TE OGH 1979/9/11 9Os111/79

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Veröffentlicht am 11.09.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Simetzberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Leopold und Margarethe A wegen des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 10. Mai 1979, GZ 13 Vr 764/78-29, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Leopold A und Margerethe A wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuldspruch sowie im Strafausspruch in Ansehung beider Angeklagten aufgehoben und die Sache im Umfang dieser Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Wels verwiesen.

Text

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Wels erhob gegen den am 15. Mai 1939 geborenen Heeresbediensteten Leopold A und dessen am 14. Dezember 1935 geborene, im Haushalt tätige Ehefrau Margarethe A Anklage wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 und Abs 3 StGB (Anklageschrift ON 18 und Anklageausdehnung Seite 458 dA), weil sie (vorsätzlich) in Wels 1.) die abgesondert Verfolgten Josef B und Friedrich C beim Verheimlichen und Verhandeln von durch Einbruchsdiebstähle erlangten Sachen unterstützten, und zwar a) anfangs Jänner 1977 durch Verkaufsvermittlung eines gestohlenen 10- Gang-Rades (an Josef D);

b) Anfang des Jahres 1977 durch Verkaufsvermittlung verschiedenen Zinngeschirrs im Gesamtwert von ca 2.890 S (an Eva E);

2.) Anfang des Jahres 1977 von den genannten Dieben gestohlene Sachen in Kenntnis deren Herkunft aus Einbruchsdiebstählen an sich brachten, und zwar a) durch Ankauf von Silberbesteck im Gesamtwert von ca 4.600 S;

b) durch Annahme eines Ledermantels im Werte von 2.800 S, eines Zinnkruges im Werte von ca 1.700 S, von zwei Zinntellern im Werte von ca 650 S und einer Schnabelvase im Werte von ca 300 S (als Geschenk von Friedrich C);

c) durch Ankauf bzw Ansichbringen von ca zwanzig Viertelpaketen Kaffee, diversen Haushaltsgeräten und Eßwaren und weiteren nicht näher bestimmten Gegenständen, wobei der Wert aller (verhehlten) Sachen 5.000 S überstiegen habe.

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht in Erledigung dieser Anklage die Angeklagten Leopold A und Margarethe A lediglich des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens und Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB schuldig, und zwar beide Angeklagten in Ansehung des zu Punkt 1.) b) der Anklage bezeichneten Zinngeschirrs, durch Verkaufsvermittlung an Eva E (Punkt I/a des Urteilssatzes); und hinsichtlich der zu Punkt 2.) b) der Anklage (ua) angeführten Zinngegenstände und der Schnabelvase, durch Annahme als Geschenk von Friedrich C (Punkt I/b des Urteilssatzes); die Angeklagte Margarethe A allein wegen Ankaufs des zu Punkt 2.) a) der Anklage bezeichneten Silberbestecks (Punkt I/c des Urteilssatzes); vom bezüglichen Anklagevorwurf wurde der Angeklagte Leopold A gemäß § 259 Z 3 StPO ebenso freigesprochen, wie beide Angeklagte von den übrigen Anklagepunkten.

Mit ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a (sachlich Z 9 lit b) StPO gestützten - gemeinsam ausgeführten - Nichtigkeitsbeschwerden bekämpfen die beiden Angeklagten die sie betreffenden Schuldsprüche wegen Vergehens nach § 165 StGB

Die Freisprüche, und die Verneinung vorsätzlichen Handelns der Angeklagten im Sinne des § 164 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 und Abs 3 StGB blieben unangefochten.

Rechtliche Beurteilung

Den Beschwerden kommt wegen der dem Ersturteil in mehrfacher Hinsicht anhaftenden Begründungs- und Feststellungsmängel Berechtigung zu.

