TE OGH 1979/7/5 12Os79/79

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Veröffentlicht am 05.07.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Juli 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerald A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128

Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 und 15 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 29.März 1979, GZ 6 Vr 4/79-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Proksch und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.Dezember 1955 geborene beschäftigungslose Gerald A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 und 15 StGB schuldig erkannt, weil er in Graz durch Einbruch in Gebäude mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung fremder beweglicher Sachen unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Diebstähle oder Diebstähle durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, am 27.Dezember 1978 in einer B***Filiale diverse Kosmetika und 3.487,30 S Bargeld (Gesamtwert der Diebsbeute: 4.742,60 S) und am 30.Dezember 1978 im M***-Markt 1.800 S Bargeld wegnahm, sowie am 30.Dezember 1978 bei der Hauseigentümerin Margit B und bei einer K***

Filiale Waren und Geldbeträge wegzunehmen versuchte. Dieses - in einem Teilfreispruch unangefochten gebliebene - Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde unter ziffernmäßiger Anrufung der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 3 und 5 StPO

Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, daß seinem Begehren um Akteneinsicht insofern nicht entsprochen worden sei, als ihm ein falscher Akt zur Einsichtnahme vorgelegt worden sei, wodurch seiner Auffassung nach die unter ausdrücklicher Nichtigkeitssanktion stehenden Bestimmungen der §§ 221 und 228 StPO verletzt worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt. Eine dem § 45 Abs 2 StPO widersprechende Nichtgewährung der Akteneinsicht kommt weder einer Verletzung der - vorliegend beachteten - Bestimmung des § 221 Abs 1 StPO, wonach im schöffengerichtlichen Verfahren dem Angeklagten bei sonstiger Nichtigkeit von der Zustellung der Vorladung bis zum Tag der Hauptverhandlung eine Frist von drei Tagen gewährt werden muß, noch einer solchen des § 228 StPO gleich, welche - gleichfalls bei sonstiger Nichtigkeit - die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung vorschreibt; sie könnte nur dann Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO begründen, wenn der Angeklagte in der Hauptverhandlung Akteneinsicht - allenfalls in Verbindung mit einer Vertagung - begehrt und das Gericht über diesen Antrag nicht oder in abschlägigem Sinn entschieden hätte (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/1, Nr. 10 und 10 a zu § 45 StPO). Die bloße Mitteilung des Verteidigers in der Hauptverhandlung, daß dem Angeklagten Akteneinsicht nicht gewährt worden sei (vgl. S. 185 d.A.), vermag eine solche Antragstellung nicht zu ersetzen. Im übrigen steht das Recht gemäß § 45 Abs 2 StPO, in die Strafakten Einsicht zu nehmen, primär dem Verteidiger zu, dem Beschuldigten dagegen nur dann, wenn er nicht durch einen Verteidiger vertreten wurde. Eine Behinderung des bereits am 8.März 1979 gemäß § 41 Abs 2 StPO bestellten Verteidigers bei Akteneinsicht zwecks Vorbereitung der Hauptverhandlung wird in der Beschwerde jedoch nicht behauptet.

Der Sache nach primär aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO bekämpft der Beschwerdeführer den Ausspruch des Gerichtes, er habe die ihm angelasteten Diebstähle und Diebstahlsversuche gewerbsmäßig begangen, wobei er insbesondere vorbringt, das Erstgericht habe für die rechtliche Annahme dieser Qualifikation maßgebende Umstände nicht festgestellt und übersehen, daß die von ihm gesetzten Tathandlungen in einem Zeitraum von lediglich drei Tagen begangen wurden.

Diesem Beschwerdeeinwand kommt Berechtigung nicht zu. Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 70 StGB erfordert nicht, daß der Täter die strafbare Handlung schon wiederholt oder innerhalb eines längeren Zeitraums begangen haben muß.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes genügt vielmehr die aus der Tat erkennbare und aus seinem Gesamtverhalten (auch vor und nach der Tat) ableitbare Absicht des Täters, sich durch Wiederholung der strafbaren Handlung eine für längere Zeit wirksame, der Sicherstellung zumindest eines Teils des Unterhaltes oder eines zusätzlichen Aufwandes dienenden Einkommensquelle zu erschließen.

Im vorliegenden Fall stellte das Schöffengericht in Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 2 StPO) - mithin ohne Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO - fest, daß es dem Angeklagten darauf angekommen sei, sich durch Begehung wertmäßig ergiebiger Diebstähle und durch Einbruchsdiebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und er ohne seine Verhaftung - seiner vorgefaßten Absicht entsprechend (vgl. S. 17 c d.A.) - diese Straftaten fortgesetzt hätte. Damit bejahte es die gewerbsmäßiges Handeln kennzeichnende, auf wiederholte Begehung strafbarer Handlungen (im Sinn der §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 und 129 Z 1 StGB) und auf Erzielung fortlaufender Einnahmen in der Bedeutung eines wiederkehrenden Mittelzuflusses gerichtete innere Tendenz des Angeklagten. Der Subsumtion seiner Tathandlungen unter die Bestimmung des § 130 StGB (sowie seiner Bestrafung nach der zweiten Strafdrohung dieser Gesetzesstelle) haftet sohin ein Rechtsirrtum bzw. ein auf unrichtiger Rechtsauffassung beruhender Feststellungsmangel nicht an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Der Angeklagte wurde nach § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die sieben einschlägigen Vorstrafen, die vierfache Qualifikation der strafbaren Handlung, deren Wiederholung und den raschen Rückfall, als mildernd das umfassende Geständnis, die teilweise Schadensverhütung (gemeint, daß sich der Angeklagte der Zufügung eines größeren Schadens freiwillig enthalten hat) und der relativ geringe Wert der Diebsbeute.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Die Berufung ist berechtigt.

Zwar kann von einer drückenden Notlage keine Rede sein, weil der Angeklagte nach seiner Haftentlassung von Zuwendungen seiner Mutter und von dem Verdienst zweier Geheimprostituierten lebte und nach den Feststellungen des Erstgerichtes keine Arbeit angenommen hat. Er hat sich auch keineswegs freiwillig der Zufügung größeren Schadens enthalten, vielmehr bei seinen Diebszügen mitgenommen, was ihm verwertbar erschien. Auch kann bei einem Schaden von 6.500 S der relativ geringe Wert nicht als Milderungsgrund herangezogen werden. Die Wiederholung der strafbaren Handlung geht aber in der Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung auf. Auch der rasche Rückfall und die einschlägigen Vorstrafen fallen aus dieser Erwägung nicht ins Gewicht (s. ÖJZ-LSK. 1975/211 u. 1978/70). Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren erscheint somit dem relativ geringen Unrechtsgehalt der Tat (Schadenshöhe 6.500 S) und der Täterpersönlichkeit angemessen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02089

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00079.79.0705.000

Dokumentnummer

JJT_19790705_OGH0002_0120OS00079_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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