TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/28 2003/11/0171

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.04.2005
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Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs4;
FSG-GV 1997 §14 Abs1;
FSG-GV 1997 §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des K in P, vertreten durch Mag. C. Schweinzer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. Jänner 2003, Zl. RU6-St-G-0113/0, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Lenkverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer unterzog sich - nach in der Anzeige der Bundespolizeidirektion St. Pölten vom 19. März 2000 im Einzelnen dokumentierten Vorfällen vom 19. März 2000, als der Beschwerdeführer unter anderem auch eine Straßensperre durchfuhr, wobei sich ein Straßenaufsichtsorgan nur durch einen Sprung zur Seite vor dem Erfasstwerden retten konnte, und ein im Anschluss daran beim Beschwerdeführer durchgeführter Atemluftalkoholtest und ein Drogenschnelltest positiv waren - am 18. Juni 2001 einer Untersuchung bei der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit in St. Pölten. In der mit 27. Juni 2001 datierten verkehrspsychologischen Stellungnahme gemäß § 17 FSG-GV findet sich - nach Darstellung der einzelnen Tests - folgende Beurteilung:

"Interpretation der Testbefunde

zu den fahrverhaltensrelevanten Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen2

sowie

Interpretation der Befunde

aus Anamnese, Exploration und Verhaltensbeobachtung3

Bei einer sehr offenen Selbstdarstellung zeigt sich folgendes Bild: eigenbrötlerische und zurückgezogene Haltung im sozialen Umgang mit stark ausgeprägtem Misstrauen gegenüber anderen und erhöhter sozialer Konfliktbereitschaft (ES, AP) sowie geringe Bereitschaft zur Reflexion des eigenen Verhaltens (SR) trotz hoher Intelligenz. Im FRF erhöhte Risikobereitschaft im körperlichen Sinn und auch erhöhte soziale Risikobereitschaft in Form von Konfliktbereitschaft (Faktoren 1 und 2). Im VIP steht eine Neigung zur Selbstüberschätzung durch unkritische Selbstwahrnehmung (US) und auch eine Tendenz zur aggressiven Durchsetzung eigener Interessen im Straßenverkehr (AI). Im TAAK zeigt sich einerseits ein Bewusstsein für die Gefährlichkeit alkoholisierten Fahrens und auch für die generellen Wirkungen des Alkohols (ID, GF) verbunden mit Akzeptanz geltender gesetzlicher Normen (NA). Allerdings zeigen sich auch alkoholaffine Einstellungen im Sinn einer emotionalen Bedeutung des Alkoholkonsums und Hinweise auf ein alkoholaffine soziale Umgebung (AE, AU).

Das Verhalten des Untersuchten in der Exploration mutet auffällig an, indem er eine dem medizinischen Laien nicht nachvollziehbare Krankengeschichte ausführlich darlegt und dadurch Fragen zu dem Vorfall und seinen Konsumgewohnheiten weitgehend ausweicht. Wie weit seine Angaben auf medizinischen Fakten behoben, müsste ärztlich überprüft werden. Seine Behauptung über ein Behandlungsverbot in mehreren Krankenhäusern und bei verschiedenen Ärzten erscheint allerdings bei einer real vorhandenen Pilz- bzw. Autoimmunerkrankung unplausibel. Auffällig ist jedenfalls seine Art und Weise mit Konflikten umzugehen, was zu dem Vorfall im Straßenverkehr geführt hat, der von ihm bagatellisierend und verharmlosend dargestellt wird. Es finden sich dabei Hinweise auf eine Problematik des Alkohol- und Drogenmissbrauchs, nämlich unpassenden Einsatz zur Konfliktbewältigung und Kontrollverlust. Problembewusstsein dafür ist nicht erkennbar, eine gegenwärtig eingehaltene Alkoholabstinenz ist nur motiviert durch die Vermeidung einer Leberschädigung bei Einnahme von Medikamenten gegen die Pilzerkrankung. Das Verhalten bei dem Vorfall sowie die dazu geäußerten Einstellungen und auch das in der Untersuchungssituation gezeigte Verhalten lassen eine zu Grunde liegende Persönlichkeitsstörung annehmen, die hierorts aber nicht differentialdiagnostisch beurteilt werden kann. Die Symptomatik und die Befundlage legen den Verdacht auf eine Borderlinepersönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen nahe.

Zusammenfassung der Befunde/Gutachten

Die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen sind durch Verlangsamung bei visueller Differenzierung und Konzentration beeinträchtigt. In einem Kontrollverfahren zur Konzentration zeigt sich eine deutliche Verschlechterung, nachdem der Untersuchte Schwierigkeiten hatte, die Zeichen am Bildschirm zu erkennen. Dies könnte auf eine vor kurzem aufgetretene Störung der Sehfähigkeit zurück zu führen sein, welche auch Anlass für die Verschiebung der Untersuchung war. Bei der Reaktion zeigen sich Verzögerungstendenzen. Insgesamt ist die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit derzeit nicht ausreichend gegeben im Sinne der Fragestellung; die intellektuellen Voraussetzungen wären gut gegeben.

Auffällig und derzeit eignungswidrig sind auch die Befunde zur Persönlichkeit. Es sind soziale Gehemmtheit und zugleich erhöhte Konfliktbereitschaft verbunden mit einer sehr misstrauischen Haltung und erhöhter Risikobereitschaft objektivierbar. Dazu besteht geringe Selbstkritikfähigkeit hinsichtlich des fahrerischen Könnens bei einer Neigung zur aggressiven Durchsetzung im Straßenverkehr. Darüber hinaus finden sich Hinweise auf einen emotionalen Bezug zum Alkoholkonsum auch aktuell. Der Vorfall im Vorjahr ist auf eine Neigung zum Alkohol- bzw. Drogenmissbrauch im Sinne der Konfliktbewältigung und Stimmungsbeeinflussung zurückzuführen, bei der es auch zum Kontrollverlust kommt. Seine Haltung dazu ist bagatellisierend und verharmlosend, dementsprechend sind keine Einstellungs- und Verhaltensänderungen erkennbar.

Insgesamt war der Untersuchte somit bisher nicht in ausreichendem Maße bereit, sich mit seiner auffälligen Vorgeschichte selbstkritisch und problembewusst auseinanderzusetzen, um dadurch seine Einstellungen und sein Verhalten entscheidend zu ändern und damit weitere Delikte im Straßenverkehr mit der nötigen Sicherheit auszuschließen. Dementsprechend ist die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht gegeben. Darüber hinaus lassen Widersprüche und mangelnde Nachvollziehbarkeit hinsichtlich der Krankengeschichte und auch das Verhalten bei dem Vorfall sowie die Befunde in den Fragebögen eine zu Grunde liegende Persönlichkeitsstörung annehmen.

Auf der Gesamtbefundlage (teilweise reduzierte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit, mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) ist Herr K vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung für das Lenken der Klassen A und B

derzeit nicht geeignet."

Auf der Grundlage dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme erstellte der Amtsarzt der Bundespolizeidirektion St. Pölten am 9. Juli 2001 ein Sachverständigengutachten nach § 8 FSG, welches wie folgt lautet:

"Amtsärztliches Gutachten vom 09.07.2001 Herr K hat sich nun am 18.6.2001 über Veranlassung des Verkehrsamtes beim Kuratorium untersuchen lassen, dabei hat sich ergeben, dass die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen bei ihm durch Verlangsamung bei visueller Differenzierung und Konzentration beeinträchtigt sind. Auch bei der Reaktion zeigen sich Verzögerungstendenzen. Insgesamt sind die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen derzeit nicht ausreichend im Sinne der Fragestellung gegeben. Die intellektuellen Voraussetzungen wären gut gegeben. Auffällig und eignungswidrig sind auch die Persönlichkeitsbefunde: es besteht eine soziale Gehemmtheit und zugleich erhöhte Risikobereitschaft verbunden mit einer sehr misstrauischen Haltung und erhöhten Risikobereitschaft. Außerdem finden sich Hinweise auf eine geringe Selbstkritikfähigkeit und Aggressionsneigung im Straßenverkehr. Ferner besteht ein emotionaler Bezug zum Alkoholkonsum, die Haltung zum eigenen Alkohol- und Drogenmissbrauch ist bagatellisierend und verharmlosend, es sind keine Einstellungs- oder Verhaltensänderungen erkennbar.

