TE OGH 1979/7/25 9Os106/79

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Veröffentlicht am 25.07.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Faseth, Dr. Walenta und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maukner als Schriftführer in der Strafsache gegen Adolf A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Adolf A, Adolf B und Josef C gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Mai 1979, GZ. 22 Vr 3994/78-56, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Über die Berufungen wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Adolf A, Adolf B und Josef C des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 129 Z 1 StGB, Adolf B auch nach § 128 Abs. 2 StGB (richtig: Adolf A und Josef C auch nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB) schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Nach den Urteilsannahmen hatten Adolf A, Adolf B und Josef C in Gesellschaft als Diebsgenossen am 19.12.1978 in Schwendt dem Fritz und der Erna D verschiedene Sachen in einem S 100.000,-- nicht übersteigenden Wert (Fakt. I/1) und am gleichen Tag in Walchsee dem Georg E Gebrauchsgegenstände und Antiquitäten im Wert von S 13.700,-

- (Fakt. I/2) durch Einbruch gestohlen; ferner Adolf B am 16.12.1978 in Brixen i.Th. dem Dr. Jean F Sachen im Wert von ca. S 30.000,-- (Fakt. II/ 1) und am 27.11.1978 in Jenbach der Elisabeth G Rauchwaren im Wert von S 70.933,-- (Fakt. II/2).

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen erhoben.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Adolf A:

In seinen auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Beschwerdeausführungen bekämpft dieser Angeklagte den Ausspruch über seine Mittäterschaft an dem unter Pt. I/1 angeführten Delikt mit der Behauptung, das Gericht habe 'gewisse' Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen, Widersprüche in der für glaubhaft gehaltenen Aussage des Zeugen Josef H (über die Haarfarbe des Angeklagten Adolf B und über das Stehenbleiben des vom Angeklagten Josef C gelenkten PKWs der Marke I ungefähr 140 m vom ursprünglichen Abstellplatz) nicht erörtert und in den Entscheidungsgründen auch nicht dazu Stellung genommen, ob die Angaben des Zeugen H über ein Anhalten dieses PKWs nach 140 m, einen 'Kavaliersstart' des Wagens trotz eines 'Patschens' und ein Fahren 'mit voller Tube' auf einer Strecke von 150 m überhaupt objektiv möglich seien.

Rechtliche Beurteilung

Diesem Vorbringen ist zunächst zu erwidern, daß es sich insgesamt im Versuch einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung erschöpft; im übrigen trifft aber auch gar nicht zu, daß sich der Zeuge H in die vom Beschwerdeführer behaupteten Widersprüche verwickelte und in diesem Zusammenhang Angaben machte, deren Überprüfung auf ihre 'objektive Möglichkeit' notwendig ist. Tatsächlich hat nämlich der Zeuge H nie mit Bestimmtheit behauptet, daß der Angeklagte Adolf B blonde Haare hat und das (vom Angeklagten C gelenkte) Fahrzeug nach einer Fahrt von 150 m wieder stehengeblieben ist, sondern lediglich und in allen Verfahrensstadien stets gleichbleibend Eindrücke wiedergegeben, die er diesbezüglich und hinsichtlich der Fahrweise des Josef C gewonnen hat; insbesondere aber hat er mehrfach deponiert (Bd. I S 407, 409, Bd. II S 603), daß er den Komplizen des Angeklagten A gar nicht genauer sah und auch die Fahrt des Josef C wegen einer Straßenkrümmung nicht näher beobachten konnte, weshalb Irrtümer darüber nicht ausgeschlossen sind. Zu einer Erörterung dieser Angaben im Urteil bestand sohin - entgegen dem bezüglichen Beschwerdevorbringen - keinerlei Anlaß.

Davon ausgehend erweist sich die sachlich lediglich (angebliche) Fehler des Gerichtes bei der Würdigung der Beweise geltend machende Beschwerde des Angeklagten Adolf A als offenbar unbegründet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Adolf B:

Diesem Angeklagten ist zu dem von ihm erhobenen Vorwurf, das Urteil sei hinsichtlich des Ausspruches über seine Täterschaft zu den Diebstahlsfakten I/1 und 2 sowie zu den Fakten II/1 und 2 mangelhaft begründet (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO), weil das Gericht in den Entscheidungsgründen das (ihn entlastende) Schreiben des Mitangeklagten Adolf A an den Untersuchungsrichter (ON 26 d. A) nicht erörtert hat, lediglich zu entgegnen, daß das erwähnte Schreiben nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles (Bd. II S 599 bis 607) in der Hauptverhandlung überhaupt nicht zur Verlesung gelangte und deswegen auch im Urteil nicht berücksichtigt werden durfte (vgl. dazu Gebert-Pallin-Pfeiffer Nr. 7 zu § 258 StPO). Im übrigen wird in der Urteilsbegründung ohnedies eingehend zu der den Inhalt dieses Schreibens sinngemäß wiedergebenden Verantwortung des Angeklagten A vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung Stellung bezogen und diese mit einleuchtenden Argumenten als widerlegt erachtet (siehe dazu Bd. II S 615, 616, 619-622).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef C:

