TE OGH 1977/2/3 6Ob664/76 (6Ob665/76, 6Ob666/76)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.02.1977
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sperl, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger, Dr. Resch und Dr. Vogel als Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1.) Mag. Bernd B***** (21 Cg 995/75), 2.) Dir. Ing. Heinz P***** (21 Cg 1374/75), 3.) William (Wilhelm) S*****, alle vertreten durch Dr. Heinrich Siegl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bauunternehmung Dipl. Ing. Franz K*****, vertreten durch Dr. Walter Scherlacher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wohnungsübergabe (Streitwerte: S 18.000,-, S 45.000,-, S 45.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Mai 1976, GZ 2 R 101/76-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31. Jänner 1976, GZ 21 Cg 995/75-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 5.419,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 259,20 USt und S 1.920 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind grundbücherliche Wohnungseigentümer von Wohnungen im Haus Wien ***** und zwar der Kläger Mag. Bernd B***** im *****, der Kläger Ing. Heinz P***** der *****, und der Kläger William (Wilhelm) S*****. Sie begehrten in den vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundene Klagen die Beklagte schuldig zu erkennen, ihnen diese Wohnungen zu übergeben und die Wohnungsschlüssel auszufolgen. Ferner stellten sie, für den Fall, dass das Gericht zur Ansicht gelangen sollte, die Wohnungen seien bereits übergeben, das Eventualbegehren auf Ausfolgung lediglich der Wohnungsschlüssel. Die Kläger brachten vor, sie hätten gegen die Beklagte als Wohnungseigentumsorganisator gemäß § 23 WohnungseigentumsG 1975 einen Anspruch auf Übergabe der Wohnungen, weil sie bereits weit höhere als die im Bauvertrag vereinbarten Pauschalpreise bezahlt hätten. Der Beklagten sei der Auftrag zur Herstellung aller Erd-Baumeister-Stahlbeton- und Professionistenarbeiten erteilt worden und sie sei auch mit Planungsarbeiten betraut gewesen. Sie sei daher Wohnungseigentumsorganisator. Die Beklagte verweigere den Klägern die Übergabe der fertigen Wohnungen mit der Begründung, dass wegen Preiserhöhungen noch weitere Zahlungen zu leisten seien. Diese Zahlungen seien jedoch tatsächlich nicht gerechtfertigt. Den Klägern stehe ein Anspruch auf Übergabe der Wohnungen und Ausfolgung der Wohnungsschlüssel auch deshalb zu, weil sie von der Beklagten schriftlich zur Wohnungsübernahme aufgefordert worden seien und der Termin mit 30. 4. 1975 festgesetzt worden sei. Dagegen hätten die Kläger keinen Widerspruch erhoben, sodass die Übergabe der Wohnungen laut Punkt 9. der Vereinbarung vom 29. 9. 1970 als vollzogen gelte. Trotzdem verweigere die Beklagte die Herausgabe der Wohnungsschlüssel.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wendete ein, nicht sie, sondern die C***** sei Wohnungseigentumsorganisator. Die Beklagte sei von den Klägern als grundbücherliche Eigentümer nur mit der Herstellung aller Erd-Baumeister-Stahlbeton- und Professionistenarbeiten beauftragt worden. Sie habe mit der Durchführung der organisatorischen oder administrativen Abwicklung des Bauvorhabens nichts zu tun gehabt. § 23 Abs 2 WEG 1975 komme daher nicht zur Anwendung. Die Schlüsselübergabe habe nach Punkt 20 der Bauverträge zur Voraussetzung, dass die Kläger 97 % der Baukosten bezahlt hätten. Dieser Verpflichtung seien die Kläger nicht nachgekommen, sodass die Beklagte von ihrem Zurückbehaltungsrecht nach §§ 471, 1052 ABGB Gebrauch gemacht habe. Die Kläger seien überdies noch Anteile der fix vereinbarten Pauschalkosten schuldig. Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren der Kläger Folge. Es stellte nachstehenden Sachverhalt fest:

Die Kläger schlossen mit der C***** und der Beklagten folgende

gleichlautende Vereinbarungen wie Beilage 2 ab:

" Vereinbarung

welche rechtsverbindlich abgeschlossen wurde zwischen:

(Auftraggeber)

1.)

