TE OGH 1980/1/10 13Os162/79

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Veröffentlicht am 10.01.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Jänner 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Böhm-Hiller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert A und andere wegen des Vergehens der Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. über die von den Angeklagten Herbert A und Heribert B gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 3.Mai 1979, GZ. 2 a Vr 7849/77-61, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Werth und Dr. Knaipp und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Die Berufung des Angeklagten Heribert B wird zurückgewiesen. Der Berufung des Angeklagten Herbert A wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 14.März 1950 geborene Spenglergehilfe Herbert A und der am 20.Februar 1929 geborene Kellner Heribert B des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil sie am 30.April 1977 in Perchtoldsdorf in Gesellschaft als Beteiligte Leopold C dadurch am Körper (schwer) verletzten, daß sie auf ihn (zunächst im Kiosk des Heribert B) mehrfach einschlugen, B ihn sodann (nach Hinausdrängen) mit einem flaschenähnlichen Gegenstand zu Boden streckte und ihn mit Füßen trat, während A eine blecherne Tonne auf ihn zu werfen versuchte, sodaß Leopold C eine Gehirnerschütterung mit mehrfachen Hämatomen und Rißquetschwunden erlitt, woraus eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit entstand.

Diesen Schuldspruch bekämpfen beide Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, welche Herbert A auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 (lit. a) StPO., Heribert B nur auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund stützt.

Rechtliche Beurteilung

Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert A:

In seiner Mängelrüge bringt dieser Beschwerdeführer unter Wiedergabe seiner Meinung nach vom Schöffengericht nicht entsprechend gewürdigter Verfahrensergebnisse vor, die für die strafrechtliche Beurteilung entscheidende Feststellung des Erstgerichts, er habe im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Heribert B gehandelt, ermangle einer Begründung. Dem ist entgegenzuhalten, daß sich das Erstgericht mit dieser Frage sehr wohl beschäftigte (S. 273) und in durchaus zureichender Weise darlegte, wie es zu der bekämpften Feststellung gelangte, wobei es u.a. in Ausübung der freien richterlichen Beweiswürdigung die in seinem Rechtsmittel sinngemäß wiedergegebene Aussage des Beschwerdeführers, er sei dem Lokalinhaber (B) gegen den Randalierer (C) zu Hilfe gekommen (S. 211 f.), in einem für die Angeklagten ungünstigeren Sinn so auslegte, daß es eine Notwehr- oder Nothilfesituation verneinte. Der behauptete Mangel liegt daher nicht vor.

Die lediglich auf einen aus dem Zusammenhang genommenen und mißverständlichen Teil der Beweiswürdigung des Erstgerichtes, daß beide Angeklagten im bewußten und gewollten Zusammenwirken handelten, gehe 'nicht zuletzt' aus dem Verhalten des Herbert A hervor, der Heribert B auf das vor dem Kisok liegende Grundstück folgte, und eben auch dort noch tätlich werden wollte, gestützte Rechtsrüge versucht daraus abzuleiten, der Beschwerdeführer habe seinen Verletzungsvorsatz erst 'nachträglich' gefaßt, er habe daher auch mit dem Genannten nicht bewußt und gewollt zusammenwirken können, weil dieser seine Tätlichkeiten schon eingestellt hatte, er habe überdies selbst keine Verletzungen zugefügt, sondern solche nur versucht.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß nach den mängelfrei getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes, die durchaus der Verantwortung des Genannten selbst entsprechen, bereits die vorangegangenen Tätlichkeiten beider Angeklagter im Kiosk einverständlich verübt wurden und der Beschwerdeführer dort schon Schläge gegen Leopold C führte (S. 268).

Da die Rechtsrüge somit nicht den vom angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt mit dem darauf anzuwendenden Gesetz vergleicht, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Es ist daher auf das auf den § 281 Abs. 1 Z. 9

lit. a StPO. gestützte Vorbringen nicht weiter einzugehen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heribert B:

Dieser Beschwerdeführer bringt in seiner Nichtigkeitsbeschwerde vor, das Erstgericht habe wichtige Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen, die Urteilsbegründung sei daher unvollständig und mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. behaftet.

Dieser Vorwurf ist jedoch nicht berechtigt.

So mußte entgegen seiner Meinung das Erstgericht sich nicht damit auseinandersetzen, daß in der unmittelbar nach der Tat erstatteten Anzeige der Zeugin D nur von einem, anschließend geflüchteten Täter (nämlich A) die Rede gewesen war. Für das Erstgericht bestand deshalb keine Notwendigkeit, zu versuchen, den nachträglich auch nicht mehr exakt rekonstruierbaren Wortlaut der telefonischen Anzeige dieser Zeugin festzustellen, schilderte sie doch bei ihrer ersten in diesem Verfahren erfolgten Vernehmung (S. 117 f.) bereits gleichlautend wie in der zum Urteil führenden Hauptverhandlung die Mißhandlung des Verletzten durch zwei Täter (und dabei insbesondere durch den als den kleineren von beiden beschriebenen Beschwerdeführer). Ein Begründungsmangel ist nämlich nicht schon gegeben, wenn das Gericht nicht sämtliche Verfahrensergebnisse erörtert und darauf untersucht, wie weit sie für oder gegen seine Annahme sprechen;

dem Gericht ist vielmehr im § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO. aufgetragen, die Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen mußte das Schöffengericht auch die Täterschaft des Otto E nicht ausdrücklich verneinen, dessen Name allein vom Zeugen C in seiner ersten polizeilichen Vernehmung - wie er in der Folge einräumte, irrtümlich - genannt worden war (vgl. S. 23 und 64). Denn dessen Täterschaft wurde von keinem der beiden Angeklagten je behauptet noch lagen sonst Anhaltspunkte in dieser Richtung vor, sodaß das Erstgericht, das im übrigen seine Feststellung der Täterschaft gerade der Angeklagten und nicht etwa irgendwelcher unbekannter Personen ausdrücklich begründete (S. 271), sich mit diesem Vorbringen des Verletzten, der zur Tatzeit stark alkoholisiert gewesen und dessen Erinnerungsvermögen noch durch die erlittene Kopfverletzung beeinträchtigt worden war, nicht näher befassen mußte.

