TE OGH 1979/2/13 13Os191/78

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Veröffentlicht am 13.02.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Februar 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Bernardini, Dr. Müller und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführers in der Strafsache gegen Frasiwulos A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 129 Z. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Frasiwulos A und die Berufungen des Angeklagten Peter B und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich Peter B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 6. Oktober 1978, GZ. 6 e Vr 5.107/78-33, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Kreissl sowie Dr. Eichenseder und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. das erstgerichtliche Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der unter den Punkten IV und V des Urteilsspruches bezeichneten Taten des Angeklagten Frasiwulos A als das Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. (Punkt V) sowie 'überdies' als das Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 '3.Fall' SuchtgiftG.

(Punkt IV), demzufolge auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch sowie im Verfallsausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Frasiwulos A hat durch die zu den Punkten IV und V des Urteilsspruchs bezeichneten Taten das Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 1 und 2 und Abs. 2 SuchtgiftG.

begangen und wird hiefür sowie für die unter den Punkten I, II und III des Urteilsspruchs angeführten strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 129 Z. 1

StGB. sowie das Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 15 StGB., nach § 129 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. und mit Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 5.September 1978, GZ. 6 a E Vr 2.083/78-35, zu einer Freiheitsstrafe von 23 (dreiundzwanzig) Monaten als Zusatzstrafe verurteilt.

Gemäß dem § 9 Abs. 3 SuchtgiftG. wird der am 12.März 1978 bei Frasiwulos A vorgefundene Suchtgiftvorrat (PZ. 1, S. 25 in ON. 2 d. A.) für verfallen erklärt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Frasiwulos A auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Berufungen des Angeklagten Peter B und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. haben die beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die zuletzt beschäftigungslosen Angeklagten Frasiwulos A und Peter B des Verbrechens des Diebstahls 'teils' durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 129 Z. 1 StGB., des Vergehens der teils vollendeten und teils versuchten 'unbefugten Inbetriebnahme eines Fahrzeuges' (richtig: des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen) nach § 136 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 15 StGB. sowie des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG., Frasiwulos A 'überdies' des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 '3. Fall' SuchtgiftG. schuldig erkannt. Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes beschlossen die Angeklagten in der Nacht zum 30.Juni 1978, in eine Apotheke in Wien XI einzubrechen und Suchtgifte zu stehlen. Um damit zum Tatort zu gelangen, versuchten sie nacheinander zwei auf einem Parkplatz in Wien X (versperrt) abgestellte Personenkraftwagen nach Einschlagen je eines Seitenfensters in Betrieb zu setzen, doch gelang es ihnen nicht, die Lenkradsperre zu überwinden; aus einem dieser Fahrzeuge stahlen sie Lederhandschuhe und eine Schreckschußpistole. Einen dritten Personenkraftwagen setzten die Angeklagten schließlich nach Aufreißen der Fahrzeugtür durch Kurzschließen der Zündkabel und Anschieben in Gang und fuhren damit bis in die Nähe der Apotheke, aus welcher sie durch Einbruch suchtgifthaltige Medikamente (im Wert von S 299,80) erbeuteten. Die Angeklagten hatten schon seit Dezember 1977 wiederholt unberechtigt Suchtgifte erworben und in Besitz gehabt. Der 27-jährige Frasiwulos A hatte außerdem im Juni 1978 dem damals erst 18-jährigen Peter B, den er nach den Urteilsfeststellungen für etwa 20 Jahre alt hielt, dadurch vorsätzlich den Verbrauch eines Suchtgiftes ermöglicht, daß er ihm Codeinlösung und Codeintabletten überließ, zu deren Bezug B nicht berechtigt war.

