TE OGH 1960/10/18 4Ob528/60

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Veröffentlicht am 18.10.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hohenecker als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gitschthaler, Dr. Meyer-Jodas, Dr. Zierer und Dr. Nedjela als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Hermann S*****, Buchbinderei, *****, vertreten durch Dr. Karl Bechmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Gustav Z*****, Kaufmann in *****, vertreten durch Dr. Hellmut Vilas, Rechtsanwalt in Salzburg, unter Beitritt der S***** K*****bank AG, *****, als Nebenintervenientin, vertreten durch Dr. Julius Buchleitner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 10.076,86 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 31. Mai 1960, GZ 1 R 184/60-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15. März 1960, GZ 2 Cg 1828/58-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 735,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei betreibt einen Buchbindereibetrieb. Sie stand seit etwa dem Jahre 1951 mit dem Buchverlag Firma R***** in S***** derart in Geschäftsverbindung, dass von den Druckereien, bei welchen der Buchverlag R***** die Rohbögen herstellen ließ, diese der klagenden Partei geliefert und von ihr in Teilpartien aufgebunden wurden. Die Verrechnung der Bindekosten erfolgte an den Buchverlag R***** jeweils am Monatsende über die im abgelaufenen Monat erfolgten Lieferungen. Im Betrieb der klagenden Partei verblieben Rohbögenbestände, die nicht abberufen wurden. Die Firma R***** erhielt von der S***** K*****bank AG einen Kredit von 100.000,-- S. Aus diesem Anlass wurde zwischen dieser Bank und der Firma R***** ein Pfandrechtsvertrag abgeschlossen, wonach die Firma R***** der genannten Bank Bücher im Gesamtbetrag von S 112.000,-- verpfändete. Davon wurde die klagende Partei verständigt, die sich bereit erklärte, die treuhändische Verwaltung über die Pfandgegenstände zu übernehmen, welche genau bezeichnet wurden. Im Zusammenhang mit einer von der S***** K*****bank im Jahre 1956 verlangten Ausfolgung eines Teiles der Bücher an die Firma R***** wurde diese Bank von der klagenden Partei in Kenntnis gesetzt, dass für die betreffenden Bücher noch Bindekosten in der Höhe von S 4.295,-- und überdies noch Versandspesen zu begleichen seien. Am 13. 12. 1957 schloss die S***** K*****bank mit dem Beklagten eine Vereinbarung, derzufolge von dem erwähnten Pfandlagerbestand bestimmt bezeichnete Bücher teils gebunden, teils ungebunden dem Beklagten verkauft wurden. Davon wurde die klagende Partei mit Schreiben der S***** K*****bank vom 14. 12. 1957 verständigt. Mit Schreiben vom 16. 12. 1957 ersuchte der Beklagte die klagende Partei um Lieferung von 400 Stück Bücher Müller-Sternberg "Feuer vom Himmel" und 1.000 Stück Fülöp-Miller "Endre" (gebunden), welche im Kaufvertrag vom 13. 12. 1957 von der S***** K*****bank dem Beklagten als gebundene Bücher verkauft worden waren. Die klagende Partei setzte den Beklagten mit Brief vom 28. 12. 1957 in Kenntnis, dass die gesamten Bestände in Rohbögen auflägen und lediglich vom Werk Fülöp-Miller "Endre" 950 Exemplare gebunden seien. Gleichzeitig hatte die klagende Partei die S***** K*****bank in gleicher Weise verständigt. Am 2. 1. 1958 schrieb die S***** K*****bank an die klagende Partei, dass der Beklagte die aufgeworfenen Fragen persönlich mit der klagenden Partei besprechen werde. Am 3. und 4. Jänner 1958 erschien der Beklagte bei Hermann S*****, dem Alleininhaber der klagenden Partei. Dieser erklärte dem Beklagten, dass das Pfandlager der S***** K*****bank nur Rohbogen umfasse. Die klagende Partei hat dann jedenfalls dem Beklagten einen Teil der Bücher sofort am Tage der Besprechung ausgefolgt und den Rest der abberufenen Bücher nach Salzburg übersendet. Die Bindekosten wurden dem Beklagten mit Faktura vom 7. 1. 1958 bekanntgegeben, und zwar in der Höhe von S 10.076,86 (Klagsbetrag). Mit dem Schreiben vom 8. 2. 1958 anerkannte der Beklagte nur einen Teilbetrag von S 1.323,24 mit dem Hinweis, dass er darüber hinaus die Bücher gebunden von der S***** K*****bank gekauft habe. Unter einem wurde die Rechnung der klagenden Partei zurückgeschickt. Die klagende Partei erwiderte mit dem Schreiben vom 11. 2. 1958 und verwies darauf, es sei besprochen worden, dass die gewünschten Quoten ausgeliefert und fakturiert würden und der Beklagte die Bindekosten direkt mit der Bank verrechnen wolle, indem er die entsprechenden Beträge bei der Abrechnung in Abzug bringe. Über das Vermögen der Firma R***** war am 19. 12. 1957 der Konkurs eröffnet worden.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei vom Beklagten die Bezahlung der Bindekosten im Betrage von S 10.076,86 sA. Die beklagte Partei habe gebeten, ihr gebundene Bücher auszufolgen und habe versichert, dass sie die Bindekosten mit der Bank verrechnen werde. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und beantragte Klagsabweisung.

