TE OGH 1978/5/31 10Os63/78

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Veröffentlicht am 31.05.1978
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Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Mai 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Klumair als Schriftführer in der Strafsache gegen Eduard A wegen des Vergehens nach § 83 Abs. 1 StGB. über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.Februar 1978, GZ. 1 c Vr 5491/77-25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Dr. Grois und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Staatsanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte Geldstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Stimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Februar 1943 geborene Kraftfahrer Eduard A des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB., begangen durch vorsätzliche leichte Verletzung seiner Ehegattin Hermine A 1. in der Zeit zwischen dem 20. und 24. Juni 1977, 2. am 19.August 1977, schuldig erkannt. Von weiteren Anklagepunkten - und zwar vom Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach den § 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB. und vom Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB. wurde er gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Freispruch ist unangefochten geblieben.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Zwischen dem Angeklagten und seiner (damaligen) Ehegattin Hermine A kam es seit der ersten Junihälfte des Jahres 1977, nachdem ihm von ihr mitgeteilt worden war, daß sie sich scheiden lassen wolle, zu einer Folge von wörtlichen Auseinandersetzungen, die zum Teil in Tätlichkeiten ausarteten.

Ein derartiger Vorfall fand in der Zeit zwischen dem 20. und dem 24. Juni 1977 in der Ehewohnung statt, wobei der Angeklagte seiner Gattin durch mehrere kräftige Schläge ins Gesicht, gegen den Oberkörper und die Oberarme vorsätzlich Hämatome im Bereich des linken Jochbogens, an den Oberarmen und an der linken oberen Brustkorbseite zufügte (Punkt 1) des Schuldspruches; vgl. S. 33, 140, 143).

Zu weiteren Tätlichkeiten zwischen den beiden kam es am 19.August 1977, neuerlich in der Ehewohnung. Der Angeklagte zerbrach einen Kleiderbügel aus Plastik und warf einen Teil davon aus geringer Entfernung seiner Gattin ins Gesicht, wodurch sie ein Hämatom im Ausmaß von 2 x 3 cm und eine drei Millimeter lange Platzwunde am linken Augenunterlid erlitt (Punkt 2) des Schuldspruches; vgl. S. 93, 140, 143).

In beiden Fällen nahm das Erstgericht auch an, daß der Angeklagte die Verletzungen seiner Gattin 'zumindest billigend in Kauf genommen' habe.

Mit seiner Rechtsrüge bekämpft der Angeklagte die Subsumtion seines Verhaltens unter das Tatbild des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB., weil seiner Ansicht nach die Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 StGB. gegeben seien.

Rechtliche Beurteilung

Diese Rüge versagt.

Der Beschwerdeführer verkennt das Wesen des Rechtsbegriffes der Körperverletzung im Sinne des § 83 StGB.

Denn darunter sind alle durch nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität bewirkten sichtbaren Beschädigungen (pathologische Veränderungen) am Körper, die ganz allgemein als Verletzungen oder Wunden bezeichnet werden, zu verstehen (Leukauf-Steininger 424;

ÖJZ-LSK. 1976/278 u.a.). Die festgestellten Verletzungen entsprechen aber den dargelegten Begriffsmerkmalen. Dies gilt zunächst für die zu Punkt 1) des Schuldspruches festgestellten Beschädigungen, die auch vom Amtsarzt - aus medizinischer Sicht - als Körperverletzungen, wenn auch 'ganz leichter' Natur (S. 33), qualifiziert wurden. Liegen solche Verletzungen vor, so ist für die Anwendbarkeit des § 83 StGB. deren Grad ohne Bedeutung (11 Os 139/76). Noch weniger zweifelhaft kann es sein, daß die vom Beschwerdeführer seiner Gattin am 19.August 1977 zugefügten Verletzungen (Punkt 2) des Schuldspruches: Platzwunde mit umgebendem Hämatom; S. 93), im Sinne der erwähnten Kriterien als Wunde bzw. Verletzung anzusehen sind.

Geht man aber von diesen Feststellungen des Erstgerichtes aus, bleibt für eine Subsumierung des Verhaltens des Beschwerdeführers unter die Bestimmung des § 115 Abs. 1 StGB. kein Raum. Demgemäß erübrigte sich ein Eingehen auf das

den Entschuldigungsgrund des § 115 Abs. 3

StGB. betreffende Beschwerdevorbringen.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 83 Abs. 1 StGB. unter Bedachtnahme auf § 28 StGB.

zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 350,-- S (somit insgesamt 10.500,-- S), für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 15 Tagen (Ersatz-) Freiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Wiederholung der Tätlichkeiten, als mildernd hingegen die einem Geständnis gleichkommende Verantwortung des Angeklagten (damit ersichtlich gemeint: der Umstand, daß seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat; § 34 Z. 17 StGB.) und dessen durch die ständigen Streitereien bedingte Erregung.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Gewährung der bedingten Strafnachsicht gemäß dem § 43 Abs. 1

StGB. und verweist auf die inzwischen erfolgte Verzeihung durch die Verletzte Hermine A.

Die Berufung ist berechtigt.

Aus den vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Akten 2 Cg 198/77 des Landesgerichtes für ZRS. Wien betreffend die Rechtssache Hermine gegen Eduard A wegen Ehescheidung ergibt sich, daß sich die Genannten nach den inkriminierten Vorfällen wieder versöhnt haben. Bei der Entscheidung über die Berufung war nun davon auszugehen, daß den - zudem überwiegend nicht einschlägigen - Vorverurteilungen des Angeklagten Straftaten zugrunde liegen, die dieser vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen hat, daß er sich seither durch 14 Jahre wohlverhielt und daß die gegenständlichen Straftaten im Zuge von ehelichen Auseinandersetzungen erfolgten, die im Verfahren 1 c E Vr 9897/77 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien auch zur Verurteilung der Hermine A wegen der gegen den Angeklagten begangenen Vergehen nach den § 83 Abs. 1 und 15, 105 Abs. 1 StGB. führten. Im Zusammenhalt mit den vom Erstgericht zutreffend angenommenen Milderungsgründen ist somit die Annahme berechtigt, daß sich der seit der letzten Verurteilung resozialisierte Angeklagte in Hinkunft wohl verhalten werde; weder Erwägungen der Spezialprävention noch Gründe der Generalprävention stehen der bedingten Nachsicht der Geldstrafe entgegen.

Es war daher der Berufung Folge zu geben und eine Probezeit von drei Jahren zu bestimmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01319

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00063.78.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19780531_OGH0002_0100OS00063_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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