TE OGH 1979/10/16 11Os136/79

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Veröffentlicht am 16.10.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Winter als Schriftführer in der Strafsache gegen Bruno Leopold A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 2 und 129 Z. 3 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Juni 1979, GZ. 2 e Vr 902/79-25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Oehlzand, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11. August 1952 geborene Gelegenheitsarbeiter Bruno Leopold A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 3 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB und des Vergehens der versuchten Täuschung nach den §§ 15, 108 StGB schuldig erkannt.

Ihm liegt zur Last, I./ fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern:

1.) in der Zeit vom 14. bis zum 16. Oktober 1978 in Wien vier bespielte Musikkassetten nicht näher feststellbaren Wertes dem Erich

B;

2.) in der Nacht zum 30. Oktober 1978 in Wien den PKW Marke Mazda mit dem Kennzeichen W 207.417 samt Zubehör, insbesondere Radiorecorderanlage, Funkanlage, Nebelscheinwerfergarnitur und 13 Musikkassetten im Gesamtwert von 118.450 S, dem Helmut C durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung, indem er eine versperrt gewesene Gartentür durch gewaltsames Aufreißen öffnete;

II./ Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet sind, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen zu haben:

1.) in der Nacht zum 14. Oktober 1978 in Wien den PKW Marke Volvo 144 S des Erich B, wobei er sich die Gewalt über das Fahrzeug durch eine der in den §§ 129 bis 131 StGB geschilderten Handlungen verschaffte;

2.) am 7. Jänner 1979 in Wien den LKW Marke VW (Pritschenwagen) des Karl D;

III./ in der Zeit vom 30. Oktober 1978 bis 14. Dezember 1978 in Süßenbrunn und Wien eine verfälschte inländische öffentliche Urkunde, nämlich die Helmut C für seinen PKW Marke Mazda zugewiesenen und zusammen mit dem Wagen gestohlenen Kennzeichen W 207.417, die er durch Zerschneiden und Zusammenkleben mittels Isolierbandes auf die Nummer W 427.017 verfälscht und am gestohlenen PKW wieder angebracht hatte, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes und einer Tatsache, nämlich der Zulassung des PKW zum Verkehr mit diesem Kennzeichen, gebraucht zu haben; IV./ in der Zeit vom 30. Oktober 1978 bis zum 14.Dezember 1978 in Süßenbrunn und Wien versucht zu haben, dem Staat an seinem Recht auf Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Straßenverkehr absichtlich einen Schaden zuzufügen, indem er mit dem PKW des Helmut C unter Verwendung der verfälschten Kennzeichen am öffentlichen Straßenverkehr teilnahm, wodurch er Beamte der Verkehrsüberwachung durch Täuschung über Tatsachen zu einer Duldung, nämlich zur Unterlassung einer Kontrolle und zur Gestattung der Weiterbenützung des gestohlenen Kraftfahrzeugs, zu verleiten suchte, die den Schaden herbeiführen sollte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Bruno Leopold A mit seiner ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde in den Punkten I/2 und IV.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht gerechtfertigt. Unter Anrufung des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes macht der Beschwerdeführer geltend, daß der neben der - von ihm nicht angefochtenen - Verurteilung wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden (Punkt III des Urteilssatzes) erfolgte Schuldspruch wegen versuchter Täuschung (Punkt IV des Urteilssatzes) gegen das Konsumtionsprinzip verstoße, da es im Wesen des Gebrauchs einer verfälschten Urkunde liege, eine Täuschung zu bewirken. Diese Rüge ist nicht zutreffend, weil das Vergehen der Täuschung nach dem § 108 StGB u.a. die Absicht des Täters erfordert, jemanden zu schädigen, während die Urkundenfälschung (§§ 223, 224 StGB) eine solche Schädigungsabsicht nicht voraussetzt und der Täter sich des letzteren Vergehens vielmehr auch dann strafbar macht, wenn er eine falsche oder verfälschte Urkunde nur zu dem Zweck gebraucht, um ein bestehendes Recht zu beweisen (SSt. 46/62 = EvBl. 1976/163). Das nach den Urteilsfeststellungen in Schädigungsabsicht gesetzte und zu deren Verwirklichung in Richtung des konkreten staatlichen Rechtes auf Feststellung des jeweiligen Fahrzeuglenkers und Überprüfung seiner Lenkerberechtigung (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/ 269) geeignete Verhalten des Angeklagten wurde daher vom Erstgericht zutreffend auch den Bestimmungen der §§ 15, 108

(Abs. 1) StGB unterzogen (siehe Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 723; Foregger-Serini, StGB2, 378). Den Schuldspruch wegen Diebstahls eines PKW Marke Mazda samt Zubehör zum Nachteil des Helmut C (Punkt I/2 des Urteilssatzes) erachtete der Beschwerdeführer insofern für rechtsirrig (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO), als die Tat vom Erstgericht den Bestimmungen der §§ 128 Abs. 2 und 129 Z. 3 StGB unterstellt und dem Angeklagten auch der Diebstahl von 13 Musikkassetten zur Last gelegt worden ist, die sich im Fahrzeug befunden hatten.

