TE OGH 1978/6/15 12Os82/78

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Veröffentlicht am 15.06.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller, Dr.Kral, Dr.Schneider und Dr.Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Haindl als Schiftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs.1, 128 Abs.2, 129 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz A gegen das Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 8.März 1978, GZ 16 Vr 1405/76-53, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.September 1953 geborene Hilfsarbeiter Franz A (im zweiten Rechtsgang abermals) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs.1, 128 Abs.2, 129

Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 14.September 1976 in St.Pölten dem Josef B eine Briefmarkensammlung im Wert von

102.440 S, Silbermünzen im Wert von ca. 1.200 S und 700 S Bargeld, sohin Sachen im Gesamtwert von 104.340 S durch Einbruch gestohlen hat.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer lediglich auf § 281 Abs.1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher er dem Ersturteil in Ansehung des Ausspruchs, der Wert der gestohlenen Sachen übersteige 100.000 S, eine unvollständige Begründung vorwirft. Die Rüge releviert - zusammengefaßt - Begründungsmängel in dreifacher Hinsicht, nämlich:

1. das Erstgericht habe den Wiederbeschaffungswert der nicht mehr zustandegebrachten Briefmarken unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten mit 61.330 S festgestellt und als erwiesen angenommen, daß ein Käufer bei Briefmarken, die im Austria-Netto-Katalog (ANK) enthalten sind, bei einem Händler 80 % des Katalogpreises bezahlen müsse, ohne sich damit auseinanderzusetzen, daß sowohl nach den Angaben des nunmehr als Zeugen vernommenen Ludwig D im ersten Rechtsgang als auch dem Gutachten des im zweiten Rechtsgang beigezogenen Sachverständigen Ludwig E ein Wiederbeschaffungspreis von 70 % des Katalogwerts in Betracht kommen könne, auf welcher Grundlage sich ein insgesamt 100.000 S nicht übersteigender Wert der gestohlenen Sachen ergebe; da das Erstgericht nicht den niedrigst möglichen Verkaufspreis zugrundegelegt hat, habe es gegen den Grundsatz 'in dubio pro reo' verstoßen;

2. das Erstgericht habe weiters nicht berücksichtigt, daß die vom Sachverständigen E errechneten Beträge einem 80 % übersteigenden Prozentsatz entsprechen, weil sie zwischen 83 und 85,11 % schwanken, woraus folge, daß sich das Schöffengericht mit der tatsächlichen Wertberechnung des Sachverständigen überhaupt nicht befaßt habe; und

3. das Erstgericht habe nicht aufgeklärt, ob sich die Wertberechnung im Gutachten in bezug auf die 'Weihnachtsmarken' nur auf den nicht mehr zustandegebrachten Teil dieser Marken oder auf alle entfremdeten Marken dieses Motivs bezieht, wobei aber der Wert der zustandegebrachten Weihnachtsmarken zwangsläufig schon in dem den Wert der sichergestellten Briefmarken betreffenden Betrag enthalten sein muß.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt zur Gänze.

Das Erstgericht hat bei der Ermittlung des Werts der entfremdeten Briefmarken jene Beträge zugrundegelegt, die der Sachverständige E in seinem Gutachten angeführt hat, womit es - in übereinstimmung mit diesem Gutachten (S.471 d.A.) - einen Wiederverkaufspreis der im Austria-Netto-Katalog verzeichneten Briefmarken von rund 80 % des Katalogwerts angenommen hat (S.478 d.A.). Nun haben zwar sowohl Ludwig D (im ersten Rechtsgang) als auch der Sachverständige E davon gesprochen, daß der Kaufpreis (auch) 70 %

des Katalogwerts betragen könne (S.396, 472 d.A.), wobei E erklärte, es gebe Händler, die 70 % verlangen, während es aber auch Händler gebe, bei denen der Preis 100 % des Katalogwerts betrage (S.472 d. A.). Auf diese Angaben ist das Erstgericht nicht ausdrücklich eingegangen, es hat aber - gedeckt in rechtlicher Beziehung dadurch, daß als Wert der angemessene Verkaufspreis, das ist jener Betrag, der bei redlicher Geschäftsführung im Durchschnitt ernsthaft erzielt werden kann und auch erzielt werden soll (vgl. RZ 1974/32), zugrundezulegen ist - den durchschnittlichen angemessenen Verkaufspreis, wie er sich aus dem Sachverständigengutachten ergibt und der rund 80 % des Katalogwerts entspricht, als erwiesen festgestellt. Damit hat es einen Akt freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 258 Abs.2 StPO) gesetzt, indem es annahm, daß dieser Verkaufspreis bei rund 80 %

des Katalogwerts liegt. Die Beweiswürdigung kann aber im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden nicht angefochten werden. Da es - wie ausgeführt - in rechtlicher Hinsicht auf den durchschnittlichen angemessenen Verkaufspreis ankommt und vereinzelt mögliche, diesen unteroder überschreitende Preise außer Betracht zu bleiben haben, bedurfte es keiner weiteren Erörterungen über mögliche Abweichungen, sodaß im Unterbleiben solcher Erörterungen ein Begründungsmangel in bezug auf entscheidende Tatsachen nicht erblickt werden kann. Daß das Erstgericht bei seiner Beweiswürdigung in Ansehung des Werts der Briefmarken nicht die - theoretisch - günstigsten Werte zugrundegelegt hat, stellt weder eine Unvollständigkeit noch sonst einen Begründungsmangel dar, zumal der Grundsatz 'in dubio pro reo' das Recht auf freie Beweiswürdigung nicht berührt und die Annahme einer für den Angeklagten ungünstigeren Variante (die logisch denkbar ist) anstatt einer (gleichfalls denkmöglichen) für ihn günstigeren Variante als ein Akt freier Beweiswürdigung der Anfechtung im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden entrückt ist. Richtig ist, daß die vom Sachverständigen ermittelten Preise zum Teil über 80 % des C-Werts liegen;

andererseits liegen sie teilweise auch darunter. Aber auch bei Berechnung des Preises auf der Basis von genau 80 % ergibt sich ein Wert der nicht mehr zustandegebrachten Briefmarken von mindestens 59.628 S und ein Gesamtwert der gestohlenen Sachen von 102.638 S, mithin immer noch über 100.000 S, sodaß in der Unterlassung einer solchen (exakten) Berechnung kein Nachteil für den Angeklagten liegt.

Was letztlich den Wert der gestohlenen Weihnachtsmarken betrifft, so wurde dieser vom Erstgericht ersichtlich mit insgesamt 1.000 S (entsprechend dem Sachverständigengutachten ON 51 in Verbindung mit S.471 f d.A.) festgestellt, und zwar im Zusammenhang mit den nicht zustandegebrachten Marken, während in der Aufstellung der zustandegebrachten Marken (vgl. S.90, 142, 154) sowie bei Bewertung derselben (vgl. S.155 d.A.) derartige Marken nicht enthalten sind (vgl. hiezu auch die Angaben des Zeugen D S.471 d.A.). Diese Marken wurden somit nicht doppelt bewertet, sodaß das Unterbleiben einer Differenzierung gleichfalls dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereicht.

Somit erweist sich, daß die Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze offenbar unbegründet ist, weshalb sie gemäß § 285 d Abs.1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war. über die Berufung wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs.3 StPO).

Anmerkung

E01382

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0120OS00082.78.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19780615_OGH0002_0120OS00082_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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