Beim Fahrlässigkeitsdelikt des § 165 StGB hat sich das Maß der einzuhaltenden Sorgfaltspflicht bei der Beurteilung, ob die verhehlten Gegenstände - wie tatsächlich geschehen - durch Vermögensdelikte der Vortäter erlangt wurden, darnach zu richten, welche Sorgfalt bei der Herkunftsprüfung in der konkreten Tatsituation von einem sich seiner Pflicht gegen die Mitwelt bewußten, dem Verkehrskreis des Täters angehörigen Menschen, objektiv betrachtet, billigerweise verlangt werden kann (ÖJZ-LSK 1979/64; 70; 167).

Bei dieser Prüfung durfte im gegebenen Fall die durch Vorlage einer von Friedrich C stammenden Ansichtskarte aus Persien (siehe Seite 432 unten dA) bekräftigte Behauptung der Angeklagten (siehe Seiten 429; 437 dA), daß sie bezüglich der in Rede stehenden Zinngegenstände (Schuldspruchfakten I/a und b) im Hinblick auf diesbezügliche Mitteilungen ihres langjährigen Bekannten und Vereinskollegen Friedrich C hinreichenden Grund zur Annahme gehabt hätten, es handle sich hiebei um von C aus Thailand (oder dem Orient) mitgebrachte - unbedenkliche - Gegenstände, sowie die von Friedrich C im Verfahren 12 Vr 762/78 des Kreisgerichtes Wels am 2. Februar 1979 (siehe Seite 450 des bezüglichen Aktes) gemachte, im vorliegenden Verfahren (siehe Seite 451 dA) verlesene Aussage, wonach er (Ende 1976) davon gesprochen habe, daß er nach Thailand fahren und eine Thailänderin holen werde, ebensowenig unerörtert bleiben, wie die Verantwortung der Angeklagten Margarethe A (Seiten 437 und 439

dA) zur Beschaffenheit des Eßbestecks (Faktum I/c), sie habe dieses nicht als (relativ wertvolles) Silberbesteck erkannt, und deshalb den (in zwei Raten) bezahlten Preis von 1.000 S nicht für (auffallend) niedrig gehalten.

Mängelfrei begründeter konkreter Feststellungen des Erstgerichtes (vgl § 270 Abs 2 Z 5 StPO) zu dieser Verantwortung der beiden Angeklagten und zur Frage, ob die behauptete Fehleinschätzung der Angeklagten Margarethe A auch ohne (vorwerfbare) Sorgfaltsverletzung unterlaufen konnte, hätte es im Anlaßfall umso mehr bedurft, als das Erstgericht die die Angeklagten (sogar in der Richtung vorsätzlicher Hehlerei) belastende Zeugenaussage des Friedrich C als 'nicht sehr überzeugend' und 'einige Widersprüche aufweisend' beurteilte (S 470, 471 dA). Zutreffend weisen die Beschwerdeführer außerdem noch darauf hin, daß das Ersturteil für die Annahme einer Mitwirkung des Angeklagten Leopold A bei der Verkaufsvermittlung des Zinngeschirrs an Eva E (Faktum I/a des Urteilsspruches, beide Angeklagte betreffend), und anderseits eine Beteiligung der Angeklagten Margarethe A an der Geschenkannahme von einem Zinnkrug, zwei Zinntellern und einer Schnabelvase (Faktum I/b, gleichfalls beiden Angeklagten zur Last liegend) überhaupt keine Begründung gibt und die Verantwortung der Angeklagten, wonach beim erstbezeichneten Faktum lediglich die Margarethe A (siehe ON 17 Seiten 7 und 17; ON 28 Seite 437 dA), und beim Faktum I/b allein Leopold A (siehe ON 17 Seite 19 und ON 28 Seite 436 dA) tätig wurde, unerörtert läßt. Dem Urteil ist aber auch nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen, inwieweit beim letzterwähnten Faktum I/b der Geschenkcharakter der von Friedrich C als Preise für den Heeressportverein gestifteten Gegenstände - in welchem Fall eine sonst unter Umständen als Indiz für das Erkennenkönnen der deliktischen Provenienz der übernommenen Sachen in Betracht kommende ('bedenkliche') Diskrepanz zwischen dem wirklichen und dem verlangten oder bezahlten Preise ausscheidet, mit welchem Hinweis das Erstgericht etwa bei dem an Eva E vermittelten Zinngeschirr und beim Silberbesteck die Fahrlässigkeit (§ 6 StGB) der Angeklagten bei der Herkunftsprüfung dieser Gegenstände zu begründen versuchte (sS 473 dA) - vom Schöffengericht als nach Lage des Falles relevanter Umstand tatsächlich in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen wurde, zumal die in diesem Zusammenhang im Urteil verwendete Formulierung (Seite 473 dA), '..... und auch die Angaben des C über die Herkunft des Zinngeschirrs zu Bedenken Anlaß geben konnten', mangels näherer Präzisierung und unter den gegebenen Umständen (: Friedrich C war so wie die beiden Angeklagten Mitglied des Heeressportvereins, für den das Zinngeschirr und die Vase als 'Preise' bestimmt waren) keinen (deliktsspezifischen) Aussagewert besitzt.

Angesichts dieser Begründungsmängel, welche die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unumgänglich erscheinen lassen, war - mit Zustimmung der Generalprokuratur (§ 285 e StPO) - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung spruchgemäß zu erkennen und die Sache an das - nunmehr (§ 165 StGB) -

sachlich und örtlich zuständige Bezirksgericht Wels zurückzuverweisen.

Sollte auch im erneuerten Verfahren in Ansehung des Faktums I/c des Urteilssatzes (: Ankauf des Silberbestecks durch Margarethe A) ein tatbestandsmäßiges Verhalten dieser Angeklagten im Sinne des § 165 StGB festgestellt werden, so wird angesichts dessen, daß das Silberbesteck am 9. April 1977, nach einer am 7. April 1977 in der Wohnung des Erstangeklagten erfolgten polizeilichen Sicherstellung anderer Gegenstände, 'von A bei der Polizeidirektion Wels abgegeben wurde' (Seite 13 dA), vom erkennenden Gericht - in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht - zu klären sein, ob der Angeklagten Margarethe A diesbezüglich der Strafaufhebungsgrund tätiger Reue zustatten kommt, wie dies in deren Nichtigkeitsbeschwerde sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO geltend gemacht wird. Mit der in diesem Zusammenhang in der Nichtigkeitsbeschwerde einleitend zitierten Urteilsstelle Seite 472 unten dA sollte allerdings - was die Beschwerdeführerin verkennt - lediglich dargetan werden, aus welchen Erwägungen vom Erstgericht ein vorsätzliches Handeln der beiden Angeklagten im Sinne des § 164 StGB in Ansehung des Silberbestecks verneint wurde; ein Ausschluß auch fahrlässiger Sachhehlerei (im Sinne des § 165 StGB), oder die Feststellung der Voraussetzungen tätiger Reue wurde damit indes ersichtlich nicht vorgenommen.

Für die abschließende Prüfung des Vorliegens tätiger Reue im Sinne des § 167 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB und der hiefür ua erforderlichen Voraussetzungen der Rechtzeitigkeit und Freiwilligkeit der Schadensgutmachung, bzw des Vorliegens einer Selbstanzeige im Sinne des § 167 Abs 3 StGB - mit welcher der Sicherheitsbehörde das Verschulden der Angeklagten (erst) offenbart wird -, wird insbesonders klarzustellen sein, in welcher Richtung und in welchem Umfang gegen die Angeklagten im Zeitpunkt der polizeilichen Sicherstellung vom 6. April 1977 bereits ein behördlicher Verdacht konkret bestand (siehe ÖJZ-LSK 1978/91, 92) und ob dies allenfalls - für die Frage der Freiwilligkeit bedeutsam - der Angeklagten Margarethe A bekannt war (vgl ÖJZ-LSK 1978/325).

Anmerkung

E02181

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00111.79.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19790911_OGH0002_0090OS00111_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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