TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/26 2005/06/0035

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Veröffentlicht am 26.04.2005
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Index

25/02 Strafvollzug;

Norm

StVG §120 Abs1 Satz2 idF 2000/I/138;
StVG §122 idF 2000/I/138;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Bundesministers für Justiz gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Linz vom 6. Dezember 2002, Zl. Vk 62/02-9, betreffend 1.) ärztliche Betreuung eines Untergebrachten gemäß § 166 Z. 1 StVG und 2.) Unterbrechung einer Unterbringung gemäß § 166 Z. 2 StVG (mitbeteiligte Partei: GG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der Antrag der belangten Behörde auf Ersatz ihres Schriftsatz- und Vorlageaufwandes wird abgewiesen.

Begründung

Der mehrfach (vor allem wegen der Begehung von Vermögensdelikten) vorbestrafte und in Strafhaft angehaltene Mitbeteiligte war mit Urteil des Landesgerichtes S. vom 12. Oktober 2000 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Jahren verurteilt worden. Gleichzeitig war seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 2 StGB angeordnet worden. Der nach dem Strafantritt am 17. Oktober 2000 gemäß § 24 Abs. 1 StGB vorweg angeordnete Maßnahmevollzug ist - soweit im Beschwerdefall von Bedeutung zuletzt - bis zur bedingten Entlassung des Mitbeteiligten am 20. Dezember 2004 in der Justizanstalt G. erfolgt.

Im vorgenannten Urteil des Landesgerichtes S. wurde unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. M. ausgeführt, dass es während des Maßnahmevollzuges einer längerfristigen stimmungsstabilisierenden Therapie bedürfte.

Am 1. Februar 2001 wurde der Mitbeteiligte von einer Mitarbeiterin des psychiatrischen Dienstes (Dr. H.) untersucht, die unter Hinweis auf das Vorgutachten Dris. M. ausführte, "am ehesten vorstellbar wäre für ihn eine Einzeltherapie".

In der psychologischen Stellungnahme zur Klassifizierung des Mitbeteiligten gab Dr. C. nach Exploration am 26. Februar 2001 (zusammenfassend) folgende Stellungnahme und Empfehlung ab:

"Gegenwärtig lässt er zwar einen gewissen Leidensdruck erkennen, allerdings besteht kaum eine ernsthafte Bereitschaft zu einer Verhaltensänderung hinsichtlich deliktrelevanter Bereiche. Die Einleitung einer intensiven psychotherapeutischen Behandlung ist daher derzeit nicht indiziert. Die Motivationslage zur psychotherapeutischen Behandlung sollte etwa 2 Jahre vor Strafende (Anm.: dieses war mit 20. Mai 2005 errechnet worden) neuerlich geprüft werden. ..."

Dr. S., ein Mitarbeiter des psychiatrischen Dienstes der Justizanstalt G., bestätigte diese Beurteilung nach Untersuchung des Mitbeteiligten und führte am 5. Juni 2001 aus, die Ernsthaftigkeit und somit ausreichende Motivation zur Einleitung einer mehr oder weniger intensiven Psychotherapie müsse weiterhin geprüft werden, könne derzeit jedoch als (noch) nicht ausreichend tituliert werden. Eine Nachprüfung werde in Abständen von 6 - 8 Wochen empfohlen.

In einem gerichtlich eingeholten psychiatrischen Gutachten führte der Sachverständige Dr. Si. am 22. Juli 2001 aus, der Beginn einer Gesprächs-Einzeltherapie wäre anzuraten, es sei von einer längeren (mehrjährigen) Therapiedauer auszugehen.

In einem an die Direktion der Justizanstalt G. gerichteten Ansuchen vom 7. Oktober 2001 bat der Mitbeteiligte unter Bezugnahme auf dieses Gutachten um Genehmigung einer Gesprächstherapie - psychotherapeutische Behandlung. Am 25. November 2001 fragte er nach, ob dazu bereits eine Entscheidung vorliege.

Über neuerliche Urgenz vom 2. Jänner 2002 teilte der (stellvertretende) Leiter der Justizanstalt G. dem Mitbeteiligten (folgt man dessen Ausführungen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof) am 3. Jänner 2002 mündlich mit, "es seien 60 Sexualattentäter im Haus und die müsse er ... mit einer Therapie vorziehen".

