TE OGH 1979/8/30 12Os85/79

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Veröffentlicht am 30.08.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stach als Schriftführer in der Strafsache gegen Lester Wolfgang A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. März 1979, GZ 6 a Vr 943/79-44, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Johann Herndlhofer, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11. März 1946 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Koch Lester Wolfgang A des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 1. April 1977 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Walter B mit dem Vorsatz, sich und Walter B durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der C***

C, Zweigstelle Gersthoferstraße, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorspiegelung seiner Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit und durch Vorlage einer nachgemachten Lohnbestätigung, in der er fälschlich als Dienstnehmer der Schlosserei Karl D bezeichnet wurde, somit unter Benützung einer falschen Urkunde, zur Zuzählung eines Darlehens in der Höhe von 50.000 S und sohin zu einer Handlung verleitet hat, welche die C***C am Vermögen schädigte, wobei ein (tatsächlicher) Schaden in der Höhe von 46.820 S eingetreten ist.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen lernte der damals beschäftigungs- und einkommenslose Angeklagte, der zu dieser Zeit in Hotels wohnte und sich von einer Prostituierten, die er drei bis vier Wochen vorher kennen gelernt hatte, aushalten ließ, im März 1977 in einem schlecht beleumundeten Lokal in Salzburg über Vermittlung eines Bekannten den abgesondert verfolgten Walter B kennen, der ihn ersuchte, für ihn (B) einen Kredit aufzunehmen. Der Angeklagte erfuhr auf Grund der von ihm in der Folge bei dem ihm als vorbestraft bekannten Anton E eingeholten Erkundigungen lediglich, daß Walter B einen Autoplatz besitzen soll. Nachdem sich der Angeklagte gegenüber Walter B zur Kreditaufnahme bereit erklärt hatte, fuhr er Ende März 1977 mit dem Genannten nach Wien, wurde dort - was dem Angeklagten auch bekannt war - am 31. März 1977 zum Schein an der Adresse Linzerstraße 106

(/1/5) polizeilich gemeldet, suchte am folgenden Tag (1. April 1977) gemeinsam mit Walter B die Zweigstelle der C***C in der Gersthoferstraße auf und unterfertigte dort nach Vorlage einer ihm vorher von B ausgehändigten - inhaltlich unrichtigen sowie unechten - Lohnbestätigung, in der ihm ein monatliches Nettoeinkommen von 8.670 S als Schlossergeselle bei der Firma D bescheinigt wurde, in Kenntnis des (unrichtigen) Inhalts dieser Lohnbestätigung einen Antrag auf Gewährung eines angeblich für einen Möbelkauf bestimmten Kredites in der Höhe von 50.000 S. Diesen ihm sogleich ausbezahlten Kreditbetrag übergab er Walter B, von dem er vereinbarungsgemäß als Gegenleistung für die Kreditaufnahme einen Betrag von 5.000 S erhielt. Zur Person des Walter B, der vor der Kreditaufnahme gegenüber dem Angeklagten erklärt hatte, die zur Tilgung dieses Darlehens vereinbarten 60 Monatsraten zu je 1.060 S, beginnend ab 5. Mai 1977, zu bezahlen, stellte das Erstgericht fest, daß dieser eine der Hauptfiguren einer Kreditbetrügerorganisation war, die unter Vorlage falscher Lohnbestätigungen durch zahlreiche Strohmänner verschiedenen Kreditinstituten Darlehen in der Höhe von insgesamt etwa 3,830.000 S herausgelockt hatte (S 53 und 324 d. A). Walter B entrichtete zur Tilgung des vorerwähnten, vom Angeklagten bei der C***

