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ein Dienstposten der Entl. Gruppe b nicht zur Verfügung stünde und er für einen solchen Dienstposten erst in Frage käme, wenn er sich entsprechend bewährt habe und ein solcher Dienstposten frei sei. Die beklagte Partei hätte, wenn sie eine höhere Entlohnung des Klägers als nach Entl. Gruppe d aus welchem Grunde immer vermeiden wollte, den Kläger eben nur in solchen Verwendungen beschäftigen dürfen, die der Entlohnung der Entl. Gruppe d entsprechen. Die Art der Verwendung des Klägers ist der beklagten Partei von Anfang an frei gestanden, so dass von einem Verstoß gegen Treu und Glauben auf Seite des Klägers keine Rede sein kann, wenn er die Entlohnung begehrt, die den Arbeiten und Diensten entspricht, die ihm die beklagte Partei zur Erledigung zugewiesen hat. Auch das Argument, der Kläger hätte erst geprüft werden müssen, ob er für eine Tätigkeit in der Verwendungsgruppe b geeignet sei, trifft nicht zu, weil die Erprobung von Vertragsbediensteten im Rahmen der Bestimmungen des § 4 Abs 3 VBG. (Dienstvertrag auf kalendermäßig bestimmte Zeit oder Probemonat) erfolgen kann. Das Verfahren vor dem Berufungsgericht ist daher auch nicht mangelhaft.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E76810 4Ob69.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0040OB00069.6.0517.000

Dokumentnummer

JJT_19600517_OGH0002_0040OB00069_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten