TE OGH 1979/1/23 11Os168/78

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Veröffentlicht am 23.01.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Jänner 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Liebetreu als Schriftführer in der Strafsache gegen Gustav A wegen des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 Suchtgiftgesetz über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 27. Juni 1978, GZ. 14 Vr 1213/76-49, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt DDr. Buchberger, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Verfallsersatzstrafe aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

'Gemäß dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG wird der Angeklagte Gustav A zu einer Verfallsersatzstrafe in der Höhe von S 13.650,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zu 3 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.'

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 31. Mai 1952 geborene Vermessungstechniker Gustav A des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG (zum Teil als Beteiligter im Sinne der 3. Alternative des § 12 StGB) schuldig erkannt und zu einer (zusätzlichen) Freiheitsstrafe, sowie gemäß dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG zu einer Verfallsersatzstrafe von S 18.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einem Monat Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen erwarb der Angeklagte im November und Dezember 1975 vom abgesondert verfolgten Peter B mindestens 30 g Morphiumpulver und veräußerte während weniger Wochen hievon um den Preis von ca. S 1.000,-

pro l g insgesamt mindestens 10 g an Viktor C und insgesamt mindestens 20 g an Othmar D; den Erlös lieferte er unter Abzug einer 10 %-igen Provision an Peter B ab (Schuldspruchfaktum I/). Ferner vermittelte er Viktor C (und zwei weitere in dessen Begleitung befindliche Burschen) an Herbert E, von dem in Gmunden und auch dem Angeklagten selbst bekannt geworden war, daß er in größerer Menge Haschisch besitze. Tatsächlich hatte dieser an einem Haschischtransport von größerem Ausmaß teilgenommen und war in der Lage, dem Viktor C in der Folge insgesamt mindestens 2,7 kg Haschisch zu verkaufen (Schuldspruchfaktum II/). In subjektiver Hinsicht nahm das Erstgericht als erwiesen an, der Angeklagte habe billigend in Kauf genommen, daß durch seine Tätigkeit eine Gemeingefahr (im Sinne des § 6 Abs. 1 SuchtgiftG) herbeigeführt werden könne.

Dem Ausspruch über die Verfallsersatzstrafe liegt der beim Verkauf von 20 g Morphiumpulver an Othmar D erzielte Erlös von S 18.000,-- zugrunde.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Ansehung des Schuldspruchfaktums I/ erblickt der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes darin, daß ihm das Erwerben und Inverkehrsetzen von mindestens 30 g Morphiumpulver angelastet werde, obwohl sich aus dem (in der Hauptverhandlung gemäß dem § 252 vorl. Absatz StPO verlesenen) Akt 14 Vr 1212/76 des Kreisgerichtes Wels betreffend (Ernst) Peter B ergebe, daß es sich nur um 15 g Morphiumpulver gehandelt habe, die auf 30 g gestreckt worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge ist unbegründet. Die Urteilsannahme, es habe sich bei der an Viktor C und Othmar D weitergegebenen Suchtgiftmenge um mindestens 30 g gehandelt, ist durch die eigene Verantwortung des Angeklagten voll gedeckt (vgl. S. 9 ff, 48, 325 d. A) und daher (schon) durch den erstgerichtlichen Hinweis auf diese Verantwortung zureichend begründet. Im übrigen hat das Erstgericht ohnedies als erwiesen angenommen, daß das von Peter B erworbene Suchtgift 'gestreckt', d. h. durch Zusätze verdünnt gewesen sei (vgl. S. 339 d. A), weshalb im gegebenen Zusammenhang von einer Unvollständigkeit oder Undeutlichkeit des Urteils gleichfalls nicht gesprochen werden kann. Das Gericht hat zudem auf den Umstand, daß in Ansehung des Schuldspruchfaktums I/ mindestens 30 g - 'gestrecktes' - Morphiumpulver das Deliktsobjekt bildete, auch bei Beurteilung der Frage einer Gemeingefahr im Sinne des § 6 Abs. 1

SuchtgiftG Rücksicht genommen und eine schon durch das Inverkehrsetzen dieser Suchtgiftmenge herbeigeführte abstrakte Gefährdung im Hinblick auf die bei Morphin anzunehmende Grenzmenge von 1,5 g (vgl. 9 Os 64/78) - rechtlich zutreffend - bejaht (S 340 f d. A).

In Bekämpfung des Schuldspruches laut Punkt II/ des Urteilssatzes wendet sich der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit gemäß der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gegen die Urteilsfeststellung, er habe gewußt, daß Herbert E Haschisch in größerer Menge zur Verfügung habe, sowie - sachlich aus den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO - gegen den Ausspruch, er habe durch sein Verhalten zur Ausführung der in Rede stehenden Tat (des Inverkehrsetzens von 2,7 kg Haschisch) unterstützend beigetragen.