C aufgenommenen Darlehens zwar, wenn auch nicht termingerecht, insgesamt drei Ratenzahlungen zu je 1.060 S am 25. Mai, 6. Juli und 13. Juli 1977, bezahlte aber die nächste, am 5. August 1977 fällige Rate nicht mehr und wurde am 27. August 1977 festgenommen. In subjektiver Beziehung nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß der Angeklagte A, der zur (ratenweisen) Rückzahlung des von ihm aufgenommenen Darlehens weder in der Lage noch hiezu willens war, schon im Zeitpunkt der Kreditaufnahme gegen die ihm von Walter B gegebene Zusicherung, diesen Kredit zurückzuzahlen, Bedenken hegte und es ernstlich für möglich hielt und sich - dies billigend - damit abfand, daß der Kreditgeber keine Rückzahlungen erhalten und solcherart geschädigt werde (S 323 und 328 d. A).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund wurden vom Erstgericht die im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände, daß der Beschwerdeführer von der Darlehensaufnahme über Walter B (wenn auch nur oberflächliche) Erkundigungen eingeholt hatte, denen zufolge der Genannte einen Autohandel betrieb, und Ende Mai 1977 telefonisch bei der C***C nach der erfolgten Bezahlung der (ersten) Rate rückgefragt hat (vgl. S 325/326 d. A) keineswegs mit Stillschweigen übergangen, sondern im Ersturteil bei der Erörterung des in der Schuldform des dolus eventualis als erwiesen angenommenen Schädigungsvorsatzes des Beschwerdeführers bei der Kreditaufnahme vielmehr ausdrücklich in den Kreis der Erwägungen einbezogen (vgl. S 324, 325, 326 d. A). Damit ist das Erstgericht der ihm gemäß dem § 270 Abs 2 Z 5

StPO obliegenden (formalen) Begründungspflicht im ausreichenden Maß nachgekommen. Daß die im Ersturteil der Annahme eines Handelns des Angeklagten mit bedingtem Schädigungsvorsatz zugrundegelegten Erwägungen mit den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des täglichen Lebens geradezu unvereinbar wären, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun.

Soweit er jedoch aus den vorerwähnten Umständen für ihn günstigere (bloß auf ein zur Verwirklichung des Tatbestandes des Betruges nicht ausreichendes fahrlässiges Verhalten abzielende) Schlußfolgerungen abzuleiten versucht, wendet er sich solcherart lediglich nach Art einer Schuldberufung in unzulässiger und demnach unbeachtlicher Weise gegen die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht bekämpfbare Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes. Dies gilt auch für das weitere Beschwerdevorbringen zur Mängelrüge, mit dem der Angeklagte in Bekämpfung der Urteilsfeststellung, er sei - da vermögens- und einkommenslos - zur ratenweisen Tilgung des von ihm aufgenommenen Darlehens weder willens noch in der Lage gewesen, unter Hinweis auf die von seiner Freundin aus der Prostitution gezogenen Einkünften seine bezügliche Verantwortung in der Hauptverhandlung wiederholt. Aber auch mit dieser Darstellung des Angeklagten setzte sich das Ersturteil auseinander und legte mit mängelfreier Begründung dar, weshalb es dieser Verantwortung nicht folgte (vgl. S 326, 327 d. A). Desgleichen hält der Beschwerdevorwurf einer offenbar unzureichenden Begründung in Ansehung der Urteilsfeststellungen, der Angeklagte habe den Kreditantrag in Kenntnis der damit gleichzeitig vorgelegten falschen Lohnbestätigung und einer fingierten Wiener Wohnadresse getätigt, einer Überprüfung nicht stand, denn auch diese Annahmen finden im Ersturteil eine ausreichende, denkrichtige und mit den allgemeinen Lebenserfahrungen im Einklang stehende Begründung (vgl. S 325, 327 d. A). Soweit der Angeklagte jedoch mit seinen weiteren Beschwerdeausführungen auf die Darlegung einer bloß auf Sorglosigkeit beruhenden (und demnach nur fahrlässig erfolgten) Täuschung abzielt, die er durch die jedenfalls unrichtigen Angaben in seinem Kreditantrag bewirkt hatte, stellt sich sein Vorbringen auch in diesem Punkte nur als ein unzulässiger Angriff gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar.

Ebenso versagt die Rechtsrüge des Beschwerdeführers, die sich unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9

lit. a des § 281 Abs 1 StPO gegen die Annahme des zur Verwirklichung des Tatbestandes des Betruges in subjektiver Beziehung u.a. erforderlichen und im Ersturteil in der Schuldform des dolus eventualis auch als erwiesen angesehenen Schädigungsvorsatzes richtet.