Am 12. Juni 2002 untersuchte Dr. S. den Mitbeteiligten neuerlich und führte in seinem Gutachten aus, der Beginn einer Einzelgesprächstherapie wäre anzuraten, um zumindest die Chance auf eine Persönlichkeitsreifung im Sinn einer postdeliktischen Entwicklung zu wahren. Diese setze eine gewisse Therapiebereitschaft bzw. Motivation zu einer Gesprächstherapie voraus. Auch wenn für den Mitbeteiligten nicht ganz nachvollziehbar gewesen wäre, wie eine entsprechende Motivationsarbeit ablaufen sollte, so müsse sein Eigenengagement bezüglich (des Beginnes einer) Gesprächstherapie doch eher noch oberflächlich gewesen sein. Diese Annahme mangelnder Therapiemotivation werde noch dadurch verstärkt, dass er auch beim heutigen Untersuchungsgespräch hauptsächlich formale Kriterien (Entlassungsdatum) für eine angestrebte Psychotherapie in den Vordergrund gestellt habe, ohne auf inhaltliche Vorstellungen einzugehen. Statt Beharrlichkeit nach neuen Terminen dürfte sich eine durch seinen narzisstischen Charakter bedingte Kränkung eingestellt haben, wobei anzumerken sei, dass auch derartige Reaktionsweisen Teil einer Therapie sein sollten. Es bestehe auch die Möglichkeit, dass gerade diese Unklarheit und die damit verbundene Kränkung zum (vielleicht unbewussten) Vorteil - gemeint sei ein Nichtzustandekommen einer Psychotherapie durch äußere Umstände - des Mitbeteiligten beigetragen hätten.

In einem vom Vollzugsgericht eingeholten Gutachten vom 23. Juli 2002 empfiehlt der psychiatrische Sachverständige Dr. Si. nach Untersuchung den Beginn einer psychotherapeutischen Einzeltherapie. Die Durchführung der Therapie sei bereits vordringlich.

Am 18. August 2002 beantragte der Mitbeteiligte die Unterbrechung der Unterbringung gemäß § 166 Z. 2 StVG, worüber der Leiter der Justizanstalt G. am 29. August 2002 ablehnend entschied.

Am 9. September 2002 erhob der Mitbeteiligte dagegen Beschwerde an die belangte Behörde. Damit verband er eine Eingabe wegen der "Verweigerung einer Psychotherapie gem. Par. 166 Ziff. 1 StVG". Er verwies darauf, dass ihm die nach § 166 Z. 1 StVG zustehende Psychotherapie entgegen § 120 StVG vorenthalten worden sei und stellte den Antrag: "Die Vollzugskammer soll dafür Sorge tragen, dass mit dem Beschwerdeführer, wie gesetzlich vorgesehen, eine Psychotherapie durchgeführt wird." Gemäß § 121 Abs. 4 StVG werde die Ausfertigung und Ausfolgung eines schriftlichen Bescheides beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde zu Punkt 1. (Verweigerung der Psychotherapie) Folge und trug dem Leiter der Justizanstalt G. auf, den Mitbeteiligten gemäß § 166 Z. 1 StVG entsprechend seinem Zustand ärztlich zu betreuen.

Zu Punkt 2. (Unterbrechung der Unterbringung nach § 166 Z. 2 StVG) wies sie die Beschwerde gegen die Entscheidung des Leiters der Justizanstalt vom 29. August 2002 als unbegründet ab.

Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und der Rechtslage führt die belangte Behörde zu Punkt 1. ihrer Entscheidung aus, der Mitbeteiligte habe in seiner - in diesem Beschwerdeverfahren erfolgten - Anhörung festgehalten, der Anstaltsleiter wäre auf Grund seiner Beschwerde wegen der Nichtdurchführung der Psychotherapie (vom 9. September 2002) verpflichtet gewesen, diesen Missstand sofort zu beenden und entsprechend seinem Weisungsrecht die Durchführung einer Therapie anzuordnen. Durch diese Unterlassung würde eine mögliche bedingte Entlassung (aus der Maßnahme) in nicht erreichbare Ferne gerückt, weil ohne Behandlung kein - dafür erforderliches - positives Gutachten zu erwarten sei.

Die Therapiemotivation sei jedenfalls ab Juli 2001 zu bejahen (wird näher ausgeführt), sodass der Anstaltsleiter Maßnahmen/Anordnungen zu treffen gehabt hätte, um den Mitbeteiligten einer ärztlichen Betreuung zuzuführen. Darauf habe jeder Untergebrachte ein subjektives Recht (wird näher ausgeführt).

Die Bestimmungen der §§ 120 Abs. 1 und 176 StVG begründeten die Möglichkeit für Untergebrachte, sich gegen jede ihre Rechte betreffende Anordnung und über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensten zu beschweren. Über Beschwerden gegen den Anstaltsleiter, dessen Verhalten oder gegen eine von ihm getroffene Entscheidung oder Anordnung habe die Vollzugskammer gemäß § 121 Abs. 1 zweiter Satz StVG zu entscheiden. Im Beschwerdefall sei kein abgeschlossenes in der Vergangenheit liegendes Verhalten, sondern eine noch andauernde Rechtsverletzung zu beurteilen. Für die Erlassung eines Feststellungsbescheides bleibe somit kein Raum. Auch dauere die Verletzung des subjektiven Rechtes nach § 166 Z. 1 StVG an, sodass eine Verfristung gemäß § 120 Abs. 2 erster Satz StVG nicht habe eintreten können. Es sei daher der im Spruch genannte Auftrag zu erteilen gewesen.

Zu Punkt 2. ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Entscheidung des Anstaltsleiters vom 29. August 2002 betreffend die Versagung einer Unterbrechung der Unterbringung sei nicht zu beanstanden. Eine solche Unterbrechung müsse zur Vorbereitung auf das Leben in Freiheit notwendig oder zweckmäßig sein. Da eine bedingte Entlassung aus der Maßnahme abgelehnt worden sei, sei bei fehlender ärztlicher Betreuung und notwendiger jahrelanger Therapie die Unterbrechung nicht indiziert. Die Beschwerde habe daher insoweit erfolglos bleiben müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Mitbeteiligte hat hiezu eine Gegendarstellung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die für das gegenständliche Verfahren maßgebenden Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes (StVG), BGBl. Nr. 144/169 idF BGBl. I Nr. 138/2000, haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Oberste Vollzugsbehörde

§ 13. (1) Oberste Vollzugsbehörde ist das Bundesministerium für Justiz.

(2) Das Bundesministerium für Justiz hat für die Errichtung, Erhaltung und Erneuerung der Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen sowie dafür vorzusorgen, dass die Anstalten entsprechend den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes betrieben werden können. Ihm stehen ferner nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Aufsicht über den gesamten Vollzug und die Einrichtung, dessen innerer Revision sowie die in den §§ 10, 18, 24, 25, 64, 69, 78, 84, 97, 101, 134 und 135 vorgesehenen Verfügungen und Entscheidungen zu.

...

Behandlung der Strafgefangenen

§ 22. ...

(3) Alle im Strafvollzug außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens ergehenden Anordnungen und Entscheidungen sind, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, ohne förmliches Verfahren und ohne Erlassung eines Bescheides zu treffen; soweit es nötig scheint, ist jedoch der wesentliche Inhalt der Anordnung oder Entscheidung im Personalakt des Strafgefangenen festzuhalten. In den Fällen der §§ 116 und 121 ist hingegen vom Anstaltsleiter oder dem damit besonders beauftragten Strafvollzugsbediensteten ein Ermittlungsverfahren durchzuführen und ein Bescheid zu erlassen. Alle im Strafvollzug ergehenden Anordnungen und Entscheidungen einschließlich der Bescheide sind den Strafgefangenen mündlich bekanntzugeben. Das Recht, eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung zu verlangen, steht den Strafgefangenen nur in den Fällen der §§ 17, 116 und 121 zu.

(4) Die Strafgefangenen sind erforderlichenfalls über den Inhalt und auch über den Sinn jeder in Ansehung ihrer Person getroffenen oder bevorstehenden Maßnahme zu belehren und bei der Erfüllung ihrer Pflichten anzuleiten.

Beschwerden

§ 120. (1) Die Strafgefangenen können sich gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihrer Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren. Über die Art der ärztlichen Behandlung können sich die Strafgefangenen jedoch nur nach § 122 beschweren. Die Beschwerde hat die angefochtene Entscheidung, Anordnung oder das Verhalten zu bezeichnen und die Gründe für die Erhebung der Beschwerde, soweit sie nicht offenkundig sind, darzulegen.

(2) Eine Beschwerde kann außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem dem Strafgefangenen der Beschwerdegrund bekannt geworden ist. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung, so kann sie außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet oder zugestellt worden ist. Beschwerden sind schriftlich oder zu der vom Anstaltsleiter festzusetzenden Tageszeit mündlich bei dem hiefür zuständigen Strafvollzugsbediensteten anzubringen. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter und wird sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der zuständigen Vollzugskammer eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung. Die Vollzugskammer hat in diesem Fall die bei ihr eingebrachte Beschwerde unverzüglich an den Anstaltsleiter weiterzuleiten.

(3) Die Erhebung einer Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Der Anstaltsleiter und die mit der Beschwerde angerufene Vollzugskammer können jedoch den Vollzug von Anordnungen, gegen die Beschwerde erhoben wird, bis zur Erledigung vorläufig aussetzen, wenn keine Gefahr im Verzuge ist.

Verfahren bei Beschwerden

§ 121. (1) Über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete oder deren Anordnungen hat der Anstaltsleiter zu entscheiden. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter oder gegen eine von ihm getroffene Entscheidung oder Anordnung und hilft er der Beschwerde nicht selbst ab, so steht die Entscheidung der Vollzugskammer zu.

(2) Soweit eine an eine Vollzugskammer gerichtete Beschwerde die Wahrnehmung des Aufsichtsrechts über die von der Beschwerde betroffene Vollzugseinrichtung erfordert, hat die Vollzugskammer die Beschwerde an die nach den §§ 11 bis 14 zuständige Vollzugsbehörde weiterzuleiten.

...

(5) Entscheidungen der Vollzugskammern unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist einschließlich der Fälle des Art. 130 Abs. 1 lit. b des Bundes-Verfassungsgesetzes zulässig. Der Bundesminister für Justiz kann Amtsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit erheben.

Anrufung des Aufsichtsrechtes der Vollzugsbehörden

§ 122. Die Strafgefangenen haben das Recht, durch Ansuchen und Beschwerden das Aufsichtsrecht der Vollzugsbehörden anzurufen. Auf solche Ansuchen oder Beschwerden braucht den Strafgefangenen jedoch kein Bescheid erteilt zu werden.

Unterbringung nach § 21 Abs. 2 des Strafgesetzbuches

§ 166. Für den Vollzug der Unterbringung nach § 21 Abs. 2 des Strafgesetzbuches gelten folgende besondere Bestimmungen:

1. Die Untergebrachten sind zur Erreichung der Vollzugszwecke (§ 164) entsprechend ihrem Zustand ärztlich, insbesondere psychiatrisch, psychotherapeutisch, psychohygienisch und erzieherisch zu betreuen. Soweit danach Abweichungen von den Bestimmungen über den Vollzug der Unterbringung (§ 167) erforderlich sind, hat der Anstaltsleiter diese Abweichungen im Rahmen des § 165 Abs. 1 Z 1 und 2 anzuordnen.

2. Eine Unterbrechung der Unterbringung darf nur gewährt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Untergebrachte während der Zeit der Unterbrechung keine gerichtlich strafbare Handlung begehen wird. Im Übrigen gilt hiefür § 99 dem Sinne nach mit folgenden Maßgaben:

a) Eine Unterbrechung im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 ist zulässig, sobald die voraussichtlich noch zu verbüßende Strafzeit drei Jahre nicht übersteigen würde, eine Unterbrechung im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 2, sobald diese Strafzeit ein Jahr nicht übersteigen würde.

b) Eine Unterbrechung darf auch gewährt werden, soweit dies zur Behandlung des Zustandes des Untergebrachten (Z 1) oder zur Vorbereitung auf das Leben in Freiheit notwendig oder zweckmäßig erscheint. In diesem Fall darf das zeitliche Ausmaß der Unterbrechung bis zu einem Monat betragen. Über eine Unterbrechung bis zu einem Ausmaß von vierzehn Tagen entscheidet der Anstaltsleiter. Soweit es erforderlich erscheint, ist die Unterbrechung nur unter Auflagen oder Bedingungen zu gestatten.

Ergänzende Bestimmungen

§ 167. (1) Soweit die §§ 164 bis 166 nichts anderes bestimmen, gelten die §§ 20 bis 129, 131 bis 135, 146 bis 150 und 152 dem Sinne nach. ..."

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die belangte Behörde hätte übersehen, dass die 14-tägige Beschwerdefrist des § 120 Abs. 2 StVG auf Grund der Mitteilung des (stellvertretenden) Anstaltsleiters vom 3. Jänner 2002 zur Zeit ihrer Anrufung am 9. September 2002 bereits abgelaufen gewesen sei. Im Übrigen hätte die belangte Behörde die Therapiemotivation des Mitbeteiligten trotz widersprüchlicher Sachverständigengutachten ohne Abführung eines ausreichenden Beweisverfahrens bejaht.

