Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Walenta und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Werner A wegen des Verbrechens des Betrugs nach den § 146, 147 Abs. 3 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Wels als Schöffengericht vom 14.April 1978, GZ. 12 Vr 1298/75-36, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.Jänner 1942 geborene geschiedene Versicherungsangestellte Werner (Johann) A des Verbrechens des Betrugs nach den § 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte am 25. Juni 1964 mit der damals gerade 17-jährigen Juliane B die Ehe geschlossen, deren Eltern Johann und Elisabeth B je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ. 834 KG. Stadl-Traun, bestehend aus dem Grundstück 167/57 Acker mit dem Haus Moritz von Schwind-Straße Nr. 29 waren. Mit Kaufvertrag vom 29.Oktober 1971 verkauften Johann und Elisabeth B je einen Hälfteanteil ihrer Hälfteanteile an den Angeklagten und an ihre Tochter Juliane, nunmehr verehelichte A, um den Preis von 100.000 S, sodaß Johann B, Elisabeth B, Juliane A und der Angeklagte Werner A je zu einem Viertel Eigentümer der oben bezeichneten Liegenschaft wurden. In diesem Kaufvertrag (Punkt 7) räumten sich die Verkäufer und die Käufer gegenseitig ein Vorkaufsrecht an dieser Liegenschaft ein, das auch im Grundbuch einverleibt wurde. Am 12.Juni 1974 wurde die Ehe zwischen dem Angeklagten und seiner Gattin geschieden. Nach einiger Zeit zog Juliane A aus der Wohnung aus und nahm lediglich ihre persönliche Habe mit.
Da sie dringend Geld benötigte, bot sie dem Angeklagten ihren Viertelanteil zum Preis von 175.000 S an. Mit ihren Eltern verhandelte sie nicht, weil sie damals mit diesen zerstritten war. Der Angeklagte war jedoch nur bereit, einen Betrag von 100.000 S zu bezahlen, mit dem sich Juliane A schließlich einverstanden erklärte. Beide begaben sich zum Notar Dr. Andreas C, in dessen Kanzlei ein Entwurf über einen Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 100.000 S verfaßt wurde. Vom Angeklagten über die Verkaufsabsichten ihrer Tochter informiert, begaben sich Johann und Elisabeth B in der Folge zum Notar und erklärten, bei einem Kaufpreis von 100.000 S von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Der Angeklagte teilte dies seiner geschiedenen Gattin mit und gab dabei vor, daß sie im Fall des Verkaufs ihres Viertelanteils an ihre Eltern den Kaufpreis nicht in bar erhalten würde, weil diese das Geld für ihre Enkelkinder zurückbehalten würden. Daher beschlossen sie, um Juliane A Bargeld verschaffen zu können, einen Kaufpreis von 150.000 S vorzutäuschen, weil sie wußten, daß den beiden Vorkaufsberechtigten Johann und Elisabeth B ein derartiger Geldbetrag nicht zur Verfügung stand. Tatsächlich sollte Juliane A lediglich 100.000 S erhalten. Es wurde daher am 10.Juli 1974 zwischen dem Angeklagten und seiner geschiedenen Gattin bei Notar Dr. C der Kaufvertrag über den Viertelanteil der Juliane A abgeschlossen und als Kaufpreis ein Betrag von 150.000 S angegeben. Johann und Elisabeth B verzichteten, nachdem sie über den Inhalt dieses Kaufvertrags informiert worden waren, auf die Ausübung ihres Vorkaufsrechts. Der Angeklagte hat den Kaufpreis in Höhe von tatsächlich nur 100.000 S in zwei Teilbeträgen an seine Ehegattin entrichtet. In der Folge wurde sein Eigentumsrecht an dem Viertelanteil seiner geschiedenen Gattin grundbücherlich einverleibt, sodaß er nunmehr Hälfteeigentümer der oben angeführten Liegenschaft ist.
Von diesen Feststellungen ausgehend, sprach das Erstgericht den Angeklagten des Verbrechens des Betrugs nach den § 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig, weil er am 10.Juli 1974 in Lambach mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Johann und Elisabeth B durch Täuschung über Tatsachen, nämlich dadurch, daß er als Käufer des der Juliane A als Verkäuferin gehörigen Viertelanteils der Liegenschaft EZ. 834 KG. Stadl-Traun im schriftlichen Kaufvertrag einen Kaufpreis von 150.000 S anführte, zur Nichtausübung ihres Vorkaufsrechts und zur Abgabe ihrer Zustimmungserklärung zum Kaufvertrag, somit zu einer Handlung und Unterlassung verleitet hatte, die Johann und Elisabeth B an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden mindestens 122.569 S betragen hat.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Zunächst behauptet der Beschwerdeführer, das Ersturteil sei insofern mit Begründungsmängeln behaftet, als es sich nicht mit Widersprüchen auseinandersetze, die zwischen den Zeugenaussagen des Notars Dr. C einerseits und der Juliane A andererseits bestünden. So habe ersterer als Zeuge wiederholt ausgesagt, ihm sei davon, daß der Kaufpreis in Wahrheit nur 100.000 S und nicht 150.000 S betragen habe, nichts bekannt gewesen, während Juliane A als Zeugin andererseits angegeben habe, es sei '100 %ig sicher', daß der Notar von der gemeinsamen Absicht des Beschwerdeführers und der Zeugin, die Eltern der Letztgenannten über die Höhe des Kaufpreises zu täuschen, gewußt habe.