Es besteht somit eine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. Herr K ist derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B nicht geeignet, es sollte eine fachärztliche Begutachtung durch einen Psychiater erfolgen, außerdem sollte zur Abklärung der Persönlichkeitsstörung eine klinisch psychologische Untersuchung erfolgen. Eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung wäre erst nach striktem Verzicht auf Alkohol- und Drogenkonsum in frühestens 6 Monaten sinnvoll."

Auf Grund der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 25. Juli 2001 wurde weiters folgendes ergänzendes amtsärztliches Gutachten vom 30. August 2001 eingeholt:

"Amtsärztliches Gutachten vom 30.08.2001 Bezüglich der Begutachtung von Hrn. K am 30.8.2001 wird

festgehalten:

Harntests bezüglich Drogeneinnahme (Kontrollen am Gesundheitsamt St. Pölten vom 14.12.2000, 29.3.2001 und 2.7.2001):

Befund jedesmal bezüglich Suchtmitteln negativ.

Trotzdem bleibt das Gutachten von Dr. G vom 9.7.2001 aufrecht, da laut verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 18.6.2001 deutliche Defizite der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen vorlagen. Neuerliche Begutachtung wäre erst nach Beibringung eines neuen verkehrspsychologischen Befundes sinnvoll (wie im Vorgutachten vorgeschlagen frühestens ab Dezember 2001). Dann sollte auch eine Überprüfung der alkoholspezifischen Laborparameter erfolgen."

Mit am 7. September 2001 mündlich verkündeten Bescheiden entzog die Bundespolizeidirektion St. Pölten dem Beschwerdeführer - unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG - die Lenkberechtigung für die Klassen A und B gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG mangels gesundheitlicher Eignung und sprach gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG ein Lenkverbot aus.

Nach der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung und nachdem es erneut zu einem - in der Anzeige der Bundespolizeidirektion St. Pölten vom 24. Jänner 2002 dokumentierten - Vorfall gekommen war, aus dessen Anlass der Beschwerdeführer (als Lenker eines Fahrrades) im Zusammenhang mit dem Konsum von Suchtmitteln auffällig wurde, holte die belangte Behörde weitere Gutachten ein. Der Beschwerdeführer brachte die Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 9. Dezember 2002 bei, in der es - zusammenfassend - wie folgt lautet:

"Zusammenfassung/Beurteilung:

Über das tatsächliche Ausmaß einer möglichen zellulären Immunabwehrschwäche einerseits sowie einen möglichen immer wiederkehrenden Pilzbefall andererseits kann von meiner Seite keine wertende Stellungnahme abgegeben werden.

Es ist also nicht sicher zu beurteilen, wie weit die selbstzugefügten Schnittverletzungen tatsächlich ausschließlich inadäquaten Therapieversuchen im Sinne einer Selbstheilung entsprochen haben. Sicher ist jedoch dass selbstschädigendes Verhalten mit Zufügen von Wunden am eigenen Körper vorhanden ist, wie aus der Schnittwunde über dem Brustbein ersichtlich. In diesem Zusammenhang und auch darüber hinaus ist eine ausgeprägte Störung der Impulskontrolle mit extrem gemeingefährlichem Verhalten evident. Diesbezüglich wird auf das Ereignis im März 2000 hingewiesen.

Als Komplikation begleitet wird dieses Verhalten von immer wieder kehrendem Alkohol- und Drogenkonsum. Auch nach der verkehrspsychologischen Untersuchung und oftmaligem Hinweis auf die Behandlungsbedürftigkeit bei bestehender psychischer Problematik wurde auf Genuss von Amphetaminen weiterhin nicht verzichtet, wie aus dem Ereignis vom Jänner 2002 hervorgeht.

