TE OGH 1978/10/19 12Os148/78

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Veröffentlicht am 19.10.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Norbert A wegen des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Mai 1978, GZ. 2 b Vr 2338/78-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Otto Kern, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.1.1952 geborene C-Angestellte Norbert A 1.) des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 StGB und 2.) des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den § 15; 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien ad 1.) am 4.9.1976 (als Mittel des zu 2.) bezeichneten versuchten Versicherungsbetruges) einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten des Polizeikommissariates Favoriten durch die Behauptung, sein PKW Mercedes 280 CE Coupe, mit dem polizeilichen Kennzeichen W 447.385, welchen er versperrt abgestellt habe, sei von unbekannten Tätern gestohlen worden, die Begehung des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1

StGB wissentlich vortäuschte;

ad 2.) in der Zeit zwischen 6.9.1976 und 8.9.1976

dadurch, daß er den vom abgesondert verfolgten Walter B (inzwischen) vereinbarungsgemäß zum Zwecke des Verkaufes nach Italien verbrachten, zu Pkt. 1.) bezeichneten PKW (mit einem Zeitwert von 130.000 S) hinsichtlich welches PKWs bei der Versicherungsanstalt F eine (für Angestellte der C abgeschlossene Sammel-)Kaskoversicherung bestand, in einer Schadensanzeige an die genannte Versicherungsanstalt als gestohlen meldete, seinen Entschluß, mit dem Vorsatz sich unrechtmäßig zu bereichern, die für die Schadensliquidierung zuständigen Angestellten der Versicherungsanstalt F durch Täuschung über Tatsachen zu einer diese Versicherungsanstalt an ihrem Vermögen schädigenden Schadensliquidierung zu verleiten, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigte (beabsichtigter Schaden über 100.000 S).

Den Urteilsfeststellungen zufolge scheiterte dieses zu Pkt. 2.) bezeichnete Betrugsvorhaben des Angeklagten daran, daß es Walter B nicht gelungen war, den Mercedes-PKW des Angeklagten in Italien zu verkaufen und der von ihm in der Folge nach Wien zurückgebrachte, in Wien XXIII abgestellte PKW am 25.9.1976, mithin noch vor Ablauf der für die Ersatzleistung des Kaskoversicherers aus dem Titel des Fahrzeugdiebstahls maßgeblichen zweimonatigen Wartefrist, polizeilich aufgefunden und der Angeklagte hievon am selben Tag verständigt worden war.

Strafaufhebender Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB) billigte das Erstgericht dem Angeklagten (in Ansehung des Betrugsversuches) nicht zu, weil er erst am 30.9.1976 die Kaskoversicherung von der Auffindung des ('beschädigten') Mercedes-PKWs in Kenntnis gesetzt und auf Leistungen aus der Kaskoversicherung überhaupt erst am 16.12.1976 verzichtet hat, wobei es zur einvernehmlichen Auflösung der Kasko- und Autohaftpflichtversicherung hinsichtlich des in Rede stehenden Fahrzeuges kam. Der damit vom Angeklagten bekundeten Aufgabe der Ausführung des ursprünglich beabsichtigten Betruges fehle nämlich im Hinblick auf die ihm bekannt gewordene vorherige Auffindung des als 'gestohlen' deklarierten Fahrzeuges durch die Polizei das im § 16 Abs. 1 StGB normierte Straflosigkeitserfordernis der Freiwilligkeit. Dieses Urteil wird vom Angeklagten Norbert A mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. Inhaltlich wendet er sich jedoch nur gegen den zu Pkt. 2.) ergangenen Schuldspruch wegen versuchten Versicherungsbetruges, wobei er der Sache nach die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO geltend macht, mit dem ersichtlichen Ziel, daß beim Faktum 2.) strafbefreiender Rücktritt vom Versuch angenommen werde. Die Beschwerde ist unbegründet.

Mit den Ausführungen zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund versucht der Beschwerdeführer im wesentlichen bloß in einer im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unzulässigen Weise seiner vom Schöffengericht abgelehnten Verantwortung (s.S. 396 ff. d.

A), er habe noch vor der Auffindung seines PKWs durch die Polizei, und zwar sofort nach B Rückkehr mit dem PKW nach Wien, dem C-Kontaktmann bei der Versicherungsanstalt F dem Versicherungsangestellten Johann D, telefonisch mitgeteilt, daß der als gestohlen gemeldete Mercedes-PKW wieder da sei, und daß man den Versicherungsakt schließen möge, zum Durchbruch zu verhelfen und die gegenteiligen Sachverhaltsannahmen und die (unanfechtbare) Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen; insoweit ist das Vorbringen der Mängelrüge unbeachtlich.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang - erneut mit dem ersichtlichen Ziele, die vom Erstgericht angenommene volle Glaubwürdigkeit und Verläßlichkeit des Zeugen D zu erschüttern - auf den Versicherungsakt ON 14 (im besonderen auf die Seite 317 des Strafaktes, das auf diesem Blatt in der Rubrik 'Erhebung' ersichtliche handschriftliche Datum '12.10.

