TE OGH 1961/1/25 1Ob475/60 (1Ob476/60)

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Veröffentlicht am 25.01.1961
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schuster als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gitschthaler, Dr. Zierer, Dr. Heidrich und Dr. Bachofner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei minderjährige Margit Gerda P*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, diese vertreten durch Dr. Otto Benischek, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien

1.) Pauline A*****, Arztenswitwe, 2.) Helmut, 3.) Annemarie, 4.) Edeltraud, 5.) Leopold, 6.) Gabriele A*****, Schüler, sämtliche in Feldkirchen, sämtliche vertreten durch Dr. Walter Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, wegen Vaterschaft und Unterhaltsleistung infolge Revision und Rekurs der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 28. September 1960, GZ 5 R 507/60-37, womit infolge Berufung der zweitbis sechstbeklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung vom 23. Mai 1960, GZ C 96/59-27, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision und der Rekurs werden zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen. Der Antrag der Beklagten auf Zuspruch der Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtskräftig wurde die Vaterschaft des Dr. Leopold A***** zu der am 20. 12. 1958 außer der Ehe geborenen Klägerin festgestellt. Der Kindesvater ist am 6.10. 1958 gestorben.

Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung vom 24. 7. 1959, A 321/58, wurde der Nachlass den Beklagten, die sich auf Grund des Gesetzes bedingt zu Erben erklärt hatten, eingeantwortet und zwar der erblasserischen Witwe Pauline A***** zu 1/4 und den übrigen Beklagten zu je 3/20 Anteilen.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagten, der Klägerin als Unterhalt für die Zeit vom 14. 4. bis 31. 12. 1959 insgesamt 200 S monatlich und ab 1. 1. 1960 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Klägerin insgesamt 300 S monatlich zu bezahlen; von diesem Betrag sollen entsprechend den Erbquoten 5/20 durch die Erstbeklagte und je 3/20 durch die Zweit- bis Sechstbeklagten aufgebracht werden, wobei die Haftung der Erben auf den Wert des ihnen zugefallenen reinen Nachlasses beschränkt sein solle, so dass die Erstbeklagte nur bis zu einem Betrag von 58.198 S und die Zweit- bis Sechstbeklagten nur bis zu einem Betrag von je 34.917 S für den Unterhaltsanspruch der Klägerin haften sollen. Hinsichtlich der Erstbeklagten erwuchs das Urteil in Rechtskraft.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass auf die unversorgten ehelichen Kinder bezüglich des Unterhaltsanspruches des außerehelichen Kindes kein Bedacht zu nehmen sei. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil hinsichtlich der Drittbeklagten unter Vorbehalt der Rechtskraft auf und änderte es im Ausspruch hinsichtlich des Zweit- und der Viert- bis Sechstbeklagten dahin ab, dass diese Beklagten für die vom Erstgericht zugesprochenen Unterhaltsbeträge nur bis zu einem Höchstbetrag von je 4.364,70 S haften.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus:

Auf das Vorhandensein unversorgter ehelicher Kinder des Erblassers sei bei der Ausmessung des dem außerehelichen Kind gebührenden Unterhaltes Bedacht zu nehmen. Der Unterhaltsanspruch des außerehelichen Kindes gegen die selbst noch unversorgten Erben sei mit jenem Betrag begrenzt, den das Kind als Erbteil bekommen hätte, wenn es als eheliches Kind am Erbgang beteiligt gewesen wäre. Dies sei ein Betrag von 29.098 S. Die mj Beklagten haften dafür bis zu je 3/20 dieses Betrages, das seien je 4.364,70 S. Dies sei aber die Höchstgrenze. Es müsse aber auch geprüft werden, ob nicht innerhalb dieser Höchstgrenze die Unterhaltsleistungen der einzelnen Erben noch einmal in dem Verhältnis zu kürzen seien, in welchem der Erbe noch von der Selbsterhaltungsfähigkeit entfernt sei.

