TE OGH 1979/6/20 10Os48/79

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Veröffentlicht am 20.06.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ackerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Wilhelm A wegen des Vergehens nach §§ 6 Abs 1 SuchtgiftG, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 16. November 1978, GZ 19 Vr 387/78-44, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Rosicky und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe

auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5. Dezember 1953 geborene Fotograf Wilhelm A des teils vollendeten und teils versuchten Verbrechens (wider die Volksgesundheit) nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG, § 15 StGB (Pkt. I des Urteilssatzes), des Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 2 (dritter und vierter Fall) SuchtgiftG (Pkt. II) sowie der gewerbsmäßig begangenen Finanzvergehen des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit. a FinStrG (Pkt. III) und der Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit. a, 38

Abs 1 lit. a FinStrG (Pkt. IV) schuldig erkannt. Er wurde hiefür nach § 28 StGB, § 6 Abs 1 SuchtgiftG zu drei Jahren Freiheitsstrafe, nach § 38 Abs 1 (sachlich auch §§ 21 Abs 1 und 2, 22 Abs 1) FinStrG zu 50.000 S Geldstrafe (für den Fall der Uneinbringlichkeit fünf Monate Ersatzfreiheitsstrafe) sowie schließlich nach § 6 Abs 4 SuchtgiftG und § 19 FinStrG zu einer Wertersatzstrafe von 50.000 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit zu - weiteren - fünf Monaten Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt; außerdem wurde nach § 6 Abs 3 SuchtgiftG auf Verfall der sichergestellten Suchtgifte erkannt.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen erwarb der Angeklagte in der Zeit vom Sommer 1977 bis März 1978

zu wiederholten Malen insgesamt ungefähr 850 Gramm Haschisch schmugglerischer Herkunft und setzte dieses Suchtgift im gleichen Zeitraum in Wien und Michelbach (N§.) zum größten Teil durch Verkauf und Weitergabe an einen größeren Personenkreis in Verkehr (Punkte I/1 und IV des Schuldspruchs).

Am 2. bzw. 3. April 1978 schmuggelte er in München erworbene 767 Gramm Marihuana und 2,6 Gramm Kokain bei Salzburg nach Österreich, um auch diese Suchtgifte - welche aber sichergestellt und für verfallen erklärt wurden - hier durch Verkauf und Weitergabe an einen größeren Personenkreis in Verkehr zu setzen (Punkte I/2 und III des Schuldspruchs).

Für seinen eigenen Verbrauch erwarb und besaß der Angeklagte anfangs 1978 wiederholt kleinere Mengen Kokain (Punkt II des Schuldspruchs). Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte aus den Gründen der Z 4, 5, 8, 9 lit. a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde, im Strafausspruch außerdem mit Berufung. Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer in der vermeintlich unbegründeten Abweisung des von seinem Verteidiger gestellten Antrags auf Vernehmung des Zeugen Hannes B zum Beweis dessen, daß er (Beschwerdeführer) alle Lebensbedürfnisse aus seinem Arbeitsverdienst befriedigen konnte und es daher nicht nötig gehabt habe, gewerbsmäßigen Schmuggel bzw. Handel mit Suchtgiften zu betreiben. Indes enthält das Hauptverhandlungsprotokoll - zufolge einer vom Vorsitzenden handschriftlich vorgenommenen Einfügung - in der gemäß § 271 Abs 1 StPO maßgebenden Fassung die vom Beschwerdeführer vermißte Begründung des gerügten Zwischenerkenntnisses (§ 238 Abs 2 StPO); darnach unterließ das Schöffengericht die beantragte Beweisaufnahme, weil das Beweisthema als erwiesen angesehen werden könne (S. 282).

Rechtliche Beurteilung

Da im angefochtenen Urteil keine gegenteilige Feststellung getroffen wurde - denn daß der Beschwerdeführer von seinem Arbeitsverdienst auch ohne Begehung der ihm angelasteten strafbaren Handlungen hätte leben können, zog das Erstgericht nicht in Zweifel -, vermag die Ablehnung des erwähnten Beweisantrags keine prozessuale Urteilsnichtigkeit zu bewirken.

