TE OGH 1979/3/6 11Os183/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.03.1979
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den § 15, 209 StGB über die von Walter A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 27. September 1978, GZ. 7 b Vr 455/ 78-7, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Schallaböck, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten werden verworfen.

Die Berufung des Angeklagten wird zurückgewiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. Jänner 1942 geborene Betriebsschlosser Walter A des Verbrechens der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den § 15, 209 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er den am 23. November 1963

geborenen Hauptschüler E ald B am 21. Juni 1978

zwecks gleichgeschlechtlicher Beziehungen für den nächsten Tag zu einem vereinbarten Treffpunkt bestellte sowie ihm 50,-- S schenkte, am 22. Juni 1978 zu diesem Treffpunkt auch hinging und den Jugendlichen zum Einsteigen in seinen PKW aufforderte. Gegen diesen Schuldspruch wenden sich der Angeklagte und auch die Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerden. Die Staatsanwaltschaft strebt mit ihrer der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 StPO anziehenden Beschwerde die rechtliche Beurteilung des dem Schuldspruch zugrunde liegenden Verhaltens des Angeklagten auch als Vergehen der versuchten Nötigung zur Unzucht nach den § 15, 204 Abs. 1 StGB an. Der Angeklagte begehrt mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 8 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO stützt, ihn von dem Anklagevorwurf freizusprechen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hat in der Hauptverhandlung die im Sinne des vorerwähnten Schuldspruches erhobene Anklage in der Richtung des Vergehens der versuchten Nötigung zur Unzucht nach den § 15, 204

Abs. 1 StGB modifiziert und dies damit begründet, daß der Angeklagte durch die öußerung, er werde von einer durch ihn beobachteten gleichgeschlechtlichen Unzucht dann keine Erwähnung machen, wenn Ewald B bereit sei, das gleiche mit ihm zu tun, diesen zu unzüchtigen Handlungen zu nötigen versuchte.

In diesem Zusammenhang stellte das Erstgericht im angefochtenen Urteil - sinngemäß zusammengefaßt - fest, daß der Angeklagte, der im Frühjahr 1978 einmal eine 'spaßhalber' stattgefundene Rauferei zwischen B und gleichaltrigen Burschen beobachtet hatte, in deren Verlauf es u.a. auch zu gegenseitigen Schlägen auf den Geschlechtsteil gekommen war, am 21. Juni 1978 zu B, 'der an der Rauferei nichts Schlechtes sah', meinte, 'er

+ werde über den Vorfall schweigen, wenn er mit ihm ähnliches mache'.

Entgegen der Auffassung der Anklagebehörde vermeinte das Schöffengericht, in dieser öußerung zwar den Versuch der Ausübung eines psychischen Drucks, aber noch kein Verhalten des Angeklagten im Sinn des § 74 Z 5 StGB erblicken zu können, weil in dieser Bemerkung (einmal auch als 'Gewäsch' bezeichnet) 'zuwenig Konkretes enthalten sei, was als gefährliche Drohung anzusehen wäre', nicht eindeutig erkannt werden könne, welche Verhaltensweisen vom Angeklagten für den Fall einer Weigerung des B überhaupt 'ins Auge gefaßt gewesen seien' und auch die 'am ehesten' in Frage kommende Gefahr, daß der Genannte mit einer Verletzung seiner Ehre zu rechnen gehabt hätte, zu verneinen sei.

Da die Feststellung, welchen Sinn und welche Bedeutung eine öußerung hat, eine solche tatsächlicher Natur ist, die das Gericht nach dem § 258 StPO im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung zu treffen hat (vgl. SSt 37/39), reicht das vorhandene Tatsachensubstrat zur Subsumtion unter das Tatbild der versuchten Nötigung zur Unzucht nach den § 15, 204 Abs. 1 StGB schon deswegen nicht aus, weil es unter Zugrundelegung der erstgerichtlichen Konstatierungen sowohl an der Ankündigung eines ausreichend konkretisierten übels, als auch an der objektiven Eignung der festgestellten öußerung mangelt, begründete Besorgnisse im Sinne der Z 5 des § 74 StGB bei dem sich an der 'Rauferei' schuldlos fühlenden B hervorzurufen.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher schon aus diesem Grund zu verwerfen, ohne daß es eines Eingehens auf die darin aufgeworfene weitere Frage bedurfte, ob ein eintätiges Zusammentreffen (Idealkonkurrenz) zwischen dem Verbrechen der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den § 15, 209 StGB und dem Vergehen der versuchten Nötigung zur Unzucht nach den § 15, 204 Abs. 1 StGB rechtlich möglich ist.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Als einen den erstangerufenen Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO verwirklichenden Verfahrensmangel rügt der Angeklagte die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages, die Öffentlichkeit aus Gründen der Sittlichkeit gemäß dem § 229 StGB auszuschliessen, und die nicht umgehend erfolgte Entsprechung seines weiteren Antrages, gemäß dem § 228 StPO das Alter der Zuhörer im Gerichtssaal festzustellen, welchem Begehren der Vorsitzende nämlich erst nach der Urteilsverkündung durch oberflächliche Befragung der Zuhörer nachgekommen sei. Der Angeklagte meint, daß diese Vorgangsweise eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte deshalb darstelle, weil ein öffentliches Bekanntwerden des verfahrensgegenständlichen Vorfalles möglicherweise sein Familienleben negativ beeinflussen könnte.