Rechtliche Beurteilung
Obgleich diese Widersprüche in den Aussagen der Zeugen tatsächlich vorliegen und sich das Erstgericht damit nicht auseinandersetzte, ist dadurch der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO nicht verwirklicht worden. Ein diesen Nichtigkeitsgrund herstellender Begründungsmangel muß nämlich stets den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache betreffen, also einen Umstand, der entweder für das Erkenntnis in der Schuldfrage maßgebend ist oder auf die Subsumierung der Tat oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß üben kann.
Es ist nämlich für die Beurteilung der dem Angeklagten angelasteten Straftat bedeutungslos, ob er sich bei deren Durchführung außer seiner geschiedenen Ehegattin Juliane A (die als Tochter des geschädigten Ehepaars Johann und Elisabeth B der Privilegierung des § 166 StGB unterliegt und gegen die wegen ihrer von ihr selbst zugegebenen Beteiligung keine Privatanklage erhoben wurde) auch noch des Notars Dr. C als unwissendes Werkzeug oder - wie er es in der Mängelrüge anklingen läßt - als eines (weiteren) Komplizen bediente. Eben dies trifft auf das Beschwerdevorbringen betreffend die vom Nichtigkeitswerber behauptete und von Juliane A bestrittene übernahme von (gemeinsamen) Schulden zu. Abgesehen davon hat sich das Erstgericht im Urteil aber mit diesem Teil der Verantwortung des Angeklagten ausführlich auseinandergesetzt, ihr jedoch, gestützt auf entgegenstehende Verfahrensergebnisse, den Glauben versagt und insbesondere darauf verwiesen, daß die durch die angeblich aufgenommenen Darlehen angeschafften Einrichtungsgegenstände ohnedies zur Gänze dem Angeklagten verblieben sind, es somit einer Schuldübernahme gar nicht bedurfte (S. 234). Ob nun die Unterschrift der Juliane A auf der Bestätigung vom 12.Juli 1971 (nicht journalisierte Beilage zu ON. 9) echt ist oder nicht, ist schon aus diesem Grund nicht von entscheidender Bedeutung.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge abschließend auf Angaben des Johann B, die in diesem Punkt von seiner Ehegattin Elisabeth B unterstützt werden, verweist, wonach ihnen ohnedies bekannt gewesen sei, daß der Beschwerdeführer für den Viertelanteil nur 100.000 S zu bezahlen hätte, während sie selbst für diesen Anteil 150.000 S auszulegen gehabt hätten, und im Urteil eine Auseinandersetzung mit diesen Angaben vermißt, ist ihm zu erwidern, daß es sich hier um die Wiedergabe von Besprechungen handelt, die nach den Angaben des Johann B einige Zeit vor dem Abschluß des gegenständlichen Kaufvertrags stattgefunden haben und damals zu keinem Ergebnis führten. Der Inhalt dieser Besprechungen und somit auch allfällige darüber bestehende Widersprüche in den Angaben der Beteiligten betreffen daher ebenfalls keine entscheidenden Umstände. Maßgebend ist lediglich, ob Johann und Elisabeth B im Zeitpunkt ihrer Zustimmungserklärung durch vom Beschwerdeführer gemachte oder von ihn veranlaßte Mitteilungen über die Höhe des wahren Kaufpreises getäuscht worden sind und ob sie zufolge dieser Täuschung auf die Geltendmachung des ihnen zustehenden Vorkaufsrechtes verzichtet haben. Diesbezüglich hat das Erstgericht die klare Feststellung getroffen, daß sich die Vorkaufsberechtigten Johann und Elisabeth B im Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmungserklärung zum Kaufvertrag zwischen Juliane und Werner A in einem vom Angeklagten vorsätzlich veranlaßten Irrtum über die Höhe des von ihm für den Liegenschaftsanteil zu bezahlenden Kaufpreises befanden und demzufolge auf die Geltendmachung ihres Vorkaufsrechts verzichteten. Aus der Aussage des Zeugen Johann B (S. 38, 158) ergibt sich nämlich eindeutig, daß ihm vom Angeklagten kurz vor der Unterfertigung der Verzichtserklärung mitgeteilt worden war, daß nunmehr auch er (der Angeklagte) 150.000 S bezahlen müsse (vgl. auch die Aussagen der Zeugen Elisabeth B S. 166 und Juliane A S. 52, 145 ff., 211 ff.). Diese Feststellungen des Erstgerichts betreffend die vom Angeklagten (mittelbar oder unmittelbar) bewirkte Täuschung des Ehepaars B finden demnach in den Verfahrensergebnissen volle Deckung. Die Mängelrüge erweist sich somit, indem sie im wesentlichen darzulegen sucht, aus den Verfahrensergebnissen hätten auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen gezogen werden können, als eine im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässige und darum unbeachtliche Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung.
Die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
über die Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).
Anmerkung
E01580European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00141.78.1025.000Dokumentnummer
JJT_19781025_OGH0002_0100OS00141_7800000_000