TE OGH 1960/10/21 3Ob393/60

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Veröffentlicht am 21.10.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Ersten Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Heller als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier, Dr. Liedermann, Dr. Berger und Dr. Überreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Leopold Portune, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl. Ing. Franz D*****, Brunnenbauunternehmer, ***** vertreten durch Dr. Heinrich Schöll, Rechtsanwalt in Wien, wegen 15.868,20 S s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5. August 1960, GZ 5 R 251/60-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14. Juni 1960, GZ 3 Cg 76/60-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 807,08 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Rechtssache liegt folgender unbestrittener Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte ist hinsichtlich seines LKW Mercedes N 2.591 bei der Klägerin gegen Haftpflicht versichert. Am 15. 10. 1958 ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem der Wagen den PKW Opel-Rekord des Dr. Dietrich W***** beschädigte.

Die Klägerin bringt vor, der Beklagte sei mit der Bezahlung der ersten Prämie in Verzug gewesen, als sich der Schadensfall ereignete, weshalb sie gemäß § 38 Abs 2 VVG. leistungsfrei sei. Sie habe den Geschädigten mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 158c VVG. 15.868,20 S bezahlt, weshalb sie gemäß § 158f VVG. nunmehr vom Beklagten Rückersatz begehre. Der Beklagte wendet ein, er habe, obwohl weder eine Zahlungsaufforderung noch eine Mahnung erfolgt sei, noch am 15. 10. 1958 die Erstprämie entrichtet.

Nachdem das Erstgericht zunächst das Klagebegehren abgewiesen hatte, sein Urteil aber vom Berufungsgericht ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben worden war, gab es dem Klagebegehren statt und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Schadensfall ereignete sich am 15. 10. 1958. Die Klägerin hatte die Prämie mit Schreiben vom 27. 8. 1958 in der Höhe von 2.092,30 S neu festgesetzt. Der Unfall ereignete sich am 15. 10. 1958 um 9 Uhr in der Weise, dass der vom Beklagten beauftragte Lenker des LKW Matthias B***** mit dem Wagen an den stehenden Wagen Dr. W***** stieß. Hiezu kam es, weil B***** auf den nassen Zustand der Straße nicht gehörig Rücksicht nahm. Die Klägerin bezahlte Dr. W***** den Betrag von 15.868,20 S. Der Beklagte bezahlte die Prämie am gleichen Tag um 17 Uhr, also nach dem Schadensfall.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Gegen die Entscheidung zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, sie dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde. Der Beklagte macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

Der Beklagte meint, die Klägerin hätte durch Annahme der Prämie zu erkennen gegeben, dass sie den Versicherungsvertrag als wirksam erachte. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Leistungsfreiheit bei Verzug bestehen kann, ohne dass der Versicherer vom Vertrag zurücktreten muss. Die Prämie wird geschuldet, ohne dass es darauf ankommt, ob der Versicherer leistungsfrei ist. Die Wirksamkeit des Versicherungsverhältnisses kommt dem Versicherten für etwaige spätere Schadensfälle zugute (SZ. XXIV/126, SZ. XXVI/304).

Der Beklagte meint, es sei ein bloßer Zufall, dass sich der Schade am gleichen Tag kurze Zeit vor Bezahlung der Prämie ereignet habe. Maßgebend ist jedoch, dass sich der Beklagte mit der Prämienzahlung im Verzug befand, und dass er seiner Verpflichtung erst nachkam, als der Schade eingetreten war. Mit Unrecht beruft sich der Beklagte auf den Tarif zur Haftpflichtversicherung laut Z. 13 B der Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen vom 27. 1. 1960, BGBl. 28/60. Es heißt dort allerdings, dass der Versicherungsschutz, wenn die Erstprämie nach dem für seinen Beginn maßgeblichen Zeitpunkt eingefordert und bezahlt wird, schon mit diesem Zeitpunkt beginne. Der Beklagte übersieht jedoch, dass es in dieser Bestimmung ausdrücklich heißt, dass die Zahlung ohne Verzug nach Einforderung erfolgen müsse. Im vorliegenden Fall ist die Einforderung mit Schreiben vom 27. 8. 1958 erfolgt. Der Versicherungsfall ereignete sich mehr als sechs Wochen später, weshalb von einer unverzüglichen Zahlung der Prämie nicht die Rede sein kann.

Der unbegründeten Revision war also ein Erfolg zu versagen. Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E76649 3Ob393.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0030OB00393.6.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19601021_OGH0002_0030OB00393_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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