TE OGH 1979/8/6 9Os123/79

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Veröffentlicht am 06.08.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Friedrich als Richter sowie der Richteramtsanwärterin Dr. Simetzberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 2 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 30. Mai 1979, GZ 11 Vr 1149/79-18, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner (nicht ausgeführten) Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl A des Verbrechens des (zu ergänzen: versuchten) Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 129 Z 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 23. März 1979 in Graz in Gesellschaft von zwei unbekannten Beteiligten dem Willibald B Geld und Zigaretten in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert durch Aufbrechen eines Zigarettenautomaten mit Bereicherungsvorsatz wegzunehmen versucht habe, wobei die Täter nach Einschlagen der Automatenscheibe 'durch andere' vertrieben worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 4 und Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt Berechtigung zu.

Den Antrag des Beschwerdeführers, der seine Täterschaft bestreitet, auf Vornahme eines Augenscheins am Tatort zum Nachweis dafür, daß die Zeugin Mariska C, die ihn als einen der Täter erkannt zu haben bekundete, nach den dortigen Beleuchtungsverhältnissen zur Tatzeit Personen nicht einwandfrei erkennen konnte, und auf Vernehmung des Polizeibeamten Franz D (richtig E) als Zeugen darüber, daß C ihm gegenüber die auf S. 8 d. A ersichtlichen Angaben gemacht habe (S. 72/60), wies das Erstgericht mit der Begründung ab, daß gegen die Glaubwürdigkeit (auch) dieser Zeugin keine Bedenken bestehen und im übrigen ihre polizeilichen Angaben nicht als absolut verläßlich bezeichnet werden können, zumal bei dieser Einvernahme kein Dolmetsch beigezogen worden sei, scheinbare Widersprüche aber durch ihre Vernehmung in der Hauptverhandlung ausgeräumt worden seien, sowie daß zu den Sichtverhältnissen am Tatort auf den Amtsvermerk vom 29. Mai 1979 zu verweisen sei (S. 72, 73).

Mit Recht erblickt der Angeklagte darin eine Verletzung seiner

Verteidigungsrechte im Sinn des § 281 Abs 1 Z 4

StPO

In dem - in der Hauptverhandlung übrigens gar nicht verlesenen (§ 258 Abs 1 StPO) - vorerwähnten Amtsvermerk (S. 62) hat der Schöffengerichtsvorsitzende nach dem Ergebnis einer nächtlichen Besichtigung des Tatorts, die er auf Grund eines Beweisantrags des Verteidigers noch vor der Hauptverhandlung allein vorgenommen hatte, die Beleuchtungsverhältnisse beschrieben und als zu einer Identifizierung ausreichend bezeichnet. Gerade zum Nachweis des Gegenteils aber hatte der Beschwerdeführer die Vornahme eines Augenscheins beantragt, durch dessen Verweigerung den übrigen Mitgliedern des Schöffensenates die Möglichkeit eigener Meinungsbildung zu dieser für die Beweiswürdigung wesentlichen Frage genommen wurde.

Vor der Polizei hatte die Zeugin Mariska C laut S. 8 d. A angegeben, jener Täter, als den sie später den Angeklagten identifizierte, habe an dem Zigarettenautomaten hantiert. In der Hauptverhandlung bekundete sie demgegenüber, der Angeklagte sei am gegenübergelegenen Gehsteig gestanden und an dem Automaten habe ein anderer Bursche hantiert; das habe sie auch bei der Polizei so erklärt (S. 67-69). Zur Widerlegung der zuletzt angeführten Behauptung sollte die Vernehmung des Zeugen D (E) dienen, durch deren Ablehnung mit der vorwegnehmenden (und nach dem Inhalt der Divergenz keineswegs überzeugenden) Begründung, es handle sich dabei nur um einen scheinbaren, durch die Nichtbeiziehung eines Dolmetsches erklärbaren Widerspruch, dem Beschwerdeführer die Möglichkeit abgeschnitten wurde, eine Unverläßlichkeit der in Rede stehenden, für den Schuldspruch entscheidenden Zeugenaussage nachzuweisen. Schon diese mit den Grundsätzen eines auch das Wesen der Verteidigung sichernden Verfahrens unvereinbaren Mängel erfordern die Urteilsaufhebung und die Zurückverweisung der Sache in die erste Instanz zu neuer Verhandlung und Entscheidung, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedürfte. Mit seiner (nicht ausgeführten) Berufung ist der Angeklagte darauf zu verweisen.

Mit Zustimmung der Generalprokuratur war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch ersichtlich zu erkennen (§ 285 e StPO).

Anmerkung

E02128

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00123.79.0806.000

Dokumentnummer

JJT_19790806_OGH0002_0090OS00123_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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