TE OGH 1978/9/14 12Os103/78

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Veröffentlicht am 14.09.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.September 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller, Dr.Kral, Dr.Schneider und Dr.Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 10.Mai 1978, GZ 22 Vr 773/78-14, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral, der Ausführungen des Verteidigers Dr.Leuprecht und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 6 Monate herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18.Juli 1930 geborene Vertreter Johann A des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 5.Februar 1975 vor dem Bezirksgericht Telfs dadurch, daß er wahrheitswidrig angab, von den Einkünften seiner Frau zu leben und selbst keinem Erwerb nachzugehen, den Offenbarungseid falsch geschworen hat.

Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte Johann A bis zum März 1977 in Zirl das Gasthaus 'C' betrieben; im März 1977 wurde über sein Vermögen der Konkurs verhängt. Bereits am 18.Dezember 1973 hat Johann A seinen Hälfteanteil an der betreffenden Liegenschaft im Schenkungswege seiner Frau überlassen; die Konzession für das Gast- und Schankgewerbe hat er jedoch behalten. Am 5.Februar 1975 legte Johann A vor dem Bezirksgericht Telfs zu AZ E 2438/74 den Offenbarungseid ab und hat dabei u.a. beschworen, von den Einkünften seiner Frau zu leben und selbst keinem Erwerb nachzugehen; daß er weiterhin Konzessionsinhaber war, hat er angegeben. Der Angeklagte hat aber auch nachdem er seiner Ehefrau den Hälfteanteil der Liegenschaft überschrieben hatte, als Gastwirt weitergearbeitet und aus dieser Erwerbstätigkeit Einkünfte erzielt. Dies hat er nach Annahme des Schöffensenats anläßlich der Leistung des Offenbarungseides vorsätzlich verschwiegen und dadurch den Eindruck erweckt, als ob er überhaupt nichts hätte.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Johann A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5

und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Einen Verfahrensmangel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes erblickt der Beschwerdeführer in der Ablehnung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme des Steuerberaters Dr.B zum Nachweis dafür, daß der auf den Namen des Angeklagten laufende Gastgewerbebetrieb in den Jahren 1974 und Anfang 1975 sicherlich keinen Reinertrag abgeworfen habe (S.53 d.A.). Die Abweisung des Beweisantrages war vom Erstgericht damit begründet worden, daß es beim Offenbarungseid nicht darauf ankomme, ob jemand einen Gewinn erzielt, sondern darauf, ob jemand überhaupt ein Einkommen hat (S.54 d.A.). Nach Meinung des Beschwerdeführers hätte sich bei einer Vernehmung des Zeugen Dr.B ergeben, daß der Angeklagte in der fraglichen Zeit kein Reineinkommen erzielt und seinen Lebensunterhalt von Zuwendungen bestritten hat, die seine Ehegattin insbesondere von ihrem Vater erhielt, woraus sich auch eindeutig ergeben haben würde, daß der Angeklagte sich (im Vermögensverzeichnis nach § 47 Abs 2 EO) nur 'ungeschickt' oder mißverständlich ausgedrückt habe und lediglich zum Ausdruck bringen wollte, er gehe keinem Erwerb nach, der ein Reineinkommen oder einen Gewinn abwerfe.

Eine Vernehmung des Zeugen Dr.B war jedoch nicht erforderlich, weil das Erstgericht gar nicht angenommen hat, daß der Angeklagte aus dem Gastgewerbebetrieb einen Reingewinn erzielt habe, sondern ohnehin einräumt, daß die Einkünfte 'nicht überwältigend' gewesen sein mochten und für die Bezahlung von Schulden verwendet werden mußten (S.58 d.A.).