Den zur Verfristung angestellten Überlegungen ist zu entgegnen, dass der Mitbeteiligte in seiner Beschwerde an die belangte Behörde nicht das abgeschlossene in der Vergangenheit liegende und bereits durch die seither vergangene Zeit überholte Vorgehen des stellvertretenden Anstaltsleiters vom 3. Jänner 2002 angesprochen hat, dessen rechtliche Qualifikation somit nicht geprüft werden musste. Vielmehr hat die Beschwerde des Mitbeteiligten vom 9. September 2002 das trotz Geltendmachung aktueller Therapiebereitschaft, also eines geänderten maßgeblichen Sachverhaltselementes, bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unstrittig andauernde Unterbleiben der gemäß § 166 Z. 1 StVG vorzunehmenden Therapie angesprochen. Eine zur aktuellen Untätigkeit des Anstaltsleiters (insbesondere also unter Berücksichtigung des nunmehrigen psychischen Zustandes und der damals aktuellen Therapiemotivation des Mitbeteiligten) vorliegende, von der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides zu berücksichtigende bindende Entscheidung ist somit nicht vorgelegen.

Widersprechende gutachtliche Stellungnahmen zu der (schon der Sache nach einer Änderung zugänglichen) Therapiemotivation des Mitbeteiligten sind - wie einleitend im Detail aufgezeigt - nur für dessen psychischen Zustand bis zum Juni 2002 vorgelegen. Der Sachverständige Dr. S. hat den Mitbeteiligten am 12. Juni 2002 untersucht und angemerkt, dass dessen Kränkung durch das (vorübergehende) Unterbleiben der gewünschten Therapie Teil derselben sein solle. Es bestehe die Möglichkeit, dass gerade diese Unklarheit und die damit verbundene Kränkung zum Vorteil des Mitbeteiligten beigetragen hätte. Ab Juni 2002 empfiehlt der Sachverständige S. jedoch ausdrücklich den Beginn einer Einzelgesprächstherapie.

Bis zum Juni 2002 war das vorübergehende Aussetzen mit dem Beginn der Psychotherapie somit als Teil des ärztlich angeordneten Behandlungsverlaufs und damit als "Art der ärztlichen Behandlung" zu werten, wogegen § 120 Abs. 1 Satz 2 StVG generell nur Aufsichtsbeschwerden nach § 122 StVG zulässt, die nach dieser Gesetzesstelle nicht bescheidmäßig erledigt werden müssen (vgl. zur Subsumtion einer ärztlichen Nichtbehandlung unter § 120 Abs. 1 Satz 2 StVG den hg. Beschluss vom 5. Juni 1996, Zl. 96/20/0278; zur ausschließlichen Zulässigkeit aufsichtsbehördlicher Maßnahmen das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1996, Zl. 94/20/0027).

Unbeschadet des Umstandes, dass der Mitbeteiligte bereits seit dem Jahr 2001 auf der Therapieliste vorgemerkt war und der stellvertretende Anstaltsleiter die Nichtdurchführung der Behandlung am 3. Jänner 2002 im Ergebnis allein mit dem Mangel ausreichender Ressourcen begründet hat, wurde die Therapie des Mitbeteiligten jedenfalls ab Juli 2002 von den dazu befragten Sachverständigen empfohlen. Die belangte Behörde hat daher hierauf gestützt, ohne dass weitere Beweisaufnahmen für die Begründung des angefochtenen Bescheides erforderlich gewesen wären, die für den Beginn einer Intensivbehandlung ausreichende Therapiemotivation des Mitbeteiligten in schlüssiger Beweiswürdigung bejaht. Für einen Wegfall der Therapiemotivation zwischen Juli 2002 und der Erlassung des angefochtenen Bescheides sind im Verwaltungsverfahren keinerlei Hinweise hervorgekommen. Solche werden auch in der Beschwerde nicht konkret dargelegt.

Im Umfang der zu Punkt 2. des angefochtenen Bescheides ergangenen Berufungsentscheidung über die Verweigerung einer Unterbrechung der Unterbringung nach § 166 Z. 2 StVG hat der Beschwerdeführer keinerlei Vorbringen erstattet, aus dem die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit oder eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften abgeleitet werden könnte. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann sachverhaltsbezogen keine derartige Rechtswidrigkeit erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über das Kostenbegehren gründet sich auf § 47 Abs. 4 VwGG. Danach findet - unter anderem - in Fällen einer Amtsbeschwerde im Sinn des Art. 131 Abs. 2 B-VG sowohl für den Beschwerdeführer als auch für die belangte Behörde kein Aufwandersatz statt.

Wien, am 26. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005060035.X00

Im RIS seit

23.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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