Sie bezeichnet den Ausspruch des Gerichtes, der Angeklagte C habe bei dem Einbruch zum Nachteil des Georg E in Walchsee (Fakt. I/2) als Aufpasser mitgewirkt (Bd. II S 616), als mangelhaft begründet (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO), weil er sich lediglich auf die Tatsache stütze, daß er (der Beschwerdeführer) ebenso wie die beiden anderen (gemeint A und B) erfahrene Diebe seien und daher nicht angenommen werden könne, daß er dem Geschehen tatenlos beigewohnt habe. Auch lasse der (vom Erstgericht) geschilderte Sachverhalt die zur (rechtlichen) Annahme einer strafbaren Förderung der Tat des unmittelbaren Täters durch einen Dritten erforderliche Kausalität zwischen seiner Anwesenheit bei dem Einbruch und dessen Durchführung nicht erkennen, weshalb das Urteil auch diesbezüglich mangelhaft sei. Einzuräumen ist der Beschwerde, daß im allgemeinen der bloße Hinweis des Gerichtes auf eine einschlägige kriminelle Erfahrung eines Angeklagten keine zureichende Begründung für die Annahme seiner Täterschaft - in welcher Begehungsform immer - ist; denn eine solche 'Begründung' läuft ihrem Sinngehalt nach auf das willkürliche Fürwahr-halten einer Vermutung hinaus, das dem Wesen einer auf konkrete Umstände aufbauenden Beweisführung (Argumentation) widerspricht (§ 270 Abs. 1 Z 5 StPO; SSt 40/42

u. a.).

Vorliegend hat allerdings das Gericht, den Beschwerdeausführungen

zuwider, die den Schuldspruch zum Fakt. I/2

tragende Annahme, der Angeklagte habe bei diesem Diebstahl am Tatort als Aufpasser - sohin als unmittelbarer Täter und nicht als Dritter, wie die Beschwerde rechtsirrig vermeint (siehe dazu RZ 1976/123 u. a.) - nicht nur darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer ein erfahrener Dieb ist, sondern in den Entscheidungsgründen (unter Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen Josef B und auf andere Verfahrensergebnisse) unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sich der Beschwerdeführer in der fraglichen Nacht zusammen mit den Angeklagten Adolf B und Adolf A auf einer Diebsfahrt befand (Bd. II S 620), in deren Verlauf er sich beim Diebstahl in Walchsee (in Ermangelung eines eigenen Interesses an der Beute ohne das Haus des Bestohlenen zu betreten) mit der Rolle eines Aufpassers begnügte (Bd. II S 616, 617), wogegen er beim Diebstahl in dem nur ca. 4 km entfernten Schwendt die Beute vom Tatort weg in Sicherheit brachte (Bd. II S 619, 620).

Unter dem Blickwinkel dieses (im Urteil näher konkretisierten) Sachverhaltes gesehen stellt sich die - isoliert betrachtet - gewiß nur als Beweiswillkür zu beurteilende Folgerung des Gerichtes von einer kriminellen Erfahrenheit des Angeklagten auf seine Mittäterschaft bei der gegenständlichen Tat als Aufpasser nach Lage des Falles als durchaus logische Ableitung einer tatsächlichen Annahme aus einem Gesamtgeschehen dar, die zudem der Lebenserfahrung entspricht.

Ausgehend davon, daß der Angeklagte, wie bereits oben gesagt, als Aufpasser ein den deliktischen Sachverhalt mitgestaltender unmittelbarer Täter (Mittäter) im Sinne des § 12 StGB war, auch wenn er keine Entziehungshandlung setzte (RZ 1976/123, 12 Os 8/77 u.a.), erübrigten sich die für den Fall der Annahme eines als sonstiger Tatbeitrag zu wertenden Verhaltens erforderlichen Ausführungen über eine kausale Beziehung der (deliktischen) Handlung zur Tat in ihrer individuellen Erscheinungsform (vgl. dazu 9 Os 88/ 76, 10 Os 99/78 sowie RZ 1974/64 u.a.), sodaß das Urteil auch in dieser Hinsicht nicht mangelhaft geblieben ist.

Da sohin die Beschwerden der drei Angeklagten offenbar unbegründet sind, waren sie gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung über diese Rechtsmittel sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen der Angeklagten wird gemäß § 296 Abs. 3 StPO ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung anberaumt werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02263

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00106.79.0725.000

Dokumentnummer

JJT_19790725_OGH0002_0090OS00106_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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