TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/26 2002/03/0175

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Veröffentlicht am 26.04.2005
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Index

L65503 Fischerei Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
FischereiG NÖ 1988 §14 Abs1 lite;
FischereiG NÖ 1988 §17;
MRKZP 07te Art4;
StGB §202 Abs1;
StGB §5;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H S in H, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 23. April 2002, Zl. LF1-Fi-70, betreffend Entziehung der Fischerkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchteil I des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer im Instanzenzug gemäß § 17 iVm § 14 Abs 1 lit e NÖ Fischereigesetz 1988, LGBl 6550-2 (NÖ FG), die ihm am 31. März 2000 von der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (BH) ausgestellte Fischerkarte mit der fortlaufenden Nr 14/00, Seriennummer 74452, für ungültig erklärt und eingezogen sowie der Beschwerdeführer verpflichtet, diese nach Rechtskraft des Bescheides unverzüglich der Ausstellungsbehörde vorzulegen. Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer die Ausstellung einer neuen Fischerkarte auf die Dauer eines Jahres, gerechnet ab Eintritt der Rechtskraft des Bescheides, verweigert.

Begründend führte die Behörde zu Spruchteil I im Wesentlichen aus, die erstinstanzliche Entscheidung der BH sei damit begründet worden, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 27. April 1998 zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Dem Beschwerdeführer sei ohne Ermittlung der für die Verweigerung der Fischerkarte relevanten Vorstrafen am 31. März 2000 eine Fischerkarte ausgestellt worden. Nach Ausstellung sei von der BH amtswegig eine Überprüfung eingeleitet worden, ob Entziehungsgründe im Sinne des § 17 Abs 1 NÖ FG vorlägen. Im Strafregisterauszug der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. April 2000 seien mehrere Verurteilungen im Sinne des § 14 Abs 1 lit e NÖ FG ersichtlich gewesen. Zwar stelle die Unterlassung eines Ermittlungsverfahrens über das Vorhandensein allfälliger Verweigerungsgründe einen Verstoß gegen § 39 Abs 2 AVG iVm § 14 Abs 1 NÖ FG dar, jedoch könne dies auf Grund des klaren Wortlautes des § 17 Abs 1 NÖ FG nicht hindern, dass ein (nachträglicher) Entzug der Fischerkarte nach § 17 Abs 1 NÖ FG ausgesprochen werden müsse, wenn solche Gründe schon zum Zeitpunkt der Ausstellung objektiv gegeben, der Ausstellungsbehörde aber erst später bekannt geworden seien. § 14 Abs 1 lit e NÖ FG fordere keinen inhaltlichen Konnex zwischen der begangenen Straftat und der Fischerei, vielmehr reiche es aus, dass Verurteilungen wegen vorsätzlich begangener gerichtlicher Strafhandlungen in dem dort näheren beschriebenen Ausmaß vorlägen, lediglich bei fahrlässig begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen könne ein Bezug zur Fischerei hergestellt werden. Die Berücksichtigung der im Strafregister ausgewiesenen Straftat durch die BH entspreche damit den rechtlichen Voraussetzungen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH), welcher die Beschwerde mit Beschluss vom 26. Juni 2002, B 1019/02, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich seinem gesamten Vorbringen nach gegen Spruchteil I des angefochtenen Bescheides und erachtet sich im Recht verletzt, dass ihm die Fischerkarte nicht gemäß § 17 Abs 1 NÖ FG entzogen werde.

Gemäß § 17 Abs 1 NÖ FG hat die Ausstellungsbehörde die Fischerkarte für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn ein Verweigerungsgrund nach § 14 Abs 1 NÖ FG nach deren Ausstellung bekannt wird oder eintritt. Gleichzeitig ist auszusprechen, für welchen Zeitraum keine neue Fischerkarte ausgestellt werden darf. Eine bereits geleistete Fischerkartenabgabe ist dabei nicht zurückzuzahlen.

Gemäß § 14 Abs 1 lit e NÖ FG darf eine Fischerkarte nicht an Personen ausgestellt werden, die wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung oder wegen einer fahrlässig begangenen gerichtlich strafbaren Beeinträchtigung der Umwelt oder Gefährdung des Tier- oder Pflanzenbestandes zu

o einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten oder o zu einer Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen oder o öfter als zweimal zu geringeren Strafen

rechtskräftig verurteilt worden sind, und zwar längstens bis zur Tilgung der Verurteilung.