Die Verfahrensrüge versagt.

Was die nach Ablehnung seines Antrages auf Ausschluß der Öffentlichkeit durch den Schöffensenat vom Verteidiger begehrte Ermittlung der Feststellung, ob sich nur erwachsene Personen im Sinne des § 228 StPO im Saale befanden, betrifft, so kann deren nicht oder nur verspätet erfolgte Durchführung schon aus prozessualen Gründen nicht mit Erfolg aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden, weil es der Beschwerdeführer unterlassen hat, auch über diesen Antrag eine Entscheidung des Schöffensenates zu begehren.

Aber auch der Nichtausschluß der Öffentlichkeit, der, wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, keinen anderen Nichtigkeitsgrund verwirklichen kann, stellt jedenfalls im vorliegenden Fall keine Hintansetzung oder unrichtige Anwendung von Gesetzen oder Grundsätzen des Verfahrens dar, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Strafverfolgung und die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist. Eine solche wird sachlich auch in der Beschwerde gar nicht behauptet; denn sie läge nur dann vor, wenn etwa bei Ausschluß der Öffentlichkeit sich der Beschwerdeführer anders verantwortet hätte oder wenn zu erwarten gewesen wäre, daß das Beweisverfahren andere Ergebnisse erbracht hätte und damit der Schöffensenat allenfalls zu einem anderen Erkenntnis gekommen wäre. Eine allfällige familiäre Schwierigkeit, die auf das Bekanntwerden der verfahrensgegenständlichen Straftat durch einen größeren Personenkreis zurückzuführen wäre, kann aber nicht als eine den angerufenen Nichtigkeitsgrund verwirklichende Verletzung seiner Verteidigungsrechte angesehen werden.

Unter Berufung auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3

und 5 des § 281 Abs. 1 StPO rügt der Beschwerdeführer die Feststellung, daß er den Ewald B zum Einsteigen in seinen PKW aufgefordert habe, als aktenwidrig, gemeint als durch die Verfahrensergebnisse nicht gedeckt und damit offenbar unbegründet - denn der Vorwurf einer Aktenwidrigkeit läge nur darin, daß behauptet würde, der eine entscheidende Tatsache betreffende Inhalt einer Aussage oder Urkunde sei in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig im Urteil wiedergegeben worden - sowie als von dem mündlich verkündeten Urteil, in welchem diese Annahme nicht enthalten gewesen sei, abweichend.

Dieser Vorwurf geht ebenfalls fehl.

Die angeführte, an sich gar keinen entscheidenden Umstand betreffende Feststellung, worauf noch näher einzugehen sein wird, konnte vom Erstgericht auf Grund der Aussage des genannten Zeugen in der Hauptverhandlung (S. 27 ff) mängelfrei getroffen werden.

Die behauptete Abweichung des verkündeten Urteilsspruches von dem der schriftlichen Ausfertigung ist, wie noch ausgeführt werden wird, für die rechtliche Beurteilung der Tat ohne Bedeutung, weshalb das allfällige Fehlen dieser Einzelheit des Tatgeschehens im mündlich verkündeten Urteilsspruch entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen auch den Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO nicht verwirklichen könnte. Es erübrigen sich deshalb Erhebungen gemäß dem § 285 f StPO zur überprüfung der Richtigkeit dieses Beschwerdevorbringens.

Eine überschreitung der Anklage im Sinne einer Nichtigkeit nach der Z 8 des § 281 Abs. 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihn das Erstgericht entgegen der im Sinne des Vorwurfes des Vergehens der versuchten Nötigung zur Unzucht nach den § 15, 204 Abs. 1

StGB in der Hauptverhandlung erfolgten Modifizierung der Anklage der ursprünglichen Anklage folgend des Verbrechens der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den § 15, 209 StGB schuldig erkannte.

Auch dieser Einwand ist nicht stichhältig. Der Beschwerdeführer scheint das Wesen einer önderung des Anklagevorwurfes sowie das einer Anklageüberschreitung zu verkennen; letztere liegt nämlich nur dann vor, wenn es an der Identität von Anklage- und Urteilsgegenstand fehlt. Die Identität der unter Anklage gestellten und einem Schuldspruch zugrunde liegenden Tat bleibt aber gewahrt, wenn der gesamte Geschehenskomplex, wie er als zusammenhängender Tatablauf in der Anklage geschildert ist, auch Gegenstand des Schuldspruches ist (vgl. Harbich in RZ 1974 S. 87, Gebert-Pallin-Pfeiffer III 2 Nr. 4

zu § 281 Abs. 1 Z 8 StPO, ÖJZ-LSK 1978/343).

Vorliegendenfalls wurde dem Angeklagten als strafgesetzwidriges

Gesamtverhalten (vgl. SSt. 39/35, EvBl. 1975/249) in der Anklage der Versuch angelastet, mit dem Jugendlichen Ewald B dadurch geschlechtliche Unzucht zu treiben, indem er ihn ansprach, einlud, mit ihm in die Kronau zu fahren, ihm 50,-- S übergab und sich schließlich am vereinbarten Treffpunkt einfand (S. 15 f).

Mit der Modifikation dieser Anklage wurde, wie der Beschwerdeführer an sich richtig hervorhebt, nur ein Teil des Tatgeschehens, nämlich der sich aus dem Beweisverfahren in der Hauptverhandlung ergebende, zunächst erfolgte Versuch, den Jugendlichen durch Willensbeugung zur gleichgeschlechtlichen Unzucht zu veranlassen, als nach Ansicht des Anklägers dem gesetzlichen Tatbild einer versuchten Nötigung zur Unzucht nach den § 15, 204 Abs. 1 StGB entsprechend inkriminiert. Darin liegt jedoch entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen nicht etwa ein Rücktritt vom ursprünglichen Anklagevorwurf, sondern lediglich eine önderung der rechtlichen Beurteilung des Tatgeschehens durch den Ankläger, an welcher das Gericht gemäß den § 262, 267 StPO jedoch ebensowenig gebunden ist wie an einen Rücktritt des Anklägers von einzelnen Tatumständen (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III 2 Nr 5 a zu § 281 Abs. 1 Z 8 StPO). Das Gericht hat vielmehr auf jeden Fall den gesamten Tatsachenkomplex, wie er der Anklage zugrunde liegt, nach allen strafrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, wobei selbst ein Hinausgreifen über den von der Anklage gezogenen Tatsachenkreis oft unvermeidlich ist. Die Schranke bildet dabei lediglich nach dem § 267 StPO, daß der Angeklagte nicht einer Tat schuldig erkannt werden kann, auf die die Anklage weder ursprünglich gerichtet war, noch während der Hauptverhandlung ausgedehnt wurde. Für diese Identität von Anklage- und Urteilstat ist neben Zeit, Ort und Gegenstand der strafbaren Handlung bzw. der von ihr betroffenen Person namentlich auch der vom Tätervorsatz erfaßte strafgesetzwidrige Erfolg wesentlich (SSt. 39/35). Gerade diese näheren Tatumstände und der im Vorsatz des Beschwerdeführers gelegene Erfolg, nämlich die Verübung gleichgeschlechtlicher Unzucht mit dem jugendlichen Ewald B stimmen vorliegend in Anklage und Urteil überein. Sie bedeuten, daß, was die sicherste Probe auf die Identität von Anklage- und Urteilssachverhalt darstellt, die von der Anklage und die vom Urteil erfaßten Verhaltensweisen ohne Verletzung des Grundsatzes 'ne bis in idem', wonach ein Täter abgesehen von den im Gesetz angeführten Fällen der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens wegen derselben Tat nur einmal verfolgt und abgeurteilt werden darf, nicht Gegenstand zweier nebeneinander bestehender Anklagen oder Schuldurteile sein könnten (SSt. 36/68).

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen ist schließlich auch nicht von Bedeutung, daß die Strafdrohung von 6

Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe des Tatbestandes der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach dem § 209 StGB strenger ist als jene des bei der Anklagemodifizierung angezogenen Tatbestandes der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Auch durch die Anwendung eines strengeren als des in der Anklage genannten Strafsatzes geht die Identität der Anklage nicht verloren, und wird auch die Anklage nicht überschritten (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III 2 Nr. 7 zu § 281 Abs. 1 Z 8 StPO).

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung des festgestellten, von ihm als noch straflose, nichtausführungsnahe Vorbereitungshandlung angesehenen Verhaltens als strafbaren Versuch des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht im Sinne der § 15, 209

StGB.

Auch diese Rechtsrüge ist nicht berechtigt.

Gemäß dem § 15 Abs. 2 StGB ist eine Tat versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen, oder einen anderen dazu zu bestimmen, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.

Strafbarer Versuch beginnt demnach, wenn das Täterverhalten mit der geplanten Tat schon in einem derart sinnfälligen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang steht, daß es objektiv direkt auf sie ausgerichtet ist und daß subjektiv nach den Zielvorstellungen des Täters es in unmittelbarer Folge in die Ausführung übergehen soll, das Tätervorhaben also bereits in ein Stadium getreten ist, in dem anzunehmen ist, daß der Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung überwunden hat (vgl. ÖJZ-LSK 1975 63, 64, 133, 1978/195 u.a.).

