TE OGH 1979/3/9 9Os52/78

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Veröffentlicht am 09.03.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführerin in der Strafsache gegen Reinhold A wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach § 83 Abs. 1, 85 Z 1 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 15.Dezember 1977, GZ. 17 Vr 1403/77-14, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.Jänner 1959 geborene Hilfsarbeiter Reinhold A des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach § 83 Abs. 1, 85 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 13.März 1977 in Bischofshofen den (in einer Gaststätte über seine Aufforderung hin an seinen Tisch gekommenen) Franz B durch einen Stoß mit einem leeren Trinkglas gegen sein linkes Auge am Körper schwer verletzte, indem er eine durchdringende Verletzung der Hornhaut des linken Auges herbeiführte, aus der eine - vom Erstgericht als 'schwere Schädigung des Sehvermögens für lange Zeit' beurteilte - erhebliche Schädigung der Sehkraft für die Dauer eines Jahres resultierte, nach welcher Adaptionszeit die Funktion des Sehvermögens, - so sprach das Gericht in übereinstimmung mit dem beigezogenen Sachverständigen aus - vom unverletzt gebliebenen Auge vollständig übernommen werde.

Dieser Schuldspruch wird vom Angeklagten unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 9 lit. b und 10 StPO bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Schon der (aus dem zweiten Nichtigkeitsgrund erhobenen, zum Teil allerdings sachlich im Rahmen der Einwendungen zur Z 9 lit. b der obzitierten Gesetzesstelle ausgeführten) Mängelrüge, die in der völligen übergehung von in die gleiche Richtung wie die unter anderem auf Putativnotwehr abgestellte Verantwortung des Angeklagten weisenden Verfahrensergebnissen eine entscheidungswesentliche Unvollständigkeit der Urteilsbegründung erblickt, kommt Berechtigung zu. Denn, wie die Beschwerde mit Fug ins Treffen führt, hat der Zeuge Franz C in der Hauptverhandlung (im wesentlichen in übereinstimmung mit seinen Angaben im Vorverfahren - Seite 17 und 29 f.) die Depositionen des Angeklagten bestätigt, wonach B unmittelbar vor der inkriminierten Tathandlung plötzlich in eine Rocktasche (Brusttasche) griff, und der Verletzte selbst bei der Hauptverhandlung bekundet, der Angeklagte habe sofort nach dem den Gegenstand des Schuldspruchs bildenden Verhalten zu ihm gesagt, nun könne er sein Messer ziehen (vor der Gendarmerie - S 16 - und vor dem Untersuchungsrichter - S 37 - etwas abweichend: ' ... aus dem Stiefel herausziehen'). Beide Aussagen könnten vor allem im Zusammenhalt (allenfalls) als Indiz für die Richtigkeit der vom Erstgericht abgelehnten Verantwortung angesehen werden. Jedenfalls hätte sich das Schöffengericht unter diesen Umständen, wollte es sich dem Vorwurf einer unvollständigen Urteilsbegründung im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO entziehen, mit den obigen Angaben befassen müssen. Da es sie nicht nur ungewürdigt läßt, sondern darüber hinaus (im Gegenteil) sogar sinngemäß zum Ausdruck bringt, das Verfahren habe in der in Rede stehenden Beziehung überhaupt keinen Anhaltspunkt ergeben, ist das Urteil nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO nichtig.

Es war daher, ohne daß es eines Eingehens auf die übrigen Beschwerdeeinwände bedurfte, die ihrer Art sowie der Sache nach ebenfalls bloß zu einer Urteilsaufhebung führen könnten, der schon aus den oben angegebenen Erwägungen begründeten Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 e StPO mit Zustimmung der Generalprokuratur bereits bei einer nichtöffentlichen Sitzung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Im zweiten Rechtsgang dürfte sich angesichts dessen, daß unter 'langer Zeit' im Sinne des § 85 StGB, wie schon die Bezeichnung des Delikts (in der überschrift) als 'Körperverletzung mit Dauerfolgen', aber auch die Gleichstellung des Verlusts dort angeführter Fähigkeiten bzw. immerwährender Leiden mit langdauernden schweren Schädigungen der bezeichneten Art ergibt, nur ein Zeitraum verstanden werden kann, der im Hinblick auf die durchschnittliche Lebensdauer einen wesentlichen Teil des Lebens darstellt (LSK 1979/37; Foregger-Serini, StGB2, MKK, Seite 160 Erl. I zu § 85), umgekehrt aber schon eine erhebliche langwierige Schädigung der Sehkraft eines Auges genügt (Foregger-Serinie a.a.O. S 161 Erl. II; Mayerhofer-Rieder, StGB, S 273, E.Nr. 3 und 3a; Leukauf-Steininger, Kommentar, S 435), die Herbeiführung einer Ergänzung des vorliegenden - in diesem Punkt unklaren (S 43) - Gutachtens des Instituts für gerichtliche Medizin Paris-Lodron-Universität (ON 9) zur eindeutigen Klarstellung des Umstandes als zweckmäßig erweisen, in welchem Ausmaß und für wie lange Zeit das verletzte Auge (als solches) voraussichtlich geschädigt sein wird (siehe auch S 49: 'Bleibende Invalidität').

Anmerkung

E01828

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00052.78.0309.000

Dokumentnummer

JJT_19790309_OGH0002_0090OS00052_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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