TE OGH 1979/9/27 13Os97/79

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Veröffentlicht am 27.09.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.September 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnack als Schriftführers in der Strafsache gegen Christian A und andere wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Christian A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 26.Juli 1979, GZ 6 c Vr 7.794/77-151, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wühl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Christian A und gemäß dem § 290 Abs 1 StPO auch in jenem des Angeklagten Mario A wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG. (Punkt I/ des Urteilssatzes) sowie demgemäß in den diese beiden Angeklagten betreffenden Aussprüchen über die Strafe (einschließlich der Verfallsersatz-Geldstrafe) aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Mario A und Christian A sind schuldig, im Oktober und November 1977 in Wien unberechtigt ein Suchtgift, nämlich 1. mindestens vier Gramm Morphin erworben und besessen, 2. weiters vier Gramm Morphin dadurch, daß sie es sich im Postweg zusenden ließen, zu erwerben versucht und auch durch diese Handlungen das Vergehen nach den §§ 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG., 15 StGB begangen zu haben.

Sie werden hiefür in Verbindung mit den ihnen laut aufrechtbleibendem Teil des erstgerichtlichen Schuldspruchs zur Last fallenden strafbaren Handlungen, sohin Mario A für das Verbrechen der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 (3. Fall) StGB und das Vergehen nach den §§ 9 Abs 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG., 15 StGB, Christian A für das Verbrechen der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 (3. Fall) StGB und das Vergehen nach den §§ 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG., 15 StGB, wie folgt nach § 164 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB verurteilt:

Mario A zu einer Freiheitsstrafe von 6 (sechs) Monaten und Christian A, unter Anwendung des § 41 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Monaten sowie beide gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens.

Gemäß dem § 43 Abs 1 StGB wird die über Christian A verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß dem § 9 Abs 3 SuchtgiftG. wird (auch) das in der Postsendung an Mario A vorgefundene Suchtgift für verfallen erklärt. Die Mario A und Christian A betreffenden Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft werden aus dem Ersturteil übernommen. Mit seiner Berufung wird Christian A auf diese Entscheidung verwiesen; ihm werden gemäß dem § 390 a StPO

auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden u.a. der Hilfsarbeiter Mario A und der Hilfsarbeiter Christian A des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG., des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 (drittem Fall) StGB und des Vergehens (im Urteilsspruch bei Mario A irrig im Plural) nach dem § 9 Abs 1 Z 2 (Mario A auch nach Z 1) SuchtgiftG. schuldig erkannt; von weiteren Anklagepunkten wurden sie gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Inhaltlich des Schuldspruches liegt diesen Angeklagten zur Last, daß in Wien und an anderen Orten Mario A und Christian A (als Mittäter) im Oktober und November 1977 vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider mindestens acht Gramm Morphium, somit ein Suchtgift in solchen Mengen im Postweg aus Indien ausführten und nach Österreich einführten, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte (Punkt I/ des Urteilssatzes), Mario A im Oktober 1977 mindestens ein Gramm Morphium und dreißig Gramm Opiumtinktur sowie Christian A Ende 1977 zehn ccm Opiumtinktur, welche Suchtgifte andere durch mit Strafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, durch Entgegennahme, Verwahrung und Verbrauch an sich brachten, wobei ihnen bekannt war, daß die Sachen aus (Apotheken-) Einbruchsdiebstählen stammten (Punkte III/A und B des Urteilssatzes), Mario A im Jahr 1977 Morphium und Opiumtinktur anderen, die zum Bezug dieser Suchtgifte nicht berechtigt waren, insbesondere für namentlich genannte Personen, überließ (Punkt V/A des Urteilssatzes), sowie schließlich Mario A und Christian A im Jahr 1977

unberechtigt Suchtgifte erwarben und besaßen (Punkt VI des Urteilssatzes).

Nur Christian A ficht den ihn betreffenden schuldspruch wegen Verbrechens nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG. mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, die sich aus den folgenden - auch zu Gunsten des Mitangeklagten Mario A geltenden - rechtlichen Erwägungen als begründet erweist:

Die verbotswidrige (Aus- und) Einfuhr eines Suchtgiftes in einer die 'Relevanzgrenze' übersteigenden Menge ist nämlich nur dann dem (Verbrechens-) Tatbestand des § 6 Abs 1 SuchtgiftG. zu subsumieren, wenn sich auf der subjektiven Tatseite der Vorsatz des Täters auf die für die Entstehung einer abstrakten Gemeingefahr im jeweiligen Fall maßgebenden Umstände, mithin auch darauf erstreckt, daß das (mengenmäßig ausreichende) Suchtgift im Weg der (vorgesehenen) Verteilung mindestens 30 bis 50 Menschen zukommen kann (RZ 1979/5 u. v.a.).

Ausgehend hievon verwirklicht der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt nicht den Tatbestand des Verbrechens nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG. Denn darnach hatten die Angeklagten Mario und Christian A den Vorsatz, (nur) einen Teil des ihnen im Postweg aus Indien zukommenden Morphins weiterzugeben und es im übrigen selbst zu verbrauchen (S. 133/III). Eine tatsächliche Weitergabe von Morphin wurde - abweichend von der (auch) ein Inverkehrsetzen von Suchtgiften durch Mario und Christian A unter den Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs 1 SuchtgiftG. behauptenden Anklage (s. Punkte I/A, B und D des Anklagetenors S. 427-428/II) - laut Punkt V/A des Schuldspruchs nur Mario A, und zwar lediglich als das Vergehen nach dem § 9 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG., angelastet. Dem Urteil ist sohin keine Feststellung zu entnehmen, es sei der Vorsatz der Angeklagten Mario und Christian A auf die Weiterverbreitung des eingeführten Morphins unter solchen Umständen, daß daraus eine (abstrakte) Gemeingefahr in der dargelegten Bedeutung entstehen kann, gerichtet gewesen. Für eine derartige Annahme hätten auch die Verfahrensergebnisse keine ausreichende Grundlage geboten.

Rechtliche Beurteilung

Die gleichwohl stattgefundene Beurteilung der gegenständlichen Suchtgift'einfuhr' als Verbrechen nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG. war demnach rechtsirrig (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO), wie die Generalprokuratur zutreffend darlegte. Richtiger Rechtsanwendung zufolge haben Mario A und Christian A (auch) in Ansehung der gegenständlichen, bestellungsgemäß auf dem Postweg aus dem Ausland an sie übersendeten Mengen von zweimal vier Gramm Morphin lediglich unberechtigten Erwerb und Besitz nach dem § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG., und zwar nach den ihr einverständliches Zusammenwirken dabei klarstellenden Urteilskonstatierungen als Mittäter für die erwähnte Gesamtmenge, zu verantworten. Insoweit die zweite für sie bestimmte Sendung zufolge Sicherstellung (beim Abgabepostamt: S. 5 und 49/I) nicht mehr - wie angestrebt - in ihren Besitz gelangte, stellt sich ihre Handlungsweise als (mißlungener) Versuch des bezeichneten Delikts dar.

In Stattgebung der von Christian A erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und - gemäß dem § 290 Abs 1 StPO -

auch zu Gunsten des Mario A, der kein Rechtsmittel ergriff, war daher spruchgemäß zu entscheiden. Dabei erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde, mit dem der Sache nach Feststellungsmängel gleichfalls mit dem (End-) Ziel der schon aus den dargelegten Erwägungen gebotenen Urteilskorrektur geltend gemacht werden.

An Stelle der in Nichtachtung des Umstandes, daß die zweite der beiden je vier Gramm Morphin enthaltenden Einfuhrsendungen ergriffen wurde (S. 49/I; PZ 4 in ON. 31), für die Gesamtmenge von 8 Gramm Morphin (S. 134/III) nach dem § 6 Abs 4 SuchtgiftG. verhängten Verfallsersatzstrafen war nunmehr auf Verfall des sichergestellten Suchtgiftvorrates gemäß dem § 9 Abs 3 SuchtgiftG. zu erkennen. Diese Vorgangsweise hatte eine Neubemessung der Strafen in den Fällen der Angeklagten Christian A und Mario A zur Folge, und zwar nach dem Strafsatz des § 164 Abs 3 StGB unter Anwendung der Bestimmung des § 28 StGB

Bei der Strafbemessung waren im Fall des Angeklagten Christian A erschwerend das Zusammentreffen von Delikten und die Wiederholung, mildernd hingegen das Geständnis, der bisherige untadelhafte Lebenswandel (sh. Strafregisterauskunft vom 15.August 1979) und daß es teilweise beim Versuch blieb, im Fall des Angeklagten Mario A erschwerend das Zusammentreffen von Delikten, die Wiederholung und die einschlägige Vorstrafe (siehe Strafregisterauskunft vom 15.August 1979), mildernd das Geständnis und daß es teilweise beim Versuch blieb. Da im Fall des Angeklagten Christian A die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen und begründete Aussicht besteht, daß der Täter auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, hatte hier eine außerordentliche Strafmilderung gemäß dem § 41 Abs 1 Z 5 StGB Platz zu greifen. Die Milderungsgründe rechtfertigen hier überdies die Annahme, daß die bloße Androhung der Strafvollziehung genüge, um den Angeklagten Christian A von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, ohne daß generalpräventive Erwägungen eine sofortige Strafvollstreckung erfordern, weshalb bedingte Strafnachsicht gewährt werden konnte.

Die im Spruch ersichtlichen Strafen entsprechen - zusammenfassend - dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen und dem Verschuldensgrad der beiden Angeklagten.

Die übrigen Entscheidungen beruhen auf den bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02249

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00097.79.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19790927_OGH0002_0130OS00097_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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