TE OGH 1973/02/20 4Ob4/73 (4Ob3/73)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.1973
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Norm
ABGB §896
ABGB §1302
Dienstnehmerhaftpflichtgesetz §1
Dienstnehmerhaftpflichtgesetz §2
Dienstnehmerhaftpflichtgesetz §3
Dienstnehmerhaftpflichtgesetz §4
Dienstnehmerhaftpflichtgesetz §6 Kopf

SZ 46/19

Spruch

Aus dem Gesetz selbst geht eindeutig das Ziel hervor, die Frage, ob und in welchem Ausmaß der Dienstnehmer einen Schaden ersetzen muß, den er bei Erbringung seiner Dienstleistung verschuldet hat, durch die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes vollständig und abschließend zu regeln

 

Der Rückgriffsanspruch besteht erst nach Ersatzleistung des Dienstgebers an den Dritten. Daraus folgt, daß die in § 6 DHG festgelegte Frist von 6 Monaten nicht vor dem Zeitpunkt der Ersatzleistung zu laufen beginnt

 

Die Prozeß- und Exekutionskosten brauchen nur "erwachsen", nicht "geleistet" sein

 

Dennoch beginnt die Frist zu ihrer Geltendmachung nicht vor dem Hauptanspruch, auf den sich die Kosten als Nebenforderung beziehen

 

Der Zeitpunkt der Bezahlung der dem Dienstgeber selbst "erwachsenen" Prozeß- und Exekutionskosten ist für den Lauf der Frist zur Erhebung des Rückgriffsanspruches unwesentlich

 

OGH 20. Feber 1973, 4 Ob 3, 4/73 (KG Leoben R 434/72; ArbG Liezen Cr 3/70)

Text

Der Kläger behauptet, daß der Beklagte, der bei ihm als Kraftfahrer beschäftigt gewesen sei, am 26. Oktober 1966 mit einem Radlader der für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen gewesen sei und auftragsgemäß mit einem Tieflader zu einer Baustelle gebracht werden soll Bundesstraße gefahren sei und dort einen Verkehrsunfall mitverschuldet habe. Der Beklagte sei deswegen strafgerichtlich verurteilt worden. Der Kläger habe als Halter des Radladers an die Gebietskrankenkasse 7150.20 S, an Rupert R, mit dessen PKW der Beklagte zusammengestoßen sei, und an den in diesem PKW mitfahrenden Manfred R 18.162 S sowie an Prozeßkosten 8084.10 S zahlen müssen. Diese Auslagen habe ihm der Beklagte zu ersetzen.

 

Der Beklagte behauptet, der Kläger habe zugestimmt, daß mit dem Radlader auf der Bundesstraße gefahren werde; der Unfall sei auf entschuldbare Fehlleistung des Beklagten zurückzuführen. Überdies seien die geltend gemachten Ansprüche gemäß § 6 DHG "verjährt".

 

Das Erstgericht erachtete diese Einrede für berechtigt und wies das gesamte Klagebegehren ab.

 

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes hinsichtlich der Abweisung eines Betrages von 7150.20 S, hob es aber im übrigen unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung auf.

 

Es ging von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Kläger betreibt ein Bauunternehmen mit dem Standort H. Der Beklagte war bei ihm von 1961 bis 1967 als Arbeiter und Kraftfahrer beschäftigt. Er fuhr überwiegend mit dem im Betrieb des Klagers verwendeten gummibereiften Radlader der Marke Trauzel. Dieser Radlader war für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen, mit keinem Kennzeichen versehen und nur im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung des Klägers versichert. Der Radlader wurde meist in der Schottergrube, aber auch auf auswärtigen Baustellen eingesetzt. Es wurde mit ihm regelmäßig auf der Gemeindestraße zwischen der Schottergrube des Klägers und dem etwa 1 km entfernten Bahnhof gefahren. Zu Arbeiten an auswärtigen Baustellen fuhr der Beklagte über ausdrückliche Anordnung des Klägers mit dem Radlader fallweise auf eigener Achse auf dem kürzesten Weg - auch über öffentliche Straßen; es kam auch vor, daß der Radlader mit Hilfe eines Tiefladers zum Einsatzort gebracht wurde. Es kann nicht festgestellt werden, ob dem Beklagten schon vor dem 26. Oktober 1966 bekannt war, daß für den Radlader keine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung bestand.

 

Am 26. Oktober 1966 ersuchte Josef H, ein Frächter, der in P ein Haus baute und dabei fallweise Dienstnehmer des Klägers beschäftigte und Baugeräte aus dem Betrieb des Klägers bei diesem Bau einsetzte, den Beklagten, dort Aufschüttungsarbeiten mit einer Laderaupe vorzunehmen. Über eine Entlohnung wurde nichts gesprochen, so daß der Beklagte der Meinung war, die Arbeit werde über den Kläger abgerechnet. Nach dem Einverständnis des Beklagten holte H fernmündlich die Zustimmung des Klägers ein. Der Kläger war mit der Durchführung der Arbeit einverstanden, erklärte aber, daß der Radlader mit einem Tieflader zur Baustelle gebracht werden müsse. H teilte dem Beklagten nur mit, daß der Kläger mit der Arbeit einverstanden sei, sagte aber nichts davon, daß der Radlader mit einem Tieflader transportiert werden müsse. Der Beklagte hatte im Laufe des Vormittags und während des Mittagessens 4 Flaschen Bier getrunken. Dies hatte zur Folge, daß nach dem Unfall bei ihm ein Blutalkoholgehalt von 0.5% festgestellt wurde.

 

Zum Unfall kam es, als der Beklagte mit dem Radlader gegen 14.45 Uhr dieses Tages in die Bundesstraße einfuhr und dann nach links zu einer Tankstelle abbiegen wollte. Zu dieser Zeit näherte sich Rupert R mit einem PKW, in dem auch sein Sohn Manfred R saß, mit etwa 70 km/h aus Richtung Sch. dem vom Beklagten gelenkten Fahrzeug. R konnte es schon aus weiter Entfernung sehen. Es war weder Gegennoch Folgeverkehr. Als R etwa auf 100 m an den Radlader herangekommen war, setzte er zum überholen an. Er übersah dabei ein verspätet gegebenes Handzeichen des Beklagten. Als R schon auf etwa 20 m an den Radlader herangekommen und schon in Überholstellung war, lenkte der Beklagte sein Fahrzeug plötzlich nach links gegen die Straßenmitte, ohne diese aber zu überschreiten. R lenkte sofort nach rechts, obgleich er noch links hätte überholen können. Gleichzeitig lenkte auch der Beklagte sein Fahrzeug wieder nach rechts, so daß es zum Zusammenstoß kam. Beide Fahrzeuglenker wurden wegen dieses Unfalles strafgerichtlich verurteilt, der Beklagte, weil er vorschriftswidrig nach links abbog, und R, weil er die nötige Aufmerksamkeit unterließ und zu spät bremste.

 

Rupert R begehrte zu 8 Cg 436/67 des Kreisgerichtes L vom Kläger und dem Beklagten zur ungeteilten Hand - unter Anerkennung eines eigenen Verschuldens im Ausmaß von 50% - wegen dieses Unfalles einen Ersatzbetrag von 19.733 S. Das Gericht nahm ein gleichteiliges Verschulden der Fahrzeuglenker am Unfall an und verurteilte beide (dortigen) Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von 15.830.37 S samt Anhang. Die Berufungen der beiden (dortigen) Beklagten blieben erfolglos. Die nur vom jetzigen Kläger noch erhobene Revision wurde als unzulässig zurückgewiesen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wurde am 16. Dezember 1969 vom Kreisgericht L an die Parteienvertreter abgefertigt. Dem Kläger entstanden im Verfahren zu 8 Cg 436/67 des Kreisgerichtes L Kosten der Vertretung durch einen Rechtsanwalt in der Höhe von 8084.10 S. Der Kläger hat zur Vermeidung weiterer Exekutionskosten den Betrag, der Rupert R rechtskräftig zugesprochen wurde und der einschließlich der Kosten 18.162 S ausmachte, am 23. Jänner 1970 überwiesen.