Auch insoweit ist die Beschwerde nicht im Recht.

Nach der eigenen Verantwortung des Angeklagten bestand seine Tätigkeit darin, daß er den an Haschisch interessierten Viktor C mit Herbert E in der Annahme, daß dieser im Besitz von Haschisch sei und solches verkaufe, persönlich bekannt machte (vgl. S. 47 a, 235, 326 d. A); damit ermöglichte er den Erwerb von Haschisch durch Viktor C und förderte so ein Inverkehrsetzen dieses Suchtgiftes. Sein Tatverhalten stellt sohin einen in kausaler Beziehung zur tatbildmäßigen Handlung stehenden 'sonstigen Tatbeitrag' im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB dar (vgl. LSK 1977/87). In subjektiver Hinsicht verlangt Strafbarkeit eines solchen Tatbeteiligten, daß dieser die Ausführung der Tat durch den unmittelbaren Täter will, sein Vorsatz also auf die Verwirklichung des tatbildmäßigen Erfolges gerichtet ist. Hiebei reicht es aber aus, daß der die Tatausführung (bloß) unterstützende Täter die Umstände der Tat, an der er sich beteiligt, mit ihren wesentlichen Merkmalen erkannt und in seinen Vorsatz aufgenommen hat. Daß er alle Modalitäten der Tat bis ins Detail kennt, ist hingegen nicht erforderlich (vgl. SSt 45/27 u.a.).

So gesehen steht der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, er habe keine Ahnung gehabt, wieviel Haschisch Viktor C in der Folge tatsächlich von Herbert E erworben habe, seinem Schuldspruch wegen § 6 Abs. 1 SuchtgiftG in der Erscheinungsform des § 12 StGB, dritte Alternative, nicht entgegen, soferne er nur (zumindest) ernstlich bedachte und sich damit positiv abfand, daß als Folge seines Handelns Haschisch in solchen Mengen in Verkehr gesetzt werden würde, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen kann. Dies ist aber schon bei relativ geringen Haschischmengen (etwa ab 100 g /vgl.

Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze, 550; SSt 45/10/) und immer dann der Fall, wenn das Inverkehrsetzen des Suchtgiftes (in einer den Grenzbereich übersteigenden Menge) auf eine solche Art erfolgt, daß der Täter die Folgen seiner Handlung nicht beliebig zu bestimmen und zu begrenzen vermag. Eben diese Voraussetzungen hat das Erstgericht aber bejaht, da es auf Grund der Verfahrensergebnisse in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) die überzeugung gewann, der Angeklagte habe gewußt, daß Herbert E eine 'größere', d. h. eine die Grenzmenge jedenfalls übersteigende Haschischmenge in seinem Besitz hatte, und zumindest billigend in Kauf genommen, daß mit seiner Vermittlung eines sich mit Rauschgifthandel befassenden Abnehmers für das von Herbert E zum Verkauf angebotenen Suchtgift eine (abstrakte) Gemeingefahr (im dargelegten Sinn) verbunden war (vgl. S. 341 d. A). Ob er von der tatsächlichen Größe des Suchtgiftvorrates des Genannten und der an Viktor C gelangten und von diesem umgesetzten Haschischmenge Kenntnis hatte, ist demnach nicht entscheidungswesentlich. Ebensowenig kommt der vom Erstgericht angestellten Erwägung, ob der Angeklagte dadurch, daß für ihn (angeblich) die Hoffnung bestand, den Absatzmarkt des von ihm vertriebenen Morphiumpulvers zu vergrößern, an der Geschäftsvermittlung partizipieren wollte, rechtliche Bedeutung zu, sodaß sich ein weiteres Eingehen auf den bezüglichen Beschwerdeeinwand der - nach dem bisher Gesagten insgesamt unbegründeten - Mängelrüge erübrigt.

Teilweise berechtigt ist die Beschwerde hingegen, soweit sie sich gegen den Ausspruch über die Verfallsersatzstrafe richtet, und darin - der Sache nach primär aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO - geltend gemacht wird, daß bei deren Bemessung auf die in anderen strafgerichtlichen und finanzstrafbehördlichen Verfahren ausgesprochenen Verfalls- und Wertersatzstrafen Rücksicht zu nehmen gewesen wäre.

Die als Verfallsersatz fungierende Geldstrafe nach dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG und der Wertersatz nach dem § 19

FinStrG haben im wesentlichen den (gleichen) Zweck, den Täter an seinem Vermögen zu treffen und ihm jeden Vorteil aus der Straftat zu nehmen bzw. Ersatz dafür zu schaffen, daß die den Gegenstand der strafbaren Handlung bildenden Sachen nicht mehr ergriffen werden können. Verfallsersatzstrafe und Wertersatz können demnach hinsichtlich ein und desselben Tatgegenstandes nicht in kumulativer Form nebeneinander voll bestehen. Ein von der Finanzstrafbehörde ausgesprochener Wertersatz hindert daher das Gericht zwar nicht, seinerseits in bezug auf dasselbe (nicht ergriffene) Suchtgift eine Verfallsersatzstrafe nach dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG zu verhängen; bei Bemessung ihrer Höhe muß aber jener Betrag abgezogen werden, der bereits von der Finanzstrafbehörde als Wertersatz verhängt wurde (LSK 1978/102).