Der Angeklagte Frasiwulos A bekämpft dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. nur insoweit, als ihm in Punkt IV des Urteilsspruchs mit Beziehung auf das durch überlassen von Codeinlösung und Codeintabletten an Peter B begangene Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 1 SuchtgiftG. das Alter des Genannten unter 21 Jahren als strafsatzerhöhender Umstand im Sinn des Abs. 2 erster Satz der zitierten Gesetzesstelle angelastet wurde. Er vermißt in diesem Zusammenhang eine urteilsmäßige Feststellung, daß ihm die über das Volljährigkeitsalter (des bürgerlichen Rechtes) hinausgehende (Schutz-) Altersgrenze des § 9 Abs. 2 SuchtgiftG. (Vollendung des 21. Lebensjahres) bekannt und geläufig war.

Mit dieser Rüge wird der Sache nach ein Rechtsirrtum releviert. Ein solcher ist jedoch nach § 9 StGB. nur dann beachtlich, wenn er den Täter das Unrecht der Tat verkennen läßt (und ihm nicht vorzuwerfen ist). Ein Rechtsirrtum von der Art des hier behaupteten, der bloß einen Umstand betrifft, von dem die erhöhte Strafbarkeit eines vom Täter als rechtswidrig erkannten Deliktsverhaltens abhängt, ist ebenso unbeachtlich wie sonst ein lediglich die rechtliche Qualifikation der Tat betreffender Subsumtionsirrtum. Im übrigen hatte sich der u.a. auch schon nach der in Rede stehenden (strafsatzerhöhenden) Norm des § 9 Abs. 2 SuchtgiftG. (weil er vorsätzlich noch nicht 21 Jahre alten Personen den Verbrauch von Suchtgiften ermöglicht hatte: Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.April 1975, GZ. 6 e Vr 654/75-47) vorbestrafte Beschwerdeführer inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolles gar nicht mit einem diesbezüglichen Rechtsirrtum verantwortet. Für das Erstgericht bestand darum kein Anlaß, sich in seinem Urteil mit der in der Nichtigkeitsbeschwerde aufgeworfenen Frage zu befassen.

Da der strafsatzerhöhende Umstand, daß Peter B das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, nach den Urteilsfeststellungen vom (zumindest bedingten) Vorsatz des Beschwerdeführers umfaßt war, ist die angefochtene rechtliche Beurteilung fehlerfrei. Das Urteil enthält auch die ausdrückliche Konstatierung, daß dem Beschwerdeführer die Nichtberechtigung des Peter B zum Bezug der überlassenen Suchtgifte bekannt war; schon deshalb erweist sich die (weitere) Behauptung eines Feststellungsmangels in diesem Bereich der subjektiven Tatseite als grundlos.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war darum zu verwerfen.

Nicht geltend gemacht wurde vom Beschwerdeführer die seinem Schuldspruch wegen zweier Vergehen nach § 9 SuchtgiftG., nämlich nach Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 sowie - gesondert - nach Abs. 1 Z. 2 dieser Gesetzesstelle (Punkte IV und V des Urteilsspruchs) allerdings anhaftende Nichtigkeit nach der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt aussprach (ÖJZ-LSK.

1977/169 u.a.m.), handelt es sich bei den in Z. 1 und 2 des § 9 Abs. 1 SuchtgiftG. angeführten Begehungsformen um bloße Modifikationen eines und desselben Delikts und fällt dem Täter auch bei Zusammentreffen mehrerer dieser Begehungsarten nur ein Vergehen nach § 9 SuchtgiftG. zur Last. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - das Grunddelikt in Ansehung einer der zusammentreffenden Deliktsfälle mit einem nach § 9 Abs. 2 SuchtgiftG.