 

Die Gebietskrankenkasse verlangte zu M 60/69 des Bezirksgerichtes Sch. von den (nunmehrigen) Streitteilen zur ungeteilten Hand einen Betrag von 6887.40 S samt Anhang als Ersatz für Leistungen, die sie anläßlich des Unfalles vom 26. Oktober 1966 zu erbringen hatte. Der (nunmehrige) Kläger ließ den bedingten Zahlungsbefehl rechtskräftig werden und zahlte am 25. Juli 1969 einen Betrag von 7523 S an die Gebietskrankenkasse. Der Streit zwischen dieser und dem (nunmehrigen) Beklagten wurde daraufhin auf die

 

Kosten eingeschränkt, zu deren Ersatz der (nunmehrige) Beklagte verurteilt wurde.

 

Die vorliegende Klage wurde am 2. Feber 1970 überreicht.

 

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, daß der Beklagte den Radlader als Dienstnehmer des Klägers zur Baustelle zu überstellen hatte, weil der Kläger das Gerät zur Verfügung gestellt habe und mit dem Beklagten als Fahrer ausdrücklich einverstanden gewesen sei. Es sei daher die Ersatzpflicht des Beklagten für die Folgen des Unfalles nach den Vorschriften des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes zu beurteilen. Die Meinung des Klägers, daß der Beklagte diesen Unfall durch eine auffallende Sorglosigkeit verschuldet habe, könne nicht geteilt werden. Der Schaden sei durch einen minderen Grad des Versehens des Beklagten verschuldet. Es sei daher die Fallfrist des § 6 DHG zu beachten. Da der Kläger einen Schaden dritten Personen ersetzt habe, habe er gegen den Beklagten einen Rückgriffsanspruch gemäß § 4 DHG. Der Rückgriffsanspruch des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer, der schuldhaft eine Haftung des Dienstgebers gegenüber einem Dritten ausgelöst habe, sei allerdings wiederholt als Schadenersatzanspruch des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer bezeichnet worden. Dies hätte zur Folge, daß die Frist des § 6 DHG für den Dienstgeber schon mit der Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers zu laufen beginne. Ein Rückgriffsanspruch gegen einen Mitschuldner könne aber erst geltend gemacht werden, wenn die Leistung dem Gläubiger erbracht worden sei. Aus den Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes ergebe sich, daß zwischen Schadenersatzansprüchen und Rückgriffsansprüchen unterschieden werde. Die Frist des § 6 DHG für die Geltendmachung eines Rückgriffsanspruches laufe erst mit dem Tag der Zahlung des Dienstgebers an den Dritten. Sie sei daher zur Zeit der Klagserhebung (2. Feber 1970) hinsichtlich der Zahlung an die Gebietskrankenkasse (am 25. Juli 1969), nicht aber hinsichtlich der Zahlung an R (am 23. Jänner 1970) abgelaufen gewesen. Hinsichtlich der Zahlung der Kosten an den eigenen Vertreter des Klägers enthalte das Urteil keine Feststellungen. Dieser Zeitpunkt sei aber für die Beurteilung, ob der Rückgriff hinsichtlich dieses Betrages rechtzeitig geltend gemacht wurde, wesentlich. Im übrigen sei das Verfahren hinsichtlich der rechtzeitig geltend gemachten Ansprüche noch ergänzungsbedürftig, weil noch die für die Frage einer Mäßigung oder eines Erlasses der Schuld des Beklagten maßgeblichen Umstände geprüft werden müßten.

Das Berufungsgericht hat daher die Abweisung eines Teilbetrages von 7150.20 S mit Teilurteil bestätigt, im übrigen aber das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben.

 

Der Kläger bekämpft das Teilurteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und den Aufhebungsbeschluß mit Revisionsrekurs (richtig: Rekurs). Er beantragt, die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.

 

Der Beklagte bekämpft den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes mit Revision (richtig: Rekurs) und beantragt die Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes.

