TE OGH 1979/3/27 11Os35/79

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Veröffentlicht am 27.03.1979
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Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer in der Strafsache gegen Meinhard A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls nach den § 127 ff StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Beschwerden der Angeklagten Meinhard A und Marlies A gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. Februar 1979, GZ 22 Vr 2230/78-12, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde der Angeklagten Marlies A wird zurückgewiesen. Der Beschwerde des Angeklagten Meinhard A wird nicht Folge gegeben. Zur Entscheidung über die Berufung der beiden vorstehend genannten Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 13. Dezember 1978, GZ 22 Vr 2230/78-64

(II. Bd.) wurden u.a. der am 16. Jänner 1952 geborene Meinhard A und seine am 23. Februar 1957 geborene Ehefrau Marlies A, geborene B, des Verbrechens des (mehrfach qualifizierten) Diebstahls nach den § 127

ff StGB und anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Nach Urteilsverkündung und Erteilung der Rechtsmittelbelehrung erklärten die Eheleute A, sich Bedenkzeit vorzubehalten (S. 784/II. Bd.). Innerhalb der in den § 284 Abs. 1 und 294 Abs. 1 StGB vorgesehenen (Dreitage-)Frist meldeten die beiden genannten (inhaftierten) Angeklagten selbst (Meinhard A überdies durch seinen Verteidiger) die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. In keiner dieser Rechtsmittelanmeldungen wurde einer der im § 281 Abs. 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe oder der Tatumstand, der einen Nichtigkeitsgrund bilden soll, ausdrücklich oder durch deutlichen Hinweis bezeichnet (ON 64, 65 und 66/II. Bd.).

Nachdem an die Verteidiger der Angeklagten Meinhard A und Marlies A je eine Urteilsausfertigung zugestellt worden war (s.S. 818/III. Bd.), wurden - je innerhalb der in den § 285 Abs. 1 und 294 Abs. 2 StPO bestimmten (Vierzehntage-)Frist - folgende Rechtsmittelausführungen (auf dem vorgeschriebenen Weg) eingebracht:

1.) eine von der Angeklagten Marlies A selbst verfaßte, von einem Verteidiger nicht unterschriebene Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (ON 9/III. Bd.), in der als einen Nichtigkeitsgrund bildenden Tatumstand - entgegen den u.a. auf ihrem beim Untersuchungsrichrichter und in der Hauptverhandlung abgelegten Geständnis (vgl. ON 6/I. Bd. und 63/II. Bd.) beruhenden, im Sinne des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO begründeten Urteilsfeststellungen - angeführt wird, es stimme nicht, daß sie das Fahrzeug bei jedem Diebstahl gelenkt habe, es sei auch bei Besteigen des Personenkraftwagens nicht klar gewesen, daß wieder ein Diebstahl begangen werde; außerdem habe sie bei den Diebstählen im Wagen geschlafen, da alle unter Alkoholeinfluß gestanden seien. Schließlich kritisiert die Angeklagte Marlies A in ihrer Rechtsmittelausführung die Annahme des sie betreffenden Wertes der Diebsbeute im Verhältnis zu dem in Ansehung des - rechtskräftig mitverurteilten - Angeklagten Kurt C festgestellten Wert;

2.) eine vom Angeklagten Meinhard A selbst verfaßte, von einem Verteidiger nicht unterfertigte Rechtsmittelausführung (ON 7/III. Bd.), in der sich der genannte Angeklagte über die Verhandlungsführung durch den Vorsitzenden des Schöffengerichtes und das Strafausmaß beschwert (vgl. dazu auch ON 19 und 20/III. Bd.);

3.) eine vom Verteidiger des Angeklagten Meinhard A verfaßte Berufungsausführung (ON 10/III. Bd.);

4.) eine vom Verteidiger der Angeklagten Marlies A verfaßte Ausführung der Berufung (ON 11/III. Bd.), in welcher zur angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde erklärt wird, daß diese 'nicht ausgeführt, jedoch auch nicht zurückgezogen wird'.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Landesgericht Innsbruck mit der Begründung, es sei weder bei der Anmeldung noch in einer Ausführung einer der im § 281 Abs. 1 Z 1 bis 11 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe bezeichnet worden, die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Meinhard A und Marlies A zurück.

Gegen diesen, den Verteidigern zugestellten Beschluß (vgl. S. 847/III. Bd.) brachten die beiden genannten Angeklagten innerhalb der gemäß dem § 285 b Abs. 2 StPO offenstehenden Frist (selbstverfaßte) Beschwerden ein (ON 16 und 17/III. Bd.). Meinhard A polemisiert in seinem Rechtsmittel (ON 16/III. Bd.) gegen den Vorsitzenden des Schöffengerichtes und seinen Verteidiger, bezeichnet die über ihn und seine Ehefrau verhängten Freiheitsstrafen als zu hoch und verspricht schließlich Besserung. Marlies A erklärt in ihrer Beschwerde (ON 17/III. Bd.), in der sie auf die von ihr eingebrachte Rechtsmittelschrift (ON 9) bezug nimmt, diese (ausschließlich) zugunsten ihres Ehegatten Meinhard A auszuführen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde der Angeklagten Marlies A war mangels Rechtsmittelbefugnis für ihren Ehegatten zurückzuweisen. Das im § 285 b Abs. 2 StPO vorgesehene Beschwerderecht gegen einen gemäß dem § 285 a StPO gefaßten Beschluß steht nämlich einem Angehörigen des Angeklagten nur dann zu, wenn eine von ihm gemäß dem § 282 StPO zugunsten einer dort bezeichneten Person ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen worden ist. (In diesem Sinne auch Bertel, Grundriß des österreichischen Strafprozeßrechts, 191). Im vorliegenden Fall war aber die Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde vom Angeklagten Meinhard A selbst bzw. (überdies) durch seinen Verteidiger erfolgt (ON 64 und 65/II. Bd.). Nur diesem Angeklagten steht daher das Beschwerderecht gegen den ihn betreffenden Zurückweisungsbeschluß zu, nicht aber seiner Ehefrau. Deren für Meinhard A erhobene Beschwerde war mithin vom Obersten Gerichtshof zurückzuweisen.

Der vom Angeklagten Meinhard A erhobenen Beschwerde gemäß dem § 285 b Abs. 2 StPO war nicht Folge zu geben, weil der angefochtene (Zurückweisungs-)Beschluß der Vorschrift des § 285 a Z 2 StPO entspricht. Der genannte Beschwerdeführer konnte übrigens selbst kein sachliches Argument gegen diesen Beschluß aufzeigen. Aus den dargelegten Gründen war den Vorschriften des § 285 b StPO gemäß wie aus dem Spruche ersichtlich zu entscheiden. Nur der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, daß das Erstgericht hinsichtlich der - vorstehend zusammengefaßt wiedergegebenen - Rechtsmittelausführungen der Angeklagten Marlies A (ON 9/III. Bd.) und Meinhard A (ON 7/III. Bd.) eine Maßnahme gemäß dem § 285 a Z 3 StPO zutreffend unterließ, weil diesen Schriftsätzen nicht nur die Unterschrift eines berechtigten Verteidigers fehlt, sondern auch die deutliche und bestimmte Bezeichnung eines im § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgrundes bzw. des Tatumstandes, der einen Nichtigkeitsgrund bilden soll.

Anmerkung

E01829

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00035.79.0327.000

Dokumentnummer

JJT_19790327_OGH0002_0110OS00035_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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