TE OGH 1979/9/27 13Os85/79

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Veröffentlicht am 27.09.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.September 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnack als Schriftführers in der Strafsache gegen Ernst A und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Rupert B und Franz C sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Ernst A, Rupert B und Franz C gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 19.Jänner 1979, GZ. 20 k Vr 4.750/77-107, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Eder, Dr. Prokopp und Dr. Datzik und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Rupert B und Franz C werden verworfen.

Die Berufung des Angeklagten Franz C wird zurückgewiesen. Den Berufungen des Angeklagten Rupert B und der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Rupert B und Franz C auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien wurden der Fleischhauergeselle Ernst A und der Hilfsarbeiter Rupert B des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. und der Schuhmachergehilfe Franz C des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 StGB. schuldig erkannt, weil sie am 4.Juni 1977 in Wien, und zwar 1.) Ernst A und Rupert B in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB.) dem Josef D mit Gewalt gegen dessen Person eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Brieftasche mit in- und ausländischem Bargeld im Wert von ca. 7.000 S, mit dem Vorsatz wegnahmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Ernst A den Josef D von hinten festhielt, während Rupert B ihm die Brieftasche abnahm;

2.) Franz C eine Sache, nämlich etwa 1.000 S Bargeld, die Ernst A und Rupert B durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, nämlich durch die zu Punkt 1) beschriebene Handlungsweise, erlangt hatten, an sich brachte, wobei die mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, aus der die Sache stammte, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die fünf Jahre übersteigt, und Franz C die Umstände bekannt waren, die diese Strafdrohung begründen. Der Schuldspruch erging auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen, die in Ansehung der Angeklagten Ernst A und Rupert B die - anklagegemäß - auf Verbrechen des schweren Raubes lautende Hauptfrage 1 bejaht, in Ansehung des Angeklagten Franz C aber sowohl diese Hauptfrage als auch die in Richtung der Begehung eines schweren Raubes im Zustand voller Berauschung, eines Diebstahls und der Begehung eines Diebstahls im Zustand voller Berauschung gestellten Eventualfragen 2, 3 und 4 verneint, die auf Verbrechen der Hehlerei in bezug auf eine geraubte Sache lautende Eventualfrage 5 jedoch bejaht hatten.

Diesen Schuldspruch bekämpfen der Angeklagte Rupert B mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 6 und der Angeklagte Franz C mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Angeklagte Rupert B erblickt einen Mangel der Fragestellung darin, daß die auf Diebstahl nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB.

lautende Eventualfrage 3 eine Feststellung in Richtung des § 128 Abs. 1 Z. 1 StGB. vermissen lasse, derzufolge die Tat unter Ausnützung eines Zustandes des Bestohlenen, der ihn hilflos mache, begangen worden sei, und wendet in diesem Zusammenhang ein, daß Josef D sich infolge seiner Alkoholisierung in einem von der zitierten Gesetzesstelle geforderten Zustand befunden habe. Der vom Beschwerdeführer gerügte Mangel liegt nicht vor. Als hilflos im Sinn des § 128 Abs. 1 Z. 1 StGB. kann nur angesehen werden, wer zur Zeit der Tat - verschuldet oder unverschuldet - außerstande oder doch schwer behindert ist, seinen Besitz zu beschützen.

Für die Annahme eines solchen Zustandes ergaben sich im Zug des Beweisverfahrens keine ausreichenden Anhaltspunkte. Abgesehen davon, daß Josef D sich an den Vorfall durchaus erinnern kann, kam im Beweisverfahren auch hervor, daß der Zeuge schon im Lokal gemerkt hatte, man wolle ihm sein Geld wegnehmen, und daß schließlich vor dem Lokal Handgreiflichkeiten stattfanden (vgl. Seiten 380, 386-387, 394, 397, 399, 401, 402 und 407 d.A.).

Was die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz C betrifft, in der er behauptet, bei richtiger Rechtsbelehrung hätten die Mitangeklagten A und B nicht des Raubes, sondern nur des Diebstahls, und er selbst bloß des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. schuldig erkannt werden dürfen, so wurden ohnehin Eventualfragen wegen Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB. und wegen Hehlerei in bezug auf gestohlene Sachen gestellt.

Inwiefern die Geschwornen auf Grund einer unrichtigen Rechtsbelehrung zur Ansicht gelangten, daß gegen den Zeugen D mit Gewalt vorgegangen wurde, und worin die relevierte Unrichtigkeit bestehen soll, ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen. Auch mit dem Hinweis, es bestehe ohneweiters die Möglichkeit, daß das Geld dem Zeugen D bereits im Lokal abhanden kam, wird weder der angerufene noch sonst ein Nichtigkeitsgrund im Sinn des § 345 Abs. 1 StPO. zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten Rupert B und Franz C waren daher - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - als unbegründet zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Ernst A nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. unter Anwendung des § 41 StGB. und Bedachtnahme auf die §§ 31

und 40 StGB. (Urteile des Strafbezirksgerichtes Wien vom 28.Juni 1977, AZ. 15 U 1.681/77, und des Bezirksgerichtes Oberwart vom 20. Oktober 1977, AZ. U 686/77) zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten, den Angeklagten Rupert B gleichfalls nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. unter Anwendung des § 41 StGB. und Bedachtnahme auf die §§ 31 und 40 StGB. (Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.Juli 1978, AZ. 5 d E Vr 64/78) zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren und den Angeklagten Franz C nach dem Strafsatz des § 164 Abs. 3 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres.