 

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision und den Rekursen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

 

Das Verhalten des Beklagten ist im Ergebnis mit Recht nicht als entschuldbare Fehlleistung beurteilt worden. Es ist daher zu prüfen, ob die Ansprüche rechtzeitig im Sinne des § 6 DHG erhoben wurden. Diese Bestimmung betrifft Schadenersatz- und Rückgriffsansprüche zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 bis 4 und § 4 Abs. 2 und 4. Dort wird im Dienstnehmerhaftpflichtgesetz die Ersatzpflicht des Dienstnehmers für Schäden, die er bei Erbringung seiner Dienstleistung dem Dienstgeber (§ 2) oder einem Dritten (§§ 3 und 4) zufügt, geregelt. Hat - wie im vorliegenden Fall - der Dienstnehmer einem Dritten einen Schaden zugefügt und wird der Dienstgeber auf Grund der §§ 1313a bis 1316 ABGB "oder auf Grund einer anderen gesetzlichen Vorschrift" zum Ersatz dieses Schadens vom Dritten herangezogen, so hat der Dienstgeber, der im Einverständnis mit dem Dienstnehmer oder auf Grund eines rechtskräftigen Urteiles dem Dritten den Schaden ersetzt hat, einen die Vergütung "des solcherart Geleisteten und der ihm erwachsenen notwendigen Prozeß- und Exekutionskosten umfassenden Rückgriffsanspruch" gegen den Dienstnehmer; dieser Rückgriffsanspruch kann bei einem minderen Grad des Versehens vom Gericht unter den im Gesetz angegebenen Voraussetzungen ermäßigt oder auch ganz erlassen werden (§ 4 DHG). In den Erl. Bemerkungen (631 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, X. GP) wird darauf verwiesen, daß durch die Regelung der Schadenshaftung des Dienstnehmers nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz Ansprüche von Personen nicht berührt werden dürfen, die außerhalb des Dienstverhältnisses stehen, daß aber der von diesem Gesetz verfolgte Zweck der besonderen Regelung dieser Haftung auch dann erreicht werden soll, wenn nicht der Dienstgeber selbst, sondern ein Dritter einen Schaden erlitten hat. Daher müsse der Regreßanspruch des Dienstgebers, der ihm gemäß § 1313 ABGB gegen den schuldtragenden Dienstnehmer zustehe, wenn er dem Dritten den Schaden wegen der ihn treffenden Haftung für diesen ersetzt habe, auf Fälle eingeschränkt werden, bei denen der Dienstnehmer ersatzpflichtig wäre, wenn er den Schaden seinem Dienstgeber selbst zugefügt hätte. Daraus und aus diesem Gesetz selbst geht eindeutig und klar das Ziel hervor, ob und in welchem Ausmaß der Dienstnehmer einen Schaden ersetzen muß, den er bei Erbringung seiner Dienstleistung verschuldet hat, durch die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes vollständig und abschließend zu regeln. Die Regelung soll ohne Rücksicht darauf gelten, wer der Geschädigte ist und auf Grund welcher Bestimmung der Dienstgeber, der einem Dritten den Schaden ersetzt hat, zu dieser Ersatzleistung verpflichtet war. Damit ist die Frage, was unter dem "besonderen Verhältnis", das gemäß § 896 ABGB für den Regreß eines Mitschuldners, der dem Gläubiger mehr gezahlt hat, als seinem Anteil an der Schuld im Innenverhältnis zwischen den mehreren Schuldnern entspricht, maßgebend ist, zu verstehen sei (vgl. dazu Edlbacher, ZAS 1969, 104, EvBl. 1970/329, 1971/267), für den Bereich des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes dahin geregelt, daß sich dieser Rückgriffsanspruch nur nach diesem Gesetz richtet (ebenso Fischer, ZAS 1970, 13). Dieses Gesetz unterscheidet aber auch deutlich zwischen Schadenersatzansprüchen des Dienstgebers, die dann bestehen, wenn er selbst den Schaden erlitt (§ 2), und zwischen Rückgriffsansprüchen in dem Falle, daß der Geschädigte ein Dritter ist, dem entweder der Dienstnehmer (§3) oder - wie im vorliegenden Fall - der Dienstgeber (§ 4) den Schaden bereits ersetzt hat. Der Wortlaut der Bestimmung des § 4 Abs. 2 DHG, wonach der Rückgriffsanspruch des Dienstgebers dann besteht, wenn er dem Dritten den Schaden ersetzt "hat", und die Erl. Bemerkungen dazu (631 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, X. GP, 5), wonach hier der Fälle gedacht wird, daß der durch den Dienstnehmer geschädigte Dritte den Ersatz des Schadens unmittelbar vom Dienstgeber, der unter bestimmten Voraussetzungen für den Dienstnehmer haftet, "erlangt hat", lassen keinen Zweifel darüber, daß dieser Rückgriffsanspruch erst nach Ersatzleistung des Dienstgebers an den Dritten besteht und nicht schon dann, wenn die Möglichkeit gegeben ist, daß ihn der Dritte in Anspruch nimmt, oder wenn der Dritte den Ersatz des Schadens von ihm verlangt. Dies entspricht auch der Auslegung des § 896 ABGB (EvBl. 1970/329 u. a.). Solange der Dienstgeber dem Dritten den Schaden nicht ersetzt hat, steht ihm ein Rückgriffsanspruch gegen den Dienstnehmer daher nicht zu. Er kann somit vor diesem Zeitpunkt den Rückgriffsanspruch auch nicht geltend machen. Daraus folgt, daß die im § 6 DHG festgelegte Frist von 6 Monaten nicht vor diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt. Diese Bestimmung, mit der das im Arbeitsrecht vielfach gewünschte Ziel erreicht werden soll, daß über das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen möglichst rasch Klarheit geschaffen wird (Erl. Bemerkungen, 631 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, X. GP, 5), unterscheidet ausdrücklich zwischen Schadenersatzansprüchen und Rückgriffsansprüchen. Es ist daher nicht gerechtfertigt, die Frage, wann ein Anspruch geltend gemacht werden kann, in allen Fällen einheitlich nach den für die Erhebung von Schadenersatzansprüchen geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Es muß unterschieden werden, ob der Dienstgeber selbst den Schaden erlitt und daher von ihm gegen den Dienstnehmer ein Schadenersatzanspruch im Sinne des § 2 DHG erhoben wird oder ob einem Dritten ein vom Dienstnehmer zugefügter Schaden ersetzt wurde und diese Ersatzleistung durch einen Rückgriff im Verhältnis zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer im Sinne des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes ausgeglichen werden soll. Im letzten Fall soll offensichtlich zunächst die Frage, ob und wieweit dem Dritten ein Schadenersatzanspruch zusteht, durch Einigung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ebenso geklärt sein wie die Frage, wer den Ersatz tatsächlich leistet, bevor ein Rückgriff zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer erfolgen kann. Bis dahin muß das Bedürfnis nach möglichst rascher Klärung der Frage, ob ein solcher Rückgriffsanspruch überhaupt besteht, gegenüber der Notwendigkeit der Entscheidung dieser Fragen zurückstehen.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 des DHG kann der Rückgriff des Dienstgebers gegen den schuldtragenden Dienstnehmer dann erfolgen, wenn und sobald er dem Dritten den Schaden ersetzt hat. Der Rückgriffsanspruch umfaßt aber nicht nur das "solcherart Geleistete", sondern auch die ihm (dem Dienstgeber) erwachsenen notwendigen Prozeß- und Exekutionskosten. Prozeß- und Exekutionskosten sind nur auf Grund dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelung auch Inhalt des Rückgriffsanspruches. Nach allgemeinem Recht stellen nicht einmal Prozeßkosten, die dem geschädigten Dritten zu ersetzen sind, einen Schaden dar, für dessen Ersatz durch einen Mitschuldner diesem ein Rückgriffsanspruch gegen einen anderen Mitschuldner erwächst (Wolff - Klang[2] VI 56, ZVR 1960/206, Anw.Ztg. 1932/39). Die dem Dienstgeber selbst erwachsenen Prozeß- und Exekutionskosten sind überdies diesem, und nicht dem geschädigten Dritten entstanden; sie müßten daher - ohne die besondere Regelung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes - als Schadenersatzanspruch des Dienstgebers und nicht als Teil des ihm zustehenden Rückgriffsanspruches behandelt werden. Auf Grund dieser besonderen Regelung kann aber kein Zweifel bestehen, daß diese Prozeß- und Exekutionskosten nur dadurch geltend gemacht werden können, daß sie in den Rückgriffsanspruch des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer einbezogen werden. Dafür verlangt aber das Gesetz nicht, daß diese Kosten bereits "geleistet", also gezahlt wurden, sondern nur, daß sie dem Dienstgeber "erwachsen" sind. Dafür genügt, daß feststeht, daß sie der Dienstgeber tatsächlich tragen muß. Die Frist für die Erhebung des Anspruches gegen den Dienstnehmer auf Ersatz der dem Dienstgeber erwachsenen Prozeß- und Exekutionskosten kann aber auch nicht vor Leistung dessen beginnen, worauf sich der Kostenaufwand bezog, weil diese Kosten nur als Nebenforderungen in den Rückgriffsanspruch hinsichtlich des an den Dritten "Geleisteten" miteinbezogen werden. Die unterschiedliche Behandlung der Leistungen an den geschädigten Dritten und der dem Dienstgeber selbst erwachsenen Prozeßkosten und Exekutionskosten erscheint deswegen gerechtfertigt, weil die Verrechnung der Kosten des eigenen Vertreters oft erheblich später erfolgt als die im Falle einer Verurteilung innerhalb einer bestimmten Frist unter Androhung der Exekution auferlegte Leistung an den geschädigten Dritten, und die nach § 6 DHG angestrebte rasche Klärung der Ansprüche zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer nicht über das sachlich erforderliche Ausmaß hinaus verzögert werden soll. Überdies kann es bei Prozeß- und Exekutionskosten des Dienstgebers - im Gegensatz zu den Ansprüchen des geschädigten Dritten - nicht zweifelhaft sein, daß dafür nur der Dienstgeber und nicht (auch) der Dienstnehmer in Anspruch genommen wird. Daraus folgt, daß der die Gesamtvergütung umfassende Rückgriffsanspruch erst nach Befriedigung des dem geschädigten Dritten zustehenden Ersatzanspruches geltend gemach s den kann, der Zeitpunkt der Bezahlung der dem Dienstgeber selbst "erwachsenen" Prozeß- und Exekutionskosten aber für den Lauf der Frist zur Erhebung des Rückgriffes nicht wesentlich ist.

