TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/31 2003/03/0256

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Veröffentlicht am 31.03.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07203020;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31992R0881 Güterkraftverkehrsmarkt Art2;
31992R0881 Güterkraftverkehrsmarkt Art5 Abs4;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs2 idF 2001/I/106;
GütbefG 1995 §23 Abs2 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §7 Abs1 idF 2001/I/106;
GütbefG 1995 §9 Abs1 idF 2001/I/032;
GütbefG 1995 §9 Abs2 idF 2001/I/032;
GütbefG 1995 §9 Abs2;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des DM in G, vertreten durch Dr. Klaus Schärmer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Burggraben 6/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 2. September 2003, Zl. uvs-2003/12/114-3, betreffend eine Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 30. Juni 2003 für schuldig erkannt, als Lenker eines nach den (deutschen) Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeuges am 7. Oktober 2002 von Deutschland über die Grenzeintrittsstelle Kiefersfelden kommend in Richtung Westen eine grenzüberschreitende Fahrt im gewerbsmäßigen Güterverkehr im Hoheitsgebiet von Österreich durchgeführt zu haben; dabei habe er

"gemäß § 9 Abs 2 GütbefG idF BGBl 32/2002 die Nachweise über die in § 7 Abs 1 GütbefG angeführten Berechtigungen bei dieser Güterbeförderung über die Grenze nicht während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitgeführt und den Aufsichtsorganen auf Verlangen ausgehändigt."

Er habe die Fahrt durchgeführt,

"ohne eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92, in der Fassung der Verordnung (EG) 484/2002, mitzuführen und den Kontrollorganen auszuhändigen.

Die Übertretung wurde ... an der Kontrollstelle Kundl A 12 Inntalautobahn bei ca. km 24,3 festgestellt."

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 2 iVm § 9 Abs 2 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr 32/2002 begangen und wurde hiefür mit einer Geldstrafe von EUR 145,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) bestraft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung mit der Maßgabe abgewiesen, dass bei der von der Behörde erster Instanz als erwiesen angenommenen Tat die Wortfolge "... und den Kontrollorganen auszuhändigen" zu entfallen habe.

Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, für die Strafbarkeit des Beschwerdeführers als Lenker komme es nicht auf das Vorliegen der erforderlichen Gemeinschaftslizenz an, sondern darauf, dass er diese nicht mitgeführt habe. Er werde auch nicht dadurch "exkulpiert ..., dass er eine Leerfahrt durchgeführt hat".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß dem den "Verkehr über die Grenze" regelnden § 7 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG), BGBl Nr 593/1995 in der Fassung BGBl I Nr 106/2001, ist die "gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland" außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 leg cit auch Unternehmen gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und - u.a. - Inhaber einer "Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92" sind.

§ 9 Abs 1 und 2 GütbefG (in der Fassung BGBl I Nr 32/2001) lauten:

"§ 9. (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

(2) Der Lenker hat die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen (§ 21) auf Verlangen auszuhändigen."

Gemäß § 23 Abs 2 GütbefG in der Fassung BGBl. I 32/2002 ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 726,-- zu bestrafen:

"Wer als Lenker § 6 Abs. 1, 3 oder 4 oder § 9 Abs. 2 zuwiderhandelt oder unmittelbare anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt."

Nach Art 2 der Verordnung (EWG) 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehreren Mitgliedstaaten gelten als "grenzüberschreitender Verkehr" im Sinne dieser Verordnung:

"-

Fahrten eines Fahrzeuges mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt und der Bestimmungsort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten befinden,

-

Fahrten eines Fahrzeugs mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt in einem Mitgliedstaat und der Bestimmungsort in einem Drittland oder umgekehrt befindet,

-

Fahrten eines Fahrzeugs zwischen Drittländern mit Durchfahrt durch das Gebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten.

-

Leerfahrten in Verbindung mit diesen Beförderungen."

Über die Gemeinschaftslizenz bestimmt Art 5 Abs 4 der Verordnung, dass eine beglaubigte Abschrift der - von den zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaates gemäß dieser Verordnung idF der Verordnung (EG) 484/2002 ausgestellten - Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitgeführt werden muss und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen ist.