Bernd B*****

2.)

Heinz P*****

3.)

William (Wilhelm) S*****

und den Firmen: (Auftragnehmer)

C*****

in der Folge der Planverfasser und Dipl. Ing. Franz K*****

in der Folge der Bauführer bzw. Bauunternehmer als Generalunternehmer

wie folgt:

              1.)              Zwecks Erstellung des gegenständlichen Wohnhauses in Wien ***** übertrage(n) ich (wir) unwiderruflich für meinen (unseren) Anteil d.

              i.              die Wohnung Nr. a) B*****

b)

P*****,

c)

S*****

in einverständlicher Gemeinschaft mit allen übrigen Anteilbesitzern an die C***** nach den von ihr bereits hergestellten Vorentwürfen das endgültige Bauprojekt bau- und genehmigungsreif auszuarbeiten, alle für die Baubewilligung notwendigen Unterlagen zu verfassen bzw zu beschaffen und die baubehördliche Bewilligung zu erwirken. Weiters beauftrage ich sie, eine Vereinbarung über die Ausführung des Bauwerks durch die bauausführende Firma zu treffen und mit ihr die überwachende Bauleitung durchzuführen, Teil- und Schlussrechnungen zu überprüfen und zu unterfertigen, bei Bauschlussabnahme mitzuwirken und in Zusammenarbeite Schritte und Maßnahmen für eine zügige, reibungslose Baudurchführung zu treffen, kurz die gesamte Planverfassung im Sinne der Gebührenordnung für das Baugewerbe zu erbringen.

Gleichzeitig übertrage nicht dem Bauführer die Herstellung aller Erd-Baumeister-Stahlbeton- und Professionistenarbeiten und Lieferungen auf Grund und im Rahmen der vorliegenden Vereinbarungen, Baubeschreibung und den Abschlussplan sowie alle etwaig vorkommenden Abänderungsarbeiten.

              3.)              Für die Durchführung der vereinbarten Arbeiten erhalten die von mir beauftragten Auftragnehmer einen Pauschalpreis für Wohnfläche bzw Loggia, Balkon bzw Terrasse, Garage bzw Einstellplatz und Keller von

Schilling

B*****: 461.000,

P*****: 500.500,

S*****: 409.500.

              9.)              Der Bauunternehmer hat den Bauherrn schriftlich zur Übernahme des Baues aufzufordern. Die Übernahme durch den Bauherrn gilt als rechtlich vollzogen, wenn dieser binnen einer Woche nach Empfang der Benachrichtigung keinen Widerspruch erhebt.

              20.)              Die Vertragsparteien erklären sich mit folgenden

Zahlungsbedingungen einverstanden:

An den Planverfasser:

7 % der in P 3 genannten Pauschalsumme

für die Erstellung der Pläne (Vorentwurf, Entwurf, Polierpläne, Detailpläne):

Bauüberwachung

Einrichtungsplan

und zwar erste Hälfte bei Erhalt der Baugenehmigung,

zweite Hälfte bei Erhalt der Baugenehmigung,

zweite Hälfte bei Baubeginn;

an den Bauführer:

93 % der in P 3 genannten Pauschalsumme und zwar

10 % bei Fundamentgleiche

10 % bei Kellergleiche

10 % bei Erdgeschossgleiche

10 % bei zweiter Oberstockgleiche

10 % bei Terrassengleiche mit Dachstuhl und Dacheindeckung

10 % nach Verputz der Hauptmauer und -decken

10 % nach Aufstellung und Verputz der Zwischenwände

10 % nach Fertigstellung des Fassadenverputzes

10 % nach Verlegung der Fußböden

10 % nach Fertigstellung, hievon 7 % bei Schlüsselübergabe und 3 %

bei ordnungsgemäßer Übernahme".

Diese Verträge wurden ursprünglich zwischen den Klägern und der C***** abgeschlossen. Die Beklagte ist erst später in diese Verträge eingetreten. An Stelle des Klägers P***** war ursprünglich Dr. Karin L***** Vertragspartner. P***** ist statt Dr. L***** in den Vertrag eingetreten und hat hierauf den Vertrag, der unverändert blieb, unterschrieben.

Die Beklagte errichtete im Sinn des ihr erteilten Auftrages die Wohnhausanlage als Generalunternehmer. Insbesondere führte sie die Bauarbeiten selbst aus und vergab die weiteren Professionistenarbeiten an andere Unternehmer im eigenen Namen und für eigene Rechnung in Auftrag. Deren an die Beklagte gerichtete Rechnungen wurden von ihr bezahlt. Die Arbeiten wurden nach einem von der Beklagten erstellten Bauzeitplan ausgeführt. Über ihre Arbeiten legte die Beklagte den Klägern nach Maßgabe des Baufortschrittes Rechnungen.

Die Kläger bezahlten in mehreren Teilbeträgen folgende Gesamtsumme:

B*****: S 665.503,90

P*****: S 619.407,92

S*****: S 466.672,88.

Nach Fertigstellung der Wohnungen forderte die Beklagte die Kläger auf, die Wohnungen an einem bestimmten Tag zu übernehmen. Die Kläger erhoben dagegen keinen Widerspruch. Die Beklagte weigerte sich jedoch, den Klägern die Schlüssel für ihre Wohnungen auszuhändigen, wenn nicht die Zahlungspflicht bezüglich der aus den letzten Rechnungen noch offenen Beträge, welche über die bisher geleisteten Bezahlungen hinausgehen, anerkannt werde. Zu einer Übergabe der Wohnungen an die Kläger ist es daher nicht gekommen. Der Kläger B***** hat auf Grund eines ihm nicht von der Beklagten ausgehändigten Wohnungsschlüssels Zutritt zu seiner Wohnung und lässt derzeit in der Wohnung Arbeiten ausführen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass die Beklagte als Generalunternehmer die organisatorische oder administrative Abwicklung des Bauvorhabens vom Baubeginn bis zur Fertigstellung durchführe oder zumindest an dieser beteiligt sei. Sie sei daher Wohnungseigentumsorganisator. Den Klägern, welche die zahlenmäßig bestimmt vereinbarten Beträge bezahlt hätten, stehe gegen die Beklagte gemäß § 23 Abs 2 WEG 1975 ein Anspruch auf Übergabe der Wohnungen zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, welche seiner Ansicht nach auf Grund eines mangelfreien Verfahrens getroffen worden seien und teilte auch dessen Rechtsansicht. Durch § 23 Abs 2 WEG 1975 seien die Bestimmungen des § 471 ABGB derogiert.

Gegen dieses Urteil nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes bei jeder der verbundenen Rechtssachen S 50.000 übersteigt, richtet sich die Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde oder die Urteile der Untergerichte aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahren erblickt die Beklagte darin, dass die Untergerichte ihren Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, welche Handlungen der Abwicklung und welche der Errichtung eines Bauwerkes dienten, abgewiesen haben. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor. Abgesehen davon, dass ein in erster Instanz angeblich unterlaufener Verfahrensmangel, der vom Berufungsgericht nicht als gegeben erachtet wurde, nicht mehr mit dem Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden kann (JBl 1972, 569; SZ 41/8 uva) ist für den vorliegenden Fall allein entscheidend, welche Stellung die Beklagte im konkreten Fall auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen hatte und nicht, welche Aufgaben ein Bauunternehmer bei einem Bau im Allgemeinen hat.

Die Untergerichte haben die Rechtssache aber auch rechtlich richtig beurteilt.

Gemäß § 23 Abs 1 WEG 1975 ist Wohnungseigentumsbewerber derjenige, dem schriftlich, sei es auch bedingt oder betagt, von einem Wohnungseigentumsorganisator die Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes an einer bestimmt bezeichneten selbständigen Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit zugesagt worden ist. Wohnungseigentumsorganisatoren sind der - wenn auch bloß außerbücherliche - Liegenschaftseigentümer und jeder der mit dem Wissen des Eigentümers die organisatorische oder administrative Abwicklung des Bauvorhabens durchführt oder an dieser Abwicklung beteiligt war. Nach § 23 Abs 2 Z 1 WEG 1975 hat der Wohnungseigentumsbewerber, wenn er einem der Wohnungseigentumsorganisatoren die zahlenmäßig bestimmt vereinbarten Beträge für die Grund-Bau- und sonstigen Kosten, die bis zur Vollendung der Bauführung zu entrichten waren, geleistet hat, gegen den verfügungsberechtigten Wohnungseigentumsorganisator den unabdingbaren Anspruch, dass ihm die zugesagte Wohnung oder sonstige Räumlichkeit zur Nutzung übergeben wird, sobald sie beziehbar ist. Diese Bestimmung ist gemäß § 29 Abs 2 WEG 1975 auch auf Rechtsgeschäfte anzuwenden, welche vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen wurden.

Da die Kläger bereits grundbücherlich Wohnungseigentum an den in Rede stehenden Wohnungen erworben haben, muss zunächst die Frage geprüft werden, ob auf sie der Begriff des Wohnungseigentumsbewerbers überhaupt noch zutrifft. Die Diktion des Gesetzes, welches in § 23 Abs 3 und § 24 Abs 1 sowohl den Wohnungseigentumsbewerber als auch den Wohnungseigentümer nennt, ließe zunächst die Annahme zu, dass die Stellung des Wohnungseigentumsbewerbers mit der grundbücherlichen Eintragung des Wohnungseigentums endet. Auch die (wenngleich nicht völlig eindeutigen) Ausführungen von Meinhart (WohnungseigentumsG 1975 S 191) ließen einen Schluss in dieser Richtung zu ("Sinn der Schutzbestimmung ist die Stärkung der Rechtsstellung desjenigen, der Wohnungseigentum begründen und erwerben will"). Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass § 23 Abs 2 WEG 1975 von dem Regelfall ausgeht, dass nämlich die grundbücherliche Durchführung erst nach der Übergabe der Wohnung erfolgt. Dies ergibt sich schon aus dem Aufbau des § 23 Abs 2 WEG 1975, der in der Z 1 den Anspruch auf Übergabe und in der Z 2 jenen auf Einverleibung des Eigentumsrechtes auf dem zur Begründung des Wohnungseigentums erforderlichen Mindestanteil regelt. Mit Recht verweisen auch Faistenberger-Barta-Call (Kommentar zum WEG 1975 Anm 6 zu § 23 S 640) darauf, dass der Schutz bis zur Erlangung des Vollrechtes reicht, wozu Übergabe und Verbücherung gehören. Jede andere Auslegung würde dazu führen, dass in jenen Fällen, in denen eine grundbücherliche Durchführung vor Fertigstellung und Übergabe der Wohnung möglich ist, die Schutzbestimmung des § 23 Abs 2 Z 1 WEG 1975 leicht umgangen werden könnte und auf diesem Umweg ein Druck zur Zahlung weiterer, vielleicht nicht berechtigter Baukosten auf die Wohnungseigentümer ausgeübt werden könnte. Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher der Meinung jener Autoren an, dass Wohnungseigentumsbewerber auch eine Person ist, deren Wohnungseigentum bereits verbüchert, deren Wohnung aber noch nicht übergeben ist. Dies entspricht dem Gedanken, dass der Schutz während der gesamten Gründungsphase gewährt werden soll (vgl Ausschussbericht Allgemeiner Teil, abgedruckt bei Meinhart aaO S 187). Die Gründungsphase endet aber erst mit dem Einzug in die Räumlichkeiten, an denen Wohnungseigentum begründet wurde (Meinhart, aaO S 62). Die Untergerichte haben aber auch mit Recht angenommen, dass es sich bei der Beklagten um einen der Wohnungseigentumsorganisatoren handelt. Dass die Firma C***** im vorliegenden Fall Wohnungseigentumsorganisator war, wird von der Beklagten selbst behauptet (ON 4 S 21). Aus der Fassung des § 23 Abs 2 WEG 1975 ("Wohnungseigentumsorganisatoren"; "gegen den verfügungsberechtigten Wohnungseigentumsorganisator") ergibt sich eindeutig, dass an einem Wohnungseigentumsprojekt auch mehrere Wohnungseigentumsorganisatoren gleichzeitig und nebeneinander mitwirken können (Faistenberger-Barta-Call aaO Anm 17 zu § 23 S 651). Die Beklagte meint nun, bei den abgeschlossenen, oben wiedergegeben Vereinbarungen handle es sich um reine Bauaufträge der Wohnungseigentümer an eine Baufirma. Die Beklagte habe mit der organisatorischen oder administrativen Abwicklung des Baues nichts zu tun gehabt. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Der Begriff des Wohnungsorganisators wurde vom Gesetzgeber überaus weit gefasst. Der Begriff der "Organisation" ist fließend und rechtlich schwer fassbar. Darunter könnten fallen: Planen, Leiten, Ordnen, Koordinieren, Einschreiten bei Behörden, Beschaffung der Finanzierungsmittel, Bauüberwachung, Vermittlung und Abschluss mit Bauunternehmen, Bauhandwerkern und Architekten; Vertragsvorbereitung, Kalkulation und kaufmännisches Management (Faistenberger-Barta-Call aaO Anm 23 zu § 23 S 658). Mit Recht wird jedoch in der Lehre darauf verwiesen, dass hier eine gewisse einschränkende Auslegung stattfinden muss, da ansonsten etwa auch der Rechtsanwalt, der die Verträge errichtet und der Glasermeister des Wohnungseigentumsobjektes, der die Fenster einglast, unter diesen Begriff fallen würden (Faistenberger-Barta-Call aaO Anm 24 zu § 23 S 658 ff; vgl auch Koziol: Entschuldbare Fehlleistungen des Gesetzgebers? in JBl 1976 S 169 f, insbesondere S 173 und Welser: Das Wohnungseigentumsgesetz 1975 in NotZ 1975 S 150 f insbes. S 157). Es wird daher nicht jeder, der mit der Abwicklung des Bauvorhabens in irgend einer Weise organisatorisch oder administrativ in Berührung kommt, hiedurch bereits zum Wohnungseigentumsorganisator. Die Beteiligung an der Abwicklung des Bauvorhabens im Sinne des § 23 Abs 1 WEG 1975 setzt vielmehr auch die Verantwortlichkeit für diese Abwicklung voraus. Dies trifft aber auf die Beklagte zu. Diese war bei der Errichtung der Eigentumswohnungen als Generalunternehmer tätig. Sie hat ihre Verpflichtung nicht etwa in Unkenntnis des Umstandes übernommen, dass es sich um die Errichtung von Eigentumswohnungen handelt, womit alle Ausführungen der Revision darüber, dass ein Generalunternehmer bei der Auftragsvergabe nicht wissen könne, ob Wohnungseigentum geschaffen werde und daher die Annahme eines jeden Bauauftrages mit einem Risiko für den Unternehmer verbunden wäre, ins Leere gehen. Denn aus den schriftlichen Vereinbarungen ergibt sich eindeutig, dass es sich um Wohnungseigentum handelt (vgl etwa Punkt 7). Unter diesen Umständen ist aber ein Generalunternehmer, anders als der schlichte Bauhandwerker, gleichfalls Wohnungseigentumsorganisator (Faistenberger-Barta-Call Anm 25 zu § 23 S 661). Denn gerade auch der Generalunternehmer führt die organisatorische Abwicklung des Bauwerks durch, gehört es doch zu seinen Aufgaben, die Arbeit auf dem Bau so zu koordinieren, dass kein Leerlauf entsteht und auch die Professionisten auszuwählen (vgl auch § 157 Abs 2 GewO). Sind jedoch die Kläger Wohnungseigentumsbewerber, denen das Wohnungseigentumsrecht an einer bestimmt bezeichneten selbständigen Wohnung nicht nur zugesagt, sondern sogar schon grundbücherlich eingeräumt wurde und ist die Beklagte Wohnungseigentumsorganisator, dann ist das Klagebegehren gerechtfertigt.

