TE OGH 1978/9/26 11Os125/78

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Veröffentlicht am 26.09.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. September 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kral, Dr. Walenta und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und 2 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. Juni 1978, GZ. 1 d Vr 1223/78-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Schmautzer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung des Angeklagten wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 4 Monate herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (mit dem auch ein unangefochten gebliebener Teilfreispruch erfolgte) wurde der am 21. September 1940 geborene Elektriker Peter A des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und 2 StGB schuldig erkannt, weil er sich ab Februar 1977 in Wien ein ihm anvertrautes Gut, nämlich einen von Margarete B einkassierten Bargeldbetrag von 19.015,36 S, dadurch, daß er diesen nicht an die Firma C abführte, sondern für sich selbst behielt, mit dem Vorsatz zueignete, sich unrechtmäßig zu bereichern. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Außerdem ficht er den Strafausspruch mit Berufung an. Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihm die als Angeklagten gemäß dem § 221 Abs. 1 StPO zustehende Vorbereitungsfrist nicht eingeräumt worden sei. Die Vorladung zur Hauptverhandlung sei ihm zwar an sich rechtzeitig zugestellt worden, doch habe dies nur eine Vorbereitung bezüglich der in der schriftlichen Anklage enthaltenen Taten ermöglicht, derentwegen er in der Folge freigesprochen worden sei. Hinsichtlich des Schuldspruchsfaktums, auf das die Anklage erst in der Hauptverhandlung ausgedehnt wurde, habe ihm jedoch die gesetzliche Vorbereitungsmöglichkeit gefehlt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß eine - Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 3 StPO bewirkende - Verletzung der Vorschrift des § 221 Abs. 1 StPO nur vorliegt, wenn dem Angeklagten von der Zustellung der Vorladung zur Hauptverhandlung vor das Schöffengericht bis zum Hauptverhandlungstermin nicht wenigstens eine dreitägige Einlassungsfrist zur Verfügung steht. Diese Frist - die naturgemäß immer nur der Vorbereitung der Verteidigung gegen die bis dahin erhobene Anklage dienen kann -

wurde im vorliegenden Fall nach der Aktenlage (vgl. Rückschein bei ON 15) und nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers gewahrt.

Welche Verfahrensregeln im Falle der Ausdehnung der Anklage in der Hauptverhandlung auf eine neue Tat Platz zu greifen haben, wird hingegen im § 263 StPO bestimmt. Danach kann aber die neue Tat - abgesehen von den Fällen der Notwendigkeit sorgfältigerer Vorbereitung (zur Spruchreife) oder der Unzuständigkeit des Gerichtshofes - nur dann nicht sofort abgeurteilt werden, wenn der Angeklagte bei einer Verurteilung wegen dieser Tat unter ein strengeres als das Strafgesetz fiele, das auf die in der Anklageschrift angeführte strafbare Handlung anzuwenden wäre, und wenn er in einem solchen Falle seine Zustimmung zur sofortigen Aburteilung verweigert. Da der Beschwerdeführer vorliegend wegen der in der schriftlichen Anklage (ON 12) enthaltenen Taten (Vergehen des schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 3, 128 Abs. 1 Z 4 StGB und Vergehen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB) nach dem § 128 Abs. 1 StGB zu bestrafen gewesen wäre, der die gleiche Strafdrohung enthält wie der (schließlich angewendete) § 133 Abs. 2 (1. Strafsatz) StGB, stand somit einer sofortigen Aburteilung des Angeklagten (der einer solchen auch gar nicht entgegentrat) wegen der neuen (Gegenstand der Anklageausdehnung bildenden) Straftat nichts im Wege, zumal andere sorgfältigere Vorbereitung im Sinne des § 263 Abs. 2 StPO nicht erforderlich war. Die Verfahrensrüge muß daher versagen.

Es geht aber auch die Rechtsrüge fehl, mit der der Beschwerdeführer unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO den Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue geltend macht und vorbringt, er habe den der Verurteilung zugrundeliegenden Schadensbetrag von 19.015,36 S vor der Hauptverhandlung im Verfahren 5 Cr 68/78 des Arbeitsgerichtes Wien anerkannt, worin eine (den Voraussetzungen des § 167 Abs. 2 Z 2 StGB entsprechende) vertragliche Verpflichtung zur Schadensgutmachung zu erblicken sei. Denn bei einem Anerkenntnis handelt es sich um einen einseitigen Akt, dem überdies keine Leistungsfrist zu entnehmen ist, wogegen unter vertraglicher Verpflichtung im Sinne des § 167 Abs. 2 Z 2 StGB nur eine die Schadensgutmachung betreffende, zweiseitige - somit von der Einwilligung des Verletzten abhängige - Vereinbarung in der Richtung verstanden werden kann, den Schaden binnen einer bestimmten Zeit gutzumachen. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß das Anerkenntnis des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall zu einem Anerkenntnisurteil geführt hat. Auch ein Anerkenntnisurteil ist kein (zweiseitiger) die Schadensgutmachung betreffender Vergleich. Es bedeutet lediglich einen Exekutionstitel, läßt aber offen, wann der Täter seiner urteilsmäßigen Zahlungsverpflichtung tatsächlich - sei es freiwillig, sei es zwangsweise im Exekutionswege - nachkommen wird, und es kann insbesondere auch nicht die notwendige Einwilligung des Geschädigten dazu ersetzen, daß die ansonsten (§ 167 Abs. 2 Z 1 StGB) vor behördlicher Verschuldenskenntnis zu leistende (volle) Schadensgutmachung im besonderen Fall (§ 167 Abs. 2 Z 2 StGB) - vertraglich -

erst später erfolgt.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 133 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten. Es wertete als mildernd das Tatsachengeständnis des Angeklagten sowie dessen Bereitschaft zur Schadensgutmachung, die sich durch das vor dem Arbeitsgericht abgelegte Anerkenntnis zeigt, als erschwerend hingegen die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Milderung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe.

Sein Begehren ist begründet.

Zwar kann - entgegen der Ansicht des Angeklagten -

von einer als Milderungsumstand in Betracht zu ziehenden verlockenden Gelegenheit des Angeklagten in Bezug auf die Tatausführung nicht gesprochen werden, weil bei jenen Sachverhalten, die als Tatbestand der Veruntreuung zu qualifizieren sind, dem Täter in der Regel eine solche Gelegenheit geboten worden sein mußte, widrigenfalls er das Delikt nicht hätte begehen können. Keineswegs kann auch als mildernd gewertet werden, daß die Tat schon vor längerer Zeit begangen worden sei, sich der Angeklagte seither 'ruhig' verhalten und sich bei seinem neuen Arbeitgeber nichts zu schulden kommen habe lassen, weil die Tatzeit erst etwa 1 1/2 Jahre zurückliegt. So gesehen hat das Erstgericht die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt. Es hat jedoch dem Umstand, daß die veruntreute Summe nicht allzu hoch war, zu wenig Rechnung getragen, weshalb das Strafausmaß auf ein der Schwere der Tat und der Schuld des Täters angemessenes Ausmaß zu reduzieren war. Die Anwendung des § 37

StGB kam jedoch nicht in Betracht, weil sich gezeigt hat, daß die Verurteilungen zu Geldstrafen auf den Angeklagten keinen genügenden Eindruck machten und er wieder straffällig wurde.

Der Kostenausspruch beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01457

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00125.78.0926.000

Dokumentnummer

JJT_19780926_OGH0002_0110OS00125_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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