Ferner ist auch anamnestisch (siehe Vorbefunde der Unfallabteilung sowie neurologische Konsiliarbefunde, Schreiben des Amtssachverständigen Dr. K) sowie auch aktuell in der Querschnittsdiagnostik mit Sicherheit eine paranoide Erlebnisverarbeitung sowie diffuse dumpfe Wut und aggressive Grundstimmung erhebbar.

Die genannten Verhaltensweisen werden nicht adäquat eingeschätzt bzw. werden verharmlost.

Alleine aus diesen letztgenannten Gründen ist es bis auf weiteres nach dem Vorgefallenen in keiner Weise zu verantworten, dass Herr K, geb. 29.04.1969, die Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge erteilt wird.

Wie weit hier tatsächlich ein schweres Borderline-Syndrom vorliegt, muss vorerst offen bleiben, obwohl eine Reihe von Symptomen und Verhaltensweisen sehr dafür spricht. Empfohlen wird neuerlich ein stationärer Aufenthalt an einer psychiatrischen Abteilung zur ausführlichen Testung sowie auch Initiierung einer lange dauernden Psychotherapie."

Ein Amtssachverständiger der belangten Behörde erstattete hierauf das Gutachten vom 16. Dezember 2002, in dem es zusammengefasst lautet:

"Schlussfolgerung und Gutachten

Ich schließe mich der Fachmeinung des Dr. B an, und halte unmissverständlich fest, dass derzeit eine Kombination von mehreren medizinischen (psychiatrischen Erkrankungen) und psychologischen (Persönlichkeitsstörung) Indizien (trotz unzureichend klar vorhandener psychiatrischer Diagnosen aufgrund Fehlens stationärer Abklärungs-Ergebnisse) vorliegt.

Damit ist es 'in keiner Weise zu verantworten' (Dr. B) und es bestehen hinreichende Gründe gegen eine gesundheitliche Eignung des Herrn K zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B sowie von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen in Kombination mit einer mangelnden Verkehrszuverlässigkeit (und zitiere deshalb aus der jüngsten fachärztlichen Stellungnahme vom 9.12.2002):

-

V.a. schweres Borderline-Syndrom (selbstschädigendes Verhalten)

-

Ausgeprägte Störung der Impuls-Kontrolle mit Evidenz eines extrem gemeingefährlichen Verhaltens

-

Tendenz zur paranoiden Erlebnisverarbeitung

-

Rückfallsgefährdung in rezidivierenden Alkohol- und Drogenkonsum"

Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 30. Dezember 2002 zur Stellungnahme übersandt, der Beschwerdeführer äußerte sich jedoch hierzu nicht. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Jänner 2003 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich daraufhin die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. In der Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, das amtsärztliche Gutachten sei schlüssig, der Beschwerdeführer habe ihm trotz eingeräumter Möglichkeit nichts entgegengesetzt, und bestätigte die erstinstanzlichen Bescheide.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 4. Feber 2003) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 129/2002 sowie die FSG-GV in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 427/2002 maßgeblich.

Die einschlägigen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

4. fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt sind (§§ 10 und 11) und

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen, zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

...

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. ... .

...

Dauer der Entziehung

§ 25.

...

(2) Bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

..."

Die einschlägigen Bestimmungen der FSG-GV lauten (auszugsweise):

"Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen

§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1.

die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2.

die nötige Körpergröße besitzt,

3.

ausreichend frei von Behinderungen ist und

4.

aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

...

(3) Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, ...

...

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol- , Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

...

Verkehrspsychologische Stellungnahme

§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs. 2 FSG ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

1.

auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder

2.

auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung

erwecken.

..."

Die belangte Behörde stützte sich zur Begründung der von ihr vertretenen Auffassung, dem Beschwerdeführer fehle die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, auf das amtsärztliche Gutachten, welches seinerseits - neben den anderen, bisher durchgeführten Untersuchungen und eingeholten Gutachten - die beigebrachte Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dris. B. berücksichtigte. Darin wird vor allem auch auf eine ausgeprägte Störung der Impulskontrolle mit extrem gemeingefährlichem Verhalten des Beschwerdeführers sowie auf seinen wiederkehrenden Alkohol- und Suchtmittelkonsum hingewiesen, wobei die genannten Verhaltensweisen vom Beschwerdeführer nicht adäquat eingeschätzt, sondern verharmlost würden. Der Facharzt gelangt sodann zu dem Schluss, es sei unverantwortlich, dem Beschwerdeführer die Fahrerlaubnis zu erteilen.

Der Amtsarzt der belangten Behörde beurteilte abschließend die Ergebnisse der Stellungnahmen und Gutachten, auch unter Berücksichtigung der "Befundlage aus letzter Zeit" dahin, dass dem Beschwerdeführer die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen nicht zukomme. Dieses - nicht als unschlüssig zu erkennende - Gutachten wurde dem Beschwerdeführer zwecks Parteiengehör übermittelt, er ist ihm weder im Verwaltungsverfahrens vor der belangten Behörde noch im Rahmen der Beschwerdeausführungen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe sich nicht mit den "Ergebnissen des übrigen Beweisverfahrens" auseinandergesetzt, ist ihm zu entgegnen, dass sich sowohl der Amtssachverständige als insbesondere auch der Facharzt mit den bisherigen Beweisergebnissen ausführlich auseinandergesetzt haben, wobei diese Ermittlungsergebnisse insgesamt kein günstigeres Licht auf den Beschwerdeführer werfen. Auch wenn der Beschwerdeführer - wie er geltend macht - bei drei Untersuchungen von Dezember 2000 bis Juli 2001 (Drogentests) negative Ergebnisse aufwies, vermag dies an der Beurteilung des Beschwerdefalls nichts zu ändern. Insoweit er auf einen "ausgedehnten Pilzbefall des ganzen Körpers" hinweist, zeigt er nicht auf, aus welchen Argumenten der angefochtene Bescheid rechtswidrig sein sollte. Für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen kann es im gegebenen Zusammenhang jedenfalls keinen Unterschied machen, aus welchen Gründen beim Beschwerdeführer eine diagnostizierte paranoide Erlebnisverarbeitung vorliegt. Einen relevanten Verfahrensmangel vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen.

Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, bei dem Vorfall im Jänner 2002 sei bei ihm nur eine geringe Menge Ecstasy vorgefunden worden, sodass es nicht um das Lenken unter Drogeneinfluss gegangen sei. Dabei übersieht der Beschwerdeführer jedoch, dass die ihn anhaltenden Beamten damals bei ihm Symptome einer Suchtmittelbeeinträchtigung festgestellt und zudem noch Suchtmittel vorgefunden haben. Er selbst gab gegenüber dem ihn untersuchenden Facharzt Dr. G. an, er habe Ecstasy bei sich gehabt, es seien jedoch "nur einige Tabletten" gewesen. Nicht zuletzt auf Grund dessen lässt sich auch die Beurteilung des Facharztes als nicht unschlüssig nachvollziehen, der Beschwerdeführer schätze die hier in Rede stehenden Verhaltensweisen nicht adäquat ein und verharmlose sie.

Der Beschwerdeführer ist im Recht, wenn er die Auffassung vertritt, dass es hier nicht um seine Verkehrszuverlässigkeit geht, sondern um seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Mangelnde Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde nicht angenommen. Der Hinweis im amtsärztlichen Gutachten vom 16. Dezember 2002 "... in Kombination mit einer mangelnden Verkehrszuverlässigkeit ..." ist nicht von tragender Bedeutung.

Dem Beschwerdeführer ist grundsätzlich Recht zu geben, wenn er ausführt, dass die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B anders beurteilt werden könnte als die Eignung zum Lenken der in § 32 FSG genannten Kraftfahrzeuge. Im vorliegenden Fall, vermag er aber auf Grund des Vorgesagten nicht aufzuzeigen, dass das Gutachten des Amtssachverständigen unschlüssig bzw. die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, er verfüge auch nicht über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der in § 32 FSG genannten Art, verfehlt wäre.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003110171.X00

Im RIS seit

08.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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