TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/31 2002/15/0029

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Veröffentlicht am 31.03.2005
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

BAO §184;
EStG 1988 §15 Abs2;
EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §47 Abs1;
EStG 1988 §47 Abs2;
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 1992 1993 §4 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M, über die Beschwerde der A GmbH in G, vertreten durch Mag. Martina Weirer, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Burgring 16/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 14. Jänner 2002, GZ. RV 425/1-9/00, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1993 bis 31. Dezember 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 991,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, im Zuge einer den Zeitraum 1. März 1993 bis 31. Dezember 1997 umfassenden Lohnsteuerprüfung habe der Prüfer u.a. festgestellt, dass für die Geschäftsführerbezüge des mit 30 % an der Beschwerdeführerin beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers Alois Sch. sen. und des mit 70 % beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers Alois Sch. jun. der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag nicht entsprechend der ab 1994 geänderten Gesetzeslage entrichtet worden sei. Weiters habe der Prüfer anstatt des für die private Nutzung der den Geschäftsführern zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuge angesetzten halben Sachbezuges mangels "geeigneten Nachweises der eingeschränkten Benützung" den vollen Sachbezug angesetzt.

Der Geschäftsführer Alois Sch. sen. - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - habe monatlich gleich bleibende laufende Bezüge (1994 in Höhe von 14 mal 140.000 S und 1995 bis 1997 in Höhe von 14 mal 160.000 S) erhalten. Dem Geschäftsführer Alois Sch. jun. seien ab März 1995 ebenfalls regelmäßig und fortlaufend Geschäftsführerbezüge in Höhe von monatlich 140.000 S (zuzüglich Sonderzahlungen) sowie ab dem Jahr 1997 von monatlich 179.013 S bezahlt worden. Auf Grund der Koppelung der Geschäftsführerbezüge an die im Streitzeitraum regelmäßig sich nach oben entwickelnden Umsätze der Beschwerdeführerin sei ein wesentliches Unternehmerrisiko für die Geschäftsführer nicht erkennbar. Dass Alois Sch. sen. neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer hauptsächlich Repräsentationsaufgaben wahrnehme, stehe der Beurteilung, dass er kein wesentliches Unternehmerrisiko zu tragen habe, nicht entgegen. Beide Gesellschafter-Geschäftsführer seien nach den geltenden Geschäftsführerverträgen zumindest seit 14. Oktober 1993 als Geschäftsführer tätig und demnach eindeutig in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert. Insgesamt lägen somit Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vor, an die sich auch die Dienstgeberbeitragspflicht knüpfe.

Nach den Vereinbarungen in den Geschäftsführerverträgen seien die beiden Geschäftsführer berechtigt, ihre Dienstkraftfahrzeuge ohne Beschränkung der Kilometeranzahl auch für private Zwecke zu verwenden. Der Prüfer habe einen Sachbezugswert von jeweils 7.000 S monatlich angesetzt. Nach § 4 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers über die Bewertung bestimmter Sachbezüge für 1992 und ab 1993, BGBl. Nr. 642/1992, sei ein Sachbezug von 1,5 % der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 7.000 S monatlich, anzusetzen, wenn die Möglichkeit bestehe, ein arbeitgebereigenes Fahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu verwenden. Ein Sachbezugswert im halben Betrag könne nach dieser Verordnung nur dann angesetzt werden, wenn die monatliche Fahrtstrecke nachweislich nicht mehr als 500 km betrage. Es wäre somit Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, dass die Fahrzeuge einer eingeschränkten privaten Nutzung unterzogen worden seien. Da nach den Angaben in einer Vorhaltsbeantwortung vom 8. Juli 1999 Fahrtenbücher nicht geführt worden seien, ein anderer Nachweis auch nicht angeboten worden sei und es weiters für die Glaubhaftmachung nicht genüge, darauf hinzuweisen, dass den Gesellschafter-Geschäftsführern private Kraftfahrzeuge zur Verfügung stünden, habe das Finanzamt zu Recht den vollen "amtlichen Sachbezugswert" für die private Benützung der Dienstkraftfahrzeuge angesetzt.

