TE OGH 1979/10/24 10Os80/79

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Veröffentlicht am 24.10.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Oktober 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnak als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht (durch Meineid) nach § 288 Abs. 2 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. April 1979, GZ. 25 Vr 1631/78- 25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, nach Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten und nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19. Februar 1945 geborene Vertreter und Holzfäller Josef A des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht (durch Meineid) nach § 288 Abs. (1 und) 2 StGB. schuldig erkannt.

Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes wurde der Angeklagte als verpflichtete Partei im Exekutionsverfahren E 1400/77 des Bezirksgerichtes Ried im Oberinntal am 5. Dezember 1977 zur Ablegung des Offenbarungseides verhalten.

Er beantwortete bei Abfassung des Vermögensverzeichnisses (§ 47 Abs. 2 EO.) durch den Gerichtsbediensteten Adalbert B mit ihm dessen Frage: 'Was haben Sie an Bargeld bei sich?' mit: 'Keines'. In der Folge bekräftigte er vor dem zuständigen Richter eidlich die Richtigkeit seiner Angaben im Vermögensverzeichnis und sohin auch der oberwähnten Bekundung, wiewohl er einerseits die erwähnte Frage in dem Sinn,in dem sie gestellt worden war, dahin verstanden hatte, ob er überhaupt Bargeld besitze, und folglich auch ihm gehöriges Geld, welches er nicht unmittelbar bei sich trug, von ihm anzugeben war, sowie andererseits wußte, daß sich in seinem vor dem Gerichtsgebäude geparkten PKW - in einer Musikkassettenschachtel verwahrt - eine Fünfhundertschilling-Note befand, die er von seiner Frau erhalten und dort aufbewahrt hatte, um in Notfällen einen gewissen Geldbetrag bei sich zu haben.

Ausgehend von diesem Sachverhalt erachtete das Erstgericht den Tatbestand des Verbrechens nach § 288 Abs. (1 und) 2 StGB. für verwirklicht und fällte den eingangs bezeichneten Schuldspruch. Der Frage, ob die 500 S rechtlich dem Angeklagten selbst oder aber dessen Frau gehörten, maß es dabei mit der Argumentation keine Bedeutung zu, daß ein falscher Offenbarungseid auch dann vorliege, wenn etwas verschwiegen werde, das bloß wirtschaftlich zum Vermögen des Schuldners gehört;

dies bejahte es in bezug auf die genannte Banknote. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er mit Recht Feststellungsmängel - sachlich nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. - darüber behauptet, daß er - entsprechend seiner Verantwortung (S. 104) - zum Tatzeitpunkt (Eidesleistung) subjektiv der (allenfalls eben irrigen) Meinung war, er habe bloß das 'ihm gehörige Geld' also sein Eigentum (im Rechtssinne) im Vermögensverzeichnis anzugeben, wobei in Betracht zu ziehen sei, daß ihm als einfachem Holzfäller die Beurteilung der Frage, ob etwas (zwar nicht rechtlich, wohl aber) wirtschaftlich zu seinem Vermögen gehöre, ebensowenig zugemutet werden könne, wie die Kenntnis der Rechtslage dahin, daß auch derlei Sachen in das Vermögensverzeichnis aufzunehmen seien.

Die Feststellungen des Erstgerichtes über Herkunft, Verwendungszweck und tatsächliche Verwendung der im Auto des Angeklagten verwahrt gewesenen Fünfhundertschilling-Note gestatten nicht einmal eine klare Beurteilung, ob der Geldschein objektiv rechtlich dem Angeklagten gehörte (etwa weil er das Geld selbst verdient, seiner Frau nur vorübergehend zur Verwahrung gegeben und von ihr wieder bekommen hatte) oder aber seiner Ehefrau, und bei Zutreffen des letzteren Umstandes, ob Fakten vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß das Geld objektiv gesehen wirtschaftlich als dem Vermögen des Angeklagten zugehörig einzuordnen war (was entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht schon allein daraus erhellt, daß der Angeklagte im Notfall darüber verfügen durfte und faktisch dann durch Verwendung zur Schuldenzahlung darüber verfügt hat - vgl. hiezu auch 10 0s 59/78; 10 0s 181/77 = ÖJZ-LSK. 1978/135; 11 0s 162/75 = RZ. 1976/61 = ÖJZ-LSK. 1976/61).

Rechtliche Beurteilung

Die Klärung dieser Umstände ist aber - der Auffassung des Schöffengerichtes zuwider - von entscheidungswesentlicher Bedeutung, da bei objektivem Zutreffen der beiden letztgenannten Voraussetzungen (Banknote zwar rechtlich der Ehefrau, wirtschaftlich aber dem Angeklagten gehörig) - wie auch dann, wenn das Geld zwar objektiv im Eigentum des Angeklagten stand, dieser aber zufolge eines Tatirrtums oder entschuldigenden Rechtsirrtums der Meinung war, es handle sich um Eigentum seiner Frau - der weiteren, ebenfalls fehlenden Konstatierung Relevanz zukommt, ob der Angeklagte subjektiv der Ansicht war, daß das Geld nach Lage des Falles jedenfalls wirtschaftlich seinem Vermögen zuzuzählen war und inwieweit er wußte, daß er auch solche Vermögenswerte bei Abfassung des Vermögensverzeichnisses anzugeben habe - diese (entscheidenden) Momente also von seinem Vorsatz mitumfaßt waren - oder ob er vielmehr in der einen oder anderen Richtung in einem Rechtsirrtum befangen war. Ein solcher Irrtum (für dessen Annahme in tatsachenmäßiger Beziehung vor allem die völlig freiwillige Herausgabe des Geldes an den Vertreter der betreibenden Partei unmittelbar nach der Eidesleistung eine Rolle spielen könnte), würde nur dann, wenn er dem Angeklagten vorwerfbar wäre (§ 9 Abs. 2 StGB.), an dessen strafrechtlicher Verantwortlichkeit nichts ändern (§ 9 Abs. 3 StGB.), ansonsten aber bewirken, daß ihm der Schuldausschließungsgrund des § 9 Abs. 1 StGB.

zugutekommt.

Schon wegen der aufgezeigten Feststellungsmängel erweist sich sohin die Aufhebung des angefochtenen Urteiles und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung als unerläßlich, weshalb - ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Ausführungen der Beschwerde bedurfte - über die Rechtsmittel des Angeklagten wie im Spruch zu entscheiden war.

Anmerkung

E02308

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00080.79.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19791024_OGH0002_0100OS00080_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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