Für das vorliegende Verfahren folgt daraus, daß in Ansehung der 20 g Morphiumpulver, das an Othmar D veräußert wurde, über den Angeklagten eine Verfallsersatzstrafe nur insoweit verhängt werden durfte, als diese Suchtgiftmenge nicht von dem ihm im finanzstrafbehördlichen Verfahren auferlegten Wertersatz betroffen war. Eine Prüfung dieser auch eine prozessuale Tatsache betreffenden Frage durch den Obersten Gerichtshof kann an Hand der Akten erfolgen (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, Nr. 5 ff zu § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO und Nr. 8 ff zu § 288 StPO). Sie ergibt, daß vom Zollamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz über den Angeklagten eine Wertersatzstrafe von S 7.250,-- verhängt wurde, wovon - legt man die Annahme der Finanzstrafbehörde zugrunde, daß (bloß) 18 g der insgesamt 30 g (gestreckten) Morphiumpulvers an Othmar D gelangten - auf die gegenständliche Suchtgiftmenge ein Anteil von S 4.350,-- entfällt (vgl. Akten StrafL. Nr. 481, 483 - 487/76 des Zollamtes Linz, insbesondere Band I, S. 16). Eine Verurteilung des Angeklagten aus dem Grunde des § 6 Abs. 4 SuchtgiftG ist sohin nur mehr hinsichtlich eines Differenzbetrages von S 13.650,-- zulässig.

Keine Berücksichtigung konnten hingegen die Wertersatzstrafen finden, die in bezug auf die in Rede stehende Suchtgiftmenge über Peter B und Othmar D verhängt wurden. Bei deliktischen Manipulationen mehrerer Beteiligter (§ 12 StGB) kann zwar die in § 6 Abs. 4 SuchtgiftG normierte Geldstrafe insgesamt nur einmal bis zur Höhe dieses Betrages auferlegt werden (vgl. LSK 1977/106 u.a.); im vorliegenden Fall lag jedoch hinsichtlich der Weitergabe von Suchtgift keine 'Beteiligung' des Peter B und des Othmar D an dem vom Angeklagten verübten Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG, sondern eine Reihe nacheinander verübter selbständiger Straftaten vor (vgl. S. 340 d. A), sodaß eine Aufteilung der Verfallsersatzstrafe auf die einzelnen Täter nicht zu erfolgen hatte (vgl. LSK 1977/339 = EvBl.

1978/64).

Es war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde

spruchgemäß zu erkennen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten unter Bedachtnahme gemäß den § 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 18.2.1976, GZ 23 Vr 116/75-47, eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägige Vorstrafe (4 U 73/74 des Bezirksgerichtes Gmunden), als mildernd hingegen das Geständnis des Angeklagten sowie dessen Wohlverhalten seit Begehung der Tat.

Mit seiner Berufung bekämpft der Angeklagte das Strafausmaß und strebt die Anwendung der bedingten Strafnachsicht an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe, die allerdings dahin zu ergänzen sind, daß als weiterer Erschwerungsgrund noch die Wiederholung der Tathandlungen hinzutritt, im wesentlichen richtig festgestellt und gewürdigt.

Der vom Berufungswerber ins Treffen geführte Umstand, daß er im Schuldspruchfaktum II nur einen Tatbeitrag i.S. der 3. Alt. des § 12 StGB geleistet hat, wird durch die Tatsache, daß er alle hier angelasteten Straftaten während eines gegen ihn geführten Strafverfahrens wegen gleichartiger Delinquenz beging, bei weitem aufgewogen. Die Milderungsgründe überwiegen auch keinesfalls die Erschwerungsgründe beträchtlich, sodaß eine außerordentliche Strafmilderung gemäß dem § 41

StGB schon deshalb nicht in Frage kommt. Die verhängte Freiheitsstrafe entspricht vielmehr dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Täters.

Berücksichtigt man, daß der Angeklagte trotz eines in der gleichen Richtung gegen ihn anhängigen Strafverfahrens, in dem er überdies vorübergehend in Haft genommen worden war, erneut straffällig wurde, so kann bereits aus spezialpräventiven Erwägungen eine bedingte Strafnachsicht nicht gewährt werden.

Der Berufung war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01709

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00168.78.0123.000

Dokumentnummer

JJT_19790123_OGH0002_0110OS00168_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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