strafsatzerhöhenden Umstand beschwert ist. Rechtsrichtig hat der Angeklagte A wegen der in den Punkten IV und V des Urteilsspruchs bezeichneten Taten nur ein Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 1 und 2 und Abs. 2 SuchtgiftG. zu verantworten. Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. war daher von Amts wegen vorzugehen und spruchgemäß zu erkennen. Die dadurch in Ansehung des Angeklagten A notwendig werdende Teilaufhebung des Urteils hatte auch den (unteilbaren) Verfallsausspruch zu erfassen, bei dessen Erneuerung darauf Bedacht zu nehmen war, daß die Angeklagten die in diesem Verfahren am 30. Juni 1978 und danach sichergestellten suchtgifthaltigen Medikamente (Morphium, Heptadon, Modiscop), welche Gegenstand ihres Deliktsverhaltens nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. waren (ON. 13 d. A.), durch Diebstahl aus einer Apotheke (Punkt I/1 des Urteilsspruchs) in ihren Gewahrsam brachten. Der (überwiegende) Charakter des in § 9 Abs. 3 SuchtgiftG. normierten Verfalls als vorbeugende Maßnahme nötigt zur sinngemäßen Beachtung des § 26 Abs. 2 StGB.: Darnach kommt der Verfall von Suchtgiften dann nicht in Betracht, wenn eine Person darauf Anspruch erheben kann, die - wie der Inhaber der vorliegend von den Tätern bestohlenen öffentlichen Apotheke gemäß § 2 Abs. 5 und 3 Abs. 1 SuchtgiftG. - zum Erwerb und Besitz der betreffenden Suchtgifte berechtigt ist und zugleich Gewähr dafür bietet, daß diese Suchtgifte nicht zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet werden.

Dem Verfall unterliegt sohin nur das schon am 12.März 1978 im unbefugten Besitz (§ 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG.) des Angeklagten Frasiwulos A vorgefundene Stück Haschisch unbekannter Herkunft (S. 25 in ON. 2 d.A.).

Diese Vorgangsweise hatte im Fall des Angeklagten Frasiwulos A eine Neubemessung der Strafe zur Folge, und zwar nach dem Strafsatz des § 129 StGB.

unter Anwendung der Bestimmung des § 28 StGB. sowie mit Bedachtnahme auf die § 31, 40 StGB. (Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 5.September 1978, AZ. 6 a E Vr 2.083/78).

Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, die Wiederholung von Straftaten, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall, mildernd hingegen das Geständnis, eine gewisse Enthemmung durch Medikamentenbzw. Alkoholkonsum, die teilweise objektive Schadensgutmachung und daß es teilweise beim Versuch blieb. Angesichts dieser Strafzumessungsgründe erschien dem Obersten Gerichtshof die Verhängung einer Zusatzstrafe in dem schon in erster Instanz gefundenen Ausmaß sowohl schuld- als auch tatangemessen, wobei insbesondere darauf Rücksicht zu nehmen war, daß dem Angeklagten nunmehr schon wiederholt gleichartiger Rückfall zur Last liegt.

Der Angeklagte A war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Das Landesgericht verurteilte den Zweitangeklagten Peter B nach dem Strafsatz des § 128 StGB. unter Anwendung der Bestimmung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten. Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die mehreren Angriffe, die einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall, mildernd das Geständnis, die Enthemmung durch Medikamenten- bzw. Alkoholkonsum, die teilweise objektive Schadensgutmachung (in Verbindung mit dem relativ geringen Schaden), ferner das Alter unter 21 Jahren und daß es teilweise beim Versuch blieb.

Die Berufung des Angeklagten B richtet sich gegen das Strafausmaß,

desgleichen die der Staatsanwaltschaft.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Abgesehen davon, daß hier der ungünstige Einfluß, den der Erstangeklagte A ausübte, als zusätzlicher Milderungsgrund in Betracht kommt, wurden die gegebenen Strafzumessungsumstände bereits in erster Instanz nicht nur im wesentlichen zutreffend und vollzählig festgestellt, sondern im Ergebnis auch richtig gewürdigt:

Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs entspricht die zuerkannte Freiheitsstrafe sowohl dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen als auch dem Verschuldensgrad des Angeklagten B, der offensichtlich unter dem ungünstigen Einfluß seines Mitangeklagten stand.

Aus diesen Erwägungen konnte beiden Berufungen kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01817

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00191.78.0213.000

Dokumentnummer

JJT_19790213_OGH0002_0130OS00191_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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