Dem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO, mit dem Begründungsmängel der den Schuldspruch tragenden Urteilsfeststellungen behauptet werden, ist folgendes zu erwidern:

Die Konstatierung, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom Sommer 1977 bis März 1978 (mindestens) über ungefähr 850 Gramm Haschisch zur Weitergabe verfügte, beruht ersichtlich auf den vom Erstgericht für beweiskräftig erachteten niederschriftlichen Angaben der Ingrid C und des Adolf D vor den Beamten der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich; hienach hat die Erstgenannte im Sommer 1977 eine verpackte Platte mit etwa 250 Gramm und eine angebrochene Platte mit (noch) etwa 50 Gramm Haschisch (S. 145), der Zweitgenannte hingegen in der Zeit von Jänner bis Ende März 1978 etwa fünf- bis sechsmal je 50 Gramm Haschisch und Mitte Jänner 1978 eine Platte mit etwa 250 Gramm Haschisch (S. 156) beim Angeklagten in Michelbach gesehen, woraus sich durch Zusammenrechnung die in den Punkten I/1 und II des Urteilssatzes angeführte Gesamtmenge von 850 Gramm Haschisch ergibt. Die dagegen in der Nichtigkeitsbeschwerde unterstellte Identität der von C und D jeweils erwähnten größeren Stücke scheidet schon nach den angegebenen Wahrnehmungszeitpunkten (als reine Konstruktion) praktisch aus. Soweit der Beschwerdeführer einen Anhaltspunkt hiefür in der Aussage der Zeugin Ingrid C vor dem erkennenden Gericht finden will (S. 274), ist er darauf zu verweisen, daß das Gericht in freier Beweiswürdigung alle Depositionen durch welche die Zeugin bei der Hauptverhandlung von ihren Angaben vor den Beamten der Sicherheitsdirektion abwich, für unglaubwürdig erachtete.

Auch für die Annahme, daß es der Beschwerdeführer war, der diese 850 Gramm Haschisch schmugglerischer Herkunft beschaffte, enthält das angefochtene Urteil zureichende Gründe mit dem Hinweis auf die im Verfahren hervorgekommenen geschäftlichen Beziehungen des Beschwerdeführers zu Mittelsmännern in Pakistan und auf die damit zusammenhängenden Mitteilungen der Ingrid C an Beamte der Sicherheitsdirektion über das Eintreffen von in Warensendungen aus Pakistan an den Angeklagten verborgenen größeren Mengen an Haschisch. Daß die betreffenden Angaben der Ingrid C von den Erhebungsbeamten nicht in einer Niederschrift, sondern durch Vermerke in Berichtsform zu den Akten gebracht wurden (S. 69 bis 73 = 147-151; S. 153), stand ihrer Verwertung zu Beweiszwecken nicht entgegen. Denn da sich der letzte Satz des § 88 Abs 3 StPO nur auf Augenschein und Hausdurchsuchung, nicht auch auf die von den Sicherheitsbehörden durchgeführten Vernehmungen und Befragungen bezieht (Foregger-Serini, StPO2 S. 105), handelte es sich dabei der Beschwerdeauffassung zuwider keineswegs um einen nach dem Gesetz nichtigen Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakt. Die Verlesung der betreffenden Aktenvermerke (S. 275, 283) konnte darüber hinaus schon deshalb keine Urteilsnichtigkeit bewirken, weil sich der Beschwerdeführer dagegen nicht verwahrt hat (§ 281 Abs 1 Z 2 StPO). Die Beweiskraft der solcherart gewonnenen Erkenntnisse unterlag der freien, im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbaren Würdigung durch das Schöffengericht (§ 258 Abs 2 StPO), dessen Beurteilung mit den forensischen Erfahrungen auf dem Gebiet des illegalen grenzüberschreitenden Verkehrs mit Suchtgiften durchaus im Einklang steht und im gegebenen Fall durch Sachbefund an den als Versandbehältnis in Betracht kommenden Gegenständen nicht entkräftet werden konnte, zumal eine entsprechende Untersuchung derselben zufolge deren Beseitigung nicht mehr möglich war (S. 255, 257).

