TE OGH 1960/7/13 6Ob243/60

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Veröffentlicht am 13.07.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Meyer-Jodas, Dr. Hammer, Dr. Lassmann und Dr. Nedjele als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alfred F*****, (unrichtig Stefan N*****, Privater, *****, vertreten durch den Überweisungsgläubiger zu 16 E 5800/58 des Exekutionsgerichtes Wien Dr. Alfred F*****) wider die beklagte Partei Karl M*****, vertreten durch Dr. Franz Nitsche, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 34.288,23 s. A. infolge Rekurses der klagenden und beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. Mai 1960, GZ 2 R 124/60-10, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 29. Februar 1960, GZ 10 Cg 1284/59-6, aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Streitteile haben die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Dem Rechtsanwalt Dr. Alfred Fürst wurde die von ihm gepfändete Forderung des Verpflichteten Stefan N***** gegen den Drittschuldner Karl M***** „auf Grund eines Gesellschaftsverhältnisses, Schadenersatzes oder sonstigen Rechtstitels" im Betrage von S 30.000,-- mehr oder weniger mit Beschluss des Exekutionsgerichtes Wien vom 16. 7. 1958, 16 E 5800/58-1, zur Einziehung überwiesen. Am 22. 12. 1959 brachte „Stefan N*****, vertreten durch den Überweisungsgläubiger zu 16 E 5800/58 des Exekutionsgerichtes Wien, Dr. Alfred F*****", gegen Karl M***** die vorliegende Drittschuldnerklage ein, mit welcher beantragt wird, den Beklagten schuldig zu erkennen, „der klagenden Partei zu Handen des Überweisungsgläubigers Dr. Alfred F*****" den Betrag von S 34.288,23 s. A. zu bezahlen. Gleichzeitig wurde gemäß § 310 EO dem Verpflichteten der Streit verkündet und dieser aufgefordert, dem Verfahren als Nebenintervenient beizutreten.

In der Klagebeantwortung bestritt der Beklagte u. a. die Aktivlegitimation des Verpflichteten als Klägers einer Drittschuldnerklage.

Bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29. 2. 1960 erklärte der „Klagsvertreter", keine Vollmacht zu haben, berief sich auf seine Stellung als Überweisungsgläubiger des Klägers und gab an, dass Stefan N***** Kläger sei, der durch ihn als Überweisungsgläubiger vertreten sei.

