Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Ersten Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Heller als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier, Dr. Berger, Dr. Machek und Dr. Zierer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rupert B*****, Schuhmachermeister, ***** vertreten durch Dr. Willi Müller-Fembeck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Walter H*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Georg Lippert, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen Aufkündigung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 18. Mai 1960, GZ 3 R 195/60, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 29. Feber 1960, GZ C 138/59-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 472,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger macht die Kündigungsgründe nach § 19 Abs 1 und § 19 Abs 2 Z 10 MietG geltend; er bringt vor, dass der Beklagte entgegen der vertraglichen Vereinbarung, wonach eine Weitervermietung untersagt ist, das Geschäftslokal mit einem Kellerraum weiter verpachtet habe und zwar gegen einen monatlichen Zins von S 2.000,-, während vom Beklagten selbst nur S 700,- monatlich Mietzins bezahlt werden. Die Aufkündigung wurde zunächst vom Erstgericht aufgehoben, vom Kläger während des Berufungsverfahrens eine Wiederaufnahmsklage eingebracht, die Wiederaufnahme bewilligt und das ergangene Urteil aufgehoben. Abschließend wurde in der Hauptsache verhandelt und sonach die Kündigung vom Erstgericht neuerlich aufgehoben. Ein wichtiger Kündigungsgrund nach § 19 Abs 1 MietG wurde verneint, weil der Kläger es unterlassen habe auszuführen, weshalb er sich durch die Verletzung der Verbotsklausel beschwert erachte. Auf die Ausführungen des Klägers im wiederaufgenommenen Verfahren hinsichtlich des behaupteten Mangels eines schutzwürdigen Interesses des Beklagten ging das Erstgericht nicht ein, weil dieses Vorbringen verspätet und nach § 21 MietG, § 541 Abs 2 ZPO unzulässig gewesen sei. Der Kündigungsgrund der Z 10 des § 19 Abs 2 liege nicht vor, weil das Geschäftslokal nicht untervermietet, sondern das gewerbliche Unternehmen des Beklagten verpachtet worden sei.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstrichterliche Entscheidung. Im Falle der Vertragsverletzung durch Untervermietung trotz eines diesbezüglichen Verbotes stehe dem Bestandgeber das Recht zu, die Unterlassung, allenfalls Schadenersatz zu begehren. Ein Grund zur sofortigen Vertragsauflösung bilde die vertragswidrige Untervermietung nicht. Sie könne auch nicht als Kündigungsgrund angesehen werden. Dem stünden auch die Vorschriften der Ausführungsverordnung vom 5. 9. 1939, DRGBl I S 1671 nicht entgegen. Durch § 3 dieser Verordnung werde die Vorschrift des § 1098 ABGB nur dahin eingeschränkt, dass sich der Vermieter auf ein vertragliches Verbot der Untervermietung nur berufen kann, wenn ein wichtiger Grund gegen die Untervermietung vorliegt, worüber die Mietkommission (jetzt Bezirksgericht im Verfahren außer Streitsachen) zu entscheiden habe. Eine solche Entscheidung wurde vom Mieter hier nicht eingeholt. Es bleibe daher bei dem Untermietverbot, sodass sich der Beklagte wohl einer Vertragsverletzung schuldig gemacht habe, ohne dass dies aber bereits einen wichtigen Kündigungsgrund bilde. Auch wenn das Gericht im außerstreitigen Verfahren in einem nach § 3 der angegebenen Verordnung durchgeführten Verfahren zur Versagung der Untervermietung aus einem wichtigen Grund gelange, müsse dieser wichtige Grund durchaus nicht einem der im § 19 MietG angeführten Kündigungsgründe gleich geachtet werden. Würde man dies annehmen, würde sich die dem Vorteil des Mieters dienende Vorschrift des § 3 der Verordnung in ihr Gegenteil verkehren. Diese Bestimmung habe keinen neuen Kündigungsgrund schaffen wollen. Lehre und Rechtsprechung stehen überwiegend auf dem Standpunkt, dass eine verbotene Weitervermietung an sich noch keinen wichtigen Kündigungsgrund darstellt, dass sie nur dann als wichtiger Grund angesehen werden müsse, wenn die Fortdauer der Miete bei vertragswidriger Untervermietung erhebliche Interessen des Vermieters verletze und ihm zum Nachteil gereichen würde. Ein solches Interesse oder eine solche nachteilige Folge habe die klagende Partei nicht einmal behauptet, geschweige denn erwiesen. Ein mangelndes schutzwürdiges Interesse des Beklagten an der Aufrechterhaltung des Bestandvertrages reiche nicht aus, den wichtigen Kündigungsgrund des § 19 Abs 1 MietG herzustellen. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO.
Rechtliche Beurteilung
Da die Revision vom Berufungsgericht zulässig erklärt wurde, ist die Revision zwar beachtlich (§ 502 Abs 4 ZPO), sie ist aber nicht begründet.
Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes MietSlg 5358, weil dort nicht erklärt wurde, dass die Verletzung eines Untermietverbotes einen wichtigen Kündigungsgrund nach § 19 Abs 1 MietG bilde, sondern es sich dort um eine Klage auf Entfernung der entgegen dem Verbot aufgenommenen Untermieter handelte. Der Vermieter kann sich gegen die untersagte Untervermietung, also gegen eine Vertragsverletzung, entsprechend zur Wehr setzen. Es ist auch richtig, dass trotz der Bestimmung des § 3 KSchAnfVO der Vermieter nicht zu beweisen hat, dass ihm ein wichtiger Grund zur Aufrechterhaltung dieses Verbotes zwinge, dieses Verbot vielmehr nach § 1098 ABGB ohne weiteres gilt, solange der Mieter nicht den Außerstreitrichter mit Erfolg angerufen hat. Das Berufungsgericht ist aber ebenso im Recht, wenn es darauf hinweist, dass in einer solchen Vertragsverletzung an sich noch kein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des Mietengesetzes liege. Er kann schon deshalb nicht vorliegen, weil es dem Vermieter freisteht, auf Einhaltung des Vertrages zu bestehen und die Entfernung des verbotswidrig aufgenommenen Untermieters zu verlangen. Es liegt daher kein zwingendes Interesse des Vermieters vor, wegen dieser Vertragsverletzung sogleich die Aufhebung des ganzen Mietvertrages verlangen zu dürfen (vgl 5 Ob 147/59). Der Kläger hat aber ohne Zusammenhang mit dem Untermietverbot nur noch vorgebracht, dass der Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an den Mieträumen habe, weil er über eine andere Erwerbsquelle verfüge. Darin liegt aber nicht die Behauptung der Verletzung wichtiger Interessen des Vermieters; das mangelnde schutzwürdige Interesse des Mieters allein bildet aber nicht den Kündigungsgrund nach § 19 Abs 1 MietG. Dass auch der weiters geltend gemachte Kündigungsgrund der Z 10 des § 19 Abs 2 MietG nicht vorliegt, wurde vom Kläger in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr bestritten. Es braucht daher darauf nicht mehr näher eingegangen zu werden.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E76150 3Ob311.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0030OB00311.6.0818.000Dokumentnummer
JJT_19600818_OGH0002_0030OB00311_6000000_000