In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten durch den angefochtenen Bescheid deshalb verletzt (Beschwerdepunkt), dass Nachforderungen "hinsichtlich DB und DZ vorgeschrieben" wurden, welche nicht den "gesetzlichen Bestimmungen des § 41 Abs 2 FLAG und des § 22 Z 2 EStG 1988 entsprechen und wurde der Sachbezug der Kfz der Beschwerdeführerin unrichtig festgestellt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Auslegung der Vorschrift des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zwar an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Verständnis der Bedeutung des Ausdruckes "sonst" in dieser Gesetzesbestimmung in Bezug auf die Beseitigung des Merkmales der Weisungsgebundenheit als Tatbestandsvoraussetzung der Erzielung von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 festgehalten, werde das in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierte Tatbestandselement der Weisungsgebundenheit durch den Ausdruck "sonst" allerdings beseitigt, dann könne sich der Ausdruck "alle" in derselben - auf die gesetzliche Definition des steuerlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 verweisenden - Vorschrift (primär) nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers beziehen. Weiteren Elementen, wie dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, könne - in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung - Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nur noch in solchen Fällen zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre. Von einer solchen fehlenden Eingliederung sei aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen. Damit sind aber auch die im vorliegenden Beschwerdefall gewährten Vergütungen als Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu beurteilen, weil an der Eingliederung der für die Gesellschaft tätigen Gesellschafter in den Organismus des Betriebes der beschwerdeführenden Gesellschaft nach Maßgabe des im genannten Erkenntnis des verstärkten Senates dargelegten Verständnisses von diesem Merkmal (das bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt wird, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird) sachbezogen kein Zweifel besteht. Daran können auch die Beschwerdeausführungen, wonach der Gesellschafter-Geschäftsführer Alois Sch. sen. nur Repräsentationsaufgaben wahrgenommen habe, für der er auch selbst eine Sekretärin beschäftigt gehabt habe, nichts ändern.

Die belangte Behörde hat bei den nach § 41 Abs. 3 FLAG in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag (und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) einzubeziehenden Gehältern und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 für die beiden wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer auch so genannte "amtliche Sachbezugswerte" für eine private Kfz-Nutzung angesetzt. Sie ging dabei von der Anwendbarkeit der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge für 1992 und ab 1993, BGBl. Nr. 642/1992 (und darin näher dargelegter Sachbezugswerte samt entsprechenden Nachweiserfordernissen etwa hinsichtlich einer "eingeschränkten privaten Nutzung"), aus. Damit hat die belangte Behörde aber die Rechtslage verkannt, weil diese zu § 15 Abs. 2 EStG 1988 ergangene Verordnung in § 4 nur die Privatnutzung des "arbeitgebereigenen" Kraftfahrzeuges regelt und demnach in § 4 Abs. 1 auch nur die Privatnutzung der arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuge durch den "Arbeitnehmer" anspricht. Die beiden wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer Alois Sch. sen. und Alois Sch. jun. werden zwar mit ihren Einkünften im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 nach § 41 Abs. 2 FLAG für Zwecke der Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages (samt Zuschlag) dem Kreis der "Dienstnehmer" zugeordnet, dies ändert aber nichts daran, dass sie aus einkommensteuerrechtlicher Sicht nicht als Arbeitnehmer nach § 47 Abs. 1 EStG 1988 (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) anzusehen sind, sodass auch für die Ermittlung allfälliger geldwerter Vorteile als Betriebseinnahmen die in Rede stehenden Vorschriften der Sachbezugsverordnung nicht anwendbar sind. Die entsprechenden Betriebseinnahmen sind vielmehr - beim Fehlen entsprechender Aufzeichnungen - nach den allgemeinen Grundsätzen des § 184 BAO zu schätzen.

Der angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde über die Berufung vom 29. Dezember 1998 absprach, die sich gegen "die Nachforderung des DB für den Zeitraum 1993 bis 1997 in Höhe von S 683.901 und des DZ in Höhe von S 77.891 (also jeweils in der Höhe des auf die Geschäftsführer lt. Prüfungsbericht entfallenden Abgaben)" richtete, war daher betreffend den - jeweils in einem Gesamtbetrag für den gesamten Prüfungszeitraum vorgeschriebenen - Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (von insgesamt 889.288 S) und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (von insgesamt 104.485 S) für den Zeitraum 1. Jänner 1993 bis 31. Dezember 1997 wegen der insoweit gegebenen Unteilbarkeit des Spruches zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 59 Abs. 1) VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. März 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002150029.X00

Im RIS seit

06.05.2005

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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