Hierauf wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und verurteilte den Rechtsanwalt Dr. Alfred F***** zum Prozesskostenersatz. Nach Ansicht des Erstgerichtes dürfe ein Überweisungsgläubiger nur im eigenen Namen klagen. Hier aber trete als Kläger der Verpflichtete auf, was seine mangelnde aktive Klagslegitimation zur Folge habe. Im Drittschuldnerprozess handle es sich bei der Frage der Parteistellung auf der Klagsseite nicht nur um eine Konstruktionsfrage. Der dagegen seitens der klagenden Partei erhobenen Berufung wurde Folge gegeben, das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht führte aus, die Ansicht des Erstgerichtes, dass im Drittschuldnerprozess der Überweisungsgläubiger als Kläger aufzutreten habe, sei durch die neuere Rechtsprechung allerdings gedeckt. Daraus folge aber noch nicht die Abweisung des Klagebegehrens wegen mangelnder Aktivlegitimation. Wer in einem Drittschuldnerprozess als Kläger auftrete, sei unabhängig von der irrigen Bezeichnung in der Klage zu beurteilen. Der Überweisungsgläubiger Dr. Alfred F***** stützte seine Klage ausdrücklich auf § 308 EO. Er lege keine Vollmacht des Verpflichteten vor, weil er sein gesetzlicher Vertreter sei. Überdies habe er dem Verpflichteten den Streit verkündet. Wenn er nun die Bestimmung des § 308 EO, dass er in Vertretung des Verpflichteten den Drittschuldner einzuklagen habe, wörtlich dahin auslege, dass als klagende Partei der Verpflichtete, vertreten durch den Überweisungsgläubiger, aufzutreten habe, dann handle es sich tatsächlich nur um eine reine Konstruktionsfrage, deren unrichtige Lösung durch eine Partei dieser nicht schaden könne. Vielmehr habe in einem solchen Fall das Gericht, wenn es diese Frage anders als die Partei beurteile, die Parteibezeichnung richtigzustellen. Keinesfalls aber könne es mit der Abweisung des Klagebegehrens wegen mangelnder Aktivlegitimation vorgehen. Das Berufungsgericht habe dem entsprechend die Parteienbezeichnung der klagenden Partei richtigzustellen. Da das Erstgericht, von einer anderen Rechtsansicht ausgehend, über den materiellen Bestand der Klagsforderung nicht verhandelt und entschieden habe, sei das Ersturteil als mangelhaft aufzuheben. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass die Bezeichnung der klagenden Partei als „Stefan N*****, vertreten durch den Überweisungsgläubiger zu 16 E 5800/58 des Exekutionsgerichtes Wien, Dr. Alfred F*****, Rechtsanwalt in Wien I., *****" wiederhergestellt werde, in eventu den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen, weiter der Rekurs des Beklagten mit dem Auftrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern, in eventu den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Beide Rekurse sind nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Dass die Legitimation zur Drittschuldnerklage nach einer Überweisung zur Einziehung grundsätzlich dem Überweisungsgläubiger und nicht dem Verpflichteten zusteht, ist nach einigem Schwanken nunmehr ständige Rechtsprechung (SZ XIX/191; 7 Ob 135/56, 7 Ob 136/57 = JBl 1958 S. 45, 7 Ob 437/57, 5 Ob 382/59 u. a.). Im vorliegenden Fall würde schon die in der Klage enthaltenen Streitverkündung an den Verpflichteten Stefan N***** dafür sprechen, dass der Überweisungsgläubiger Dr. Alfred F***** als Kläger auftreten wollte. Jedenfalls vermeinte der Überweisungsgläubiger, sich schon in der Parteienbezeichnung auf die Bestimmung des § 308 EO berufen und als gesetzlicher Vertreter des Verpflichteten auftreten zu müssen. Diese Auffassung wurde zwar in der früheren Rechtsprechung vertreten, ist aber abzulehnen, weil der Überweisungsgläubiger procurator in rem suam und daher selbst Prozesspartei ist. Hingegen kann der Verpflichtete einen gepfändeten und überwiesenen Anspruch, soweit die Überweisung reicht, nicht einklagen. Wenn der Überweisungsgläubiger in seinen Gegenausführungen die Frage des Prozesskostenrisikos im Drittschuldnerprozess besonders hervorhebt, das nicht dem Überweisungsgläubiger als einem „gerichtlich zu bestellenden Kurator" auferlegt werden könne, so ist darauf zu verweisen, dass schon die Entscheidung vom 28. 12. 1955, 3 Ob 597/55, JBl 1956, S. 343, noch im Bereiche der früheren Rechtsprechung den Standpunkt vertreten hat, dass nach österreichischem Recht jedenfalls der Überweisungsgläubiger das Prozesskostenrisiko trägt, dass somit im Prozess gegen den Drittschuldner der Überweisungsgläubiger und nicht der Verpflichtete Kostenschuldner ist. Diese Auffassung, die zwar mit der starren Vertretungstheorie der früheren Rechtsprechung unvereinbar ist, erscheint im Ergebnis schon deswegen richtig, weil dem Umstand Rechnung getragen werden muss, dass der Überweisungsgläubiger den Prozess nicht im Interesse des Verpflichteten, sondern im eigenen Interesse und im Interesse seiner Mitgläubiger führt. Bei der vom Berufungsgericht vorgenommenen Richtigstellung handelt es sich aber keineswegs um den Eintritt einer neuen Prozesspartei an Stelle der ursprünglichen, sondern lediglich um die Berichtigung der Bezeichnung des als Kläger auftretenden Überweisungsgläubigers. Eine unrichtige Parteienbezeichnung kann jedoch jederzeit, selbst ohne Parteienantrag, berichtigt werden; die Zustimmung des Prozessgegners ist hiezu nicht erforderlich. Die Richtigstellung konnte auch im Rechtsmittelverfahren erfolgen (SZ XXIII/7; 1 Ob 48/55) und wurde daher zu Recht vom Berufungsgericht von Amts wegen vorgenommen. Damit erledigen sich auch die Rekursausführungen des Beklagten in ihrer Gesamtheit. Die Aufhebung des Ersturteiles und der Auftrag zur Sachentscheidung sind aus diesen Erwägungen begründet. Der Kostenspruch gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E84912 6Ob243.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0060OB00243.6.0713.000

Dokumentnummer

JJT_19600713_OGH0002_0060OB00243_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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