TE OGH 1980/1/10 13Os174/79

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Veröffentlicht am 10.01.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Jänner 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Böhm-Hiller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Werner A wegen des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Werner A gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 14.September 1979, GZ. 35 Vr 3051/78-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Steidl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 21.August 1957 geborene Fernmeldetechniker Werner A des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. (Punkt I 1 des Urteilssatzes) und des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. (I 2) schuldig erkannt, weil er in Innsbruck zu Punkt I 1: im Mai 1979 durch den Weiterverkauf von mindestens neun Gramm Heroin an Peter B vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr gesetzt hatte, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte;

zu Punkt I 2: in der Zeit von Mai 1978 bis Ende August 1978 durch den Ankauf von 70 Gramm Haschischöl und dessen Aufbereitung zu 700 Gramm Haschischtabak durch Beimischung von Landtabak unberechtigt ein Suchtgift erworben und besessen hatte.

Mit der auf die Gründe der Z. 5, 9 lit. a und lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Werner A den unter Punkt I 1

bezeichneten Schuldspruch wegen Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Einen den erstangeführten Nichtigkeitsgrund bewirkenden (inneren) Widerspruch erblickt der Beschwerdeführer darin, daß das Erstgericht die Urteilsfeststellung, derzufolge er beim Weiterverkauf des Heroins an Peter B mit zumindest bedingtem, auf Herbeiführung der im § 6 Abs 1 SuchtgiftG. umschriebenen (abstrakten) Gemeingefahr gerichteten Vorsatz gehandelt habe, zwar einerseits darauf gründet, er habe dem Käufer des Suchtgifts völlig freie Hand bei dessen Verwendung gelassen, andererseits aber davon ausgeht, daß Peter B (gemeint: nach dessen gegenüber dem Beschwerdeführer abgegebenen Erklärung) das von ihm erworbene Heroin nicht injizieren, sondern nur schnupfen wollte, was nach Meinung des Beschwerdeführers nur bedeuten könne, daß B das Suchtgift (ausschließlich) für seinen Eigenbedarf vorgesehen hatte.

Dieser Beschwerdeeinwand schlägt nicht durch.

Die vorerwähnte, im Ersturteil wiedergegebene Erklärung des Peter B, er werde das Heroin nicht spritzen, sondern schnupfen (S. 218 und 229), läßt nämlich der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider keineswegs allein den von ihm angestrebten Schluß zu, Peter B werde das zwischen Anfang und Mitte Mai 1979, somit innerhalb einer kurzen Zeitspanne vom Angeklagten A bei insgesamt drei Käufen erworbene, jeweils um ein Vielfaches über der sogenannten 'Grenzmenge' liegende Heroin (von insgesamt zumindest neun Gramm) ausschließlich für seinen Eigenbedarf verwenden. Deshalb stellt die Wiedergabe dieser Erklärung des Peter B im Ersturteil keinen (inneren) Widerspruch in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrunds der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. dar; ein solcher läge nur vor, wenn im Urteil verschiedene, sich gegenseitig ausschließende Tatsachen festgestellt oder die darin gezogenen Schlußfolgerungen tatsächlicher Natur nach den Denkgesetzen miteinander unvereinbar wären. Dies trifft hier aber nach dem Vorgesagten nicht zu. Einen zur Herstellung des Verbrechenstatbestands nach dem § 6 Abs. 1

SuchtgiftG. erforderlichen Gefährdungsvorsatz (zumindest in der hiezu ausreichenden Schuldform des dolus eventualis) konnte das Erstgericht vielmehr denkrichtig schon aus dem mit der Darstellung des Zeugen B im wesentlichen übereinstimmenden Eingeständnis des Beschwerdeführers ableiten, demzufolge er in seinem Bestreben, sich durch den Handel mit Suchtgift Geld zu verschaffen, mit Peter B über die Verwendung des ihm überlassenen Heroins gar nicht gesprochen (S. 161, 210, 211 und 219), auch mit der Möglichkeit eines Weiterverkaufs des Heroins durch ihn gerechnet (S. 161) und von dessen Rauschgiftsucht nichts gewußt hatte (S. 161, 218). Darauf gestützt, findet die Urteilsannahme, der Angeklagte A sei unter diesen Umständen weder willens noch in der Lage gewesen, die durch den - wenn auch nur gegenüber einem einzelnen Menschen getätigten - Verkauf einer größeren Suchtgiftmenge herbeigeführte Gefahr der Weitergabe zumindest eines Teiles davon an einen größeren unbestimmten Personenkreis soweit abzugrenzen, daß sie das Ausmaß einer Gemeingefahr (im Sinne der potentiellen Gefährdung von mindestens 30

bis 50 Menschen) nicht erreichen konnte, in der angefochtenen

Entscheidung eine ausreichende Begründung (vgl. S. 229 bis 231).

Es versagt aber auch die Rechtsrüge des Beschwerdeführers, mit der er unter Verneinung des vorerwähnten, zum Tatbestand des § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. gehörigen Gefährdungsvorsatzes der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 (und nicht die in der Beschwerde relevierten Nichtigkeitsgründe der Z. 9 lit. a und lit. b) des § 281 Abs. 1 StPO. geltend macht (da bei Fehlen eines Gefährdungsvorsatzes seine strafrechtliche Haftung für den unberechtigten Erwerb, Besitz und das Überlassen der neun Gramm Heroin nach dem § 9 Abs. 1 Z. 1 und 2 SuchtgiftG.

bestehen bliebe).