In diesem Punkte erweist sich die Beschwerde ebenfalls als unberechtigt.

Die Qualifikationsnorm des § 129 Z. 3 StGB findet u.a. dann Anwendung, wenn der Täter bei Begehung des Diebstahls sonst - d.h. von den Fällen der Ziffern 1 und 2 abgesehen - eine Sperrvorrichtung aufbricht.

'Aufbrechen' ist wesensgleich mit 'Einbrechen' im Sinne des § 129 Z. 1 StGB (siehe Foregger-Serini, StGB2, 242) und setzt gleichfalls die Aufwendung körperlicher Kraft, die nicht ganz unerheblich sein darf, oder die Verwendung von Werkzeug voraus (siehe Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 876).

Eine solche Gewaltanwendung, deren es zur §ffnung der versperrten Gartentür bedurfte, hat das Erstgericht aber festgestellt, welche Feststellung auch mit den Angaben des Zeugen Helmut C, wonach die Tür versperrt, das Schloß in Ordnung und ein Widerstand vorhanden war (S. 140, 141 d.A.), in Einklang steht.

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang darzutun sucht, gar nicht gewußt zu haben, daß das Tor versperrt war, so stellt dieses Vorbringen lediglich einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die vom Erstgericht vorgenommene Beweiswürdigung dar.

Bei der Annahme eines 100.000 S übersteigenden Wertes des Diebsguts konnte sich das Erstgericht auf die Angaben des Geschädigten stützen, zumal diese von Seiten des Angeklagten unwidersprochen geblieben sind und sich aus der in der Hauptverhandlung verlesenen Anzeige ohnehin ergibt, daß es sich bei dem gestohlenen Fahrzeug um einen neuwertigen PKW Marke Mazda 929 Coupe, Baujahr 1977, handelt (Seiten 21, 33 und 143 d.A.), sodaß auch insoweit weder ein Begründungsmangel gegeben noch ein Rechtsirrtum erkennbar ist. Das gleiche gilt schließlich für den Schuldspruch wegen Diebstahls der 13 Musikkassetten, weil das Erstgericht mit zureichendem Grund annehmen konnte, daß die Zueignung im Fahrzeug vorhandener Wertgegenstände vom Diebstahlsvorsatz des Angeklagten umfaßt war, der sich zuvor schon aus dem von ihm unbefugt in Gebrauch genommenen PKW Marke Volvo des Erich B vier Musikkassetten angeeignet hatte (Punkt I/1 des Urteilssatzes).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bruno Leopold A war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 128 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28

StGB eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend, die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, dessen raschen Rückfall und das Zusammentreffen mehrerer Straftaten sowie die Wiederholung der diebischen Angriffe und des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen. Als mildernd berücksichtigte es das teilweise Geständnis des Angeklagten, die teilweise Zustandebringung des Diebsgutes sowie den Umstand, daß die Tat zu IV./ des Schuldspruches beim Versuch blieb.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung an. Die Berufung ist berechtigt.

Verfehlt ist zwar das Vorbringen des Berufungswerbers, die ihm als Diebstähle angelasteten Urteilsfakten I 2 sowie II 1 und 2 seien 'ihrem Wesen nach' als Gebrauchsdiebstahl anzusehen, weil es bezüglich des Faktums I 2 von den zur subjektiven Tatseite getroffenen Urteilsfeststellungen - und damit von dem der Strafbemessung zugrunde zu legenden Schuldspruch - abweicht, und weil es hinsichtlich der letztgenannten Fakten außer acht läßt, daß diese vom Erstgericht ohnedies als das Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen im Sinne des § 136 StGB beurteilt wurden. Auch ist dem Erstgericht darin beizupflichten, daß der besonders rasche Rückfall des (wiederholt einschlägig vorbestraften) Angeklagten nach seiner am 15. September 1978 erfolgten Entlassung aus dem Vollzug einer langfristigen Freiheitsstrafe als erschwerend sehr ins Gewicht fällt.

Dennoch erscheint dem Obersten Gerichtshof bei richtiger Wertung der vom Erstgericht im wesentlichen richtig angeführten Strafzumessungsgründe insbesondere im Hinblick auf die relativ bescheidene Höhe des letztlich verursachten Schadens bei den Vermögensdelikten und den Umstand, daß die strafsatzbestimmende Wertgrenze des § 128 Abs. 2 StGB nur geringfügig überschritten wurde, eine Reduzierung des vom Erstgericht gefundenen Strafmaßes geboten.

Somit war insgesamt wie im Spruche zu entscheiden.

Der Ausspruch über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02306

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00136.79.1016.000

Dokumentnummer

JJT_19791016_OGH0002_0110OS00136_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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