TE OGH 1979/6/27 13Os89/79

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Veröffentlicht am 27.06.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführers in der Strafsache gegen Erich A wegen des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs1 und 2 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 21. März 1979, GZ 4 c Vr 2.894/78-62, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Mit gesonderter Verfügung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die Berufung des Angeklagten angeordnet werden. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes wurde u.a. der am 31. Mai 1939 geborene Angeklagte Erich A - im zweiten Rechtsgang - des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs 1 und Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 6. April 1978 in Wien in Gesellschaft des Mittäters Rudolf B eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Brieftasche mit zumindest 3.300 S Bargeld, dem Ernst C mit dem Vorsatz weggenommen hatte, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern. Der Angeklagte Erich A bekämpft dieses Urteil mit den Rechtsmitteln der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung;

seine Nichtigkeitsbeschwerde wird ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 3 und 5 StPO gestützt. In Anziehung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 3 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen seine richterlich verfügte Entfernung aus der Hauptverhandlung vom 21. März 1979.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt.

Wie aus der Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 21. März 1979 hervorgeht, legte der Beschwerdeführer in der Verhandlung 'ungeziemendes Benehmen' an den Tag (S. 276 d.A.), wurde in diesem Zusammenhang mehrmals ermahnt und schließlich kraft Beschlusses des Vorsitzenden für die weitere Verhandlungsdauer - bis zur Urteilsverkündung - aus dem Verhandlungssaal entfernt (§ 234 StPO). Entgegen der in der Beschwerdeschrift verfochtenen Auffassung kann eine derartige sitzungspolizeiliche Maßnahme niemals Urteilsnichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 3 StPO begründen, weil die zitierte Norm all jene gesetzlichen Vorschriften, deren Verletzung diesen Nichtigkeitsgrund darstellt, erschöpfend aufzählt und die vom Erstgericht herangezogene Bestimmung des § 234 StPO in dieser Aufzählung nicht enthalten ist. Allerdings wäre es dem in der Hauptverhandlung anwesenden Verteidiger freigestanden, auf Wiederzulassung des aus der Sitzung entfernten Angeklagten zur Hauptverhandlung anzutragen, um sich für den Fall der Ablehnung oder Nichterledigung seines Antrages die Geltendmachung einer Verfahrensrüge nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO zu sichern. Ein solcher Antrag wurde aber vom Beschwerdeführer in seiner Nichtigkeitsbeschwerde gar nicht behauptet.

Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 3 StPO ist darum nicht gegeben.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO macht der Beschwerdeführer dem Ersturteil der Sache nach offenbar unzureichende und unvollständige Begründung zum Vorwurf. Auch die Mängelrüge ist unbegründet.

Das Erstgericht stützt die Urteilsannahmen über die Täterschaft des - leugnenden - Angeklagten auf eine ganze Reihe von schlüssigen Indizien, die in den Urteilsgründen in Handhabung der Norm des § 258 Abs 2 StPO sowohl einzele als auch in ihrem inneren Zusammenhang sorgfältig geprüft wurden. Die Beschwerde greift nun der Sache nach einzelne Beweisumstände und Beweisergebnisse willkürlich heraus und wertet sie nach eigenem Gutdünken, ohne dabei zu beachten, daß sie sich hier auf das ihr verwehrte Gebiet der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung begibt, die jeder Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof entrückt ist. Eine offenbar unzureichende Begründung der entscheidungswichtigen Urteilsfeststellungen zur Täterschaft und Schuld des beschwerdeführenden Angeklagten kann auf solche Weise keineswegs dargetan werden.

Es trifft aber auch die sinngemäße Beschwerdeeinrede nicht zu, das Erstgericht habe sich über entscheidende Partien der Aussagen der Zeugen Ernst C und Ilse D sowie des Mitangeklagten Rudolf B stillschweigend hinweggesetzt. Vielmehr ging das Erstgericht auf die in Rede stehenden Aussagen mit hinlänglicher Ausführlichkeit ein:

Die offenbare Beschwerdeauffassung, daß das Urteil sich nicht mit allen in der Mängelrüge detailliert präzisierten Argumenten und zu Gunsten des Nichtigkeitswerbers auslegbaren Beweisdetails befaßte und die Verantwortung des Mitangeklagten sowie die Aussagen der zitierten Zeugen in der Begründung des bekämpften Schuldspruchs nicht in sämtlichen Einzelheiten besprach, zeigt noch keinen formalen Begründungsmangel auf. Denn nach der in der Z 5 des § 281 Abs 1

StPO zitierten Bestimmung des § 270 Abs 2 Z 5 StPO ist es keinesfalls notwendig, im Urteil zu jedem Vorbringen Stellung zu nehmen und alle im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände bis ins Letzte zu erörtern; es genügt vielmehr, wenn der erkennende Gerichtshof - in den Entscheidungsgründen seines Urteils - in gedrängter Kürze und unter Vermeidung jedweder überflüssigen Weitwendigkeit jene entscheidenden Umstände bezeichnet, die er als erwiesen annimmt, und - der Vorschrift des § 281 Abs 1 Z 5 StPO entsprechend - jene Gründe benennt, die ihn von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugen. Daß das Schöffengericht im gegebenen Fall dieser seiner strafprozessualen Verpflichtung nicht nachgekommen sei, vermag die Beschwerde - zusammengefaßt - nicht darzutun.

In Wahrheit richtet sich die Mängelrüge - auch in diesem Abschnitt - nach Inhalt und Zielsetzung in erster Linie gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, indem sie die Beweiskraft und den Beweiswert des Beweismaterials erörtert und die vom Schöffengericht als widerlegt erachtete leugnende Verantwortung des Angeklagten als richtig hinzustellen sucht, ohne dem Urteil unterlaufene - formale - Begründungsmängel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nachzuweisen.

Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO haftet darum dem Ersturteil im geltend gemachten Umfang nicht an.

Aus diesen Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erich A teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach dem § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Gemäß dem § 296 Abs 3 StPO wird über die Berufung des Angeklagten Erich A ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung anberaumt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02113

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00089.79.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19790627_OGH0002_0130OS00089_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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