Gemäß dem § 43 Abs. 2 StGB. wurde die über den Angeklagten Ernst A verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Bei der Strafbemessung waren in sämtlichen Fällen erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, wobei das Erstgericht die des Angeklagten A als ausgesprochen geringfügig, die der Verurteilten B und C als schwererwiegend bezeichnet, mildernd hingegen die relativ geringe Beute und damit auch der geringe Nutzen, den jeder einzelne Angeklagte ziehen konnte, ferner die teilweise Zustandebringung des geraubten bzw. verhehlten Gutes sowie der Umstand, daß eine besonders verlockende Gelegenheit bestand, die sich aus dem Verhalten des Geschädigten ergab (§ 34 Z. 9 StGB.) und im Fall des Angeklagten A darüber hinaus das Geständnis, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug.

Der Strafausspruch wird von den Angeklagten Rupert B und Franz C sowie von der Staatsanwaltschaft - hinsichtlich der Angeklagten Ernst A, Rupert B und Franz C - mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung des Angeklagten Franz C ist unzulässig. Der Oberste Gerichtshof hat gemäß den §§ 294 Abs. 4 und 296 Abs. 2 StPO. eine Berufung zurückzuweisen, wenn der Berufungswerber weder bei der Anmeldung dieses Rechtsmittels noch in einer Ausführung die Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert findet, deutlich und bestimmt bezeichnet. Dies trifft im Fall des Angeklagten Franz C zu: Zwar meldete dieser Angeklagte die in Rede stehende Berufung - mit Schriftsatz vom 19.Jänner 1979 (ONr. 112 d.A.) - fristgerecht an, brachte dabei aber nicht zum Ausdruck, wogegen sich sein Rechtsmittel richtet. Während der Rechtsmittelausführungsfrist langte beim Erstgericht eine Beschwerde-, doch keine Berufungsschrift ein, vielmehr findet sich in der Beschwerdeschrift lediglich der Hinweis, daß die Ausführung der Strafberufung dem anzuberaumenden Gerichtstag vorbehalten bleibe, eine Erklärung, die ersichtlich - ebenfalls - keine Bezeichnung jener Punkte des Ersturteils erhält, durch die sich der Berufungswerber beschwert erachtet. Diese Bezeichnung muß aber, wie sich aus § 294 Abs. 4 StPO. zwingend ergibt, bei der Anmeldung der Berufung oder spätestens während der Berufungs-Ausführungsfrist stattfinden; sie darf im späteren Gerichtstag nicht mehr nachgetragen werden. Der Angeklagte Rupert B strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.

Die Staatsanwaltschaft fordert mit ihrer Berufung eine Erhöhung des Strafausmaßes in den Fällen der Angeklagten Ernst A, Rupert B und Franz C, ferner die Ausschaltung der dem Angeklagten Ernst A gewährten bedingten Strafnachsicht.

Die Berufungen des Angeklagten Rupert B und der Staatsanwaltschaft sind nicht im Recht.

Die hier gegebenen Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz nicht nur im wesentlichen vollzählig und richtig erfaßt und festgestellt, sondern auch zutreffend gewürdigt. Die verhängten Freiheitsstrafen entsprechen nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes sowohl dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen als auch dem Verschuldensgrad der drei Angeklagten. Dabei fanden einerseits die Vorstrafen der Täter, anderseits aber auch das die Tat in milderes Licht rückende Verhalten des Geschädigten gebührende Berücksichtigung: Dem Erstgericht ist beizupflichten, wenn es ausführt, daß der Zeuge D sich in einer Art und Weise verhielt, die sittlich nicht gefestigte Personen zur Tat förmlich anreizen mußte (S. 436 d.A.).

Der Oberste Gerichtshof tritt dem Erstgericht aber auch in der Frage des bedingten Strafnachlasses im Fall des Angeklagten Ernst A bei. Das Erstgericht führt im gegebenen Zusammenhang u.a. aus, dieser Angeklagte habe in der Hauptverhandlung ein Geständnis abgelegt, das nicht allein ganz wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug, sondern auch von offenbarer ehrlicher Schuldeinsicht getragen war. Dazu komme, daß dieser Angeklagte, der nur - verhältnismäßig - geringfügige Vorstrafen aufweise, auch im Zug des Verfahrens dokumentierte, daß er nicht nur gewillt, sondern auch imstande ist, einer geregelten Beschäftigung, nämlich seinem erlernten Beruf als Fleischhauer mit entsprechendem Einkommen nachzugehen. Darin durfte das Erstgericht nach Umständen des Falles und insbesondere in Verwertung des persönlich gewonnenen Eindruckes besondere Gründe erblicken, die Gewähr dafür bieten, daß der Rechtsbrecher in Hinkunft keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, wie dies die Norm des § 43 Abs. 2 StGB. voraussetzt.

Aus diesen Erwägungen war über die Berufungen spruchgemäß zu befinden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02299

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00085.79.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19790927_OGH0002_0130OS00085_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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