TE OGH 1979/6/8 11Os2/79

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Veröffentlicht am 08.06.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. Oktober 1978, GZ 6 a Vr 5708/78-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Grois und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23. Dezember 1948 geborene beschäftigungslose Walter A des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG und des Finanzvergehens des Schmuggels nach dem § 35 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt, weil er am 24. Mai 1978 vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen einführte und ausführte, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem er 1 Kilogramm Heroin in seinem PKW Marke Plymoth-Baracuda, Kennzeichen W 399.433, aus der Türkei ausführte, in Spielfeld-Straß nach Österreich einführte und dann nach Wien brachte, und durch diese Tathandlung - da er das Heroin nicht zur Verzollung stellte - eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzog (strafbestimmender Wertbetrag 236.475 S).

Allein gegen den Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach dem § 35 Abs 1 FinStrG wendet sich der Angeklagte mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 11 ('in eventu' jenen der Z 10) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung dieses Rechtsmittels bekämpft der Beschwerdeführer die Bemessung der entzogenen Abgabenbeträge an Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag (welche hier zusammen mit dem hinterzogenen Zollbetrag gemäß dem § 35 Abs 4 FinStrG den strafbestimmenden Wertbetrag bilden) unter Zugrundelegung eines - auf allgemeinen Erfahrungssätzen in bezug auf den Preis am (illegalen) Markt beruhenden - Grenzeingangswertes von 647.410 S, welche vorliegend einen Einfuhrumsatzsteuerbetrag von 134.533 S und einen Außenhandelsförderungsbeitrag von 1.942 S, zusammen mit dem (Gewichts-)Zoll von 100.000 S sohin einen strafbestimmenden Wertbetrag von 236.475 S ergab. Demgegenüber wären nach Ansicht des Beschwerdeführers rechtsrichtig sowohl Einfuhrumsatzsteuer als auch Außenhandelsförderungsbeitrag auf der Grundlage des Gewichtszolles von 100.000 S pro Kilogramm Heroin zu bemessen gewesen. Er folgert daraus, daß das Erstgericht bei der Bemessung der für das Finanzvergehen zu verhängenden Strafe von einem unrichtigen (überhöhten) Strafsatz (§ 35 Abs 4 FinStrG - zweifacher des auf die Ware entfallenden Abgabenbetrages) ausgegangen sei und demgemäß eine Geldstrafe in erheblich geringerer Höhe fetzusetzen gewesen wäre.

Der Rüge kommt aus nachstehenden Überlegungen keine Berechtigung zu:

Die Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 25.1976, 12 Os 38, 39/76 = RZ 1976, S. 159 = EvBl. 1976/229, hatte die Zulässigkeit der (seinerzeit üblichen) Erhebung eines Wertzolles auf die Suchtgifte Haschisch, Heroin und LSD verneint, mangels der Festsetzung eines anderweitigen Zolles hiefür (es gibt Wert-, Gewichts- und Stückzölle) die Eingangsabgabepflicht für solche Suchtmittel und im Zusammenhalt damit die Möglichkeit eines Schmuggels derselben (sowie überhaupt der Tatbestandsmäßigkeit derartiger Suchtgifteinfuhr gemäß den §§ 35 ff FinStrG) negiert, was der damaligen Rechtslage entsprach. Mit 1. Jänner 1977 ist jedoch das Bundesgesetz vom 30. November 1976, BGBl. Nr. 669 (9. Zolltarifgesetznovelle) in Kraft getreten, welches auf die vorliegende, erst 1978 begangene Tat Anwendung findet und mit welchem der Zolltarif u. a. dahin geändert wurde, daß Waren der Nummer 29,42 (worunter Heroin fällt), die entgegen den Bestimmungen des Suchtgiftgesetzes und der Suchtgiftverordnung eingeführt werden, nunmehr einem Gewichtszoll nämlich einem Zollsatz von 100.000 S für ein Kilogramm unterliegen. Die erwähnte Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes ist daher insoweit überholt (vgl. 10 Os 135/78, 10 Os 6/79). Die Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der 9. Zolltarifgesetznovelle waren in klar erkennbarer Weise darauf gerichtet, die aus der bisherigen Rechtslage im Ergebnis folgende und rechtspolitisch als unerwünscht empfundene 'Privilegierung' des Schmuggels und der Abgabenhehlerei mit bloß illegal gehandelten Suchtgiften im Verhältnis zu gleichartigem Tatverhalten in bezug auf Waren anderer Art zu beseitigen, weshalb nicht gezweifelt werden kann, daß aus der ausdrücklicken gesetzlichen Festsetzung eines (Gewichts-)Zolles für Suchtgifte der zuerst erwähnten Art eine Eingangsabgabepflicht schlechthin für derlei Suchtgifte abzuleiten ist.

Besteht aber - was auch vom Beschwerdeführer dem Grunde nach nicht bestritten wird - nunmehr in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich eine Verpflichtung zur Zahlung von Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag - weshalb ein Täter folglich, wenn er das eingeführte Suchtgift nicht zur Verzollung stellt, hiedurch eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzieht - dann kann der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag seien vom Gewichtszoll des Suchtgiftes (hier: Heroin) zu berechnen, nicht gefolgt werden.

Dies deshalb nicht, weil Grundlage für die Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer weiterhin die Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223, sind. Gemäß dem § 5 Abs 2 UmsatzsteuerG 1972 ist aber dann, wenn eine einfuhrumsatzsteuerpflichtige Ware - wie im vorliegenden Fall - nicht einem Wertzoll unterliegt, Bemessungsgrundlage bei der Einfuhr primär das dem Lieferer für die eingeführte Ware geschuldete Entgelt. Liegt - wie hier - ein Entgelt nicht vor oder kann dieses nicht nachgewiesen werden, ist die Einfuhrumsatzsteuer gemäß dem § 5 Abs 1 UmsatzsteuerG 1972 - auf welche Bestimmung von Abs 2 dieser Gesetzesstelle in Fällen dieser Art (zurück-)verwiesen wird - nach dem Zollwert der eingeführten Ware zu bemessen. Als Zollwert gilt aber gemäß dem § 1 Abs 2 des Bundesgesetzes vom 30. März 1955 über die Wertverzollung (WertzollG 1955) der 'Normalpreis', welcher im § 2 leg. cit. näher umschrieben wird und zu einem von Gesetzes wegen festgelegten Gewichtszoll in keiner wie immer gearteten Beziehung steht. Damit erscheint klargestellt, daß der für die Eingangsabgabenberechnung bedeutsame Zollwert des Suchtgiftes jedenfalls nicht aus einem - vom Warenwert unabhängigen - Gewichtszoll abgeleitet werden kann. Ist aber, wie bereits dargelegt, einerseits von der Umsatzsteuerpflicht und anderseits bei der Berechnung in den Fällen des § 5 Abs 1 UStG vom Normalpreis (i.S. eines Marktpreises) auszugehen, dann ergibt sich, das nach dem Willen des Gesetzgebers demnach insoweit auch die Preisbildung auf einem illegalen Markt den Voraussetzungen der §§ 2 und 3 WertzollG 1955 entspricht.

Wenn der Beschwerdeführer hiezu im einzelnen noch einwendet, ein 'Schwarzmarktpreis' dieser Art sei stark schwankend, ungenau und wechselnden Einflüssen unterworfen, die sich insbesondere nach der Saison und der Einfuhrmenge richten, so genügt es, ihm zu entgegnen, daß gerade die Veränderlichkeit der Preise unter dem Einfluß des Spieles von Angebot und Nachfrage sowie anderer marktbedingter, zeitlicher und örtlicher Gegebenheiten ein charakteristisches Kriterium eines freien Marktes ist und die Verhältnisse insoweit auch in Ansehung des erlaubten Handels mit Waren nicht anders liegen.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist das Erstgericht sohin ohne Rechtsirrtum bei Berechnung der hinterzogenen Beträge an Einfuhrumsatzsteuer (wie auch in weiterer Folge an Ausfuhrförderungsbeitrag) von einem auf der unbedenklichen Erfahrungsbasis der Zollbehörde beruhenden, nach den oben dargelegten Kriterien ermittelten und - im übrigen vom Beschwerdeführer aus dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels nicht bekämpften - 'Grenzeingangswert' von 647.410 S für die geschmuggelte Menge von einem Kilogramm Heroin ausgegangen. Es hat auch diese Abgabenbeträge sowie die Gesamthöhe der auf diese Weise hinterzogenen Beträge (und damit den strafbestimmenden Wertbetrag) fehlerfrei errechnet, weswegen die behauptete materielle Urteilsnichtigkeit nicht vorliegt.

Die unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 Monaten und nach dem § 35 Abs 4 FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von 40.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Monate (Ersatz-)Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung nach dem Suchtgiftgesetz als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und die große Menge des Suchtgiftes, als mildernd das Geständnis, das zur Aufhellung des gesamten Komplexes beigetragen hat und voraussichtlich im Verfahren gegen andere Personen Bedeutung gewinnen wird, sowie den Umstand, daß das Suchtgift noch nicht in Verkehr gebracht wurde und somit konkreten Schaden noch nicht stiftete.

Für die Bemessung der Strafe nach dem Finanzstrafgesetz zog das Erstgericht als mildernd das Geständnis des Angeklagten und dessen finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit in Betracht. Erschwerungsgründe fand es nicht.

Mit ihren Berufungen bekämpfen die Staatsanwaltschaft beide Strafaussprüche mit dem Ziel, die Freiheitsund Geldstrafe jeweils zu erhöhen und neben der Geldstrafe nach Maßgabe des § 15 FinStrG eine Freiheitsstrafe zu verhängen, der Angeklagte hingegen allein die Freiheitsstrafe, deren erhebliche Herabsetzung er begehrt. Keine der beiden Berufungen ist berechtigt.

Das Erstgericht hat - was von beiden Berufungswerbern zugestanden wird - die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig angeführt. Es hat sie aber auch ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt. Der Staatsanwaltschaft ist beizupflichten, daß das Strafausmaß nach dem Suchtgiftgesetz, gemessen an der Gefährlichkeit und Menge des den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Suchtgiftes, an sich als zu gering angesehen werden könnte. Es darf aber nicht außer acht bleiben, daß sehr gewichtige Gründe, vor allem das rückhaltlose Geständnis, hier eine entsprechend milde Behandlung des Täters fordern. Unter diesem Aspekt hat das Erstgericht die Strafe in schuldangemessener Höhe festgesetzt. Eine noch weitergehende Strafermäßigung wäre allerdings nicht vertretbar.

Angesichts der Tatsache, daß es sich um den erst- und einmaligen Schmuggel des Angeklagten handelt, der noch dazu unter dem Zwang der gesondert abgestraften Haupttat verübt wurde, reicht aber auch die Geldstrafe in der ausgesprochenen Höhe hin, den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat voll zu erfassen.

Aus diesen Erwägungen war auch den beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02098

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00002.79.0608.000

Dokumentnummer

JJT_19790608_OGH0002_0110OS00002_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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