Bei der gegebenen Sachlage erübrigte es sich für das Erstgericht, hinsichtlich der Herkunft des Suchtgiftes die Einbringung (geringer Mengen) von Haschisch durch andere Angehörige der Wohngemeinschaft in Michelbach näher in Betracht zu ziehen, sodaß von einem Übergehen bezüglicher Verfahrensergebnisse keine Rede sein kann, geschweige denn von einer Aktenwidrigkeit des Urteils.

Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen sind auch für die Feststellung, daß der Beschwerdeführer die mehrfach genannten 850 Gramm Haschisch nicht nur den Angehörigen der - außer ihm noch sieben Personen umfassenden - Wohngemeinschaft in Michelbach, sondern darüber hinaus einem größeren Personenkreis unbekannt gebliebener Abnehmer in solchen Mengen und auf solche Art weitergab, daß dadurch etwa 30 bis 50 Personen zur Rauschgiftsucht verführt werden konnten, mit den Hinweisen auf den geringen und zudem auch noch aus anderen Quellen gedeckten Eigenverbrauch der Wohngemeinschaft im Verhältnis zu den in Rede stehenden Suchtgiftmengen sowie auf den vom Angeklagten über die Deckung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse hinaus getriebenen Aufwand im angefochtenen Urteil hinreichende (und nicht etwa nur Schein-) Gründe angegeben. Daß das Erstgericht nicht auch nähere Einzelheiten dieses Tatsachenkomplexes festzustellen vermochte und dazu ausführte, es habe 'der zweite Teil des Suchtgifthandels, nämlich der Vertrieb, kaum aufgehellt werden' können (S. 303), ändert daran nichts. Soweit der Beschwerdeführer demgegenüber darzutun versucht, daß aus den Verfahrensergebnissen andere, für ihn günstigere Schlüsse hätten gezogen werden sollen, bekämpft er nach Art und Zielsetzung einer Schuldberufung in unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung. Gleiches gilt für die Feststellung des durch Einfuhrschmuggel und Verbringen von 767 Gramm Haschisch und 2,6 Gramm Kokain (ausführungsnah) betätigten Vorsatzes des Angeklagten, auch diese Suchtgifte nicht nur in der (8 Personen umfassenden) Wohngemeinschaft verbrauchen zu lassen, sondern darüber hinaus an einen unbestimmten größeren Personenkreis weiterzugeben, welchen Vorsatz das Erstgericht aus der Menge der auf einmal eingeführten Suchtgifte denkfolgerichtig erschließen konnte.

Auf die mit der Rechtsrüge gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung der Finanzvergehen verknüpfte Behauptung, es seien auch die hiefür maßgeblichen Urteilsannahmen nicht ausreichend begründet, kann mangels entsprechender Substantiierung dieses Vorbringens nicht eingegangen werden.

Daß der mit Beziehung auf § 281 Abs 1 Z 8 StPO erhobene Vorwurf einer Anklageüberschreitung unzutreffend ist, zeigt die in allen Punkten des Schuldspruchs gegebene volle Übereinstimmung von Anklagetenor und Urteilsspruch; der Beschwerdeführer kann darnach nicht mit Grund behaupten, gegen die Vorschrift der §§ 262, 263 und 267 StPO einer Tat schuldig erkannt worden zu sein, auf die die Anklage nicht gerichtet (oder ausgedehnt) wurde. Die von der Staatsanwaltschaft bei Einbringung der Anklageschrift abgegebene Erklärung, daß sie zur weiteren Verfolgung des Wilhelm A wegen Schmuggels und Vertriebes von insgesamt 20 Kilogramm Haschisch aus Pakistan keinen Grund finde, und der konforme (Teil-) Einstellungsbeschluß des Untersuchungsrichters vom 1. September 1978 (S. 3 e) bezogen sich auf den in Punkt 1 der Vollanzeige der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich geäußerten Verdacht, Wilhelm A habe zirka 20 Kilogramm Haschisch außer den von der Anklageschrift erfaßten Suchtgiften in einer Luftfrachtsendung aus Pakistan erhalten (S. 113). Die darauf sich beziehende Teileinstellung des Verfahrens konnte das Gericht nicht hindern, (im Rahmen der ihm - ohne Bindung an die Auffassung des Anklägers über den konkreten Tatablauf - obliegenden tatsächlichen Beurteilung der Anklagetaten) anzunehmen, daß (zwar nicht zusätzliche 20 Kilogramm, wohl aber) die in den Punkten I/1 und IV des Urteilssatzes (und des gleichlautenden Anklagetenors) bezeichneten 850 Gramm Haschisch auf dem vorerwähnten Weg in den Besitz des Angeklagten gelangten. Die auf Z 9 lit. a, allenfalls Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge des Angeklagten wendet sich zunächst gegen die Beurteilung seines in Punkt I des Urteilssatzes beschriebenen Tatverhaltens als (teils vollendetes und teils versuchtes) Verbrechen nach § 6 Abs 1

SuchtgiftG. Straffreiheit für sich will der Beschwerdeführer aus § 9 a SuchtgiftG mit dem Argument ableiten, die ihm als in Verkehr gesetzt angelastete Menge von 850

Gramm Haschisch reiche nicht einmal dazu aus, über den ganzen in Betracht kommenden Tatzeitraum von rund neun Monaten (oder 39 Wochen) hinweg den 'straffreien' Bedarf auch nur eines einzelnen Haschischkonsumenten von 30

Gramm wöchentlich laufend zu decken. Des weiteren behauptet der Beschwerdeführer, die gegenständlichen 767 Gramm Marihuana entsprächen dem Wirkstoffgehalt nach nur etwa 250 Gramm Haschisch. Im übrigen bemängelt er das Fehlen näherer Feststellungen darüber, an welchen Personenkreis und in welchen Mengen Suchtgifte weitergegeben wurden oder weitergegeben werden sollten.

Dieses Vorbringen geht jedoch zur Gänze fehl:

Erste Voraussetzung für die Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG ist es, daß die Suchtgiftmenge objektiv geeignet ist, die in dieser Gesetzesstelle als Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen 'in größerer Ausdehnung' umschriebene Gemeingefahr herbeizuführen. Schon die Menge von 850 Gramm Haschisch übersteigt die bei diesem Suchtgift im Bereich von 100 Gramm anzunehmende 'Grenzmenge' bei weitem (vgl. Maurer in RZ 1973 S 43-44; JBl. 1975 S. 330). Daraus, daß nach § 9 a SuchtgiftG der Erwerb bzw. Besitz von nicht mehr als 30 Gramm Haschisch für den eigenen Verbrauch innerhalb einer Woche unter bestimmten Voraussetzungen straflos bleibt, kann ein Suchtgiftverteiler nicht ableiten, daß Suchtgiftmengen, die an sich geeignet sind, 30 bis 50 Menschen zur Rauschgiftsucht zu verführen, dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG nicht zu unterstellen seien (SSt. 45/10). In Ansehung des vom Beschwerdeführer (zusammen mit 2,6 Gramm Kokain) in einer Menge von 767 Gramm eingeführten - gleichfalls zur Weitergabe bestimmten - als 'Marihuana' bezeichneten Suchtgiftes ist außer dem zur 'Grenzmenge' eben Gesagten noch festzuhalten, daß diese aus Cannabis-Kraut bestehende Substanz nach dem Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung einen Wirkstoffgehalt (THC) von 5,1 % (gegenüber 2 % THC bei Cannabis von mittlerer Qualität) aufwies, sodaß die gegenständliche Menge von 767 Gramm Cannabis-Kraut sogar 1955,8 Gramm Cannabis Harz von mittlerer Qualität (mit 2 % E) entspricht (S. 173).

Allerdings muß auch der Eintritt der (abstrakten) Gemeingefahr von - zumindest bedingtem - Vorsatz des Täters umfaßt sein. Dieser Vorsatz muß sich - über die quantitative Eignung der tatgegenständlichen Suchtgiftmenge hinaus - auch darauf erstrecken, daß das Suchtgift nach den konkreten Umständen der (erfolgten oder doch vorgesehenen) Verteilung im Wege der Weiterverbreitung letzten Endes tatsächlich mindestens 30 bis 50 Verbrauchern zukommen kann (SSt 45/10; EvBl. 1978/74 u.a.).