In den sowohl von der C***** als auch von der Beklagten mit den Klägern abgeschlossenen Vereinbarungen - auf dem Zeitpunkt der Unterfertigung durch die Beklagte kommt es nicht an - wurde für die Durchführung der Arbeiten ein Pauschalpreis pro Wohnung und Miteigentumsanteil vereinbart, der nach einem bestimmten Schlüssel zwischen der C***** und der Beklagten aufgeteilt werden sollte. Damit wurde ein zahlenmäßig bestimmter Betrag für den Bau der Eigentumswohnung im Sinn des § 23 Abs 2 WEG 1975 vereinbart. Der Begriff "zahlenmäßig bestimmt" schließt alle Bestimmungselemente aus, die nicht nummerisch ausgedrückt werden (Meinhart, aaO 193; Faistenberger-Barta-Call aaO Anm 36 zu § 23 S 666 f). Die Bestimmung des Punktes 11 der Verträge, wonach die Löhne und Preise auf die am 1. 8. 1970 geltenden Löhne und Preise kalkuliert sind und sich die Pauschalsumme entsprechend dem Index nach "Maculan" verändere, entspricht nicht dem Merkmal der Bestimmtheit und ist daher bedeutungslos. Nach Bezahlung dieser Beträge hatten daher die Kläger einen unabdingbaren Anspruch gegen die Beklagte als verfügungsberechtigte Wohnungseigentumsorganisatorin auf Übergabe der Wohnung. Dieser Anspruch gegenüber dem Wohnungseigentumsorganisator konnte daher durch vertragliche Bestimmungen nicht ausgeschlossen werden, und schließt insoweit auch das Zurückbehaltungsrecht nach §§ 471, 1052 ABGB aus.

Die Kläger haben nun nach den Feststellungen der Untergerichte bereits weit höhere Beträge als die bestimmt vereinbarten Pauschalsummen bezahlt. Wenn die Beklagte einwendet, in den vor dem Inkrafttreten des WohnungseigentumsG 1975 geleisteten Teilzahlungen seien auch jeweils die entsprechenden Baukostensteigerungen enthalten gewesen, die ohne Vorbehalt bezahlt worden seien, so dass sie von den Zahlungen in Abzug zu bringen seien, so kann dem nicht beigepflichtet werden. Eines Vorbehaltes bedurfte es schon deshalb nicht, weil die Bestimmung des § 23 Abs 2 WEG 1975 unabdingbar ist, daher auch durch schlüssige Handlungen nicht geändert werden kann und ihr rückwirkende Kraft zukommt. Außerdem lässt sich, da Punkt 11 der Verträge nicht nur eine mögliche Erhöhung, sondern auch eine Ermäßigung des Pauschalpreises vorsieht und auch eine Änderung der Wohnfläche nach Punkt 12 nicht ausgeschlossen ist und eine solche den Pauschalpreis vermindern kann, im Zeitpunkt der Zahlung der einzelnen Raten noch nicht beurteilen, ob die Gesamtzahlung höher als der vereinbarte Pauschalpreis sein wird.

Da aber außer Streit gestellt wurde, dass die Wohnungen von der Beklagten nicht übergeben wurden und auch der Kläger Mag. B***** die Wohnungsschlüssel nicht von der Beklagten erhalten hat, ist die Beklagte als verfügungsberechtigter Wohnungseigentumsorganisator verpflichtet, den Klägern die Wohnungen zu übergeben und die Wohnungsschlüssel auszufolgen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E73536 6Ob664.76

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1977:0060OB00664.76.0203.000

Dokumentnummer

JJT_19770203_OGH0002_0060OB00664_7600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten