TE OGH 1961/1/18 1Ob439/60

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Veröffentlicht am 18.01.1961
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Stanzl, Dr. Zierer, Dr. Bachofner und Dr. Bauer als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Hans P*****, vertreten durch Dipl. Ing. Carl J*****-Sch*****, dieser vertreten durch Dr. Alfred Frisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Todeserklärung der Stefanie P*****, zuletzt wohnhaft in *****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 3. Oktober 1960, GZ 4 R 372/60-10, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24. August 1960, GZ 48 T 1540/59-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller beantragt, seine Mutter Stefanie P***** gemäß § 7 TodErklG für tot zu erklären und als Todestag den 8. 5. 1945 als den Tag, den die Verschollene nicht mehr überlebt habe, festzustellen. Zur Begründung führt er an, die Verschollene sei am 31. 8. 1942 aus rassischen Gründen nach Minsk deportiert worden und es fehle seither jede Nachricht.

Das Erstgericht erklärte auf Grund dieses Sachverhaltes die Verschollene gemäß § 7 TodErklG für tot und stellte gemäß § 9 Abs 3 lit d dieses Gesetzes den 31. 8. 1942 als Zeitpunkt des Todes fest. Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss und führte Folgendes aus:

Die im Schrifttum vertretene Ansicht, dem Antragsteller stehe in Konkurrenzfällen das Wahlrecht zu, auf Grund welchen Tatbestandes die Todeserklärung betrieben werden solle, könne nicht geteilt werden. In Anlehnung an die Entscheidung SZ I/83 werde folgender Standpunkt vertreten: Eine Todeserklärung könne wohl nur über Antrag einer hiezu legitimierten Person ausgesprochen werden. Die Durchführung des Verfahrens und die rechtliche Subsumierung des festgestellten Sachverhaltes sei jedoch ausschließlich Sache des Gerichtes. Ein Wahlrecht zwischen den in Betracht kommenden Tatbeständen stehe dem Antragsteller daher nicht zu. Das Gericht habe vielmehr die Todeserklärung, wenn nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die Voraussetzungen hiefür nach einem der in den §§ 4 - 7 TodErklG aufgestellten Sonderfälle gegeben seien, nach der im konkreten Fall anwendbaren Sonderbestimmung auszusprechen, insbesondere dann, wenn nach der Sonderbestimmung die Vermutung eines früheren Todestages gegeben sei, als dies bei einer Todeserklärung nach dem allgemeinen Verschollenheitstatbestand möglich wäre. Im gegenständlichen Fall käme man bei der Heranziehung des allgemeinen Verschollenheitstatbestandes zu dem Ergebnis, dass ein nach dem 8. Mai 1945 liegender Tag als Todestag gemäß § 9 Abs 3 lit a des Gesetzes angenommen werden müsste. Das Erstgericht habe daher mit Recht den festgestellten Sachverhalt nach § 7 des Gesetzes beurteilt und den Zeitpunkt des Todes nach § 9 Abs 3 lit d des Gesetzes festgestellt, da ein anderer Zeitpunkt nicht feststellbar sei, der als der wahrscheinlichste Todeszeitpunkt in Betracht käme. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers.

Rechtliche Beurteilung

Die offenbare Gesetzwidrigkeit wird in der Ansicht des Rekursgerichtes erblickt, dass eine Wahlfreiheit des Antragstellers zwischen den Tatbeständen der §§ 3 und 7 TodErklG nicht gegeben sei. Der Rechtsmittelwerber verkennt den Begriff der offenbaren Gesetzwidrigkeit. Diese liegt nur vor, wenn eine Rechtsfrage im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, dass ein Zweifel daran nicht aufkommen kann und dennoch eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Dies trifft hier nicht zu. Denn die streitgegenständliche Frage ist im Gesetz überhaupt nicht gelöst. Ihre Lösung muss vielmehr erst im Weg der Auslegung des Gesetzes gefunden werden. Die Beantwortung in dem einen oder anderen Sinn kann daher keine offenbare Gesetzwidrigkeit in dem eben definierten Sinn bilden. Der Begriff der offenbaren Gesetzwidrigkeit ist daher nicht ident mit dem Begriff der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Dasselbe gilt bezüglich der Frage, ob schon mit der Einlieferung in ein Konzentrationslager ein das Leben des Eingelieferten ernstlich bedrohendes Ereignis und somit die Lebensgefahr schon mit dem Abtransport bzw mit der Einlieferung in das Konzentrationslager im Sinne des § 9 Abs 3 lit d TodErklG begonnen hat, weil auch diese Frage im Gesetz nicht ausdrücklich gelöst ist.

Die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers stellen sich daher lediglich als eine Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung dar, die nicht Gegenstand der Anfechtung gemäß § 16 AußStrG ist.

Da der Revisionsrekurs auf keinen gesetzlich zulässigen Anfechtungsgrund gestützt ist, war er als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E75239 1Ob439.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0010OB00439.6.0118.000

Dokumentnummer

JJT_19610118_OGH0002_0010OB00439_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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