Der Begriff dieser Ausführungsnähe ist dabei nach der dem jeweiligen Deliktstypus entsprechenden ausführungsnahen Handlung zu beurteilen (ÖJZ-LSK 1975/63, 1978/195). Bei Triebverbrechen wird zwar in der Regel die Hemmstufe vom Täter relativ spät überwunden und fällt unter Umständen sogar mit dem Beginn der Tatausführung zusammen (vgl. SSt. 46/24). In jedem Fall der Abgrenzung zwischen strafbarem Versuch und noch strafloser Vorbereitungshandlung ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, daß die Strafbarkeit nicht in einem kriminalpolitisch unerwünschten Ausmaß eingeengt wird (RZ 1978/65, Leukauf-Steininger, S. 142 f).

Bei der gegebenen Fallgestaltung hatte der Beschwerdeführer die entscheidende Hemmstufe nach den Urteilsfeststellungen vor der Tatbegehung bereits überwunden.

Denn er hatte in dem auf gleichgeschlechtliche Unzucht gerichteten Vorsatz nicht nur mit dem Jugendlichen einen Treffpunkt vereinbart, von dem aus er ihn vereinbarungsgemäß in seinem PKW an den engeren, in einem nahen Augebiet gelegenen Tatort bringen wollte, und dem Jugendlichen gewissermaßen als Teil des Schandlohnes bereits 50,-- S übergeben, sondern sich schließlich mit seinem PKW an diesem Treffpunkt eingefunden. Auf die ausdrückliche Aufforderung des Angeklagten dortselbst an den Knaben, in den PKW einzusteigen, welche Annahme - wie erwähnt - nach dem Vorbringen der Beschwerde zum Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO im verkündeten Urteilsspruch nicht enthalten gewesen sein soll, kommt es dabei nicht mehr an, weil für die Beteiligten auf Grund der Verabredung klar war, daß der Knabe in unmittelbarer Folge zwecks Vornahme oder wenigstens Duldung gleichgeschlechtlicher unzüchtiger Handlungen in die nahegelegene Kronau hätte fahren sollen, und sich dieses Vorhaben des Beschwerdeführers bei dem erwähnten Zusammentreffen nicht geändert hat.

Im Hinblick auf die mit dem PKW in kurzer Zeit, nach den erstgerichtlichen Annahmen innerhalb Minuten (S. 35), zurückzulegende geringe Entfernung zwischen diesem Treffpunkt und dem ins Auge gefaßten Ort in der Kronau, worin ebenso wenig wie in der nicht erfolgten Einwilligung des Unzuchtspartners ein die Ausführungsnähe ausschliessendes Zwischenstadium zu erblicken ist, stand auch objektiv das Täterverhalten mit der geplanten in unmittelbarer Folge zu verwirklichenden Tat in einem sinnfälligen zeitlich und örtlich ausführungsnahen Zusammenhang, lag sohin im unmittelbaren Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung und stellte deshalb bereits den kriminalpolitisch bedeutsamen Beginn der Rechtsgefährdung dar (vgl. RZ 1978/65, SSt. 46/24 und Leukauf-Steininger S. 140). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es daher nicht von Belang, daß es zu einem Beginn dieser Ausführungshandlungen selbst nicht gekommen ist. Wesentlich für die Strafbarkeit eines Verhaltens als Versuch ist gemäß dem § 15 Abs. 2 StGB, daß der Täter seinen Ausführungsentschluß zumindest durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.

In ihrer Argumentation endlich, daß die zeitliche und räumliche Distanz zum geplanten Tatgeschehen noch so weit gewesen sei, daß dem Beschwerdeführer noch Zeit für einen 'eventuellen Rücktritt vom Versuch' verblieben sei, verkennt die Beschwerde, daß die Straflosigkeit des Täters infolge freiwilligen Rücktritts vom Versuch im Sinne des § 16 StGB logisch bereits ein in das strafbare Versuchsstadium gediehenes Verhalten voraussetzt.

Das Erstgericht hat somit rechtsrichtig das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers als Verbrechen der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht beurteilt.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher gleichfalls zu verwerfen.

Soweit der Angeklagte im Gerichtstag die Herabsetzung des Strafausmaßes beantragte, mußte sein Berufungsbegehren als verspätet zurückgewiesen werden, weil ein solcher Antrag fristgerecht weder bei der Anmeldung der Berufung noch in der schriftlichen Rechtsmittelausführung gestellt wurde.

Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01798

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00183.78.0306.000

Dokumentnummer

JJT_19790306_OGH0002_0110OS00183_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten