TE OGH 1978/10/24 11Os147/78

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Veröffentlicht am 24.10.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Andrea Hildegard A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 12. Juni 1978, GZ. 23 Vr 810/78-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Riedl, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über die Angeklagte verhängte Geldstrafe auf 60 Tagessätze, im Nichteinbringungsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 1.3.1960

geborene Telefonistin Andrea Hildegard A des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StGB schuldig erkannt, weil sie am 30.1.1978

in Innsbruck eine Sache, die ein anderebrderch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hat, nämlich eine Packung Präservative im Wert von ca. S 10,--, an sich brachte, wobei die mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, aus der die Sache stammte, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die fünf Jahre erreicht (§ 129 StGB) und ihr die Umstände bekannt waren, die diese Strafdrohung begründen. Dagegen wendet sich die Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5

des § 281 Abs. 1 StPO - damit der Sache nach jedoch das Vorliegen eines Feststellungsmangels im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a der genannten Gesetzesstelle behauptend - rügt die Beschwerdeführerin, das Erstgericht habe zu Unrecht die Feststellung unterlassen, daß sie bei übergabe des Diebsgutes durch (die Haupttäterin) Gabriele B an sie 'niemals beabsichtigte, eine Gewahrsame daran zu begründen', woraus abzuleiten gewesen wäre, daß ihr der Tatvorsatz zur Hehlerei fehlte.

Rechtliche Beurteilung

Dem genügt es jedoch zu entgegnen, daß die Beschwerdeführerin nach den durch den gesamten Akteninhalt einschließlich ihrer eigenen Verantwortung gedeckten Feststellungen des Erstgerichtes von Gabriele B in unmittelbarer Nähe des Ortes, an welchem diese mehrere Päckchen Präservative gestohlen hatte, eines dieser Päckchen, das ihr angeboten wurde, annahm, wobei sie auch wußte, daß es durch Einbruch (Eintreten der Sichtfenster des Schutzgummiautomaten) gestohlen worden war. Das 'Ansichbringen' (die Gewahrsamsbegründung, vgl. Leukauf-Steinninger, Komm. S. 809) im Sinne des § 164 Abs. 1 Z 2 StGB erschöpft sich aber im Vorgang der wissentlichen und willentlichen Entgegennahme einer Sache und damit in der Begründung der Möglichkeit, über diese tatsächlich zu verfügen. Eines Handelns mit dem (weitergehenden) Vorsatz, sein eigenes Vermögen um den Wirtschaftswert der Sache zu vermehren, bedarf es nicht. Es ist daher auch belanglos, welchen Grad von Interesse der übernehmer an dieser Gewahrsamsbegründung hat, weshalb entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ihrem Vorbringen vor der Polizei, sie wisse selbst nicht, warum sie das Päckchen angenommen habe, da sie dies 'eigentlich gar nicht wollte' (S. 32, 33), keinerlei rechtliche Relevanz zukommt.

Soweit der Beschwerdeführerin als Gegenstand ihrer eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO behauptenden Rechtsrüge die Auffassung vertritt, das 'bloße In-die-Hand-nehmen' von Diebsgut und anschließende Wegwerfen desselben, 'ganz gleich, ob zwischen Annehmen und Wegwerfen ein Zeitraum von einem Sekundenbruchteil oder auch mehreren Sekunden vergangen' ist, sei noch nicht als Ansichbringen im Sinne des § 164 Abs. 2 Z 2 StGB zu beurteilen, erübrigt sich hiezu schon deshalb jede weitere Erörterung, weil das Erstgericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung ausdrücklich die in der Hauptverhandlung vorgebrachte Verantwortung der Angeklagten, sie habe das Diebsgut sogleich nach der übernahme - als sich Gabriele B umdrehte - auch schon wieder weggeworfen (S. 57), für unglaubwürdig befand und ihren Angaben vor der Polizei (S. 32) folgte, wonach sich die Angeklagte erst zu einem späteren Zeitpunkt der Sache entledigte, als nämlich die Mädchen vor einer sich nähernden Polizeifunkstreife auf der Flucht waren (S. 67, 68).

Die Beschwerdeführerin geht daher, soweit sie von einer Innehabung des gestohlenen Gutes in der Dauer von maximal mehreren Sekunden spricht, nicht von den Urteilsfeststellungen, sondern von einem urteilsfremden Sachverhalt aus, weswegen sich das Rechtsmittel insoweit als nicht gesetzmäßig ausgeführt erweist.

Wenn sich die Beschwerdeführerin abschließend noch darauf beruft, daß bei der gegebenen Situation vom Erstgericht 'im Zweifel ein lediglich passives Verhalten der Angeklagten angenommen hätte werden müssen,' stellt dieses Vorbringen im Kern eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige - und damit unbeachtliche - Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar. Das Erstgericht hat das Verhalten der Angeklagten ohne Rechtsirrtum dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StGB unterstellt.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Andrea A war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte nach dem § 164 Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf den § 11 JGG und unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen zu je S 100,-- und nahm bei der Strafbemessung eine einschlägige Vorstrafe als erschwerend, als mildernd hingegen das Geständnis der Angeklagten an.

Die Berufung, mit welcher die Angeklagte Strafermäßigung und bedingte Nachsicht der Geldstrafe begehrt, ist teilweise berechtigt. Wenn man nämlich, von den vom Erstgericht bereits zutreffend festgestellten und richtig gewürdigten Strafzumessungsgründen ausgehend, noch den überaus geringen Wert der verhehlten Sache (ca. S 10,--) berücksichtigt und die Tatsache, daß die Angeklagte die Tat offenkundig nur aus Unbesonnenheit begangen hat, erscheint die vom Erstgericht verhängte Strafe überhöht. Sie war daher auf das im Spruch angeführte Ausmaß zu reduzieren und entspricht in dieser Höhe dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Täters. Die Anwendung des § 43 StGB kommt jedoch aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht. Die Angeklagte weist bereits zwei Vorstrafen (eine davon ist einschlägig) auf, wobei bei der ersten Verurteilung der Strafausspruch für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben und bei der zweiten Verurteilung eine bedingte Freiheitsstrafe - unter gleichzeitiger Anordnung der Bewährungshilfe -

verhängt und eine Probezeit von drei Jahren bestimmt wurde. Die gegenständliche Straftat wurde innerhalb beider Probezeiten begangen. Unter Berücksichtigung dieses Vorlebens und der Tatsache, daß die bisherigen Verurteilungen ohne Strafvollzug wirkungslos geblieben sind, bedarf es im vorliegenden Fall der Vollstreckung der verhängten Strafe, um die Angeklagte von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01555

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00147.78.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19781024_OGH0002_0110OS00147_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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