Da der Beschwerdeführer nach den Urteilsfeststellungen, von denen bei gesetzmäßiger Ausführung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe ausgegangen werden muß, die von ihm in Verkehr gesetzten 850 Gramm Haschisch an eine größere Anzahl, zumindest 30 bis 50 unbekannt gebliebener Abnehmer verkaufte und auch die von ihm am 3. April 1978 eingeführten Suchtgifte an einen ihrer Menge entsprechenden, aber mindestens ebenso großen unbestimmten Personenkreis durch Verkauf weitergeben wollte, hat das Erstgericht auch unter Berücksichtigung des vom Vorsatz des Täters umfaßten Verteilungsmodus mit Recht die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG in objektiver und subjektiver Hinsicht angenommen. Damit erweist sich der Standpunkt des Beschwerdeführers, sein zu Punkt I des Urteilssatzes festgestelltes Vorgehen könnte für straflos erachtet, allenfalls (nur) dem Tatbestand des § 9 Abs 1 (Z 1 und 2) SuchtgiftG subsumiert werden, als unzutreffend.

Für das durch unberechtigten Erwerb und Besitz von geringen Mengen Kokain (für den eigenen Verbrauch) begangene Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 2 dritter und vierter Fall SuchtgiftG (Punkt II des Urteilssatzes) kann der Beschwerdeführer schon deshalb Straffreiheit nach § 9 a SuchtgiftG nicht beanspruchen, weil er nicht 'ausschließlich deshalb' angezeigt wurde, sondern ihm nach dem bisher Gesagten im Zusammenhang noch ein weiteres Delikt nach dem SuchtgiftG - nämlich das Verbrechen nach dessen § 6 Abs 1 - zur Last fällt (SSt 45/14 u.a.).

Auch die gerichtliche Strafbarkeit des ihm angelasteten Finanzvergehens des Schmuggels und der Abgabenhehlerei wegen gewerbsmäßiger Begehung (§§ 38 Abs 1 lit. a, 53 Abs 1 lit. a FinStrG) bestreitet der Beschwerdeführer zu Unrecht. Das angefochtene Urteil geht mit der Feststellung eines vom Angeklagten längere Zeit hindurch betriebenen (auch mit den bei ihm ergriffenen Suchtgiftmengen beabsichtigten) Suchtgifthandels eindeutig davon aus, daß es dem Angeklagten beim Ansichbringen und nachfolgenden Verhandeln von geschmuggeltem Haschisch ebenso wie bei dem zuletzt von ihm selbst durchgeführten Suchtgiftschmuggel (jeweils) darauf ankam, sich durch wiederkehrende Begehung derartiger Deliktshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine derartige Absicht - mit deren strikter Negierung sich der Beschwerdeführer über erstgerichtliche Tatsachenfeststellungen hinwegsetzt und die Rüge insoweit nicht gesetzmäßig ausführt -

kennzeichnet aber die in Rede stehenden Taten nach der Legaldefinition des § 38 Abs 1 lit. a FinStrG als gewerbsmäßig begangen.

Weder an den einschlägigen Sachverhaltsfeststellungen noch an der hierauf fußenden rechtlichen Beurteilung vermag ferner der Umstand etwas zu ändern, daß der Angeklagte einen geringen Teil des (in solcher Absicht) an sich gebrachten Haschisch nach den Urteilsannahmen ohne Entgelt an andere weitergab.

Damit erledigt sich gleichzeitig die ausschließlich auf dem vorher erledigten, als unberechtigt erkannten Vorbringen basierende und allein an das mithin unzutreffende Argument, die dem Angeklagten zur Last fallenden Finanzvergehen seien nicht mit gerichtlicher Strafe (nach § 38 Abs 1 FinStrG) bedroht, geknüpfte Behauptung einer Überschreitung der Strafbefugnis des Gerichtshofs durch Verhängung einer Geldstrafe von 50.000 S, womit von vorneherein sachlich kein Rechtsirrtum im Sinne des hiebei angerufenen Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 11 StPO geltend gemacht wird.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei im gegebenen Zusammenhang noch festgehalten, daß nach - von keiner Seite in Zweifel gezogenen - Berechnungen des Zollamtes Wien als zuständiger Finanzstrafbehörde (§ 196 FinStrG) auf die Suchtgifte laut Punkt III des Urteilssatzes 14.520 S und auf das Haschisch laut Punkt IV des Urteilssatzes 17.807 S an Eingangsabgaben entfallen (s. Beilage zum Verhandlungsprotokoll ON 43), und diese strafbestimmenden Wertbeträge als einen bestimmten Strafsatz (dessen Obergrenze nach § 38 Abs 1 in Verbindung mit § 21 Abs 2 FinStrG das Vierfache der Summe jener Wertbeträge bildet) bedingende Tatumstände gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO im Urteilsspruch ziffernmäßig anzuführen gewesen wären (SSt 38/40). Das Unterbleiben einer ausdrücklichen Bezeichnung dieser Umstände im Urteilssatz bedeutet lediglich einen - ungerügt gebliebenen - Mangel i.S. des - nicht von amtswegen (§ 290 Abs 1 StPO) wahrnehmbaren - formalen Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 3 StPO

