TE OGH 1979/3/14 10Os12/79

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Veröffentlicht am 14.03.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.März 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Adolf A u.a. wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach § 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Johannes B gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 23.Oktober 1978, GZ. 4 Vr 1639/78-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schmautzer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (u.a.) der am 5.Mai 1958 geborene Bäckerlehrling Johannes B des Vergehens des versuchten Diebstahls nach § 15, 127

Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB. und des Vergehens der (zu ergänzen: versuchten) dauernden Sachentziehung nach (richtig) § 15, 135 Abs. 1 und 2 StGB. schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruchs hat dieser Angeklagte am 26.März 1978 in Gesellschaft als Beteiligter bzw. im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als Mittäter mit den gleichzeitig abgeurteilten Angeklagten Adolf A und Josef C und mit dem abgesondert verfolgten Kurt D I. fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in unbekannter Höhe mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1. in Sajach den Verfügungsberechtigten des Gasthauses E, indem sich die Genannten mit einem Brecheisen zu einem an der Wand des Gasthauses angebrachten Kaugummiautomaten begaben, um diesen aus der Verankerung zu reißen und später aufzubrechen, wobei die Vollbringung der Tat unterblieb, da sie beobachtet wurden;

2. in Hart bei Wildon den Verfügungsberechtigten der Fa. F OHG., indem sie einen beim Gasthaus des Franz G angebrachten Kaugummiautomaten aus der Verankerung rissen und zum Personenkraftwagen trugen, wobei die Vollbringung der Tat deshalb unterblieb, weil sie betreten wurden (Punkte I. B. a und b des Urteilssatzes);

II. durch die zu oben I. angeführten Handlungen die dort genannten Personen dadurch zu schädigen versucht, daß er (gemeinsam mit A, C und D) fremde bewegliche Sachen, deren Wert 5.000 S übersteigt, nämlich die erwähnten Kaugummiautomaten im Wert von zusammen ca. 6.000 S, aus deren Gewahrsam dauernd zu entziehen suchte, ohne sie sich oder einem Dritten zueignen zu wollen (Punkt II. B. des Urteilssatzes).

Dieses Urteil wird vom Angeklagten Johannes B in den ihn betreffenden Schuldsprüchen mit einer auf die Z. 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrunds wirft der Beschwerdeführer dem angefochtenen Urteil vor, unvollständig, mit sich selbst im Widerspruch und offenbar unzureichend begründet zu sein, ohne allerdings formale Begründungsmängel aufzeigen zu können, wie sie im § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. vorausgesetzt werden.

Insbesondere vermag er weder eine Nichtigkeit im Sinn der zuletzt angeführten Gesetzesstelle noch eine solche nach dem § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. darzutun, wenn er (an sich zutreffend) darauf hinweist, daß das Erstgericht im Zusammenhang mit der ihm angelasteten versuchten dauernden Sachentziehung bei der Anführung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen den § 15 StGB. nicht zitiert hat. Denn aus der Formulierung des Punkts II. B. des Urteilssatzes ergibt sich zweifelsfrei und in einer den Anforderungen der Z. 1 und 2 des § 260 Abs. 1 StPO. entsprechenden Weise, daß und in welchem Umfang der Beschwerdeführer des Vergehens der versuchten dauernden Sachentziehung für schuldig befunden wurde, wogegen die unvollständige Anführung der (nach der Anordnung des § 260 Abs. 1 Z. 4 StPO. in das Urteil aufzunehmenden) angewendeten gesetzlichen Bestimmungen - anders als ein Verstoß gegen die Vorschriften des § 260 Abs. 1 Z. 1 bis 3 StPO. - nicht unter Nichtigkeitssanktion steht.

Unberechtigt ist aber auch die weitere Beschwerdebehauptung, im Urteil würden für den Ausspruch, daß der Beschwerdeführer die oben erwähnten Kaugummiautomaten dauernd aus dem Gewahrsam der Eigentümer entziehen wollte, nur offenbar unzureichende Gründe angegeben, hat sich doch das Erstgericht in der Urteilsbegründung in vollkommen ausreichender Weise unter anderem auf die geständige Verantwortung des Beschwerdeführers berufen (S. 75), der sich in der Hauptverhandlung nicht nur (formal) schuldig bekannte, sondern darüber hinaus ausdrücklich zugab, daß beabsichtigt war, die Automaten am Waldrand liegen zu lassen (S. 68). Die im Urteil ersichtlich zum Ausdruck kommende Annahme (S. 77), daß der Vorsatz der Angeklagten darauf gerichtet war, die Automaten - die sie fern vom Tatort aufbrechen wollten - dauernd aus dem Gewahrsam der Verfügungsberechtigten zu entziehen, ist daher durch das im Urteil bezogene Geständnis des Beschwerdeführers (und der übrigen Beteiligten), aber auch durch die weiteren vom Erstgericht verwerteten Ergebnisse des Beweisverfahrens (insbesondere der Gendarmerieerhebungen) gedeckt.

Aus dem Gesagten folgt, daß das Urteil entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung in diesem Zusammenhang auch nicht mit einem Feststellungsmangel behaftet ist.

Des weiteren schlägt der vom Beschwerdeführer - mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10

StPO. - erhobene Einwand nicht durch, daß dauernde Sachentziehung nicht angenommen werden könne, weil die Möglichkeit einer Auffindung der in Rede stehenden Automaten durch Wanderer, Jäger oder Waldeigentümer bestanden hätte. Denn 'dauernd' im Sinn des § 135 Abs. 1 StGB. ist eine Sachentziehung schon dann, wenn sie nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge einen dauernden Gewahrsamsverlust des bisherigen Besitzers zur Folge hat, was bei Ausführung des Vorhabens der Angeklagten im vorliegenden Fall - in dem die Automaten fern vom Tatort (am Waldrand) zurückgelassen werden sollten - zweifellos zugetroffen hätte. Eine Auffindung und (noch viel mehr) eine Rückstellung der Automaten (die sich zudem nach dem Aufbrechen in beschädigtem Zustand befunden hätten) an die Geschädigten wäre daher nach den Erfahrungen des täglichen Lebens (der Meinung des Beschwerdeführers zuwider) nicht zu erwarten, sondern im Gegenteil vom Zufall abhängig gewesen. Die mögliche oder sogar tatsächliche zufällige Wiedererlangung einer (entzogenen) Sache schließt aber dauernde Sachentziehung nicht aus (LSK. 1977/267).

Schließlich geht die Rechtsrüge des Beschwerdeführers auch fehl, insoweit sie ins Treffen führt, das ihm angelastete Verhalten habe noch nicht das Stadium des Versuchs einer dauernden Sachentziehung erreicht. Die Annahme eines strafbaren Versuchs setzt nämlich (entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung) keineswegs voraus, daß die Kaugummiautomaten von den Tätern schon verbracht, weggeworfen und versteckt worden wären, zumal in diesem Fall ja bereits Deliktsvollendung angenommen werden müßte. Vielmehr konnte das Erstgericht nach Lage des Falls die seitens des Beschwerdeführers (und seiner Mittäter) gesetzten Handlungen - Aufsuchen des jeweiligen Automatenstandorts mit einem Brecheisen, um (gleichsam in einem Zuge) die Kaugummiautomaten zunächst aus der Verankerung zu reißen (was in einem Fall auch tatsächlich gelang), sie sodann abzutransportieren sowie schließlich fern vom Tatort aufzubrechen und liegenzulassen - frei von Rechtsirrtum als solche beurteilen, die nach den zielgewollten Vorstellungen der Handelnden unmittelbar und ohne Zwischenstufe in die Ausführung übergehen sollten und sich daher im Sinn des § 15 Abs. 2 StGB. bereits als der Ausführung unmittelbar vorangehende Betätigung des Entschlusses der Täter, (auch) eine dauernde Sachentziehung auszuführen, darstellten.

Es bleibt daher die letzte - unter Anrufung der Z. 9 lit. b und 9 lit. a (sachlich nur Z. 9 lit. b) des § 281 Abs. 1 StPO. erhobene - Beschwerdebehauptung zu prüfen, daß hinsichtlich des Beschwerdeführers die Voraussetzungen des § 42 StGB. vorlägen. Diesem Vorbringen kann schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil das (dem Beschwerdeführer außer dem Vergehen des versuchten Diebstahls nach § 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB. auch angelastete) Vergehen der versuchten dauernden Sachentziehung nach § 15, 135 Abs. 1 und Abs. 2 (1. Fall) StGB. (im Hinblick auf die Tatbegehung in Ansehung von Sachen, deren Wert 5.000 S übersteigt) mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht ist, wogegen die Grundvoraussetzung für eine Anwendung des § 42 StGB. eine gesetzliche Strafdrohung ist, die nur auf Geldstrafe, eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr oder auf eine solche Freiheitsstrafe und Geldstrafe lautet.

Soweit der Beschwerdeführer bei seinen bezüglichen Ausführungen aber seine Verurteilung (auch) wegen des Vergehens nach den § 15, 135 Abs. 1 und 2 StGB. negiert und diesen - für die Straffestsetzung (gemäß § 28 StGB.) den Ausschlag gebenden - Schuldspruch (darum) außer acht läßt, bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten an den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen. Der Jugendschöffensenat verurteilte Johannes B gemäß § 28, 135 Abs. 2, erster Strafsatz, StGB. zu drei Monaten Freiheitsstrafe, die gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Bei der Strafbemessung wertete er das Zusammentreffen zweier Vergehen, die oftmalige Wiederholung der Angriffe gegen fremdes Eigentum und eine Vorstrafe als erschwerend, hingegen das Geständnis als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt Johannes B die Verhängung einer bedingten

Geldstrafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Es ist zwar richtig, daß der Berufungswerber die Angriffe nicht 'oftmals' wiederholt hat; er hat aber jedenfalls zwei Diebstahlsversuche und zwei versuchte dauernde Sachentziehungen zu verantworten, sodaß der Erschwerungsgrund nach § 33 Z. 1 StGB. an sich (dennoch) zutreffend angenommen worden ist.

Der Milderungsgrund, daß es in allen Fällen beim Versuch geblieben ist, wurde vom Erstgericht übersehen und tritt zu jenem des Geständnisses hinzu.

Die Verhängung einer Geldstrafe wäre schon auf Grund ihrer primären (alternativen) Androhung in der herangezogenen Strafnorm des § 135 Abs. 2 StGB. möglich. Da aber der Ausspruch einer Geldstrafe beim Berufungswerber schon einmal nicht zum Erfolg geführt hat, er vielmehr bald rückfällig wurde, erscheint nunmehr aus spezialpräventiven Erwägungen die Verhängung einer (wenn auch verhältnismäßig geringen) Freiheitsstrafe unumgänglich. Ergänzend sei nochmals darauf hingewiesen, daß der Vollzug dieser Freiheitsstrafe ohnehin bedingt nachgesehen wurde.

Anmerkung

E01873

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00012.79.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19790314_OGH0002_0100OS00012_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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