1976', und auf den nachstehenden /Klammer/ Vermerk:

'VN /= Versicherungsnehmer/ stellt keine Ansprüche') verweist, genügt es, auf die interpretierenden Erklärungen des Johann D hiezu anläßlich seiner Zeugenaussage in der Hauptverhandlung (S. 381 ff. d. A) zu verweisen, die dem Erstgericht u.a. als unbedenkliche Feststellungsgrundlage diente. Im übrigen läßt sich aus dem vom Beschwerdeführer zitierten Datum ('12.10. 1976') auf Seite 317 d. A und dem dort festgehaltenen Anspruchsverzicht zur entscheidenden Frage, ob der Beschwerdeführer noch vor der polizeilichen Auffindung seines PKWs (am 25.9.1976) die Versicherungsanstalt vom Dasein des als gestohlen deklarierten Kraftfahrzeuges verständigt hat, und ob der Zeuge D nicht allenfalls bei seiner gegenteiligen Bekundung einem Irrtum unterlegen sein könne, nichts gewinnen.

Unrichtig ist die Behauptung des Beschwerdeführers, daß - entgegen der Zeugenaussage D - Telefonaufzeichnungen (im Versicherungsakt ON 14) überhaupt nie erfolgt seien (vgl. demgegenüber S. 323 oben und

S. 339

d. A, in Verbindung mit S. 380, 381/382 unten; 385 unten/386 oben d. A). Der weitere Hinweis des Beschwerdeführers darauf, daß 'nicht einmal eine Telefonnotiz über den behaupteten Diebstahl' im Versicherungsakt zu finden sei, geht angesichts der vom Beschwerdeführer schriftlich erstatteten (unrichtigen) Diebstahls(schadens-)-

meldung (s. S. 319/321 d. A) ins Leere und stellt nur - einen untauglichen (und unzulässigen) Versuch dar, den vom Erstgericht positiv (§ 258 Abs. 2 StPO) beurteilten Beweiswert der Zeugenaussage D zu mindern.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die bekämpften Urteilsannahmen auch in der vom Erstgericht als Beweismittel (S. 397/398 d. A) herangezogenen Zeugenaussage des Walter B (s. S. 369 ff, insbes. S. 372, 374 und 376 d. A) sowie in der im Urteil dargelegten - schlüssigen - Erwägung des Erstgerichtes (s. S. 398 unten d. A), der am 30.9.1976 vom Versicherungsangestellten Johann D dem Sachverständigen Dipl.Ing. E erteilte Schädenermittlungsauftrag (s. S. 329 in Verbindung mit S. 323 d. A) widerlege die Verantwortung des Angeklagten, wonach dieser anläßlich der angeblich noch vor der polizeilichen Fahrzeugauffindung erfolgten telefonischen Verständigung D auf Leistungen aus der Kaskoversicherung verzichtet habe, eine zusätzliche Stütze finden.

Rechtliche Beurteilung

Dem Beschwerdeführer ist es mithin nicht gelungen, den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO verwirklichende Begründungsmängel des Urteils darzutun.

Die sachlich aus dem Grunde der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 2 StPO erhobene Rechtsrüge entbehrt zunächst insofern, als der Beschwerdeführer - urteilsfremd - von einer Meldung des Wiederauftauchens des als gestohlen deklarierten PKWs bei der Versicherung noch vor der polizeilichen Auffindung des Fahrzeuges (am 25.9.1976) ausgeht - und daraus einen (strafaufhebenden) freiwilligen Rücktritt vom Versuch des zunächst beabsichtigten und unternommenen Versicherungsbetruges ableitet - einer gesetzmäßigen Ausführung.

Soweit der Beschwerdeführer aber bei seinen Rechtsausführungen von einem noch unbeendeten Versuch des Versicherungsbetruges ausgeht, bei dem - anders als bei dem vom Erstgericht angenommenen (s. S. 402 oben d. A) beendeten Versuch - für strafbefreienden Rücktritt (§ 16 Abs. 1 StGB) schon die Aufgabe der möglichen weiteren Ausführung genügt (vorliegend wäre nach dem Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde für die Auszahlung der Entschädigungszahlung der Versicherung an den Beschwerdeführer /allenfalls; s. S. 383 unten d. A/ noch die Unterzeichnung /und Absendung/ einer Abfindungserklärung oder Quittung erforderlich gewesen /s. S. 384 oben d. A/, die aber angesichts des vom Beschwerdeführer am 16.12.1976 erklärten Anspruchsverzichtes /s. S.