Die Beschwerde bestreitet nicht das Vorliegen von Vorstrafen, insbesondere nicht das von der belangten Behörde herangezogene strafgerichtliche Urteil vom 27. April 1998, sondern führt gegen die Entziehung der Fischerkarte zwei Argumente ins Treffen:

Zunächst sei die Entziehung deshalb unzulässig gewesen, weil der Entziehungsgrund bereits bei Erteilung der Fischerkarte vorgelegen und der Ausstellungsbehörde - bei ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren - bekannt hätte sein müssen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Ausstellungsbehörde nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes (vgl § 17 Abs 1: "nach deren Ausstellung bekannt wird") verpflichtet ist, die Fischerkarte für ungültig zu erklären und einzuziehen, auch wenn ein Verweigerungsgrund nach § 14 Abs 1 NÖ FG nach deren Ausstellung bekannt wird. Ob dieser Verweigerungsgrund der belangten Behörde bekannt hätte sein müssen, ist nach dem Gesetz unerheblich.

Weiters bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde habe rechtsirrig in der vorliegenden Verurteilung einen Verweigerungsgrund erblickt. Eine verfassungskonforme Interpretation des § 14 NÖ FG (gestützt auf das Sachlichkeitsprinzip und das Doppelbestrafungsverbot) führe nämlich zum Ergebnis, dass nur Verurteilungen zu einer Entziehung der Fischerkarte führen dürften, die mit der Fischerei und deren Interessen in sachlichem Zusammenhang stünde.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der Wortlaut des § 14 Abs 1 lit e NÖ FG zwischen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen einerseits und fahrlässig begangenen gerichtlich strafbaren Beeinträchtigungen der Umwelt oder Gefährdung des Tier- oder Pflanzenbestandes andererseits unterscheidet. Das Gesetz verlangt keinen weiteren Konnex der Bestrafung zur Fischerei. Es genügt vielmehr, wenn die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 14 Abs 1 lit e NÖ FG (rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten, zu einer Geldstrafe zu mehr als 120 Tagessätzen oder öfter als zweimal zu geringeren Strafen längstens bis zur Tilgung der Verurteilung) erfüllt ist.

Im vorliegenden Fall stützt die belangte Behörde die Entziehung der Fischerkarte auf ein Urteil des Landesgerichtes Leoben, mit dem der Beschwerdeführer zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Der angefochtene Bescheid enthält keinerlei Feststellungen darüber, ob der Beschwerdeführer wegen einer vorsätzlich begangenen Handlung verurteilt worden ist, ob diese Verurteilung rechtskräftig ist und wann diese getilgt sein werde. Dieser Verfahrensmangel wurde jedoch von der Beschwerde nicht geltend gemacht und konnte auch im Hinblick darauf, dass die Verurteilung nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage wegen § 202 Abs 1 StGB (geschlechtliche Nötigung) erfolgte, somit ein Vorsatzdelikt betraf (vgl hiezu etwa das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 4. März 2004, 15 Os 175/03), im Sinn des § 42 Abs 1 lit c VwGG nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen.

Soweit der Beschwerdeführer dem Wortlaut des Gesetzes entgegen verfassungsrechtliche Argumente für seine Rechtsansicht vorbringt, ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof seine Beschwerde mit dem zitierten Beschluss vom 26. Juni 2002 abgelehnt hat und in diesem Beschluss ausgeführt hat, das spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen zur Beurteilung der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen seien. Dem schließt sich der Verwaltungsgerichtshof an, zumal es unter dem Gesichtspunkt des bundesverfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes sachlich gerechtfertigt ist, wenn das Gesetz bei Vorliegen der in § 14 Abs 1 lit e NÖ FG genannten Verurteilungen die Ausstellung einer Fischerkarte verweigert, da diese die Annahme rechtfertigen, die betroffenen Personen böten keine Gewähr für die Einhaltung der fischerreirechtlichen Vorschriften oder für die ordnungsgemäße Ausübung der Fischerei (vgl hiezu § 14 Abs 1 lit f NÖ FG). Von einem Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot kann von daher keine Rede sein.

Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 26. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002030175.X00

Im RIS seit

30.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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