Auch die weiter in der Nichtigkeitsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob der Verletzte nach den Mißhandlungen in das Bachbett gefallen ist, brauchte vom Erstgericht mangels Entscheidungswesentlichkeit dieses Umstandes nicht erörtert zu werden. Denn daß die Verletzungen des Zeugen C ihm durch die Mißhandlungen der beiden Angeklagten zugefügt wurden, nahm es mit folgerichtiger und zureichender Begründung als erwiesen an.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Zur Berufung des Angeklagten Heribert B:

Dieser meldete 'Berufung' schlechthin an (ON. 63, S. 281 f.) und führte eine Schuldberufung aus (ON. 65, S. 287 ff.). Letzteres Rechtsmittel ist für die Anfechtung von Urteilen des Schöffengerichts im Gesetz nicht vorgesehen. Da B jene Punkte des Erkenntnisses, die er gemäß dem § 283 StPO. mit Berufung hätte relevieren können, weder bei der Anmeldung noch bei der Ausführung der Berufung bezeichnete, war auf dieselbe keine Rücksicht zu nehmen (§§ 294 Abs. 2, 296 Abs. 3 StPO.).

Zur Berufung des Angeklagten Herbert A:

Das Schöffengericht verhängte über diesen Angeklagten unter Bedachtnahme gemäß Par(Par) 31 (und 40) StGB. auf das Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 13.November 1978, AZ. U 1380/78, mit welchem der Genannte wegen des Vergehens nach dem § 83 Abs. 1 StGB. zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen, im Falle der Uneinbringlichkeit zu 20 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden war, eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend:

die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall innerhalb einer Probezeit und die Intensität der Angriffe, die sich insbesondere darin ausdrückte, daß Herbert A sein Opfer nicht nur schlug, sondern auch noch mit einer blechernen Tonne zu bewerfen trachtete, als es am Boden lag; hingegen berücksichtigte das Erstgericht das Teilgeständnis als mildernd.

Mit seiner Berufung, in welcher er den zusätzlichen Milderungsgrund des § 34 Z. 13, zweiter Fall, StGB. reklamiert, strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Zusatzfreiheitsstrafe an. Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.

Von einem (bloßen) Versuch des dem Berufungswerber angelasteten

Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84

Abs. 1 StGB. kann - abgesehen davon, daß ein solcher schon aus

rechtlichen Gründen auszuschließen wäre (ÖJZ-LSK. 1977/76 = EvBl.

1977/163 =

RZ. 1977/24 = JBl. 1977, 436) - nach den der Berufungsentscheidung

zugrundezulegenden, zum Schuldspruch getroffenen

Urteilsfeststellungen nicht gesprochen werden.

Das Erstgericht stellte die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig fest und verhängte auf deren Basis und derjenigen der allgemeinen, für die Strafzumessung geltenden Grundsätze (§ 32 StGB.) eine angemessene (zusätzliche) Freiheitsstrafe. Die Angemessenheit dieser Zusatzfreiheitsstrafe wird auch durch die (weitere) Bedachtnahme gemäß dem § 31 StGB.

(auch) auf die (rechtskräftige) Strafverfügung des Bezirksgerichts Mödling vom 7.Mai 1979, mit welcher über den Berufungswerber wegen des am 10.März 1979 begangenen Vergehens nach dem § 83 Abs. 1 StGB. eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen, im Falle der Uneinbringlichkeit 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wurde, nicht in Frage gestellt. Denn selbst unter Bedachtnahme (auch) auf diese eben angeführte, zum angefochtenen Urteil im Verhältnis des § 31 StGB. stehende Strafverfügung erachtet der Oberste Gerichtshof die Zusatzstrafe bei Berücksichtigung der Bestimmung des § 40 StGB. für gerecht. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß der Angeklagte wegen zwei auf - im Sinne des § 71 StGB. - gleicher schädlicher Neigung beruhenden Taten vorbestraft ist und auch die beiden zum angefochtenen Urteil im Verhältnis des § 31

StGB. stehenden Verurteilungen Körperverletzungsdelikte betreffen. Zur Rechtsfrage der Anwendbarkeit des § 31 StGB. ist im gegebenen Zusammenhang anzuführen, daß (auch) auf ein nach dem hier angefochtenen ergangenes Straferkenntnis Bedacht zu nehmen ist, weil die gegenständlichen Taten nach der Zeit ihrer Begehung schon gemeinsam mit jenen hätten abgeurteilt werden können, worauf es nach dem § 31 Abs. 1 StGB. allein ankommt (siehe dazu 9 Os 63/75, 9 Os 81/75, 9 Os 22/76, 10 Os 174/78).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02430

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00162.79.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19800110_OGH0002_0130OS00162_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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