339 d. A/ wohl nicht mehr aktuell war), weshalb entgegen der Meinung des Erstgerichtes ein erfolgsabwendender actus contrarius des Beschwerdeführers nicht mehr erforderlich gewesen sei (LSK 1976/277), ist ihm folgendes zu erwidern:

Vorliegend hat der Angeklagte Norbert A mit der Erstattung der Schadensmeldung an die Versicherung (am 6.9.1976) und der vorangegangenen (unrichtigen) Diebstahlsanzeige bei der Polizei (am 4.9.1976), in Verbindung mit der Fahrzeugverbringung ins Ausland durch einen Komplizen zunächst die notwendigen Voraussetzungen für den seinem Tatplan entsprechenden Erfolgseintritt (: Erlangung einer dem Zeitwert des als gestohlen gemeldeten Fahrzeuges entsprechenden Entschädigungsleistung vom Kaskoversicherer) geschaffen, und war mit diesen ausführungsnahen Handlungen im Sinne des § 15 Abs. 2 StGB bereits in das Strafbarkeitsstadium eines versuchten Versicherungsbetruges getreten (vgl. SSt. 46/51).

Infolge Unanbringlichkeit des nach Italien verbrachten Fahrzeuges, der Rückbringung desselben nach Wien und - vor allem - in Anbetracht der (dem Beschwerdeführer sofort bekanntgegebenen) Auffindung des PKWs in Wien noch innerhalb der zweimonatigen 'Wartefrist' durch die Polizei (S. 65 d. A) war dieser Betrugsversuch fehlgeschlagen; der vom Beschwerdeführer angestrebte Erfolg konnte nicht mehr eintreten. Es lag mithin ein mißlungener (erfolgloser) Versuch vor, von dem es schon begrifflich keinen (strafaufhebenden) Rücktritt mehr gab (Leukauf-Steininger, S. 152 oben; ÖJZ-LSK 1976/360), und bei dem selbst freiwillige Abstandnahme von weiteren Tathandlungen die Gesamttat nicht mehr straflos zu machen vermochte (SSt. 38/3; JBl. 1977, 327 /mit zustimmender Besprechung von Liebscher/). Da nach den Urteilsannahmen der Beschwerdeführer die (weitere) Ausführung des Betruges im Hinblick auf die zwischenweilige Auffindung des PKWs durch die Polizei, unter unverzüglicher Verständigung des Beschwerdeführers (s. S. 57 d. A), nicht freiwillig aufgegeben hat, fehlt es - wie das Erstgericht ohne Rechtsirrtum annahm - auch an diesem Strafbarkeitserfordernis im Sinne des § 16 Abs. 1 StGB Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Norbert A war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 3, 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 (einem) Jahr, wobei der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen das tadellose Vorleben des Angeklagten, das Geständnis in Richtung des Vergehens nach § 298 StGB, und das Teilgeständnis in Richtung der § 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB, wenngleich dieses Geständnis durch die Behauptung des strafbefreienden Rücktrittes vom Versuch entwertet wurde sowie die Tatsache, daß es insoweit beim Versuch geblieben ist. Bei diesen Strafzumessungsgründen erachtete das Erstgericht eine Freiheitsstrafe an der Untergrenze des Strafrahmens angemessen. Für eine außerordentliche Strafmilderung sah es jedoch die Voraussetzungen, obwohl die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, nicht gegeben, da angesichts des planmäßigen Vorgehens des Angeklagten, welches auf einen beträchtlichen 'kriminellen Impetus' schließen lasse, nicht die begründete Aussicht bestehe, daß der Angeklagte bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte jedenfalls eine schuldangemessene Herabsetzung der bedingten Freiheitsstrafe - und zwar unter die Hälfte der Mindeststrafe -

an und begehrt primär die 'Umwandlung' der Freiheitsstrafe in eine

bedingte Geldstrafe.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Wie sich aus den Urteilsfeststellungen ergibt, stammte nämlich - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - der Entschluß und der Plan zu den gegenständlichen Straftaten vom Angeklagten, der seinem Plan gemäß auch selbst wesentliche Tatbeiträge setzte. Umstände, die eine Herabsetzung der Strafe rechtfertigen würden, vermochte der Angeklagte nicht darzutun und liegen solche auch nach Prüfung der Akten nicht vor. Das Erstgericht hat vielmehr die Strafbemessungsgründe richtig festgestellt, und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt. Insbesondere im Hinblick auf die Intensität der vom Angeklagten gesetzten Täuschungshandlung und die Höhe des beabsichtigten Schadens über 100.000 S ist die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe durchaus angemessen und entspricht sowohl dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten, als auch der Täterpersönlichkeit. Es bestand daher kein Anlaß, die Freiheitsstrafe herabzusetzen.

Die Verhängung einer Geldstrafe war schon mit Rücksicht auf die Höhe der schuldangemessenen Freiheitsstrafe (§ 37 Abs. 1 StGB) nicht möglich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruch angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01509

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0120OS00148.78.1019.000

Dokumentnummer

JJT_19781019_OGH0002_0120OS00148_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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