Aus § 9 Abs 1 und 2 GütbefG ergibt sich, dass der Nachweis der Gemeinschaftslizenz (deren beglaubigte Abschrift) bei jeder Güterbeförderung über die Grenze "während der gesamten Fahrt" mitzuführen ist. Dass diese Verpflichtung auch während der Fahrt über die Grenze bis zu dem in Österreich liegenden Beladeort - unabhängig davon, ob bei dieser Fahrt bereits (andere) Güter transportiert werden oder es sich um eine sogenannte "Leerfahrt" handelt - besteht, ergibt sich nicht nur aus dem Begriff der "gesamten Fahrt" in § 9 Abs 1 und 2 GütbefG, sondern auch aus den bei der Auslegung dieser Bestimmung zu beachtenden gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen. Nach der oben zitierten Verordnungsbestimmung gelten auch "Leerfahrten" in Verbindung mit einer grenzüberschreitenden Güterbeförderung als "grenzüberschreitender Verkehr", bei dem die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitgeführt werden muss. Somit gehört im Falle einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung über die Grenze im Sinne des § 7 Abs 1 GütbefG zur "gesamten Fahrt" im Sinne des § 9 Abs 1 und 2 GütbefG auch eine Leerfahrt zum Beladeort.

Der Beschwerdeführer - gegen den zunächst am 27. November 2002 eine Strafverfügung ergangen ist, gegen die er fristgerecht Einspruch erhoben hat - hat im Verwaltungsstrafverfahren nicht bestritten, dass der Zweck der Fahrt, während der die Kontrolle erfolgte, eine grenzüberschreitende Güterbeförderung im Sinne des § 7 Abs 1 GütbefG war; er hat sich vielmehr darauf berufen, dass er bei der kontrollierten Fahrt "kein Transportgut mit sich führte:

Leerfahrt" und dass die Lizenz "so organisiert (gewesen sei), dass sie der Lenker am Beladeort mit Beladung übernehmen und dann mitführen kann". Die belangte Behörde konnte daher davon ausgehen, dass die in Österreich aufgenommene Ladung in das Ausland (in einen anderen Mitgliedstaat oder in ein Drittland) befördert werden sollte. Damit fällt die gegenständliche Fahrt auch unter den Begriff des "grenzüberschreitenden Verkehrs" im Sinne des Art 2 der Verordnung (EWG) 881/92.

Der belangten Behörde ist somit nicht entgegenzutreten, wenn sie ihrer Entscheidung den schon von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer den Nachweis über die Berechtigung für die vorliegende Güterbeförderung nicht mitgeführt hat, zugrunde gelegt hat. Sie war im Hinblick auf die schon während der "Leerfahrt" bestehende Verpflichtung des Beschwerdeführers gemäß § 9 Abs 2 GütbefG auch nicht gehalten, die zum Beweis des zuvor wiedergegebenen Vorbringens beantragten Zeugen einzuvernehmen.

Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt hat, dass bei der gemäß § 44a VStG erwiesenen Tat die Wortfolge "und den Kontrollorganen auszuhändigen" entfalle, hat sie dem Umstand Rechnung getragen, dass dem Beschwerdeführer mit der - innerhalb der Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs 2 VStG ergangenen - Strafverfügung zur Last gelegt worden ist, dass er die Gemeinschaftslizenz nicht mitgeführt habe, während ihm nicht vorgeworfen war, dass er die Abschrift der Gemeinschaftslizenz den Kontrollorganen nicht ausgehändigt habe. Entgegen den Beschwerdeausführungen kann aus dieser Änderung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides nicht geschlossen werden, der der Bestrafung des Beschwerdeführers zugrunde gelegte Sachverhalt stehe nicht fest. Da die Bestimmung des § 9 Abs 2 GütbefG zwei Verpflichtungen enthält - das Mitführen der erforderlichen Nachweise und deren Aushändigung an die Aufsichtsorgane auf deren Verlangen - und nach § 23 Abs 2 leg cit jedes Zuwiderhandeln gegen § 9 Abs 2 strafbar ist, ist es nicht rechtswidrig, wenn der Lenker nur wegen des unterbliebenen Mitführens der Gemeinschaftslizenz bestraft wird. Hat er den Nachweis der Gemeinschaftslizenz nicht mitgeführt, so könnte er wegen des Nichtvorzeigens dieser Lizenz gar nicht bestraft werden, weil der Tatbestand des Nichtmitführens den des Nichtvorzeigens konsumiert und somit ausschließt (vgl. das Erkenntnis vom 27. Mai 2004, Zl. 2002/03/0068).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 31. März 2005

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003030256.X00

Im RIS seit

22.04.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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