Das Erstgericht stellte ausdrücklich und auch insoweit mit ausreichender Begründung fest, daß der Beschwerdeführer (im Zeitpunkt der Kreditaufnahme) eine Schädigung des Kreditgebers durch Nichtbezahlung der zur Tilgung des gewährten Darlehens vereinbarten Raten ernstlich für möglich gehalten und sich - dies billigend - damit abgefunden hatte (S 323 und 328 d. A). Mit der in der Rechtsrüge enthaltenen - insoweit einen Feststellungsmangel relevierenden - Behauptung, ein zur rechtlichen Annahme eines Handelns mit bedingtem Vorsatz im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB erforderlichen 'Sichabfinden' mit dem (ernstlich für möglich gehaltenen) Schadenseintritt finde in den im Ersturteil getroffenen Tatsachenfeststellungen keine Deckung, setzt sich der Beschwerdeführer über die ausdrücklich auch dieses für den dolus eventualis essentielle Moment bejahende Urteilsannahme, laut der sogar ein - den Schadenseintritt - billigendes Sichabfinden des Angeklagten als erwiesen angenommen wurde (vgl. hiezu Leukauf-Steininger, S 69), hinweg, sodaß er den in diesem Zusammenhang behaupteten Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt.

Im übrigen meint der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge (unter Berufung auf Leukauf-Steininger, S 69), die im Ersturteil enthaltenen Tatsachenfeststellungen seien zur rechtlichen Annahme der Ernstlichkeit des von ihm nach den Urteilsgründen für möglich erachteten Eintritts eines Vermögensschadens bei dem Kreditgeber nicht ausreichend, denn hiezu sei erforderlich, daß der Täter das Risiko, ein Deliktstatbild zu verwirklichen, als relativ hoch veranschlagt und es für so gewichtig hält, daß es in seine Erwägungen einbezogen worden und für seinen Handlungsentschluß maßgeblich geworden sein muß; die Gefahr der Deliktsverwirklichung müsse somit vom Täter als akut und als ernst im Sinne von imminent erkannt worden sein.

Auch dieses Vorbringen erweist sich im Ergebnis als nicht zielführend.

Zuzustimmen ist dem Beschwerdeführer, daß die - rechtlich als Fahrlässigkeitskomponente anzusprechende - bloße Erkennbarkeit der Möglichkeit einer Sachverhaltsverwirklichung zur Annahme eines Handelns mit bedingtem Vorsatz nach dem § 5 Abs 1 zweitem Halbsatz StGB nicht ausreicht.

Hiezu ist vielmehr erforderlich, daß der Täter das mit seinem Handeln verbundene Risiko (hier: den zum Tatbestand des Betruges gehörigen Eintritt eines Vermögensschadens) tatsächlich erkennt und so hoch veranschlagt, daß er eine Tatbestandsverwirklichung (hier: in Ansehung einer Vermögensschädigung) als naheliegend ansieht, sich aber dennoch zur Tat entschließt, weil er auch einen solchen (nachteiligen) Ablauf der Ereignisse hinzunehmen willens ist (RZ 1979/20 und Harbich, RZ 1979, S 28). So gesehen ist aber mit dem vorerwähnten Beschwerdevorbringen für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, denn die im Ersturteil zu der hier relevierten Frage getroffene Tatsachenfeststellung, derzufolge der Angeklagte eine Schädigung der den Kredit gewährenden Bank ernstlich für möglich hielt (und sich, dies billigend, damit abfand), bietet in Verbindung mit dem übrigen, dem Schuldspruch des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Sachverhalt und den für dessen Feststellung maßgeblichen Erwägungen keine Anhaltspunkte dafür, daß das Erstgericht das für die Annahme eines Handelns mit dolus eventualis erforderliche Moment der Ernstlichkeit einer vom Täter für möglich gehaltenen Deliktsverwirklichung anders als im dargelegten Sinn verstanden hat, sodaß auch insoweit ein dem Ersturteil anhaftender Rechtsirrtum nicht erkennbar ist.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

Anmerkung

E02209

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00085.79.0830.000

Dokumentnummer

JJT_19790830_OGH0002_0120OS00085_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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