Das Berufungsgericht gelangt unter Annahme des Eintrittes der Selbsterhaltungsfähigkeit mit 18 Jahren bei den Viert- bis Sechstbeklagten und bei der Klägerin sowie unter Zugrundelegung von monatlichen Unterhaltsbeträgen von 300 S für Kinder unter sechs Jahren, von 400 S für Kinder bis zu zwölf Jahren und von 500 S für Kinder im Alter zwischen zwölf und achtzehn Jahren zur Feststellung, dass Edeltraud A***** einen Gesamtunterhalt von 36.400 S, Leopold A***** einen solchen von 46.000 S und Gabriele A***** einen solchen von 74.100 S und die Klägerin einen Unterhaltsbetrag von 84.500 S benötigt, der auf die ehelichen Kinder des Erblassers entfallende Anteil am Unterhaltsbedarf der Klägerin je 12.675 S betrage und daher wesentlich über der Haftungshöchstgrenze von 4.364,70 S liege, so dass eine weitere Kürzung nicht in Betracht komme. Bezüglich des Zweitbeklagten Helmut A***** trete die Selbsterhaltungsfähigkeit mit Rücksicht auf das Medizinstudium erst fünf bis sechs Jahre später als bei den vorgenannten Personen ein, so dass auch bei ihm der Erbteil bei weitem nicht ausreiche, um seinen Unterhalt zu decken. Auch bei ihm komme aber eine Herabsetzung unter die Höchstgrenze nicht in Betracht.

Hinsichtlich der Drittbeklagten Annemarie A***** sei das Verfahren mangelhaft. Es sei nicht glaubhaft, dass diese nach Vollendung des Handelsschulkurses tatsächlich das Studium an der Mittelschule fortsetzen und anschließend sogar eine Frauenberufsschule besuchen solle. Es könne also nicht verlässlich beurteilt werden, wann ihre Selbsterhaltungsfähigkeit eintrete oder eingetreten sei und welchen Teil des Nachlasses sie zum eigenen Unterhalt noch benötige. Die Klägerin ficht den Aufhebungsbeschluss mit Rekurs und das Urteil bezüglich des Zweit-, Viert- bis Sechstbeklagten mit Revision an, und beantragt, das Urteil dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt werde, oder es aufzuheben. Weiters möge der Beschluss aufgehoben und dem Berufungsgericht aufgetragen werden, über die diesbezügliche Berufung neu zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision und der Rekurs sind aus folgenden Erwägungen unzulässig:

Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes ein weiterer Rechtszug unzulässig. Nach dem Judikat 60 (SZ XXVII 177) gehört zur Bemessung die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. In dem Judikat wird allerdings ausgesprochen, dass die Frage der Haftung der Erben des Unterhaltsberechtigten eine Frage des Grundes des Anspruches und daher revisibel sei. Im vorliegenden Fall ist aber die Frage der Haftung der Erben dem Grunde nach überhaupt nicht strittig und wird auch von der Klägerin in ihren Rechtsmitteln nicht aufgeworfen, da sie ja zu ihre Gunsten beantwortet wurde.

Strittig ist vielmehr die Frage, ob die dem Grunde nach unterhaltspflichtigen Erben den ihnen zugekommenen Erbteil ohne Bedachtnahme auf ihre eigenen Bedürfnisse zur Bestreitung des Unterhaltsanspruches der Klägerin verwenden müssen oder nicht. Dies betrifft die Frage der Leistungsfähigkeit der unterhaltpflichtigen Beklagten und damit die Bemessung. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beantwortung dieser Frage von der Lösung von Rechtsfragen abhängt.

Auch die weiteren Ausführungen in der Revision, dass die Selbsterhaltungsfähigkeit des Zweit- und der Drittbeklagten zu Unrecht nicht mit der Vollendung des 18. Lebensjahres angenommen worden sei, dass nicht berücksichtig worden sei, dass die Beklagten gegen ihre eheliche Mutter Anspruch auf Unterhalt haben und dass die Verzinsung des Deckungskapitals und der Umstand nicht berücksichtigt worden seien, dass jede Änderung des inneren Wertes des Schillings den Beklagten zugute komme, betreffen Umstände, die nicht den Grund des Anspruches, sondern nur dessen Höhe, also die Bemessung, berühren.

Die Revision ist daher unzulässig. Dies gilt auch in gleicher Weise vom Rekurs. Nach ständiger Rechtsprechung (1 Ob 51/47 - JBl 1947 S 263, 3 Ob 196/53, 6 Ob 190/59 u. a.) ist gegen den Aufhebungsbeschluss der zweiten Instanz, wenn der Streit nur um die Bemessung des Unterhaltes geht, ein weiterer Rechtszug unzulässig, selbst wenn der Vorbehalt des § 519 Z 3 ZPO gemacht wurde. Aus diesen Erwägungen waren beide Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen.

Der Antrag der Beklagten auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung war abzuweisen, weil die Beklagten in ihrem Schriftsatz auf den einzig erheblichen Umstand der Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen haben und demnach die Revisionsbeantwortung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig war.

Anmerkung

E75244 1Ob475.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0010OB00475.6.0125.000

Dokumentnummer

JJT_19610125_OGH0002_0010OB00475_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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