 

Im vorliegenden Fall ist daher der Rückgriff wegen der vom Kläger an die Gebietskrankenkasse am 25. Juli 1969 erbrachten Leistung mit der am 2. Feber 1970 erhobenen Klage gemäß § 6 DHG verspätet erfolgt. Daß auch der Beklagte zur Zahlung dieses Betrages verpflichtet gewesen wäre, ändert - entgegen Revision - nichts daran, daß für die Frage, ab wann ein Rückgriffsanspruch geltend gemacht werden kann, nur maßgebend ist, wann der Dienstgeber den Schaden (im Einvernehmen mit dem Dienstnehmer oder auf Grund eines rechtskräftigen Urteiles) tatsächlich ersetzt hat. Da das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz die Ersatzpflicht des Dienstnehmers abschließend regelt, kommt es darauf, ob und in welchem Ausmaß bei Nichtanwendung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes nach anderen Vorschriften eine Rückgriffsmöglichkeit bestanden hätte, nicht an. Die Vorschriften des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes sind die spezielleren und schließen die Berücksichtigung anderer Vorschriften bei der Beurteilung dieser Frage aus.

 

Hinsichtlich der übrigen vom Kläger erhobenen Ansprüche war dagegen die Frist des § 6 DHG zur Zeit der Klagserhebung noch nicht abgelaufen. Einer Feststellung darüber, ob oder wann der Kläger die eigenen Kosten gezahlt hat, bedarf es nicht. Maßgeblich ist nur ob ihm diese erwachsen sind.

Schlagworte
Dienstgeber Ersatzleistung, Dienstgeber Rückgriffsanspruch, Dienstnehmer, Schadenersatz, Erhebung des Rückgriffsanspruches, Ersatzleistung des Dienstgebers, Exekutionskosten des Dienstgebers, Exekutionskosten, Frist der Geltendmachung, Prozeßkosten, Frist der Geltendmachung, Prozeßkosten des Dienstgebers, Rückgriffsanspruch des Dienstgebers, Rückgriffsanspruch, Erhebung des -s, Schadenersatz, Dienstnehmer Anmerkung
Z46019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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