Die Feststellung, daß der Angeklagte bei der Leistung des Offenbarungseides vorsätzlich verschwiegen hat, weiterhin als Gastwirt gearbeitet und aus dieser Tätigkeit Einkünfte erzielt zu haben, hat das Erstgericht ausreichend begründet; denn es hat darauf hingewiesen, daß der Richter das Vermögensverzeichnis mit dem Angeklagten, der zudem bereits genügend Gerichtserfahrung gehabt hatte, um zu wissen, worauf es dabei ankam, Punkt für Punkt durchgegangen ist, und daß Johann A im Verfahren zu AZ C 155/77 des Bezirksgerichtes Telfs als Zeuge im Gegensatz zu seinen Angaben im Vermögensverzeichnis ausgesagt hat, bis März 1977

als Gastwirt gearbeitet und Einkommen erzielt zu haben (S.7, 51, 57 u. 58 d.A.).

Durch die Ablehnung des in Rede stehenden Beweisantrages sind somit Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt worden. Als Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO rügt der Beschwerdeführer, daß die Feststellungen, er habe bei Ablegung des Offenbarungseides angegeben, daß er die Konzession für das Schank- und Gastgewerbe behalten hatte, und er habe die Sache so dargestellt, als ob er überhaupt nichts hätte, zueinander offensichtlich im Widerspruch stünden.

Dies trifft jedoch nicht zu, weil letztere Feststellung im Zusammenhang nur dahin verstanden werden kann, daß der Angeklagte seine wirtschaftliche Situation im Vermögensverzeichnis so dargestellt hat, als ob er überhaupt kein Einkommen habe, und der Umstand, daß jemand Inhaber einer Gewerbeberechtigung (Konzessionsinhaber) ist, mit einer tatsächlichen Ausübung dieses Gewerbes und der damit verbundenen Erzielung von Einkünften keineswegs gleichzusetzen ist. Dies umsoweniger im vorliegenden Fall, denn der Angeklagte hat im Vermögensverzeichnis ausdrücklich erklärt, keinem Erwerb nachzugehen (S.23 d.A.).

Unter Anrufung des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer schließlich geltend, bei richtiger Betrachtung seiner Angabe, Konzessionsträger des im Eigentum seiner Ehegattin stehenden (Gastgewerbe-) Betriebes zu sein, habe er ohnehin zugegeben, einem Erwerb nachzugehen, der allerdings zur fraglichen Zeit keinen Reinertrag abgeworfen habe. Dem Schuldspruch haftet jedoch kein Rechtsirrtum an. Dem Erstgericht ist vielmehr beizupflichten, daß es für den Gläubiger von Bedeutung ist, ob der Schuldner überhaupt Einkünfte erzielte. Dem Gläubiger bleibt es dann überlassen, entsprechende Schritte zu unternehmen.

Ob der Angeklagte sein Einkommen - zutreffend - als 'unbestimmt' oder etwa als 'zur Deckung der Passiven nicht ausreichend' hätte bezeichnen sollen, spielt keine Rolle.

Der Angeklagte hat - den ausdrücklichen Feststellungen des Erstgerichtes zufolge - seine Erwerbstätigkeit vorsätzlich verschwiegen. Darüber hinaus sind zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 288 StGB weder ein besonderer Schädigungsvorsatz noch der Eintritt eines materiellen Schadens erforderlich (vgl. Foregger-Serini, StGB2, 466).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann A war daher zu

verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 288 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten, wobei der Vollzug der Strafe gemäß § 43 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten und sein Tatsachengeständnis.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes an.

Die Berufung des Angeklagten ist im Ergebnis begründet. Dem Angeklagten kann zwar, entgegen dem Berufungsvorbringen, nach den unbedenklichen Urteilsfeststellungen kein Rechtsirrtum zugute gehalten werden. Dennoch erscheint die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe als zu hoch, wenn man berücksichtigt, daß die Straftat bereits längere Zeit zurückliegt (Tatzeit: 5.Februar 1975) und die Schuld des Angeklagten nicht allzu schwer wiegt. Eine sechsmonatige Freiheitsstrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat, der Schuld des Täters und seiner Persönlichkeit. Die Anwendung des § 37 StGB kommt jedoch aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht. Denn die Verurteilung zu einer Geldstrafe reicht nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes im vorliegenden Fall nicht aus, um den Angeklagten in Zukunft von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E01452

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0120OS00103.78.0914.000

Dokumentnummer

JJT_19780914_OGH0002_0120OS00103_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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