TE OGH 1979/3/29 12Os15/79

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Veröffentlicht am 29.03.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. März 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter, sowie des Rechtsamtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz A ua wegen des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens des Schwangerschaftsabbruches nach § 96 Abs 1 und 2 auch 15 StGB über die vom Angeklagten Franz A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 3. Oktober 1978, GZ 10 Vr 1829/78-46, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, für welche sich der Oberste Gerichtshof eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO vorbehalten hat, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Egon Jaufer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Staatsanwalt Dr. Kresnik, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung des Angeklagten Franz A wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Helga B das angefochtene Urteil in dem die Angeklagte Ingrid C betreffenden Ausspruch über die Strafe aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Die Angeklagte Ingrid C wird für das ihr zur Last fallende Vergehen des Schwangerschaftsabbruches nach § 96 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 11 JGG nach dieser Gesetzesstelle zu 2 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua der am 21. April 1927 geborene beschäftigungslose Franz A des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Schwangerschaftsabbruches nach § 96 Abs 1 und 2,

2. Fall, auch 15 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem 2. Strafsatz des § 96 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt.

Ihm liegt zur Last, in Graz als Nichtarzt gewerbsmäßig mit Einwilligung der Schwangeren Ingrid C deren Schwangerschaft durch Vornahme einer Curettage Mitte Februar 1978 abzubrechen versucht und am 28. Mai 1978 abgebrochen zu haben.

Bei der Strafzumessung nahm das Erstgericht als erschwerend den zweifachen Eingriff und die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, als mildernd das Geständnis und den Umstand an, daß es im Februar 1978 beim Versuch geblieben ist.

Die die Jurisdiktion des Obersten Gerichtshofes begründende Nichtigkeitsbeschwerde der Mitangeklagten Helga Dickbauer (§ 296 Abs 1 StPO) hat bereits mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 1. März 1979, GZ 12 Os 14/79-5, ihre Erledigung gefunden, sodaß Gegenstand des Gerichtstages nur mehr die Berufung des Angeklagten Franz A war, mit welcher er eine Reduzierung der Freiheitsstrafe auf die Hälfte des Strafmaßes des Erstgerichtes anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe nicht nur richtig und vollständig angeführt, sondern auch zutreffend gewürdigt. Der Umstand, daß dem Angeklagten kein Kunstfehler - wie er in der Berufungsschrift behauptet - unterlief, kann nicht als mildernd gewertet werden, da es sich nach dem Gutachten des Sachverständigen immerhin um einen risikovollen Eingriff im 5. Monat einer Schwangerschaft mit einem nicht wirklich geeigneten Instrumentarium handelte und eine Perforation im Bereiche des Möglichen lag (sS 194, 195), der überdies einen Krankenhausaufenthalt von 10 Tagen zur Folge hatte (S 93). Auch die von der Berufung hervorgehobene Strafempfindlichkeit zufolge des Bestehens einer Zuckerkrankheit kann den Strafzweck nicht beeinflussen, sondern allenfalls im Rahmen des Vollzuges Berücksichtigung finden.

Da der Angeklagte insgesamt nach seinem Vorleben, den Vorstrafen und seiner übrigen Lebensführung mit einer offenbar unverbesserlichen Neigung zur Begehung solcher Delikte behaftet ist, erscheint die vom Erstgericht verhängte Strafe durchaus tat- und schuldangemessen, sodaß der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

Die diesbezügliche Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Helga B vermag sich der Oberste Gerichtshof ferner davon zu überzeugen, daß zum Nachteil der Mitangeklagten Ingrid C das Strafgesetz in einer den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO verwirklichenden Weise unrichtig angewendet worden ist (§ 290 Abs 1 StPO).

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua die am 15. Juni 1960 geborene Vertragsbedienstete der Österreichischen Bundesbahnen (S 39, 69, 91 und 184 dA) Ingrid C des Vergehens des Schwangerschaftsabbruches nach dem § 96 Abs 3 StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle zu einer gemäß dem § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, weil sie Mitte Februar 1978

den zunächst versuchten und am 28. Mai 1978 vollendeten Abbruch ihrer Schwangerschaft durch Franz A, der nicht Arzt ist, zugelassen hat (Punkt 2. des Urteilsspruches).

Ingrid C hat somit, was das Erstgericht übersehen oder wenigstens nicht beachtet hat, zur Tatzeit das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Die ihr inhaltlich des Schuldspruches zur Last

fallende strafbare Handlung ist demgemäß eine ' J u g e n d -

s t r a f t a t ' im Sinne des § 1 Z 3 JGG. Für deren Ahndung

kommen die im § 11 JGG normierten Besonderheiten der Bestrafung in Anwendung, und zwar ungeachtet dessen, daß Ingrid C zur Zeit der Einleitung des gegenständlichen Strafverfahrens das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

Nach § 11 Z 1 JGG ist insbesondere das Höchstmaß und das Mindestmaß aller zeitlichen Freiheitsstrafen auf die Hälfte herabgesetzt. Das im § 96 Abs 3 StGB statuierte Höchstmaß der Freiheitsstrafe von einem Jahr ist demgemäß im vorliegenden Fall auf sechs Monate vermindert. Da das Erstgericht diese Bestimmung außer acht gelassen und dadurch bei der Strafbemessung von einem anderen als dem gesetzlichen Strafrahmen ausgegangen ist, haftet seinem Ausspruch über die Strafe zum Nachteil der Angeklagten der Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z 11 StPO auch dann an, wenn, was vorliegend zutrifft, die ausgemessene Strafe innerhalb des Strafrahmens liegt, der richtigerweise der Strafbemessung zu Grunde zu legen gewesen wäre (vgl Gebert-Pallin-Pfeiffer Nr 4 a zu § 281 Abs 1 Z 11 StPO). Es war daher gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen so vorzugehen, als wäre dieser Nichtigkeitsgrund geltend gemacht worden.

Der in diesem Umfang fehlerhafte Strafausspruch des erstgerichtlichen Urteils war deshalb aufzuheben und die Strafe neu zu bemessen.

Dabei konnte der Oberste Gerichtshof von den vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend und richtig erkannten Strafzumessungsgründen ausgehen. In Anbetracht des überwiegens der Milderungsgründe und der zufolge § 11 Abs 1 JGG vorzunehmenden Reduzierung der Obergrenze des Strafrahmens auf die Hälfte erscheint die im Spruch erkannte Strafe für die beinahe das 18. Lebensjahr erreicht habende Angeklagte tat- und schuldangemessen, aber auch notwendig, um der gezeigten selbstgefährdenden Auffassung (Abtreibung der Leibesfrucht im 5. Monat) entgegenzuwirken.

Anmerkung

E01853

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00015.79.0329.000

Dokumentnummer

JJT_19790329_OGH0002_0120OS00015_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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