TE OGH 1978/6/20 11Os65/78

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Veröffentlicht am 20.06.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1978 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Holeschofsky als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A und andere wegen des Vergehens der teils vollbrachten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach den § 33 Abs. 1, Abs. 3 lit.a;

13 und 11 FinStrG über die vom Finanzamt Neunkirchen als Finanzstrafbehörde erster Instanz in seiner Eigenschaft als Privatbeteiligter (§ 200 FinStrG) gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 11.November 1977, GZ. 8 a Vr 535/72-87, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Privatbeteiligtenvertreters Finanzrat Wolfgang Gruber, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Rudolf B sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.Mai 1912 geborene Fleischhauermeister Josef A von der Anklage, das Vergehen der teils vollbrachten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach den § 33 Abs. 1, Abs. 3 lit. a und 13 FinStrG, zum Teil als Beteiliger im Sinne des § 11, dritter Fall, FinStrG dadurch begangen zu haben, daß er in der Zeit von April 1967 bis 20.September 1972 unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch Abgabe unrichtiger Umsatz-, Einkommens- und Gewerbesteuererklärungen eine Abgabenverkürzung bewirkte bzw. zu bewirken versuchte, wodurch Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, um einen 500.000 S übersteigenden Betrag zu niedrig festgesetzt wurden bzw. zu niedrig festgesetzt werden sollten, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach derselben Gesetzesstelle wurden Josef A und sein am 23.April 1943 geborener, zur Tatzeit in seinem Gewerbebetrieb mittätiger Sohn, der Fleischhauermeister Erich A, von dem (weiteren) Anklagevorwurf losgezählt, in den Jahren 1965 bis 1972 zur Ausführung gleichartiger Finanzvergehen anderer durch Nichtausstellung oder Vernichtung von Belegen bzw. Veranlassung derartiger Manipulationen beigetragen und hiedurch das oben bezeichnete Vergehen auch als Beteiligte im Sinne des § 11, dritter Fall, FinStrG, begangen zu haben.

Gegen die Freisprüche wendet sich das Finanzamt Neunkirchen als Finanzstrafbehörde erster Instanz in seiner Eigenschaft als Privatbeteiligter (§ 200 FinStrG) mit einer auf die Z 5 und 9 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Beschwerde ist berechtigt.

Bereits im Rahmen der Mängelrüge wird - sinngemäß zusammengefaßt - zutreffend insbesonders geltend gemacht, daß das Erstgericht das für die Tatzeiten vorliegende Ergebnis der rechtskräftigen Festsetzung der verfahrensgegenständlichen Abgaben durch die hiefur allein zuständigen Finanzbehörden als beachtliche Tatsache des Bestandes von Abgabenschulden im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung nicht entsprechend berücksichtigt habe. Mit Recht wird in diesem Zusammenhang gerügt, daß die u.a. wesentliche schöffengerichtliche Feststellung, wonach die Sammelrechnungen der Firma A während der verfahrensgegenständlichen Zeiträume alle - steuerrechtlich relevanten - Lieferungen enthielten und sogenannte Schwarzgeschäfte daher entgegen der Annahme der Staatsanwaltschaft schon aus diesem Grunde nicht vorlagen, mit den zum Teil nur kursorisch, zum Teil überhaupt nicht erörterten, den Spruch der maßgebenden Abgabenfestsetzungserkenntnisse bedingenden gegenteiligen Annahmen der Abgabenbehörde im Widerspruch stehe. Die Beschwerde verweist in diesem Zusammenhang u.a. auf die im Abgabenverfahren ausdrücklich angenommene Unvollständigkeit der monatlichen Sammelrechnungen, die zahlreichen Buchführungsmängel, die Beiseiteschaffung nicht nur von Lieferscheinen, sondern sämtlicher Hilfsaufzeichnungen, das Zugeständnis mehrerer Belieferter im Abgabenverfahren, Fleisch- und Wurstwaren von der Firma A in beträchtlichen Mengen ohne Lieferschein und Rechnung bezogen zu haben, die Auszahlung in der Buchhaltung nicht aufscheinender Löhne, das Ansteigen der Gäu-Erlöse in den Jahren 1970 und 1971, das Ergebnis der vom Betriebsprüfer vorgenommenen Verprobungsmethode mit Kartoffelmehl zum Nachweis für nicht verbuchte Schweinezukäufe, vor allem aber auf das (indirekte) Einbekenntnis der Nichterfassung sämtlicher Betriebseinnahmen und Ausgaben durch Josef A gegenüber der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ. und das Burgenland im Zuge des abgabenbehördlichen Berufungsverfahrens und die über eigenen Vorschlag des Abgabenpflichtigen der Veranlagung zugrundegelegten Hinzurechnungsbeträge für die Jahre 1966 bis 1971 in der Höhe von insgesamt 1,360.000 S (vgl. S 139 d. A).

Rechtliche Beurteilung

Da das Strafgericht nach der Auslegung der Bestimmungen des § 54 (a.F.) und ebenso des § 55 FinStrG (n.F.) durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (siehe insbes. die Entscheidung des verstärkten Senates vom 21.April 1977, AZ. 13 Os 28/76, EvBl. 1977/166) selbständig und unabhängig von den Finanzbehörden nur die objektiven Tatbestandsmerkmale der Finanzvergehen - wie die nach § 33 Abs. 1 FinStrG tatbildlichen Verletzungen einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht - zu prüfen sowie - uneingeschränkt - die erforderlichen Feststellungen lediglich zur inneren Tatseite (einschließlich des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit) zu treffen hat und die Frage des Bestandes der Abgabenschuld an sich daher nur für den Bereich der subjektiven Tatseite Gegenstand einer selbständigen gerichtlichen Beurteilung sein kann, nötigt im Bezug auf den Angeklagten Josef A schon allein diese aufgezeigte - Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO bewirkende -

Nichtbeachtung der Art und Höhe der ihm gegenüber rechtskräftig festgesetzten Abgabenschulden im Rahmen der Prüfung der objektiven Tatseite zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Strafsache an die erste Instanz zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung. Das gleiche gilt wegen des nntrennbaren Zusammenhanges in Verbindung mit den übrigen angeführten Begründungsmängeln auch in Ansehung des am Abgabenverfahren gegen Josef A als Partei an sich nicht beteiligt gewesenen Mitschuldigen Erich A bzw. insoweit, als beide Angeklagte nur als Beteiligte im Sinn des § 11 FinStrG an von anderen Haupttätern begangenen Finanzstrafvergehen verfolgt werden. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E01381

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00065.78.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19780620_OGH0002_0110OS00065_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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