TE OGH 1978/6/7 10Os60/78

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Veröffentlicht am 07.06.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Klumair als Schriftführer in der Strafsache gegen Günter A wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach § 15, 142 Abs. 1, 143 StGB.

und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 17. Februar 1978, GZ. 20 Vr 1706/76-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 25. Februar 1957 geborene kaufmännische Angestellte Günter A unter anderem des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den § 15, 142 Abs. 1, 143 StGB. schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er am 18. Oktober 1975 in Innsbruck in Gesellschaft des strafunmündigen Edmund B als Beteiligten (§ 12 StGB.) der Emma C durch Vorhalten eines Spielzeugrevolvers, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB.), fremde bewegliche Sachen, und zwar Bargeld, mit dem Vorsatz abzunötigen versuchte, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (Punkt A. des Urteilssatzes).

Der Sache nach nur diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z. 5, 8 und 12 des § 345 Abs. 1

StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte im Sinn des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes, letztlich jedoch einen Verstoß gegen den § 314 StPO. und damit eine Urteilsnichtigkeit nach dem § 345 Abs. 1 Z. 6 StPO., erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der Schwurgerichtshof den Antrag des Verteidigers auf Aufnahme einer Eventualfrage nach versuchtem räuberischem Diebstahl ins Fragenschema abwies (Seite 211). Die Rüge geht fehl. Das bezeichnete (vollendete) Verbrechen hat zu verantworten, wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen mit Bereicherungsvorsatz wegnimmt und, dabei auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen eine Person anwendet oder sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB.) bedroht, um sich oder einem Dritten die weggenommene Sache zu erhalten (§ 127 Abs. 1, 131 StGB.). Daß die Begehung der Tat in solcher Form, also durch eine Sachwegnahme ohne die Anwendung derartiger Gewalt oder Drohung, aber unter nachfolgendem Einsatz eines der bezeichneten Mittel zur Sicherung des Gewahrsams an der Beute versucht oder auch nur geplant worden wäre, ist in der Hauptverhandlung, dem Beschwerdevorbringen zuwider, weder vom Angeklagten, noch sonst vorgebracht worden (vgl. insbesondere S. 199-201, 208). Die vom Beschwerdeführer gewünschte Fragestellung wurde folglich mit Recht abgelehnt (§ 314 StPO.).

Dementsprechend war aber auch eine gezielte Abgrenzung des Raubes vom räuberischen Diebstahl in der Rechtsbelehrung entbehrlich. Denn letztere hatte sich gemäß dem § 321 Abs. 2 StPO. nur auf die in den tatsächlich an die Geschwornen gestellten Fragen enthaltenen Rechtsbegriffe zu erstrecken; daß sie insofern unrichtig gewesen wäre, wird vom Angeklagten gar nicht behauptet. Mit Nichtigkeit nach dem § 345 Abs. 1 Z. 8 StPO. ist das angefochtene Urteil daher gleichfalls nicht behaftet.

Der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nach Z. 12 der vorerwähnten Verfahrensbestimmung schließlich kann nur aus dem Wahrspruch abgeleitet werden und nicht aus einer Interpretation der Verfahrensergebnisse durch den Beschwerdeführer. Vergleicht man den bekämpften Schuldspruch in diesem Sinn mit dem ihm zugrundeliegenden Wahrspruch der Geschwornen (zur Hauptfrage 1), dann erweist sich die rechtliche Beurteilung der darin als erwiesen angenommenen Tat des Angeklagten, der sie rechtsirrig bloß als Beteiligung an einem versuchten räuberischen Diebstahl gewertet wissen möchte, als Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach den § 15, 142 Abs. 1, 143 StGB. als fehlerfrei.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten wegen des erörterten Raubversuchs sowie ferner wegen des Verbrechens des in zwei Fällen vollbrachten und in sechs Fällen versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 15 StGB. mit einem Wert der gestohlenen Sachen von rund 440 S und einem im Zusammenhang damit 5.000 S übersteigenden Wert der zu stehlen versuchten Gegenstände, wegen des in zwei Fällen begangenen Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den § 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB. mit einem Schaden in der Höhe von etwa 7.300 S und wegen des gleichfalls in zwei Fällen verübten Vergehens der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB. mit einem Wert der entzogenen Gegenstände von mehr als 1.600 S nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. unter Bedacht auf den § 28 StGB. und unter Anwendung des § 41 StGB. zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe.

Dabei wertete es als erschwerend, daß der Angeklagte mehrere Delikte beging und diese - den Raubversuch ausgenommen - wiederholte, ferner seine führende Beteiligung an den Taten und die mehrfache Qualifikation der Diebstähle. Als mildernd berücksichtigte es das umfassende und reumütige Geständnis des Angeklagten, das maßgeblich zur Wahrheitsfindung beitrug, dessen Unbescholtenheit, sein Alter unter 21 Jahren, die leichte Beeinträchtigung seiner Zurechnungsfähigkeit durch leichten Schwachsinn, seine Erziehungsmängel, Verwahrlosungserscheinungen und Abenteuerlust sowie den Umstand, daß es in einigen Fällen beim Versuch blieb und daß er sich seit der letzten Tathandlung im April 1976 wohlverhielt. Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Zwar hat das Erstgericht neben der Verübung mehrerer Delikte auch die Wiederholung des Diebstahls, der Sachbeschädigung und der Sachentziehung, also die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener und derselben Art (§ 33 Z. 1 StGB.) zutreffend als erschwerend gewertet; ebenso entspricht die Annahme einer führenden Beteiligung des Berufungswerbers an den Taten durchaus der Aktenlage. Auf die Umstände, auf die die Berufung hinweist, nämlich das Alter des Angeklagten zur Tatzeit, die Bedeutung des Geständnisses für die Wahrheitsfindung, die Abenteuerlust, den Schwachsinn und das Wohlverhalten des Berufungswerbers seit der letzten Tat, wurde im Urteil ohnedies ausdrücklich Bedacht genommen. Eine richtige Würdigung der vorliegenden Strafzumessungsgründe ergibt jedoch, daß die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe, insbesondere mit Rücksicht auf das Alter des Angeklagten, dessen Geisteszustand, seine bisherige Unbescholtenheit, sein mittlerweiliges Wohlverhalten und die Tragweite seiner Taten, doch etwas zu hoch ausgemessen wurde. Im Hinblick auf die tatund persönlichkeitsbezogene Schuld (§ 32 StGB.) erscheint eine Strafdauer von zwei Jahren angemessen.

Es war daher der Berufung Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01320

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00060.78.0607.000

Dokumentnummer

JJT_19780607_OGH0002_0100OS00060_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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