TE Vwgh Beschluss 2005/3/16 2002/12/0201

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Veröffentlicht am 16.03.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/02 Gehaltsgesetz;
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

GehG 1956 §12 Abs3;
GehG 1956 §12;
PG 1965 §53;
PG 1965 §54;
PG 1965 §55;
PG 1965 §56;
PG 1965 §57;
RDG §15 idF 1988/230;
RDG §33 Abs2;
RDG §9 idF 1988/230;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache des Mag. M in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. April 2002, Zl. 29404/4- III 6/01, betreffend die Einrechnung von Praxiszeiten in den Ausbildungsdienst gemäß § 15 RDG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Anträge des Beschwerdeführers und der belangten Behörde auf Zuspruch von Aufwandersatz werden abgewiesen.

Begründung

Der 1973 geborene Beschwerdeführer hat nach seiner Sponsion zum Magister der Rechtswissenschaften im Juli 1997 zwischen 1. Oktober 1997 und 30. September 1998 seine Gerichtspraxis im Sprengel des Oberlandesgerichtes X. zurückgelegt. Vom 1. Oktober 1998 bis 31. Mai 1999 war er im Rahmen einer 40-Stunden-Woche als Verwaltungspraktikant im Amt für Zivilrechtsangelegenheiten des Stadtmagistrates I. beschäftigt und dort mit der Erledigung zivilrechtlicher und öffentlichrechtlicher Agenden betraut. Vom 1. Juni 1999 bis zum 31. Jänner 2001 war er als Rechtsanwaltsanwärter in I. tätig. Mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2001 wurde er zum Richteramtsanwärter ernannt.

In seiner Eingabe vom 23. Februar 2001 ersuchte der Beschwerdeführer um Einrechnung seiner vor der Ernennung zum Richtsamtsanwärter zurückgelegten Praxis als Rechtspraktikant in der Dauer von 12 Monaten, als Verwaltungspraktikant in der Dauer von 8 Monaten und als Rechtsanwaltsanwärter in der Dauer von 20 Monaten in den Ausbildungsdienst (gemäß § 15 RDG).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 24. April 2002 wurden die Praxiszeiten als Verwaltungspraktikant und als Rechtsanwaltsanwärter im Ausmaß von einem Jahr und drei Monaten in den Ausbildungsdienst eingerechnet, wodurch die Ausbildung beim Landesgericht, beim Bezirksgericht und beim Rechtsanwalt im Ausmaß von jeweils 5 Monaten ersetzt werden könne. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

In der Begründung wurde ausgeführt, dass § 15 RDG eine zweckdienliche Ausbildung im richterlichen Vorbereitungsdienst gewährleisten solle. Eine weiter gehende Einrechnung von Praxiszeiten in den Ausbildungsdienst sei im Hinblick darauf, dass die im § 9 Abs. 4 RDG vorgesehenen Mindestausbildungszeiten einzuhalten seien, nicht möglich.

Anzumerken ist noch, dass durch den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes X. vom 4. Oktober 2001 auch die vom Beschwerdeführer zurückgelegte Gerichtspraxis in vollem Ausmaß gemäß § 15 RDG in den Ausbildungsdienst eingerechnet wurde.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 24. April 2002 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auf Anfrage vom 19. Jänner 2005 teile die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass der Beschwerdeführer mit 1. September 2003 zum Sprengelstaatsanwalt im Bereich der Oberstaatsanwaltschaft X. und mit 1. September zum Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft X. ernannt wurde. Mit Berichterverfügung vom 19. Jänner 2005 wurde der Beschwerdeführer im Hinblick darauf um Bekanntgabe ersucht, ob und bejahendenfalls aus welchen Gründen noch ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung bestehe.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme vom 24. Februar 2005 ein solches Interesse behauptet und vorgebracht, bei "vollumfänglicher Einrechnung" der von ihm zurückgelegten Praxiszeiten in den Ausbildungsdienst hätte er mit 1. Februar 2002 alle Ernennungsvoraussetzungen erfüllt. Auf Grund der nur teilweisen Einrechnung sei sein "Ernennungsstichtag" hingegen auf den 1. November 2002 gefallen. Seine Ernennung zum Sprengelstaatsanwalt sei mit 1. September 2003 erfolgt.

Vor ihm seien mehrere Personen (solche werden beispielhaft angeführt), die einen nach dem 1. Februar 2002 liegenden "Ernennungsstichtag" hätten, auf Richter- bzw. Staatsanwaltsstellen ernannt worden, auf die er sich ebenfalls beworben habe oder hätte bewerben können, wenn er bereits ernennungsfähig gewesen wäre. Wären seine Praxiszeiten in vollem Umfang eingerechnet worden, hätte er eine dieser Planstellen "mit Sicherheit erhalten".

Da das Gehalt eines Richters bzw. Staatsanwaltes erheblich über dem Gehalt eines Richteramtsanwärters liege, habe er einen Verdienstentgang erlitten. Diesen könnte er gegen die Republik Österreich als Schadenersatzforderung geltend machen, wenn in einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes festgestellt würde, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig gewesen sei. Gemäß § 11 AHG wären die ordentlichen Gerichte an eine derartige Feststellung gebunden.

Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass der angefochtene Bescheid auch künftig "allenfalls Bedeutung für die Frage der Reihung in einem Besetzungsvorschlag bei Bewerbung um eine Planstelle" hätte. Gemäß § 33 RDG habe eine Reihung im Besetzungsvorschlag zunächst nach der Eignung, bei gleicher Eignung nach der für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebenden Dienstzeit zu erfolgen. Eine Regelung dafür, wie die Reihung bei gleicher Eignung und gleicher für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebender Dienstzeit vorzunehmen sei, finde sich im Gesetz nicht. Es wäre daher möglich, dass in einem solchen Fall bei der Reihung auch die als Richter bzw. Staatsanwalt zurückgelegte Dienstzeit oder der Umstand, wann die Ernennungsvoraussetzungen erfüllt worden seien, berücksichtigt würden. Insgesamt könne also nicht ausgeschlossen werden, dass seine Rechtsposition durch den Wegfall des angefochtenen Bescheides verbessert wäre, weshalb ein rechtlicher Interesse an der Entscheidung nach wie vor aufrecht sei.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandlos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahren offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu in ständiger Rechtsprechung erkennt, tritt eine Klaglosstellung nur dann ein, wenn der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid formell aufgehoben wird. Wurde hingegen der angefochtene Bescheid durch keinen formellen Akt aus dem Rechtsbestand beseitigt, kann eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 30. Juli 1998, Zl. 93/12/0152, und vom 4. Juli 2001, Zl. 98/12/0233).

Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall deshalb gegeben, weil der Beschwerdeführer nach seiner Ernennung zum (Sprengel)Staatsanwalt das Ziel seiner Beschwerde - nämlich eine abweichende Entscheidung über die Einrechnung in den Ausbildungsdienst nach § 15 RDG, die nach dem Abschluss dieses Ausbildungsdienstes nicht mehr möglich ist, und im Anschluss daran eine frühere Ernennung zum Staatsanwalt oder Richter - auch im Fall einer aufhebenden Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr erreichen könnte (vgl. zum Wegfall der Möglichkeit, das Verfahrensziel zu erreichen, etwa den hg. Beschluss vom 21. April 1999, Zl. 94/12/0230).

§ 15 des Richterdienstgesetzes (RDG), BGBl. Nr. 305/1961 (der letzte Satz eingefügt durch die Novelle BGBl. Nr. 230/1988, im Übrigen in der Stammfassung), lautet:

"Einrechnung in den Ausbildungsdienst.

§ 15. Die vor der Ernennung zum Richteramtsanwärter zurückgelegte Praxis als Rechtspraktikant, bei der Finanzprokuratur oder bei einer anderen Dienststelle der Verwaltung, als Rechtsanwaltsanwärter oder Notariatskandidat ist vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes ganz oder teilweise in den Ausbildungsdienst einzurechnen, soweit durch diese Praxis eine den Zwecken des Ausbildungsdienstes entsprechende Verwendung und Ausbildung des Richteramtsanwärters gewährleistet ist. Im Einrechnungsbescheid ist festzustellen, ob, welche und in welchem Umfang im § 9 Abs. 2 aufgezählte Ausbildungsstationen ersetzt werden."

Durch die Einrechnung gemäß § 15 RDG wird lediglich der Ausbildungsdienst nach § 9 leg. cit. verkürzt, jedoch nicht das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis (des damaligen Richteramtsanwärters) als solches berührt. Insbesondere sind von der Einrechnung gemäß § 15 RDG die Festsetzung des Vorrückungsstichtages nach § 12 GehG (also die so genannte Anrechnung von Vordienstzeiten für die Vorrückung in höhere Bezüge) und die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten oder im Ruhestand verbrachter Zeiten gemäß den §§ 53ff PG 1967 zu unterscheiden (Spehar/Fellner, RDG3, Anm. 7 zu § 15).

Für andere Belange wie etwa die Feststellung des Vorrückungsstichtages ist eine nach § 15 RDG erfolgte Einrechnung, die nur den Ausbildungsdienst vor der Ernennung zum Richter oder Staatsanwalt betrifft, unter dem Gesichtspunkt des § 12 (Abs. 3) GehG ohne normative Bedeutung.

Auch die weitere Argumentation des Beschwerdeführers vermag kein fortdauerndes rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung zu begründen:

Die eingangs angeführten hypothetischen Möglichkeiten einer früheren Ernennung liegen in der Vergangenheit, könnten also durch eine neue Sachentscheidung - nach Abschluss des vorliegenden Beschwerdeverfahrens zu Gunsten des Beschwerdeführers - nicht beeinflusst werden. Was die vom Beschwerdeführer gezogenen Rückschlüsse auf in der Zukunft liegende Ernennungsmöglichkeiten betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass dem RDG kein Anspruch auf die von ihm angesprochenen Ernennungen entnommen werden kann (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 14. Jänner 1971, Zl. 2078/70). Schon deshalb kommt den vom Beschwerdeführer iVm § 33 Abs. 2 RDG angestellten Überlegungen - selbst wenn sie zutreffen sollten (was hier ungeprüft bleiben kann) - keine rechtserhebliche Bedeutung für ein fortdauerndes rechtliches Interesse zu.

In einem Beschwerdeverfahren nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann es auch nicht zur bloßen Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ohne dessen Aufhebung kommen, weil eine solche Entscheidungsform für eine Bescheidbeschwerde einer Partei nach der genannten Bestimmung und nach dem Inhalt des VwGG nicht zulässig ist. Eine derartige Möglichkeit sieht lediglich die auf Art. 131 Abs. 2 B-VG gestützte Bestimmung des § 11 des Amtshaftungsgesetzes (AHG) vor; für dieses Verfahren gelten die §§ 64 bis 70 VwGG. Die Voraussetzungen des § 11 AHG sind im Beschwerdefall nicht erfüllt. Das geltend gemachte Amtshaftungsinteresse ist somit - jedenfalls bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation - nicht geeignet, ein rechtliches Interesse an der Forstsetzung des vom Beschwerdeführer geführten Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zu begründen (vgl. die hg. Beschlüsse vom 24. März 1999, Zl. 99/12/0016, und vom 21. April 1999, Zl. 94/12/0230).

Die vorliegende Beschwerde war daher nach Anhörung des Beschwerdeführers als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 VwGG einzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 58 Abs. 2 VwGG. Die Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausganges wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Im Beschwerdefall erscheint es daher sachgerecht, keiner Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Kostenersatz zuzuerkennen.

Wien, am 16. März 2005

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002120201.X00

Im RIS seit

02.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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