Auch die auf die Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten - sachlich allerdings nur aus dem letzteren Nichtigkeitsgrund erhobenen - Einwände gegen den Ausspruch über die Wertersatzstrafe nach §§ 6 Abs 4 SuchtgiftG und 19 Abs 1 sowie Abs 3 FinStrG sind nicht zielführend.

Der Beschwerde ist zwar zuzugeben, daß das Ersturteil die Grundlage, für den Wertersatz im Rahmen des die Straffestsetzung betreffenden Abschnitts nicht ausdrücklich anführt. Es geht aber ansonsten aus dem Urteil hinreichend deutlich und schlüssig hervor, daß das Gericht bei der Höhe der Wertersatz-Geldstrafe auf jenen Betrag von S 50.000,-- abstellt, den der Angeklagte (zusammen mit einer dem Hans G zustehenden Summe in gleicher Höhe) Ende Dezember 1977 an eine Bank in Bangkok überwies und den er aus dem - von den Punkten I/1 und IV des Urteilsspruchs erfaßten - Suchtgiftgeschäft erlöst hat. Die in Rede stehende Geldstrafe entspricht sohin jedenfalls dem vom Angeklagten aus dem fraglichen Suchtgifthandel erzielten Erlös; nach § 6 Abs 4 SuchtgiftG ist aber auf eine Geldstrafe in der Höhe des Wertes der den Gegenstand der strafbaren Handlung bildenden Sachen oder ihres Erlöses zu erkennen, wenn die Sachen oder ihr Erlös nicht ergriffen werden können oder nicht auf Verfall erkannt wird. Inwieweit die 50.000 S auch den gemeinen Wert der 850 Gramm Haschisch im Sinne des § 19 FinStrG darstellen, kann demnach unbeantwortet bleiben; die Nennung dieser Gesetzesstelle als weiteren Titel für die Auferlegung der Wertersatzstrafe erweist sich als gänzlich überflüssig.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten u.a. nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung nahm es als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Straftaten - allerdings nur soweit ihm nicht durch eine Strafenkumulierung Rechnung getragen wird - und den Umstand an, daß der Angeklagte bereits seit längerer Zeit mit Suchtgift zu tun hat und damit Handel treibt, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, das Teilgeständnis (dem es jedoch deshalb kein Gewicht beimaß, 'weil es sich nur auf das bezog, was ohnehin völlig unwiderleglich durch die Sicherstellung des gerade eingeschmuggelten Suchtgiftes nachgewiesen worden war'), sowie die Tatsache, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist. Mit seiner Berufung, die sich ausschließlich gegen diese Freiheitsstrafe richtet, strebt der Angeklagte deren Herabsetzung und die bedingte Strafnachsicht an.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zwar im wesentlichen richtig erfaßt, doch ist nach Lage des Falles, vor allem im Hinblick eben auf den bisherigen Lebenswandel des Angeklagten sowie die relativ nicht allzu große Menge des wirklich in Verkehr gesetzten Suchtgiftes, die verhängte Freiheitsstrafe überhöht und eine Herabsetzung auf zwei Jahre gerechtfertigt.

Nach Art des kriminellen Verhaltens des Angeklagten liegen jedoch die Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB nicht vor. Außerdem stehen der bedingten Strafnachsicht Erwägungen der Generalprävention entgegen. In diesem Punkt mußte die Berufung darum erfolglos bleiben.

Anmerkung

E02057

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00048.79.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19790620_OGH0002_0100OS00048_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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