Soweit er mit seinen bezüglichen Beschwerdeausführungen aus der bereits in seiner Mängelrüge erörterten Erklärung des Zeugen Peter B, das Heroin schnupfen und nicht injizieren zu wollen, ein Überlassen des Suchtgifts ausschließlich zum Eigenbedarf dieses Erwerbers und somit eine vom Ersturteil abweichende, für ihn günstigere Schlußfolgerung abzuleiten sucht und, solcherart von urteilsfremden Annahmen ausgehend, ein Handeln mit Gefährdungsvorsatz - sei es auch nur in der Schuldform des dolus eventualis - verneint, setzt er sich über die entgegenstehenden Feststellungen des Ersturteils hinweg und bringt demnach den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der zu seiner prozeßordnungsgemäßen Darstellung einen Vergleich des festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Es erweist sich aber auch das weitere, die Rauschgiftsucht des Zeugen Peter B betreffende Vorbringen zur Rechtsrüge als nicht stichhältig, mit dem der Beschwerdeführer der Sache nach keinen Feststellungs- sondern vielmehr einen Begründungsmangel geltend macht, weil er insoweit in Wahrheit eine Unvollständigkeit im Sinne des Nichtigkeitsgrunds der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. durch Nichterörterung eines in der Hauptverhandlung zur Sprache gekommenen und für entscheidungswichtig gehaltenen Umstands, nicht aber das Fehlen einer für die rechtliche Beurteilung der unter Punkt I 1

des Urteilssatzes umschriebenen Tat als Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. wesentlichen Tatsachenfeststellung behauptet. Denn die - nach den Verfahrensergebnissen bei Peter B tatsächlich vorgelegene (ON. 31), dem Beschwerdeführer aber nach seiner eigenen Darstellung gar nicht bekannte - Süchtigkeit des Käufers steht keineswegs der Annahme einer Weitergabe zumindest eines Teiles des von ihm innerhalb eines kurzen Zeitraums erworbenen, weit über der sogenannten 'Grenzmenge' liegenden Suchtgiftvorrats entgegen, finanzieren doch erfahrungsgemäß vom Suchtgift abhängige Personen häufig ihren laufenden Bedarf an Suchtgift durch einen Handel damit. Dies traf nach den Urteilsfeststellungen auch bei Peter B zu, der einen Teil des vom Beschwerdeführer erworbenen Heroins in einem über der 'Grenzmenge' liegenden Ausmaß (von etwa einem Gramm) - in kleinen Portionen aufgeteilt - an unbekannt gebliebene Abnehmer weiterverkaufte (S. 218 und 228/229).

Die in der Nichtigkeitsbeschwerde angeführte, im Ersturteil nicht näher erörterte Rauschgiftsucht des Zeugen B berührt demnach keine für den Schuldspruch des Beschwerdeführers wegen Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1

SuchtgiftG. entscheidende Tatsache, sodaß ein näheres Eingehen darauf durch das Erstgericht entbehrlich war.

Im übrigen ist auch die Weitergabe von Suchtgift an nur eine Person (den bestehenden Vorschriften zuwider) als Inverkehrsetzen dem Tatbestand des § 6 Abs. 1 SuchtgiftG.

zu unterstellen, wenn es sich dabei - so wie vorliegend - um eine Menge handelt, die objektiv ausreicht, um die in dieser Gesetzesstelle beschriebene abstrakte Gemeingefahr herbeizuführen, und der Täter - so wie dies im angefochtenen Urteil beim Beschwerdeführer angenommen wurde - hiebei mit zumindest bedingtem Gefährdungsvorsatz handelt.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten A unter Anwendung des § 28 StGB. gemäß dem § 6 Abs. 1

SuchtgiftG. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und gemäß dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG. eine (Verfallsersatz-)Geldstrafe von 18.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Monate (Ersatz-)Freiheitsstrafe. Gemäß dem § 9 Abs. 3

SuchtgiftG. erging in Ansehung sichergestellten Haschischtabaks ein Verfallserkenntnis.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, einen Milderungsgrund nahm es nicht an.

Mit seiner Berufung bekämpft der Angeklagte A unter Hinweis auf sein geringes Lebensalter, seine (durch Suchtgiftkonsum erlittene) psychische Schädigung und das Geständnis des Tatsächlichen die über ihn verhängte Freiheitsstrafe als nicht schuldangemessen und beantragt deren Herabsetzung.

Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.

Die durch Suchtgiftmißbrauch eingetretene psychische Schädigung bildet keinen Milderungsumstand. Selbst wenn man dem Berufungswerber als mildernd zubilligt, daß er das ihm (u.a.) angelastete Vergehen nach dem § 9 Abs. 1 Z. 2

SuchtgiftG. auch schon zu einer Zeit beging, als er (zwar das 18., nicht jedoch) das 21. Lebensjahr vollendet hatte (§ 34 Z. 1 StGB.) und durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug (§ 34 Z. 17, zweiter Fall, StGB.), sind hiedurch die Voraussetzungen zur Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung - nur in diesem Falle könnte die über den Berufungswerber nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG.

verhängte Mindeststrafe herabgesetzt werden - schon mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsumständen, wie dies § 41 Abs. 1 StGB.

(u.a.) ausdrücklich verlangt, nicht erfüllt.

Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02423

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00174.79.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19800110_OGH0002_0130OS00174_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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