Das Erstgericht stellte fest, dass der Beklagte, da ihm mit ungebundenen Exemplaren nicht gedient war, bei den Besprechungen am

3. und 4. Jänner 1958 dem Hermann S***** erklärte, er solle der beklagten Partei gebundene Exemplare ausfolgen. Er brauche um sein Geld für die Bindekosten nicht besorgt sein und solle der beklagten Partei die Bindekosten in Rechnung stellen, weil sie die Beträge gegebenenfalls bei der Verrechnung mit der Bank in Abzug bringen werde. Die beklagte Partei habe demnach gegenüber der klagenden Partei die Verpflichtung zur Bezahlung der Bindekosten übernommen und sich dabei eine Schadloshaltung an der S***** K*****bank vorbehalten. Mit dem Ersturteil wurde daher dem Klagebegehren stattgegeben. Über Berufung der beklagten Partei bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil. Es übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über den Ablauf der Besprechungen vom 3. und 4. Jänner 1958 als unbedenklich und gelangte zur gleichen rechtlichen Beurteilung wie das Erstgericht. Der festgestellte Sachverhalt sei als Schuldübernahme im Sinne des § 1406 ABGB und zwar zumindest als kumulative Schuldübernahme, als Schuldbeitritt zu beurteilen. Die beklagte Partei hafte daher der klagenden Partei für die Bindekosten. Überdies sei ein Teilbetrag von S 1.323,24 auch noch anerkannt worden.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird vom Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) bekämpft. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird beantragt, das Urteil des Berufungsgerichtes (und offenbar allenfalls auch das Ersturteil) aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuverweisen. Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision nicht Folge zu geben, wurde rechtzeitig erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unbegründet.

Der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass hier der Fall des § 1406 ABGB und zwar eines Schuldbeitrittes (§ 1406 Abs 2 ABGB) vorliegt, ist beizustimmen. Was dagegen in der Revision vorgebracht wird, entfernt sich zum Teil von den Feststellungen der Untergerichte und ist überdies rechtlich nicht stichhältig. Die Bindekosten schuldete die Firma R*****. Nach den Feststellungen der Untergerichte hat der Beklagte, dessen Interesse jedenfalls dahin ging, die hier in Betracht kommenden gebundenen Bücher ausgefolgt zu erhalten, der klagenden Partei ausdrücklich erklärt, man solle ihm die Bindekosten in Rechnung stellen, er werde sie gegebenenfalls bei der Verrechnung mit der Bank in Abzug bringen. Aus den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichtes geht das festgestellte Verhalten des Beklagten über eine bloße Verwendungszusage hinaus. Denn der Beklagte hat nicht etwa erklärt, er werde sich bei der Bank - die überdies nicht Schuldner der Bindekosten war - dafür verwenden, dass sie der klagenden Partei die Bindekosten für die ausgefolgten Bände ersetze. Nach dem ganzen Ablauf der Besprechungen vom 3. und 4. Jänner 1958 und deren Vorgeschichte kann, insbesondere auch nach den Erfahrungssätzen im geschäftlichen Verkehr, kein Zweifel darüber bestehen, dass der Beklagte, um die von ihm beanspruchten Bücher herauszubekommen, die Bezahlung der Bindekosten in Kauf nahm und dabei sich damit tröstete, sie allenfalls bei der Bank im Verrechnungswege wieder hereinzubringen. Es ist daher dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass sich der Beklagte der klagenden Partei gegenüber ohne Einschränkung zur Zahlung der Bindekosten der hier in Betracht kommenden Bücher verpflichtete. Wie aber der Oberste Gerichtshof in SZ XI/196 und in zahlreichen anderen Entscheidungen (so auch EvBl 1960, Nr 116) ausgeführt hat, entspricht es dem § 1406 ABGB und der Verkehrssitte, anzunehmen, dass, wer dem Gläubiger ohne jede Einschränkung verspricht, er werde ihm eben den Betrag, den ihm ein anderer schulde, bezahlen, sich zur Zahlung des ganzen geschuldeten Betrages, dh zur ungeteilten Hand mit dem Erstschuldner verpflichten will. Im Übrigen genügt es, die Revision auf die eingehende und ausführliche Begründung im angefochtenen Urteil zu verweisen, die frei von Rechtsirrtum ist. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E76795 4Ob528.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0040OB00528.6.1018.000

Dokumentnummer

JJT_19601018_OGH0002_0040OB00528_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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